Entscheidungsdatum
15.01.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G314 1244649-2/26E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, albanischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2018, Zl. XXXX betreffend den Antrag auf internationalen Schutz beschlossen und zu Recht erkannt:
A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) beantragte erstmals am 05.12.2002 in Österreich internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, er sei ein Funktionär der Demokratischen Partei Albaniens (PDSh) und werde deshalb von Mitgliedern der Sozialistischen Partei Albaniens (PSSh) und auch von der albanischen Polizei verfolgt und bedroht. Mit dem Bescheid des Bundesasylamts vom 12.11.2003 wurde sein Antrag abgewiesen und seine Abschiebung nach Albanien für zulässig erklärt. Mit dem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 29.09.2005 wurde die Berufung des BF dagegen abgewiesen.
Am 22.05.2017 beantragte der BF neuerlich internationalen Schutz in Österreich. Bei seiner am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab er als Fluchtgrund an, er sei 2005 nach Albanien zurückgekehrt, weil "seine" Partei die Parlamentswahlen gewonnen habe. 2013 sei wieder die gegnerische Partei an die Macht gekommen. Er sei wegen seiner Tätigkeit für das Unternehmen XXXX grundlos verhaftet worden und drei Monate im Gefängnis gewesen, wo er einen Herzinfarkt erlitten habe; danach sei er unter Hausarrest gestellt worden. Erst im März 2017 sei er freigesprochen worden. Er fürchte sich vor drei Personen, gegen die er vor Gericht ausgesagt hätte, weil sie ihn unter Druck gesetzt, mit dem Umbringen bedroht und an Hand und Fuß verletzt hätten.
Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 02.06.2017 gab er als Fluchtgründe an, er sei während seines Hausarrests von Polizisten und Mitgliedern der PSSh unter Druck gesetzt worden, damit er Taten gestehe und nicht mehr über politische Dinge berichte. Nach seiner Freilassung sei er von mehreren Personen bedroht worden. Er habe dies bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und dem albanischen Präsidenten sowie der OSZE einen Brief geschrieben. Er habe seine Heimat letztlich deshalb verlassen, weil er Anfang Mai 2017 gemeinsam mit seiner Ehefrau am Heimweg von einem Auto verfolgt worden sei und der Lenker versucht habe, sie zu überfahren. Er habe auch als Journalist gearbeitet, aber seine Vorgesetzten seien wegen seiner Mitgliedschaft bei einer Organisation gegen XXXX unter Druck gesetzt worden, sodass seine Artikel nicht mehr veröffentlicht worden seien.
Nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum psychischen Gesundheitszustand des BF wurde er am 11.07.2017 neuerlich vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz vernommen. Dabei ergänzte er seine Fluchtgründe um die Schilderung eines zuvor nicht erwähnten Vorfalls am 27.12.2016, bei dem er von einer albanischen Staatsanwältin, die seine Anzeige geprüft habe, mit einer Pistole bedroht worden sei.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), dem BF kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt V.). Dies wurde zusammengefasst damit begründet, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht und keinen asylrelevanten Sachverhalt dargelegt habe, zumal es in Albanien ein funktionierendes Exekutiv- und Justizsystem gebe und er sich bei Bedrohungen wie den geschilderten unter den Schutz der albanischen Behörden stellen könne, die nach den (im Bescheid detailliert festgestellten) Länderinformationen schutzfähig und -willig seien. Bei einer Rückkehr nach Albanien drohe ihm weder eine Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) aufgezählten Gründen noch die reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr nach Albanien dort in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Er leide an keiner akuten oder schwerwiegenden Erkrankung. In Albanien gebe es eine adäquate medizinische Versorgung. Ein unter § 57 AsylG fallender Sachverhalt sei nicht geltend gemacht worden. Der BF habe kein verfahrensrelevantes schutzwürdiges Privat- oder Familienleben in Österreich, sodass eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung nach Albanien lägen nicht vor. Da der BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme, der in Bezug auf die vorgebrachten Fluchtgründe schutzfähig und -willig sei, drohe ihm bei seiner Rückkehr keine reale menschenrechtsrelevante Gefahr, sodass es ihm zumutbar sei, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Daher sei einer Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, sodass auch keine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen unrichtiger und unvollständiger Feststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung, wesentlicher Verfahrensmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Beschwerde des BF mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz vom 22.05.2017 stattgegeben und dem BF die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werde. Hilfsweise werden die Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Albanien, die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Albanien sowie die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG beantragt. Außerdem wird eventualiter ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.
