TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/11 W213 2180250-1

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Veröffentlicht am 11.12.2018
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Entscheidungsdatum

11.12.2018

Norm

BDG 1979 §14 Abs1
BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W213 2180250-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Felix KOLLMANN und Dr. Christian SINGER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Rudolf Denzel & Dr. Peter Patterer, gegen den Bescheid der Österreichischen Post AG, Personalamt Wien, vom 03.11.2017, GZ. PAW-013170/16-A06, betreffend Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Zuletzt stand sie auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT3, Dienstzulagengruppe 1, als "Leiterin eines Postamtes II/1" bei der Österreichischen Post AG in Verwendung. Am 17.11.2016 wurde betreffend die Beschwerdeführerin von Amts wegen ein Ruhestandsversetzungsverfahren gemäß § 14 BDG 1979 eingeleitet.

2. Auf Auftrag der Österreichischen Post AG, Personalamt Wien (im Folgenden: belangte Behörde) unterzog sich die Beschwerdeführerin am 17.11.2016 einer anstaltsärztlichen Untersuchung. In dem aufgrund der Untersuchung erstellten nervenärztlichen Gutachten vom 20.06.2017 kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass bei der Beschwerdeführerin (in neurologischer Sicht) ein "Zervikalsyndrom - ohne radikuläre Ausfälle" und eine "Dorsolumbalgie" sowie (aus psychologischer Sicht) eine "Reaktive chronifizierte Depressio mit intermittierend vertieften Episoden (Burnout Symptomatik)" vorliege. Aus fachspezifischer Sicht sei die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihres Anforderungsprofils nicht mehr in der Lage, überwiegend zu stehen sowie fallweise mittelschwer und schwer zu heben und zu tragen sowie Kundenverkehr abzuwickeln. Es sei davon auszugehen, dass nach Absolvierung der Reha-Behandlung die Beschwerdeführerin wieder als arbeitsfähig einzustufen sei. Auf Basis dieses Gutachten wurde von Amts wegen betreffend die Beschwerdeführerin das Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet.

3. In der Zeit von 20.09.2016 bis 01.11.2016 absolvierte die Beschwerdeführerin eine Reha-Behandlung.

4. Eine von der belangten Behörde veranlasste Untersuchung durch eine Fachärztin für Psychiatrie am 17.02.2017 ergab nachstehende Diagnose:

"Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit:

ICD-10: F43.2

ICD-10: M54.2

Zustand nach Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion

Cervicalsyndrom - ohne neurologische Ausfälle"

Darüber hinaus ist dem aufgrund dieser Untersuchung erstellen Gutachten zu entnehmen, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht möglich ist. Im erstellten Leistungskalkül wurde angegeben, dass der Beschwerdeführerin folgende Anforderungen zumutbar seien:

* hinsichtlich des Arbeitstempos: "fallweise besonderer Zeitdruck"

* hinsichtlich der psychischen Belastbarkeit: "durchschnittliche"

Anforderungen

* hinsichtlich des geistigen Leistungsvermögens "mäßig schwierige" Anforderungen;

Ebenfalls am 17.02.2017 erfolgte eine weitere Untersuchung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Orthopädie, bei der sich folgende Diagnose ergab:

"a) Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit:

ICD-10: F43.2

ICD-10: M54.2

Zustand nach Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion

Rezidivierende Lumboischialgie bei degenerativen Veränderungen und Bandscheibenbeschädigungen - heute gute Beweglichkeit

Cervicalsyndrom - ohne neurologische Ausfälle

b) weitere Leiden:

rezidivierende Beschwerden im Bereich des rechten Hüftgelenks und im Bereich des rechten Fußes - heute altersentsprechend beweglich

Übergewicht mit statischer Überlastung des Stütz- und Bewegungsapparates

Fußfehlstellung bds."

