TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/3 L504 2208617-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.01.2019
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Entscheidungsdatum

03.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L504 2208617-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX1997 geb., StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Ohne Vorhandensein eines gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitels begab sich die beschwerdeführende Partei [bP] in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 24.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger des Irak mit sunnitischem Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört und aus Bagdad stammt.

Nach erfolgter Belehrung über die Rechte und Pflichten als Asylwerber und unter ausdrücklicher Aufforderung nur wahre und vollständigen Angaben zu machen, sowie dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für den Ausgang des Verfahrens haben können, begründete die bP in der gem. § 19 AsylG am 24.12.2016 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung ihren Antrag bzw. ihr Ausreisemotiv folgendermaßen:

"Ich habe meine Heimat verlassen, weil ich von bewaffneten Milizen bedroht wurde. Mein Ort wurde von der Miliz komplett verbrannt. Davor wurde auch mein Schuldirektor entführt."

Im Falle einer Rückkehr könne sie nicht angeben was passieren könnte.

Im Zuge zweier Einvernahmen beim Bundesamt wurde die bP näher zu den maßgeblichen Umständen befragt.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen.

Gegen den genannten Bescheid wurde durch den gewillkürten Vertreter innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Auf Grund einer Anfrage einer med. Ambulanz in Deutschland vom 22.11.2018 ergaben sich Hinweise, dass sich die bP nicht mehr in Österreich aufhält. Amtswegig wurde über die Polizei ermittelt, dass die bP von ihrem bisherigen Quartier lt. ZMR ausgezogen ist und seitens der Wohnbetreuung am 30.11.2018 eine Abmeldung angekündigt wurde. Ein neuer Aufenthaltsort konnte seitens der Polizei nicht eruiert werden.

Darauf hin wurde die ARGE Rechtsberatung als Vertreter vom BVwG aufgefordert eine aktuelle Wohnanschrift bzw. einen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Mit Schreiben vom 17.12.2018 erfolgte die Auskunft, dass keine aktuelle Adresse bekannt sei und die erteilte Vollmacht hiermit (17.12.2018) zurückgelegt werde.

Mit Schriftsatz vom 20.12.2018 hat das BVwG die Parteien im Zuge der Wahrung des Parteiengehörs eingeladen binnen gesetzter Frist zum aktualisierten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak vom 20.11.2018 Stellung zu beziehen. Die Zustellung des Schriftstückes an die bP erfolgte durch Hinterlegung im Akt, zumal sie vom anhängigen Beschwerdeverfahren Kenntnis hatte und sie unter Verletzung ihrer Mitwirkungsverpflichtung keine anderweitige Abgabestelle bzw. Wohnanschrift bekannt gegeben hatte.

Eine Stellungnahme langte von keiner der beiden Parteien ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Das BVwG stützt sich bei der gegenständlichen Entscheidung im Wesentlichen auf die vom Bundesamt getroffenen Feststellungen, die soweit im Nachfolgenden dargestellt werden (Auszug aus dem Bescheid):

"Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht aufgrund des vorgelegten Originalen Reisepasses, Personalausweises und Staatsbürgerschaftsnachweises fest.

Sie heißenXXXX und wurden am XXXX1997 geboren.

Sie sind irakischer Staatsbürger, sind moslemischen Glaubens, Sunnit und gehören zur Volksgruppe der Araber.

Sie sind weder verheiratet noch haben Sie Kinder.

Ihre gesamte Familie lebt nach wie vor im Irak.

[...]

Sie lebten bis zu Ihrer Ausreise in der Stadt Bagdad.

Sie besuchten 12 Jahre eine Schule in Bagdad.

Sie gingen im Irak keiner Arbeit nach.

Sie leiden an keiner lebensbedrohenden Erkrankung.

Sie sind gesund, stehen nicht in ärztlicher Behandlung und nehmen keine Medikamente ein.

Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Sie sind illegal in das Bundesgebiet eingereist.

Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie im Irak, bedroht oder verfolgt werden.