Der BF begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass er in seinem Herkunftsstaat immer dann Probleme habe, wenn die PSSh in der Regierung sei. Es sei nicht richtig, dass er in Albanien keiner asylrelevanten Verfolgung unterliege. Er sei von 16.12.2013 bis 21.03.2014 aus politischen Gründen, wegen seiner Mitgliedschaft bei der PDSh, ohne Anklage in Haft gewesen und anschließend bis 21.09.2016 unter Hausarrest gestanden. Bei Misshandlungen im Gefängnis sei ihm der rechte Arm gebrochen worden. Er sei als investigativer Journalist bei mehreren Zeitungen tätig gewesen, wobei seine Artikel nicht mehr veröffentlicht worden seien, weil auf seine Vorgesetzten bei einer Zeitung Druck ausgeübt worden sei. Bei einem Mordanschlag am 07.05.2017 seien er und seine Ehefrau beinahe von einem Auto überfahren worden. Mittlerweile gebe es aufgrund einer Anzeige des BF Ermittlungen in Albanien, wobei er am 27.12.2016 von einer Staatsanwältin mit einer Pistole bedroht worden sei.
Der BF habe seine Fluchtgründe detailreich und widerspruchsfrei geschildert und sei daher als glaubwürdig anzusehen. Er habe seine Furcht vor politischer Verfolgung anhand konkreter Tatsachen begründet. Die Behörde habe sich nur oberflächlich mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, wesentliche Beweismittel nicht beachtet und die Länderfeststellungen nicht berücksichtigt. Sie habe es unterlassen, die aktuelle politische und menschenrechtliche Situation in Albanien bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit des BF einzubeziehen. Der BF habe von staatlichen Stellen in Albanien keine effektive Hilfe zu erwarten. Er habe erfolglos versucht, die Übergriffe anzuzeigen. Bei einer Rückkehr nach Albanien wäre er wieder der Gefahr einer Verfolgung aus politischen Gründen, allenfalls wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, ausgesetzt. Er leide an psychischen Problemen und Herzproblemen.
Die albanischen Behörden seien nach den Länderfeststellungen nicht schutzfähig und -willig, zumal politischer Druck, Einschüchterungen, weitverbreitete Korruption und beschränkte Mittel verhinderten, dass die Justiz unabhängig und effizient arbeite, eine Kultur der Straflosigkeit und der fehlenden Implementierung von Regelwerken vorläge und Nepotismus allgegenwärtig sei. Es gebe Berichte über Festnahmen, die nicht im Einklang mit dem albanischen Recht erfolgt seien. Aufgrund schwacher und unzureichender staatlicher Strukturen und der allgegenwärtigen Korruption sei nachvollziehbar, dass die Polizei in sensiblen Bereichen wie parteipolitischen Auseinandersetzungen nur unzureichend tätig werde und daher kein effektiver Schutz für den BF gegeben sei. Es sei daher zu befürchten, dass es auch in Zukunft zu Bedrohungen, Übergriffen und willkürlichen Verhaftungen kommen werde, wobei die Haftbedingungen in albanischen Gefängnissen nicht westeuropäischen Standards entsprächen und Verdächtige und Gefangene manchmal von Polizisten oder Gefängniswärtern geschlagen und misshandelt würden.
Das BFA habe wesentliche Erhebungen unterlassen und die vorgelegten Beschwerdeschriften, die Beschwerde des BF beim EGMR und den vorgelegten USB-Stick nicht geprüft. Die willkürliche Verhaftung des BF stünde im Einklang mit den Länderfeststellungen. Die Behörde hätte amtswegige Ermittlungen zu den tatsächlichen Verhältnissen in Albanien veranlassen, sich mit den Länderberichten, die nicht auf die konkrete Situation des BF eingingen, beweiswürdigend auseinandersetzen und ein Sachverständigengutachten zu menschenrechtlichen Standards in Albanien, zur Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden und zur Rückkehrgefährdung des BF einholen müssen, dessen Einholung ausdrücklich beantragt werde. Die Erwähnung mongolischer Antragsteller auf Seite 53 des angefochtenen Bescheids belege die Verwendung von (unzureichend auf den vorliegenden Sachverhalt angepassten) Textbausteinen. Die Behörde habe die angenommene zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative nicht nachvollziehbar begründet und dem BF dazu kein Parteiengehör gewährt.