Auch in diesem Gutachten wurde die Möglichkeit einer Besserung des Gesundheitszustandes verneint. Im erstellten Leistungskalkül wurde insbesondere angegeben, dass der Beschwerdeführerin folgende Anforderungen zumutbar seien: überwiegend leichte und mittelschwere Hebe- und Trageleistungen.

Abschließend erfolgte eine zusammenfassende Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt, datiert mit 08.03.2017.

5. Am 04.05.2017 wurde die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis gesetzt, dass sie nach dieser chefärztlichen Stellungnahme vom 08.03.2017 ihre dienstlichen Aufgaben des zuletzt auf Dauer zugewiesenen Arbeitsplatzes sowie des zuletzt ausgeübten Arbeitsplatzes nicht mehr erfüllen könne, weshalb ihre Versetzung in den Ruhestand in Aussicht genommen sei. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

6. Mit Schreiben vom 16.05.2017 antwortete die Beschwerdeführerin, dass sie die Arbeitsplatzanforderungen im Gesamtrestleistungskalkül erfülle und es ihr möglich sei, den Arbeitsplatz als Leiterin eines Postamtes zu leisten.

In einer weiteren Stellungnahme vom 07.09.2017 führte die Beschwerdeführerin aus, die Einschätzung der belangten Behörde, "wonach der Leiter eines Postamtes ein sehr schwieriges, geistiges Leistungsvermögen aufweisen muss", könne nicht nachvollzogen werden. Die Beschwerdeführerin erfülle das Leistungskalkül daher durch die Beurteilung der Pensionsversicherungsanstalt.

7. Die belangte Behörde erließ am 03.11.2017 den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

"Sie werden gemäß § 14 Absatz 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der geltenden Fassung, von Amts wegen in den Ruhestand versetzt."

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nach der zusammenfassenden Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 08.03.2017 ihre dienstlichen Aufgaben als "Leiter eines Postamtes II/1" nicht mehr erfüllen könne, da ihr geistig sehr verantwortungsvolle (sehr schwierige) Tätigkeiten mit sehr guter Auffassungsgabe und Konzentrationsfähigkeit sowie fallweise schwere Hebe- und Trageleistung nicht mehr möglich und zumutbar seien. Die Prüfung eines Verweisungsarbeitsplatzes habe ergeben, dass nur folgende der Stellung der Beschwerdeführerin entsprechende Arbeitsplätze vorhanden seien: Knotenleiter Post in der Filiale und Betriebsmanager. Aufgrund der jeweiligen Anforderungen seien auch diese Arbeitsplätze der Beschwerdeführerin nicht zumutbar.

8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sie seit etwa 15 Jahren in ihrer Funktion als Leiterin eines Postamtes tätig sei. Um ihre dortigen Aufgaben erfüllen zu können, habe sie entsprechende Fortbildungen und Dienstprüfungen absolviert. Es sei zu keinem Zeitpunkt zu einer Beanstandung ihrer Arbeitsleistung oder einer amtlich angeordneten Leistungsfeststellung gekommen. Mit Genesung ihrer Krankheit sei sie wieder voll leistungsfähig. Das von der Österreichischen Post AG erstellte Anforderungsprofil sei eine einseitige Beschreibung, die nicht Grundlage für eine Beurteilung der Dienstfähigkeit sein könne. Sie lege die Arbeitsbedingungen nachträglich neu fest. Unabhängig davon habe die Beschwerdeführerin das Leistungserfordernis bisher erfüllt; bei mangelhaften Leistungen wäre es zu einer Leistungsfeststellung gekommen. Auch die Feststellung des Leistungskalküls, wonach das geistige Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin mit mäßig schwierig, die psychische Belastbarkeit mit durchschnittlich und das Arbeitstempo mit fallweise besonderem Zeitdruck dargestellt werde, sei nicht nach objektiven Prüfungsmaßnahmen erfolgt. Medizinische Unterlagen als Grundlage für ein derartiges Leistungskalkül lägen nicht vor. Darüber hinaus bilde die Unmöglichkeit der Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes keinen Grund für die Versetzung in den Ruhestand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie ist auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 1, ernannt. Zuletzt wurde ihr der Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" (PT 3/1) zugewiesen.