Insgesamt war Ihr Vorbringen, vor einer Miliz-Gruppe geflüchtet zu sein, nicht glaubhaft und haben Sie in Bezug auf Ihre behaupteten Fluchtgründe und hinsichtlich der Rückkehrsituation (insb. bzgl. der Stadt Bagdad) keinen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie vor Ihrer Ausreise aus Ihrem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren.

Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann nicht festgestellt werden, dass Sie einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden individuellen Gefährdung oder Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt wären.

Eine Rückkehr nach Bagdad oder Bagdad Umgebung wird Ihnen zugemutet.

Sie können von Österreich aus Bagdad erreichen, ohne einer besonderen Gefährdung ausgesetzt zu sein.

Festgestellt wird, dass im Entscheidungszeitpunkt Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in den Irak keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen könnte.

Sie verfügen über soziale Anknüpfungspunkte im Irak und könnten Unterstützung von ihnen bekommen. Es ist Ihnen zuzumuten, sich, wie bereits vor Ihrer Abreise aus dem Herkunftsstaat, mit Hilfe Ihrer finanziellen Ersparnisse und der Unterstützung Ihrer Kernfamilie und Verwandten den Lebensunterhalt im Herkunftsstaat zu sichern.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht.

Es bestehen keine besonderen sozialen Kontakte, die Sie an Österreich bindet.

Sie gehen in Österreich keiner Arbeit nach und beziehen Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Sie haben in Österreich keine Angehörigen oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht.

Sie haben im Heimatland familiäre Anknüpfungspunkte.

Sie regeln Ihren Aufenthalt auf asylrechtlicher Basis.

[...]

Sie sind in keinem Verein engagiert."

Ergänzend wird festgestellt, dass die bP über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 gemäß den GER für Sprachen verfügt. Sie hat sich unter Verletzung ihrer Mitwirkungsverpflichtung dem Beschwerdeverfahren entzogen und ist unbekannten Aufenthaltes.

1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Auf Grundlage der in das Verfahren einbezogenen Berichtsquellen zum Irak (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak vom 20.11.2018) wird zusammengefasst Folgendes festgestellt:

Politik / Zusammensetzung der Bevölkerung

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

Der Irak hat ca. 38 Millionen Einwohner. Etwa 75-80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15-20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

Etwa 97 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Christen, Jesiden und andere Religionen bilden mit ca. 3 % eine Minderheit. Die Christen zählen überwiegend zu den orientalisch-christlichen Gemeinschaften:

Chaldäisch-katholische Kirche, Assyrische Kirche des Ostens, Alte Kirche des Ostens, Armenische Apostolische Kirche, Römisch-katholische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, Assyrisch-evangelische Kirche und andere.

Sicherheitskräfte - Milizen

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

Wenngleich es zum Teil erhebliche Mängel gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass generell keine wirksamen Schutzmechanismen durch die Sicherheitskräfte vorhanden wären oder dass die Bevölkerung dazu keinen Zugang hätte. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung:

Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt.

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen (Süß 21.8.2017). Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes.

Rechtschutz

Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft. Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts. Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen und Einflussnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Personal- und Kompetenzmangel wird zuweilen beklagt.

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte vereinzelt, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, gibt es diesbezüglich Mängel im Verfahren. Urteile ergehen vereinzelt mit überschießend hohen Strafen.

Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich Iraker vereinzelt auch an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt.

Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt

Allg. Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat. Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert. Vereinzelte IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv und für Verbrechen verantwortlich, die Sicherheitslage ist veränderlich. Die allgemeine Kriminalitätsrate ist hoch. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