Die Rückkehrentscheidung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht des BF gemäß Art 8 EMRK dar, weil er ausgeprägte private, soziale und wirtschaftliche Bindungen in Österreich habe, die stärker seien als seine Bindungen zu Albanien. Er habe aufgrund seiner körperlichen und psychischen Probleme ein besonderes psychisches Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Mutter und seinem Sohn, die in Österreich lebten.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung verletze Art 1 des 7. ZPEMRK. Dem BF hätte eine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden müssen. Der Beschwerde sei aus humanitären Überlegungen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zumal dem BF bei der Abschiebung nach Albanien unwiederbringliche persönliche und gesundheitliche Nachteile drohten und er um sein persönliches Fortkommen fürchten müsse. Von ihm gehe keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit aus. Eine sofortige Vollstreckung der Rückkehrentscheidung sei nicht geboten.
Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 07.03.2018 einlangten. Gleichzeitig beantragte das BFA, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Nach dem Einlangen der Beschwerde und der Verwaltungsakten in der zuständigen Gerichtsabteilung wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geprüft und im Aktenvermerk vom 08.03.2018 festgehalten, dass keine Gründe dafür vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 26.03.2018 beantragte der BF, eine Übersetzung der von ihm in albanischer Sprache vorgelegten Dokumente in die deutsche Sprache durch einen der Behörde beigegebenen Amtsdolmetscher zu veranlassen. Hilfsweise beantragte er die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Beiziehung eines Dolmetschers zur Übersetzung der Unterlagen. Mit den Schriftsätzen vom 05.04.2018 und vom 18.04.2018 legte der BF dann doch eine Übersetzung der von ihm in albanischer Sprache vorgelegten und für relevant erachteten Urkunden in die deutsche Sprache vor.
Mit Schriftsatz vom 23.04.2018 beantragte der BF neuerlich, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zumal er unbescholten sei und von ihm keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit ausgehe. Bei einer Abschiebung nach Albanien, die nach der Information der Fremdenpolizei unmittelbar bevorstünde, bestünde eine ernsthafte Gefahr für sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit. Gleichzeitig wiederholte der BF das Beschwerdevorbringen zu den behaupteten staatlichen Übergriffen gegen ihn und zu Unzukömmlichkeiten des albanischen Polizei- und Justizsystems laut den vom BFA herangezogenen Länderberichten. Mit E-Mail vom 27.04.2018 ersuchte der Rechtsvertreter des BF dringend um eine Entscheidung über diesen Antrag.
Mit dem - beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebrachten und dem BVwG zuständigkeitshalber übermittelten - Fristsetzungsantrag vom 11.06.2018 beantragte der BF, der VwGH mögen dem BVwG eine einwöchige Frist zur Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung setzen. Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens wurde der Fristsetzungsantrag am 19.07.2018 dem VwGH vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 25.07.2018 legte der BF dem BVwG die Übertragung der wesentlichen Passagen des auf dem vorgelegten USB-Stick (der dem BF zurückgestellt worden war) gespeicherten Interviews (samt deutscher Übersetzung) vor.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2018 legte der BF dem BVwG auftragsgemäß eine Bestätigung seiner aktuellen Wohnsitzmeldung vor.
Mit Eingabe vom 11.12.2018 lege der BF den ihm zurückgestellten USB-Stick wieder vor und wiederholte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Feststellungen:
Der BF ist albanischer Staatsangehöriger; seine Muttersprache ist Albanisch. Er kam am XXXX im albanischen Ort XXXX zur Welt. Er absolvierte in seinem Heimatstaat die Schule, die er mit der Reifeprüfung abschloss, und war anschließend in verschiedenen Berufen erwerbstätig. Er lebte bis 1999 in Albanien und danach in Griechenland und im Kosovo. 2002 hielt er sich kurz in Deutschland auf, von wo aus er nach Albanien abgeschoben wurde. Zwischen Ende 2002 und 2005 lebte er in Österreich, wo er erfolglos internationalen Schutz beantragte, was er mit seinem politischen Engagement für die PDSh begründete. Von 2005 bis 2017 lebte er wieder in Albanien, wo er zwischen 2009 und 2012 eine Bachelorstudium absolvierte. Er verfügt über einen am 13.05.2009 ausgestellten albanischen Personalausweis und über einen am 24.10.2012 ausgestellten und bis 23.10.2022 gültigen albanischen Reisepass.