Am Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" werden folgende geistige und körperliche Erfordernisse gestellt:

* mittlere körperliche Beanspruchung

* Arbeitshaltung: fallweise sitzend, überwiegend stehend

* intellektuelle Ansprüche/geistiges Leistungsvermögen: sehr verantwortungsvoll

* sehr gute Auffassungsgabe

* sehr gute Konzentrationsfähigkeit

* fallweise leichte (maximal 10 kg anheben bzw. 5 kg tragen), mittelschwere (maximal 25 kg anheben bzw. 15 kg tragen) und schwere (über 25 kg anheben bzw. über 15 kg tragen) Hebe- und Trageleistung

* Arbeitsauslastung/Arbeitsrhythmus/Zeitdruck:

überdurchschnittlicher Zeitdruck

* soziale Anforderungen: viel Kundenverkehr

Der Beschwerdeführerin sind folgende Anforderungen zumutbar:

* Arbeitshaltung: ständig sitzend, gehend und stehend

* ständig leichte und überwiegend mittlere körperliche Belastbarkeit

* überwiegend leichte (maximal 10 kg anheben bzw. 5 kg tragen) und mittelschwere (maximal 25 kg anheben bzw. 15 kg tragen) Hebe- und Trageleistung, keine schwere Hebe- und Trageleistung

* Arbeitstempo: fallweise besonderer Zeitdruck

* psychische Belastbarkeit: durchschnittlich

* geistiges Leistungsvermögen: mäßig schwierig

Der Beschwerdeführerin sind daher einige der im Anforderungsprofil genanntem Erfordernisse nicht zumutbar. Insbesondere kann die Arbeitsplatzanforderung "überdurchschnittlicher Zeitdruck" mit dem Leistungskalkül der Beschwerdeführerin ("fallweise besonderer Zeitdruck") nicht erfüllt werden. Gleiches gilt hinsichtlich der Arbeitsplatzanforderungen "intellektuelle Ansprüche/geistiges

Leistungsvermögen: sehr verantwortungsvoll", "sehr gute Auffassungsgabe" und "sehr gute Konzentrationsfähigkeit", die über die der Beschwerdeführerin zumutbaren Anforderungen ("psychische

Belastbarkeit: durchschnittlich", "geistiges Leistungsvermögen:

mäßig schwierig") deutlich hinausgehen. Auch betreffend die Hebe- und Trageleistung gehen die Arbeitsplatzanforderungen über die der Beschwerdeführerin zumutbaren Anforderungen hinaus.

Eine Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin in Zukunft ist nicht möglich, auch durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation ist eine kalkülsändernde Besserung nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Dienstverhältnis und dem zuletzt dienstrechtlich zugewiesenen bzw. zuletzt ausgeübten Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem vorliegenden Akt (siehe angefochtener Bescheid sowie Schreiben der belangten Behörde vom 30.08.2017). Insbesondere wurde auch der gegenständlichen Beschwerde der Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" als zuletzt zugewiesener und ausgeübter Arbeitsplatz zugrunde gelegt.

Die geistigen und körperlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes "Leiter eines Postamtes II/1" ergeben sich aus dem im Akt befindlichen Anforderungsprofil für die Beschäftigung "0105 Leiter eines Postamtes II/1 (PT 3/1)".