Sunniten

Ca. 17-22 % der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. Es gibt vereinzelte Berichte über Menschenrechtsverletzungen an Sunniten, va. durch schiitische Milizen oder unbekannte Täter. Vor allem Personen die Angehörige der terroristischen Gruppierung IS sind oder im Verdacht stehen solche zu sein oder diese unterstützen, können solcherart gefährdet sein. Auf Grund der Berichtslage lässt sich jedoch nicht schließen, dass dies Teil eines systematischen, quasi jeden Sunniten gleichermaßen treffenden Risikos ist. Sunniten, die in schiitisch dominierten Regionen leben, können gesellschaftliche Diskriminierung in einem moderaten Level erfahren, vor allem in den südlichen Gouvernements. Es handle sich vorwiegend um Diskriminierung am Arbeitsmarkt bzw. um gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund von Nepotismus. Schiitische Arbeitgeber würden eher Schiiten einstellen. Generell ist die Zahl von registrierten, sicherheitsrelevanten Vorfällen jedoch seit dem Zeitpunkt als der IS als "vertrieben" gilt, stark rückläufig.

Die Provinz Babil (ca. 1,9 Millionen Einwohner) gehört zu jenen Provinzen, die 2018 bislang die geringste Zahl an Konfliktfälle und Todesopfer zu verzeichnen hat. So zB im 1. Quartal 16 Vorfälle mit 6 Todesopfer, 2. Quartal bei 13 Vorfällen 19 Todesopfer, 3. Quartal bei 16 Vorfällen 7 Todesopfer. Die Vorfälle waren jeweils an verschiedenen Orten in der Provinz (Quelle: ACLED)

Die aktuelle Sicherheitslage in der Herkunftsregion Bagdad

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden.

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste (absolute) Zahl an Opfern im gesamten Land, wobei sich diese angesichts der hohen Bevölkerungszahl in dieser Region jedoch erheblich relativiert. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS-Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln.

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt (mit ihren rund 7 Millionen Einwohnern) bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).

Aktuelle Versorgungslage

Auf Grund klimatischer Verhältnisse (Wasserknappheit) und zum Teil veralteter Infrastruktur ist die Versorgung mit sauberem Wasser nicht überall gleich gewährleistet. Berichte, dass das das Mindestmaß an lebensnotwendiger Versorgung mit Trinkwasser nicht möglich wäre, liegen nicht vor.

Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen ca. 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe. Das Sozialsystem wird vom sog. "Public Distribution System" (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme. Es sind alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen von PDS zu erhalten. An der Umsetzung kann es zu Mängeln kommen.

Bewegungsfreiheit

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich, nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden.

Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) Bestimmungen, die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken, selektiv umgesetzt haben.

Eine Kontrolle der eigenen Staatsangehörigen findet bei der Ausreise statt. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren.

Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein. Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, Genehmigungen einzuholen, die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger, die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen, benötigen einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehen lassen. Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen.

IDPs und Flüchtlinge

Die Zahl der Vertriebenen sinkt stetig; die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen. Die Regierung und internationale Organisationen, einschließlich UN-Einrichtungen und NGOs, versuchen, IDPs Schutz und andere Hilfe zu gewähren.

Rückkehr

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Bei jenen Irakern, welche in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, Verfolgung behaupteten und während des Beschwerdeverfahrens freiwillig wieder zurückkehrten, handelt es sich überwiegend um arabische Sunniten und Schiiten. Neben Österreich führen auch andere Staaten der EU abgelehnte irakische Staatsangehörige in den Irak zurück.

Dokumente

Identitätsbescheinigende Dokumente die im Irak ausgestellt wurden sind wenig zuverlässig, zumal sie häufig auch auf Grund mangelnder Dokumentation ausgestellt werden.

Jedes irakische Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen

2. Beweiswürdigung

Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich im Wesentlichen aus dem Ermittlungsverfahren des Bundesamtes und hier zentral aus den persönlichen Angaben der bP und den vorgelegten Bescheinigungsmitteln.

Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP iSd § 15 AVG vollen Beweis über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können. Gerade im Asylverfahren kommt der persönlichen Aussage des Antragstellers besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch im Wesentlichen behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse über die berichtet wird, die sich vielfach, insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen, weitgehend einer Überprüfbarkeit entziehen.

Die bP trat den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht an.

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es der bP nicht gelungen sei, ihr ausreisekausales Vorbringen glaubhaft zu machen, da dieses in wesentlichen Punkten widersprüchlich bzw. nicht plausibel war. Im Konkreten führte das Bundesamt dazu aus:

"[...]