Seit den 1990er Jahren ist der BF Mitglied und zeitweise auch Funktionär der PDSh.
Zwischen 2008 und 2013 war der BF für das Elektrizitätsversorgungsunternehmen XXXX tätig. Ende 2013 wurde gegen ihn und 14 andere ehemalige Beschäftigte dieses Unternehmens ein Strafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestand, sie hätten Verbrauchern zu hohe Energiekosten in Rechnung gestellt. Der BF wurde wegen dieses Vorwurfs am 16.12.2013 verhaftet und bis 21.03.2014 in Untersuchungshaft angehalten. Während der Haft wurde er dazu gedrängt, ein Geständnis abzugeben, und bei Misshandlungen im Bereich des rechten Handgelenks verletzt. Nach seiner Enthaftung stand er noch bis 21.09.2016 unter Hausarrest, musste sich in XXXX aufhalten und regelmäßig bei Gericht melden. Im März 2017 wurde er schließlich von den gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen freigesprochen.
Ab 2012 war der BF bei verschiedenen Zeitungen in Albanien als Journalist tätig. Da er Mitglied eines Vereins ist, der gegen den US-amerikanischen Investor XXXX auftritt, wurden seine Vorgesetzten unter Druck gesetzt, seine Artikel nicht mehr zu publizieren.
Im März 2016 fühlte sich der BF von Polizisten in seiner Wohngegend bedroht, weil sie ihn mit dem Auto verfolgt und dazu aufgefordert hätten, nicht mehr für die Zeitung zu schreiben. Außerdem habe er durch die Scheibe des Fahrzeugs eine Pistole wahrgenommen. Aufgrund einer Beschwerde des BF beim albanischen Ombudsmann wegen psychischer und verbaler Gewaltanwendung durch die Polizisten sagte der Ombudsmann dem BF im September 2016 eine Untersuchung des Sachverhalts zu.
Der BF wandte sich auch mit einer Beschwerde an die OSZE-Präsenz in Albanien, erhielt jedoch im Mai 2016 die Auskunft, dass sich diese nicht mit individuellen Beschwerde befasse.
Am 05.12.2016 erstattete der BF eine Beschwerde an den albanischen Kommissar für den Schutz vor Diskriminierung, weil er sich von der Staatsanwaltschaft XXXX, konkret von dem Staatsanwalt, der die Anklage gegen ihn vertrete, diskriminiert fühle, weil von den 148 Mitarbeitern des Unternehmens XXXX 15 festgenommen worden seien, die alle aus Nordalbanien stammten und Anhänger der PDSh seien. Der Staatsanwalt habe ihm auch vor Gericht seinen Hass gezeigt. Er - der BF - werde bereits seit 2 1/2 Jahren im Hausarrest angehalten.
Aufgrund einer Anzeige des BF, dass er von mehreren Personen bedroht werde, wurden Ende 2016 Ermittlungen eingeleitet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer Besprechung mit der zuständigen Staatsanwältin am 27.12.2016 mit einer Schusswaffe bedroht wurde.
Aktuell ist gegen den BF in Albanien kein Strafverfahren mehr anhängig; er ist dort (ebenso wie in Österreich) unbescholten.
Am 07.05.2018 wurde der BF und seine Ehefrau als Fußgänger am Heimweg vom Einkaufen von einem Auto verfolgt und konnten sich nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen. Das Auto fuhr danach gegen eine Wand. Dieser Vorfall war der unmittelbar Anlass dafür, dass der BF Albanien kurze Zeit später verließ und sich nach Österreich begab.
Der BF leidet aufgrund der unklaren Zukunftsperspektive im Zusammenhang mit dem unbekannten Ausgang des Asylverfahrens an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion, die nicht behandlungsbedürftig ist. Bei einer Überstellung nach Albanien ist es möglich, dass sich dieses Krankheitsbild kurz- bis mittelfristig verschlechtert, weil sich sein Wunsch, in Österreich bleiben zu dürfen, dann nicht erfüllen würde. Ein lebensbedrohlicher Zustand des BF ist in diesem Fall jedoch nicht zu befürchten; spezielle medizinische Maßnahmen vor, während und nach der Überstellung sind voraussichtlich nicht notwendig. Der BF nahm aufgrund seiner emotionalen Belastung 2017 mehrmals psychologische Beratungstermine im Rahmen der Grundversorgung wahr; ab Juli 2017 nahm er ein Antidepressivum (Trittico) in geringer Dosis ein. Zur Behandlung von Spannungskopfschmerzen wurde eine physikalische Therapie (Heilgymnastik und Heilmassagen) verschrieben. Nach der in der Haft erlittenen Handverletzung bestehen nach wie vor Schmerzen und eine Bewegungseinschränkung im Bereich der rechten oberen Extremität. Trotz dieser medizinischen Probleme ist der BF grundsätzlich arbeitsfähig.
