Entscheidungsdatum
17.12.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G314 2164965-4/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, irakischer Staatsangehöriger, gesetzlich vertreten durch XXXX, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2018, Zl. XXXX:
A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der aktuell 17-jährige Beschwerdeführer (BF) reiste gemeinsam mit seinen Eltern in das Bundesgebiet ein, wo die Familie am 14.09.2015 internationalen Schutz beantragte. Nach der freiwilligen Rückkehr der Eltern des BF in den Irak wurde der Kinder- und Jugendhilfeträger (Land Oberösterreich, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft XXXX) mit der Obsorge für den allein in Österreich verbliebenen BF betraut, die damit ihrerseits (soweit hier relevant) die XXXX GmbH betraute.
Mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.05.2017, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak festgestellt und eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt. Dieser Bescheid ist - nach der Zurückziehung der Beschwerde des BF dagegen - rechtskräftig.
Mit Mandatsbescheid des BFA vom 09.01.2018, Zl. XXXX, wurde dem BF gemäß § 57 Abs 1 FPG aufgetragen, bis zur Ausreise in einem Quartier in XXXX Unterkunft zu nehmen. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dieser Bescheid in Stattgebung der für den BF eingebrachten Vorstellung aufgehoben, weil dort keine altersentsprechende, den Bedürfnissen von Jugendlichen entsprechende Unterbringung des BF gewährleistet sei.
Dagegen richtet sich die von XXXX, einer mit der Vertretung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge bevollmächtigte Dienstnehmerin der XXXX GmbH, für den BF eingebrachte Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass der BF "bis zur Abklärung der Voraussetzung zu seiner Rückkehr in den Irak in unserer Einrichtung für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge verweilen kann". Hilfsweise werden die Aufhebung und Rückverweisung sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass der Bescheid ohne Beachtung des Vorstellungsvorbringens nur erlassen worden sei, um die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) "hinauszuzögern". Dies verletze Art 6 EMRK, Art 47 GRC, Art 83 Abs 3 B-VG, Art 8 EMRK, Art 3 GRC, Art 7 B-VG, Art 14 EMRK sowie Art 20, 21 und 24 GRC.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden in der Folge dem BVwG vorgelegt. Im November 2018 langten auftragsgemäß ergänzende Unterlagen und Informationen beim BVwG ein, durch die die Befugnis von XXXX, die Beschwerde für den BF zu erheben, geklärt werden konnte. Ergänzend wurde vom Kinder- und Jugendhilfeträger mitgeteilt, dass er mittlerweile mit dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 24.10.2018, XXXX, von der Obsorge für den BF enthoben worden sei, weil sich dieser nicht mehr in Österreich aufhalte und sein Aufenthalt unbekannt sei.
Der BF weist seit 10.10.2018 im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldung mehr auf; sein aktueller Aufenthalt ist unbekannt.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt, sodass sich mangels widerstreitender Beweisergebnisse eine eingehendere Beweiswürdigung erübrigt.
Aus den dem BVwG ergänzend vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Kinder- und Jugendhilfeträger, der zur Zeit der Beschwerdeerhebung mit der Obsorge und damit mit der gesetzlichen Vertretung für den BF betraut war, mit der Beschwerdeerhebung durch XXXX für den BF einverstanden war.
Der unbekannte Aufenthalt des BF ergibt sich aus dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 24.10.2018, XXXX, und dem Fehlen einer Wohnsitzmeldung laut dem Zentralen Melderegister. Es sind keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, wo sich der BF aktuell aufhält.
Rechtliche Beurteilung:
Da die Bezirkshauptmannschaft XXXX als Kinder- und Jugendhilfeträger der Beschwerdeerhebung durch XXXX zustimmte, liegt eine von einer dazu legitimierten Person erhobene Beschwerde vor.
Da der aktuelle Aufenthaltsort des BF weder bekannt noch sonst leicht feststellbar ist, hat er sich dem Verfahren gemäß § 24 Abs 1 Z 1 AsylG entzogen. Gemäß § 10 Abs 5 BFA-VG ist daher der Kinder- und Jugendhilfeträger, dem die gesetzliche Vertretung zuletzt zukam, sein gesetzlicher Vertreter; das ist hier das Land Oberösterreich, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft XXXX.
Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist - auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht - Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung (vgl VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014). Es liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrags diesen durch seine Entscheidung belastet (vgl zur Revision VwGH 13.12.2917, Ra 2017/18/0284; 27.02.2018, Ra 2017/05/0208). Die Beschwerdelegitimation einer Partei, deren Antrag ohnehin vollinhaltlich stattgegeben wurde, wird in der Rechtsprechung verneint (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 824).
Da hier mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung des BF vollinhaltlich stattgegeben wurde, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis, sodass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.
Die Kognitionsbefugnis des BVwG ist durch die Sache des Verwaltungsverfahrens begrenzt; es darf sachlich nicht über mehr entscheiden, als Gegenstand der angefochtenen Entscheidung der Verwaltungsbehörde war (siehe Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 833). Der von der Beschwerde angestrebte Ausspruch, dass der BF vorerst in einer bestimmten Betreuungseinrichtung bleiben kann, geht über die Sache des hier zu überprüfenden Verwaltungsverfahrens hinaus, sodass eine Abänderung des angefochtenen Bescheids in diesem Sinn von vornherein nicht in Betracht kommt.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.
Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.
Schlagworte
Beschwerde, Besetzungsverfahren, gesetzlicher Vertreter,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2164965.4.00Zuletzt aktualisiert am
11.03.2019