Die Beschwerdeführerin führte zum Anforderungsprofil aus, dass dieses von der Österreichischen Post AG erstellt worden sei und daher nicht als Grundlage für eine "Beurteilung der Dienstfähigkeit" herangezogen werden können. Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Feststellung der Anforderungen auf dem der Beschwerdeführerin zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatz beziehungsweise den Verweisungsarbeitsplätzen keinen berufskundlichen Sachverständigen beiziehen musste. Es geht nämlich nicht um die Verwendbarkeit der Beschwerdeführerin auf Arbeitsplätzen, deren Anforderungsprofil der belangten Behörde nicht bekannt ist - insbesondere nicht um Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt -, sondern um seine Verwendung im Bereich der Dienstbehörde auf von ihr organisatorisch eingerichteten und ihr folglich von den Anforderungen her bekannten Arbeitsplätzen (vgl. etwa VwGH 2010/12/0156, 2010/12/0156; 29.04.2011, 2010/12/0072).

Bei dem zugrunde gelegten Anforderungsprofil handelt es sich um das für den Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" allgemein gültige Anforderungsprofil. Dass dieses im März 2014 von der belangten Behörde erstellt wurde, ist - auch vor dem Hintergrund der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - kein Argument gegen eine Heranziehung im Ruhestandsversetzungsverfahren. Dass das Anforderungsprofil im Laufe der Zeit an geänderte Umstände (zB. technische Neuerungen) und somit auch an neue Arbeitsplatzanforderungen angepasst wird, stellt keine unzulässige "nachträgliche Festlegung der Arbeitsbedingungen" dar.

Welche Anforderungen der Beschwerdeführerin zumutbar sind, ergibt sich im Detail aus den von der belangten Behörde in Auftrag gegebenen Gutachten sowie zusammenfassend aus der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 08.03.2017.

Bereits das nervenfachärztliche Gutachten vom 20.06.2016 kommt zu dem Schluss, dass bei der Beschwerdeführerin eine reaktive chronifizierte Depressio mit intermittierend vertieften Episoden (Burnout Symptomatik) vorliegt sowie auch neurologische Beeinträchtigungen (Zervikalsyndrom; Dorsolumbalgie) bestehen. Vor dem Hintergrund der im Befund erhobenen und dem Gutachten zugrunde gelegten subjektiven Beschwerden (zB.: "Seelisch-geistigerseits fühle sie sich insgesamt psychosozial überfordert, beeinträchtigt, mit Antriebsschwäche, Atemnot bei Belastung, Durchschlafstörungen, Konzentrationsstörungen der Aufmerksamkeit") sowie dem objektiven Befund (zB.: "Sprechlage im mäßig depressiven Skalenbereich") erscheint dieses Gutachten im engeren Sinn vollständig und schlüssig. Dieses Gutachten kommt weiters zu dem Schluss, dass davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin nach Absolvierung der Reha-Behandlung wieder als arbeitsfähig einzustufen sei.

Die Beschwerdeführerin absolvierte in der Zeit von 20.09.2016 bis 01.11.2016 eine Reha-Behandlung. Die Ergebnisse der Abschlussuntersuchung (28.10.2016) zeigen allerdings, dass die Reha-Behandlung nicht zu einer umfassenden Besserung geführt hat ("Ergebnisse der Kognitiven Diagnostik: [...] Die verbale Merkfähigkeit zeigt sich als stark verschlechtert, liegt aber noch im Durchschnittsbereich" [...] Ergebnisse der Klinischen Diagnostik:

[...] Das Ausmaß der globalen psychischen Belastung erweist sich im Vergleich zur Eingangsuntersuchung als unverändert. Die zum Aufnahmezeitpunkt erhöhte Symptomausprägung in den Skalen paranoides Denken und Aggressivität/Feindseligkeit besserte sich, während sich die Skala Depressivität leicht verschlechtert zeigt. Ergebnisse der Stress- und Kompetenzdiagnostik: [...] Betrachtet man die Stressverarbeitungsstrategien, so zeigen sich hinsichtlich der Bewältigungsmechanismen keine Veränderungen. Die Skala Pharmakaeinnahme zeigt sich gebessert. Die emotionale Kompetenz liegt im Vergleich zur Eingangsuntersuchung gesamt im unveränderten Bereich, wobei sich jedoch das Erkennen von Emotionen bei anderen und emotionaler Expressivität verschlechtert zeigen."