Der BF ist verheiratet und hat zwei inzwischen volljährige Söhne. Seine beschäftigungslose Ehefrau und sein am XXXX geborener Sohn XXXX leben nach wie vor in Albanien. Zwei Schwestern des BF leben mit ihren Familien ebenfalls in Albanien, eine weitere Schwester lebt in Italien. Der BF hat diverse entferntere Verwandte (Onkel, Tanten, Schwiegereltern), die in Albanien leben. Der Bruder des BF lebt in Österreich; er ist österreichischer Staatsbürger. Die Mutter des BF eine albanische Staatsangehörige, verfügt über einen österreichischen Aufenthaltstitel, hält sich aber zwischendurch auch immer wieder in Albanien auf. Sein Vater ist bereits verstorben. Der am XXXX geborene Sohn des BF, XXXX, lebt in XXXX und verfügt seit 01.03.2017 über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender", die zuletzt bis 01.03.2019 verlängert wurde.
Der BF spricht Deutsch; ein bestimmtes Sprachniveau kann nicht festgestellt werden.
Die Familie des BF besitzt ein Wohnhaus in XXXX. Sie gehört in Albanien zum gehobenen Mittelstand.
In Österreich bezog der BF von 22.05.2017 bis 30.04.2018 Grundversorgungsleistungen. Bis August 2017 wohnte er in den ihm im Rahmen der Grundversorgung zugewiesenen Quartieren; danach verzog er in eine private Unterkunft. Seit August 2017 ist er bei einem XXXX Unternehmen geringfügig beschäftigt. Ende April 2018 wurde der BF wegen unbekannten Aufenthalts aus der Grundversorgung entlassen; seither besteht auch keine Krankenversicherung mehr.
Weitere Anhaltspunkte für eine Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor. Abgesehen von seiner Mutter, seinem Bruder und seinem Sohn hat er keine Bezugspersonen im Bundesgebiet.
Der BF hat in Albanien keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Er wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass er nach seiner Rückkehr nach Albanien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein oder in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde.
Zur allgemeinen Lage in Albanien:
Albanien ist seit Juni 2014 EU-Beitrittskandidat und seit 01.04.2009 NATO-Mitglied.
Albanien ist eine parlamentarische Demokratie. Drei Parteien bestimmen die politische Landschaft: die Sozialistische Partei Albaniens (PSSh), deren beherrschende Persönlichkeit Premierminister Edi RAMA ist; die Demokratische Partei Albaniens (PDSh) unter Lulzim BASHA, bei der der langjährige Ministerpräsident BERISHA noch immer wichtige Fäden zieht, sowie die Sozialistische Bewegung für Integration. Kommunalwahlen im Juni 2015 waren weitgehend frei und fair; es wurde jedoch von zahlreichen Unregelmäßigkeiten (Stimmenkauf, Einschüchterungen) berichtet. In Anerkennung des demokratisch und glatt verlaufenden Machtwechsels nach den Parlamentswahlen im Juni 2013 und der von der Regierung RAMA eingeleiteten Reformpolitik hat die EU Albanien im Juni 2014 den EU-Beitrittskandidatenstatus verliehen. 2017 standen Parlamentswahlen an.1
Die albanische Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Allerdings verhindern politischer Druck, Einschüchterung, weitverbreitete Korruption und beschränkte Mittel, dass die Justiz unabhängig und effizient arbeitet. Abgesehen davon finden Anhörungen oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Angeklagte dürfen nicht zu selbstbelastenden Aussagen und Geständnissen gezwungen werden und haben das Recht auf einen Anwalt und auf Berufung. Im Allgemeinen respektiert die Regierung diese Rechte in der Praxis. Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet, um westlichen Standards zu entsprechen. Aufgrund der Schwäche der Institutionen des Staates werden viele Rechtsverstöße entweder nicht oder nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Verfahren können mitunter mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen. Das Justizministerium leitete disziplinarische Maßnahmen gegen Richter in der Regel mit Verzögerung ein.
Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitsbehörden aus. Polizeibeamte vollziehen das Gesetz nicht immer in gleicher Weise. Verflechtungen zwischen Politik und Kriminalität, schlechte Infrastruktur, mangelhafte Ausrüstung, inadäquate Beaufsichtigung, mangelhafte Führung und geringe Motivation beeinflussen oft die Vollstreckung der Gesetze oder tragen zu Korruption oder unprofessionellem Verhalten bei. Die Straflosigkeit und Korruption in de Polizei bleiben weiterhin ein Problem. Die Regierung hat Mechanismen, um Missbrauch und Korruption in der Polizei zu untersuchen und zu bestrafen. Die staatliche Dienstaufsicht für innere Angelegenheiten und Beschwerden reagierte auf Beschwerden und führte Untersuchungen mit verstärkter Betonung der Menschenrechte, Gefängnisverhältnisse und Einhaltung von Standardverfahren durch. Es gab keine Berichte über geheime Verhaftungen oder über politische Gefangene. Dank personeller Umbesetzungen, Umstrukturierung und Lohnerhöhungen hat sich der Ruf der Polizei zuletzt verbessert. Eine zunehmend bedeutende Rolle spielt die Institution des Ombudsmannes, der aktiv unangemeldete Kontrollvisiten in Polizeikommissariaten und Einrichtungen des Strafvollzugs tätigt und Missstände beim albanischen Innenministerium anhängig macht. Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. Daher werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt große Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Neben verstärkten Controllingmaßnahmen, Lehrgängen zur Berufsethik, Verbesserung der Besoldung und drastischen Maßnahmen im Fall des Verstoßes gegen Dienstvorschriften bemüht man sich um eine Verbesserung des Bildes der Polizei in der Öffentlichkeit, die noch vor wenigen Jahren als äußerst korruptionsanfällig galt.
Es gibt keine Berichte über Folter oder staatliche Repressionen gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Nationalität, politischen Überzeugung, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder sozialen Gruppe. Die Verfassung verbietet explizit Folter und jegliche grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach den übereinstimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen durch Polizisten oder Gefängniswärter, insbesondere im Verantwortungsbereich der Polizei, während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden. Im Bereich der Folter- und Misshandlungsvermeidung führt das Büro des Ombudsmanns Untersuchungen durch. In einigen Fällen wurden Ermittlungen gegen Polizeibeamte eingeleitet.
Das Gesetz sieht für Korruption entsprechende Strafen vor, aber die Regierung hat es nicht wirksam umgesetzt. Korruption ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung weit verbreitet.
Die albanische Regierung hat einen Ombudsmann eingesetzt, den die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können. Er kann zwar keine Entscheidungen treffen oder durchsetzen, aber er untersucht Missstände und kann gerichtliche Verfahren einleiten. Ferner betreibt er eine sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit zu von ihm analysierten Missständen und veröffentlicht einen Jahresbericht.
Die albanische Verfassung enthält einen ausführlichen Katalog von Menschenrechten. Grundlage sind die Garantien der EMRK. Es gibt Berichte über Festnahmen, die nicht im Einklang mit dem albanischen Recht stehen. Die im albanischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen orientieren sich auch hinsichtlich des Strafmaßes an europäischen Standards. Es gibt keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen.
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind gewährt. Die Medien sind frei, aber wirtschaftlich oft von Eigentümern und Interessengruppen abhängig, die wiederum mit Parteien verbunden sind. Beim Aufbau eines Rechtsstaates und beim Schutz der Menschenrechte gibt es Fortschritte. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt. Strafverfolgung und Verurteilung von Regierungsbeamten und Politikern sowie Richtern und wirtschaftlich einflussreichen Personen ist sporadisch und widersprüchlich, auch wenn sich die Regierung in solchen Fällen bemüht, Untersuchungen durchzuführen.