Sie waren keineswegs in der Lage, die Behörde davon zu überzeugen, dass Sie in Ihrem Heimatland einer Gefahr oder Verfolgung ausgesetzt waren/sind.

Sie brachten vor, dass Sie in Bagdad an einer Demonstration gegen die Milizen teilgenommen hätten und deshalb bei einer Rückkehr von diesen Milizen verfolgt werden würden.

Hierzu ist anzumerken, dass Sie im Irak Ihren Angaben folgend nie auch nur ansatzweise irgendein politisches Engagement ins Treffen geführt haben und auch nicht feststellbar war, dass Sie im Rahmen einer angeblichen Teilnahme an einer Demonstration in exponierter Weise in Erscheinung getreten wären, sodass Sie aus diesem Grund auffällig geworden wären. Dem BFA liegen darüber hinaus keine Informationen darüber vor, dass sich die irakische Regierung angesichts der heftigen politischen Auseinandersetzungen innerhalb des Iraks für derlei marginale politische Randerscheinungen wie Meinungsäußerungen einzelner Privatpersonen im Zuge einer Demonstration besonders interessieren würde. Ebenso wie grundsätzlich keine Informationen vorliegen für eine besondere Aufmerksamkeit der irakischen Regierung für exilpolitische Aktivitäten an sich oder gar ein Verfolgungsinteresse gegenüber Individuen mit einem solchen Engagement.

Soweit eine Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe angezogen wird, ist dem entgegen zu halten, dass unter Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe eine nicht sachlich gerechtfertigte Repression verstanden wird, die nur Personen trifft, die sich durch ein gemeinsames soziales Merkmal auszeichnen, die also nicht verfolgt werden würden, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten. Nach herrschender Auffassung kann eine soziale Gruppe aber nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist. (VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

Sie wurden bei der Einvernahme vor dem Bundesamt konkret gefragt, woher Sie das Foto, auf denen ersichtlich sein soll, dass Sie demonstrieren, her haben, wobei Sie angaben, dass Sie dieses Foto auf der Internetseite der Schule veröffentlicht wurde, was allerdings in keinster Weise glaubhaft ist, da Sie auch angegeben haben, dass der Direktor dieser Schule entführt worden wäre und die Schule mit der Veröffentlichung dieses Fotos weiter Schüler Lehrer und Mitdemonstranten in Gefahr hätte bringen können. Des Weiteren war auf diesem Foto nicht erkennbar, dass dies der Direktor Ihrer Schule hätte sein sollen, jedoch war zu erkennen, dass Sie auf Ihrem "Plakat" ein Foto eines anderen Mannes bei dieser "Demonstration" gehabt haben.

Aber selbst unter der Annahme der Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens, lässt sich feststellen, dass Sie von diesen Milizen nie persönlich bedroht worden wären, sondern diese lediglich bei Ihnen zu Hause gewesen wären und nach Ihnen gesucht hätten, was auch nicht die Intensität einer konkreten Verfolgung darstellt.

In diesem Zusammenhang, wurden Sie auch konkret gefragt, ob diese Milizen nach Ihrer Ausreise nochmals bei Ihnen zu Hause gewesen wären, wobei Sie angaben, dass diese nur einmal mehr bei Ihnen zu Hause nach Ihnen gefragt hätten und dann nicht mehr bei Ihnen zu Hause gewesen wären, wobei nicht erkannt werden konnte, dass die Milizen weiterhin ein konkretes Interesse an Ihrer Person haben.

Somit war es auch nicht glaubhaft, dass die Milizen Sie im Falle einer Rückkehr in den Irak verfolgen und töten würden, da diese, wie von Ihnen angegeben, niemanden vergessen würden, was allerdings aufgrund der Tatsache, dass diese Milizen nicht mehr nach Ihnen gefragt hat, in keinster Weise glaubhaft war.