Auch das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie vom 01.03.2017 erweist sich als vollständig und schlüssig: Dem Gutachten im engeren Sinn liegt eine mehrseitige (weit über eine "kurze Sprechsanamnese" hinausgehende) dokumentierte Untersuchung zugrunde und es wurden die von der Beschwerdeführerin mitgebrachten Befunde berücksichtigt. Das Gutachten zeigt nachvollziehbar, dass die depressive Symptomatik mittlerweile wieder völlig remittiert ist, die Beschwerdeführerin aufgrund komplexer beruflicher, gesundheitlicher und familiärer Belastungen aber einen Zustand nach Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion aufweist und aus diesen Gründen nicht mehr alle an den Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" gestellten geistigen und körperlichen Erfordernisse erfüllen kann. Dem Argument der Beschwerdeführerin, dass die Erstellung des Leistungskalküls der Beschwerdeführerin "durch keine wie immer geartete objektive Prüfungsmaßnahme ermittelt" wurde, kann daher nicht gefolgt werden. Alleine der Umstand, dass die Beschwerdeführerin etwa 15 Jahre lang als Leiterin eines Postamtes tätig war und in diesem Zusammenhang Fortbildungen und Dienstprüfungen absolviert hat, kann das vorliegende ärztliche Gutachten nicht erschüttern, sagen diese weit in der Vergangenheit liegenden Umstände doch nichts über den aktuellen Zustand der Beschwerdeführerin aus.

Auch das vorliegende orthopädische Gutachten vom 02.03.2017 umfasst einen ausführlichen Befund und kommt aufgrund diese Befundes zu seiner Diagnose (rezidivierende Lumboischialgie, rezidivierende Beschwerden im Bereich des rechten Hüftgelenks und im Bereich des rechten Fußes), aus welcher folgt, dass der Beschwerdeführerin "schwere Hebe- und Trageleistungen" nicht zumutbar sind. Auch dieses Gutachten erweist sich als vollständig und schlüssig.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer den vorliegenden Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat kein substantiiertes Vorbringen betreffend die Richtigkeit der Gutachten erstattet.

Dass eine Besserung des oben geschilderten Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin nicht möglich ist, ergibt sich ebenfalls aus den vorliegenden vollständigen und schlüssigen Gutachten.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 2 BDG 1979 hat das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten des § 14 BDG 1979 durch einen Senat zu entscheiden, wenn die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt ist. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Gemäß § 135b BDG 1979 wirken bei Senatsentscheidungen gemäß § 135a BDG 1979 an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts je ein vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport als Dienstgebervertreter bzw. ein von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst als Dienstnehmervertreter nominierter fachkundiger Laienrichter mit.

Zu A)

§ 14 BDG lautet:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

(5) [...]"

Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsvoraussetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist unter der bleibenden Unfähigkeit des Beamten, seinen Dienstposten ordnungsgemäß zu versehen, alles zu verstehen, was die Eignung des Beamten zur Versehung des Dienstpostens dauernd aufhebt. Bei der Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist daher nicht allein auf die Person des Beamten abzustellen; es sind vielmehr auch die Auswirkungen der Störungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Unter dem Begriff ordnungsgemäße Versehung des Dienstpostens ist sowohl eine qualitativ einwandfreie als auch eine mengenmäßig entsprechende Dienstleistung maßgebend. Eine Dienstunfähigkeit durch Erkrankung liegt dann vor, wenn durch diese die ordnungsgemäße Dienstleistung verhindert wird oder durch die Dienstleistung die Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung gegeben wäre oder die Dienstleistung für den Beamten ein objektiv unzumutbares Unbill darstellen würde (vgl. zuletzt 21.03.2017, Ra 2017/12/0002).

Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu erstellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. zuletzt VwGH 30.01.2017, Ro 2014/12/0010).

Die Dienstfähigkeit des Beamten ist unter Ansehung des aktuellen bzw. zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes des Beamten zu prüfen. Darunter ist jener Arbeitsplatz zu verstehen, welcher ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesen war (vgl. zuletzt VwGH 19.10.2016, Ra 2015/12/0041).

Fallbezogen war die Beschwerdeführerin zuletzt auf den Arbeitsplatz "Leiter eines Postamtes II/1" (PT 3/1) zugewiesen und zuletzt auch als solche Leiterin eines Postamtes tätig.

Wie bereits in der Beweiswürdigung dargestellt, kann die Beschwerdeführerin mehrere Anforderungen des Arbeitsplatzes "Leiter eines Postamtes II/1" entsprechend ihrem persönlichen Leistungskalkül nicht erfüllen. Die Erfüllung der Aufgaben ihres zuletzt innegehabten Arbeitsplatzes ist für die Beschwerdeführerin daher objektiv unzumutbar und die Beschwerdeführerin ist nicht in der Lage, ihren Dienstposten ordnungsgemäß zu versehen. Es ist daher von der Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen.

Die Möglichkeit einer Besserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin für die Zukunft besteht nicht, weshalb fallbezogen auch eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt.

Da somit eine dauernde Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihres zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes besteht, erfolgte die amtswegige Ruhestandsversetzung zu Recht.

Wenn in der gegenständlichen Beschwerde eingewendet wird, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einer Beanstandung der Dienstleistung der Beschwerdeführerin respektive zu einer amtlich angeordneten Leistungsfeststellung gekommen sei, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit "keine rechtswirksame Leistungsfeststellung iSd § 81 Abs 1 Z 3 BDG 1979 oder eine sonstige Herabsetzung des Leistungskalküls gegenüber der bisherigen Leistungsfeststellung des Beamten voraus[setzt]. Bei der amtswegigen Versetzung in den Ruhestand handelt es sich vielmehr um ein vom Leistungsfeststellungsverfahren unabhängig durchzuführendes Verfahren. Dies zeigt sich auch darin, daß der Eintritt der Dienstunfähigkeit die Durchführung eines Leistungsfeststellungsverfahrens unzulässig machen kann" (VwGH 24.05.2000, 2000/12/0028, mwH).

Hinsichtlich eines allfälligen Verweisungsarbeitsplatzes (§ 14 Abs. 3 BDG) hat die belangte Behörde in überzeugender Weise dargetan, dass in ihrem Bereich kein derartiger Arbeitsplatz vorhanden ist bzw. die Beschwerdeführerin die Anforderungen von allenfalls in Betracht kommenden Arbeitsplätzen nicht erfüllt. Dem ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten.

Die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht, dass die Unmöglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes keinen Grund für die Versetzung in den Ruhestand bilde, entpuppt sich - unter der hier vorliegenden Voraussetzung einer dauerhaften Dienstunfähigkeit - bereits im Hinblick auf die Gesetzesgrundlage des § 14 Abs. 2 BDG 1979 als unzutreffend.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier zu beurteilende Rechtsfrage der dauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers konnte auf Grundlage der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (insbesondere VwGH 24.05.2000, 2000/12/0028; 2010/12/0156, 2010/12/0156; 29.04.2011, 2010/12/0072; 19.10.2016, Ra 2015/12/0041; 21.03.2017, Ra 2017/12/0002; 30.01.2017, Ro 2014/12/0010) geklärt werden.

Schlagworte

Arbeitsplatz, dauernde Dienstunfähigkeit, dienstliche Aufgaben,
Erkrankung, Gesundheitszustand, Leistungsfeststellung,
Österreichische Post AG, Ruhestandsversetzung,
Verweisungsarbeitsplatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W213.2180250.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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