Bemerkenswert waren auch Ihre Ausführungen zu der Miliz, welche Sie verfolgt hätte. So gaben Sie bei der Einvernahme vor dem Bundesamt am 08.03.2017 noch an, dass Sie von der Asaib Ah Al Haaq Miliz verfolgt worden wären, wohingegen Sie bei der Einvernahme vor dem Bundesamt am 25.06.2018 angaben, dass Sie nicht wissen würden welche Miliz hinter Ihnen her war.

Wären Sie nun tatsächlich von diesen Milizen konkret verfolgt worden, so hätten diese die Suche nach Ihnen nicht aufgegeben, sondern wären noch mehrere Male zu Ihnen nach Hause gekommen, womit wiederum nur davon ausgegangen werden kann, dass Sie in Ihrem Verfahren kein selbsterlebtes Ereignis vorgebracht haben, sondern lediglich ein Konstrukt, welches Ihre Chancen auf Asyl Gewährung erhöhen soll.

Sie brachten in Ihrem Verfahren einen Reisepass vor, bei dem ersichtlich ist, dass dieser am XXXX2015, also kurz vor Ihrer Ausreise ausgestellt wurde. Konkret befragt, warum Sie sich diesem Reisepass ausstellen lassen hätten, gaben Sie an, dass Sie sich diesen besorgt hätten, da Sie sich gerade einen neuen Personalausweis ausstellen lassen hätten. Die Behörde geht in Ihrem Fall allerdings vielmehr davon aus, dass Sie bereits bei der Beantragung des Reisepasses gewusst haben, dass Sie den Irak verlassen werden und haben das Vorbringen, dass Sie von den Milizen gesucht werden lediglich vorgebracht um Ihre Chancen auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich zu erhöhen, was Ihnen in keinster Weise gelungen ist.

Schlussendlich ist es Ihnen in keinster Weise gelungen, glaubhaft dazulegen, dass Sie aufgrund einer Verfolgung bzw. Furcht vor einer solchen nach Österreich kamen, sondern ist viel mehr davon auszugehen, dass Sie aufgrund des Wunsches nach Emigration, das österreichische Bundesgebiet aufsuchten. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrer Person konnte jedenfalls aus obengenannten Gründen nicht glaubhaft dargelegt werden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Eine Rückkehr nach Bagdad kann ihnen zugemutet werden.

Im Falle der Rückkehr in Ihr Herkunftsland ist nicht davon auszugehen, dass Sie einer allgemeinen exzeptionellen Gefährdungslage im Irak, die praktisch jeden betreffen würde, ausgesetzt wären.

Bei Ihrer Heimatstadt Bagdad handelt es sich um eine Stadt mit mehr als sieben Millionen Einwohnern.

Die gewachsenen Spannungen führten in der Vergangenheit zu Terrorangriffen und Vertreibungen von Sunniten und Schiiten gegeneinander. Da die ethnischen Säuberungen weitgehend abgeschlossen sind, sank auch die Gewalt ab dem Jahre 2007 zwischen den religiösen Gruppen. Ein Grund dafür ist, dass es kaum noch heterogene Stadtviertel gibt, so dass Anschläge eine aufwendigere Planung benötigen. Ein weiterer Grund für die zurückgegangene Gewalt sind die Sperrmauern, welche die US-Armee errichtet hatte, die Schiiten und Sunniten voneinander trennen.

Wie aus dem Länderinformationsblatt weiters hervorgeht, ist Iraks Hauptstadt in zunehmendem Maße religiös gespalten und in schiitische und sunnitische Viertel geteilt.

Im Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten im Irak fällt es zudem den jeweiligen Gruppen häufig schwer, zu erkennen, wer Schiit und wer Sunnit ist.

Die Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten seien Ausdruck eines Kampfes um die Vorherrschaft im Irak. Dieser Machtkampf innerhalb der moslemischen Mehrheitsgesellschaft könne nicht mit der ausgrenzenden Verfolgung religiöser Minderheiten gleichgesetzt werden.

Des Weiteren habe sich die Lage der Sunniten und Schiiten stark verbessert. Die Bürgermilizen der Sunniten kontrollierten ihre Stadtviertel. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen in vielen Städten in der Vergangenheit hätten zu einer klaren Aufteilung schiitischer und sunnitischer Wohngebiete geführt

Danach setzt die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung voraus, dass eine bestimmte "Verfolgungsdichte" vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.

Diese ursprünglich für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze sind prinzipiell auch auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar.

Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinn der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden.

Ferner müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. Nicht erforderlich ist es, die zahlenmäßigen Grundlagen der gebotenen Relationsbetrachtung zur Verfolgungsdichte mit quasi naturwissenschaftlicher Genauigkeit festzustellen. Vielmehr reicht es aus, die ungefähre Größenordnung der Verfolgungsschläge zu ermitteln und sie in Beziehung zur Gesamtgruppe der von Verfolgung Betroffenen zu setzen. Bei unübersichtlicher Tatsachenlage und nur bruchstückhaften Informationen aus einem Krisengebiet darf auch aus einer Vielzahl von Einzelinformationen eine zusammenfassende Bewertung des ungefähren Umfangs der asylerheblichen Verfolgungsschläge und der Größe der verfolgten Gruppe vorgenommen werden.

Einem spezifischen Verfolgungs- und Vertreibungsdruck seien auch Schiiten und Sunniten in den Gegenden, in denen jeweils die andere Konfession die Mehrheit stelle, ausgesetzt. Aufgrund der historischen Situation, in der Sunniten, insbesondere unter dem Regime Saddam Husseins, zwar die Minderheit der Bevölkerung, aber die dominierende Machtelite dargestellt haben, sei das Verhältnis zwischen irakischen Sunniten und Schiiten weiterhin angespannt.

Die Gefahr, durch militärische Aktionen im klassischen Sinne zu Schaden zu kommen, sei zurückgegangen. Jedoch bestehe weiterhin die Gefahr von Anschlägen, deren Urheber meist nicht eindeutig identifizierbar seien. Insbesondere in den Provinzen Bagdad, Diyala, Ninive und Tamim komme es weiterhin zu zahlreichen Vorfällen mit Todesopfern. Dabei sei ein Großteil der Gewalt in Provinzen mit gemischter ethnischer/religiöser Bevölkerung zu verzeichnen.

Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Entwicklung ergibt sich hinsichtlich der Anzahl der Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter folgendes Bild: Die Gesamtbevölkerung des Irak wird auf knapp 36 Millionen (Wikipedia) Menschen geschätzt. Davon sind etwa 97 % muslimisch. 60 bis 65 % hiervon sind (arabische) Schiiten, der Rest Sunniten. Unter letzteren befindet sich auch ein Großteil der Kurden, die ca. 15 bis 20 % der Gesamtbevölkerung ausmachen und in ihrer großen Mehrheit sunnitisch sind.

Grob gerechnet sind damit ca. 12 Millionen Iraker sunnitischen Bekenntnisses. Dem ist gegenüberzustellen die Zahl der gegen diese Gruppe gerichteten Verfolgungsanschläge. Genauere Angaben hierüber liegen nicht vor. Allerdings zählt die britische Nichtregierungsorganisation Irak Body Count (http:/www.iraqbodycount.org) seit dem Einmarsch der Koalitionsstreitkräfte in den Irak die Verluste unter der (gesamten) irakischen Zivilbevölkerung. Danach sind diese im Jahr 2015 von

17.578 Opfern unter der Zivilbevölkerung auf 16.350 Opfern im Jahr 2016 gesunken.

2017 ist eine weitere Verbesserung der Vorfälle ersichtlich. So waren im ersten Quartal 2017 insgesamt 3.962 zivile Opfer zu beklagen. 2016 waren in dem ersten Quartal noch 4.091 zivile Opfer.

Für Bagdad ist eine noch deutlicher erkennbare Verbesserung ersichtlich. So waren in den ersten beiden Monaten des Jahres 2017 insgesamt 300 zivile Opfer zu beklagen. Im selben Zeitraum im Jahr 2016 waren es hingegen 568 zivile Opfer.

Die für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr für Ihr Leib oder Leben erforderliche Gefahrendichte liegt nicht vor. Weiterhin sind Hinweise für eine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage nicht ersichtlich.

Sie verfügen im Irak, wie Ihren Angaben zu entnehmen ist, noch über Verwandte, konkret in Bagdad, welche, wie von Ihnen angegeben, auch keine Probleme im Irak haben. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die im Herkunftsland verbliebenen Verwandten und Freunde Ihnen bei einer Rückkehr Hilfe und Unterstützung versagen würden.

In Ihrem Verfahren ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Sie bei Ihrer Rückkehr in den Irak, Ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten könnten. Im Fall Ihrer Rückkehr können Sie jedenfalls auch wieder die Unterstützung und Wohnmöglichkeiten Ihrer Angehörigen in Anspruch nehmen und mit deren Hilfe Ihr Leben im Irak bestreiten.

Gemäß § 52a BFA-VG kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für Ihren Neubeginn im Heimatland gewährt werden.

Wenn auch im Irak eine wirtschaftlich schwierigere Situation als in Österreich besteht, so ist in einer Gesamtbetrachtung, unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Situation, festzuhalten, dass von einer lebensbedrohenden Notlage im Herkunftsstatt, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des Bundesamtes nicht gesprochen werden kann.

[...]"

Die vom BFA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Wesentlichen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anzunehmen braucht, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten, Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem BFA nicht entgegenzutreten, wenn es das als ausreisekausal dargelegte Vorbringen dergestalt im Ergebnis als nicht glaubhaft qualifiziert. Die Beweiswürdigung des BFA ist hinreichend tragfähig, um dieses Ergebnis zu stützten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den hier dargestellten wesentlichen und tragfähigen Argumenten an.

Im Übrigen wird die Beweiswürdigung des BFA in der Beschwerde auch nicht substantiiert bekämpft, wie nachfolgende Ausführungen zeigen, weshalb der Bundesverwaltungsgericht nicht veranlasst war das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. zB. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

Die Beschwerde macht unter Zitierung von Berichten Ausführungen zur allgemeinen Sicherheitslage, die jedoch ohnedies die schon vom Bundesamt dargestellte Lage widerspiegeln.

Der Beweiswürdigung des Bundesamtes wird nicht konkret entgegen getreten und in substantiierter Weise keine Unrichtigkeit derselben aufgezeigt. Nach Ansicht des BVwG ist die Beweiswürdigung des Bundesamtes hinreichend tragfähig um zum gegenständlichen Ergebnis zu gelangen. Die Beschwerde zeigt letztlich in konkreter Weise kein "unzureichendes Ermittlungsverfahren" der Behörde auf, das eine nochmalige Einvernahme der bP erforderlich machen würde. Zudem hat die bP durch ihr "Untertauchen" gezeigt, dass sie nicht wirklich ein Interesse an einer persönlichen Anhörung vom dem BVwG hat.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Das BVwG hat den Parteien aktualisierte Berichte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak vom 20.11.2018) zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage zur Stellungnahme übermittelt. Die Parteien haben sich dazu verschwiegen, womit diese unstreitig sind.

Im Verhältnis zu der sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden maßgeblichen Lage ist durch die aktualisierten Berichte keine Verschlechterung erkennbar, vielmehr ist vielfach eine Verbesserung der Sicherheitslage erkennbar.

3. Rechtliche Beurteilung

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigter

§ 3 AsylG

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

Nach Ansicht des BVwG sind die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Wie sich aus den Erwägungen ergibt, ist es der bP nicht gelungen eine solche aus ihrer dargelegten Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtung glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen und als ausreisekausal bezeichneten Angaben bzw. die daraus resultierenden Rückkehrbefürchtungen gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung somit gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Auch die allgemeine Lage ist im Herkunftsstaat nicht dergestalt, dass sich konkret für die beschwerdeführende Partei eine begründete Furcht vor einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung ergeben würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nichtzuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter

§ 8 AsylG

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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