Die Haftbedingungen in albanischen Gefängnissen entsprechen nicht westeuropäischen Standards. Bauliche Mängel, unzureichende Sanitäreinrichtungen, schlechte und knapp bemessene Ernährung, fehlende Heizung und Belüftung, Ungezieferbefall, Beengtheit und Überbelegung sowie Misshandlungen durch Wärter und andere Häftlinge sind Kritikpunkte. Es fehlt an einer angemessenen ärztlichen Versorgung, vor allem für psychisch kranke Gefängnisinsassen. Die Situation in den Gefängnissen und in den Einrichtungen für Untersuchungshäftlinge verbessert sich mit internationaler Finanzhilfe nur sehr langsam. Eine zunehmend bedeutende Rolle spielt die Institution des Ombudsmannes, die häufig unangemeldete Kontrollvisiten in Polizeikommissariaten und Einrichtungen des Strafvollzugs tätigt. Der Ombudsmann berichtete, dass Gefängnisbeamte grundsätzlich bei den Untersuchungen kooperativ sind. Die Regierung erlaubte lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen, den Medien und internationalen Organisationen, die Gefängnisverhältnisse zu überprüfen.
Die Todesstrafe ist für alle Straftaten abgeschafft. In Albanien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
Albanien gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Wirtschaftliche Aktivität verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Der Großteil des BIP wird in der Küstenregion erwirtschaftet, insbesondere im Raum Tirtana/Durres. Dagegen ist in vielen unwegsamen Bergregionen, in denen sich die Wirtschaft weitgehend auf Subsistenzlandwirtschaft beschränkt, soziale und ökonomische Entwicklung kaum spürbar. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe durch Geldbeträge. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen.
Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos. Da Ärzte und Pflegepersonal jedoch nur geringe Gehälter erhalten, sind Zuzahlungen häufige Praxis. Ausstattung und Hygiene der staatlichen Krankenhäuser und Polikliniken lassen erheblich zu wünschen übrig. Die Ärzte sind zwar im Regelfall gut ausgebildet, beim Pflegepersonal gibt es Defizite. Kompliziertere Behandlungen können nur in Tirana und in anderen größeren Städten durchgeführt werden. Die Versorgung mit Medikamenten stellt kein Problem dar. Es gibt stationäre psychiatrische Dienste in zwei psychiatrischen Kliniken (in Elbasan und Vlora) und zwei psychiatrischen Abteilungen (in Tirana und Shkodra). Es gibt insgesamt zehn Gemeindezentren für mentale Gesundheit (in Tirana, Elbasan, Vlora, Shkodra, Korç, Gramsh, Pechkopi und Berat). Die Anzahl des Fachpersonals im Bereich der psychischen Gesundheit ist eine der niedrigsten in Europa. Offiziell werden alle psychischen Erkrankungen behandelt. Allerdings gibt es einen großen Bedarf, die Leistung durch eine bessere Verfügbarkeit von spezialisierten Dienstleistungen zu verbessern. Die meisten der für die Behandlung von psychischen Erkrankungen notwendigen Medikamente sind auf dem Markt erhältlich und in den Privatapotheken zu finden.
Verfassung und Gesetze erlauben Inlands- und Auslandsreisen, Auswanderung sowie Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Rückgeführte Staatsangehörige unterliegen keiner Form der Diskriminierung und haben nicht mit staatlicher Repression zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Feststellungen basieren insbesondere auf den Angaben des BF und auf den von ihm vorgelegten Urkunden. Bei dem vorgelegten USB-Speicherstick handelt es sich dagegen um kein taugliches Beweismittel, zumal die Vorlage von Beweismitteln in digitaler Form, gespeichert in unbekanntem Dateiformat auf einem USB-Stick, aufgrund der damit potentiell verbundenen Gefahren und Sicherheitsprobleme (Einschleusung von Schadsoftware, insbesondere Computerviren, Softwarelizenzprobleme, unbewusste Datenweitergabe, siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/USB-Massenspeicher, Zugriff am 14.02.2019) nicht zulässig ist. Aus diesen Gründen darf z.B. nach der IT-Richtlinie des BVwG auch nur von der Justiz angeschaffte Hardware verwendet werden, sodass eine Verwendung des USB-Sticks auf einem Gerichtscomputer und damit eine Öffnung der darauf gespeicherten Dateien durch die Richterin gar nicht möglich ist (siehe zur Unzulässigkeit der Vorlage von auf einem USB-Stick gespeicherten Beweismitteln z.B. auch BVwG I413 2154972-1 vom 25.10.2017). Da der BF ohnehin eine Transkription der aus seiner Sicht relevanten Passagen des auf dem USB-Stick angeblich gespeicherten Interviews samt Übersetzung vorlegte, anhand der entsprechende Feststellungen getroffen werden, entsteht ihm dadurch, dass der USB-Stick selbst bzw. die darauf gespeicherten Daten nicht unmittelbar als Beweismittel herangezogen werden, ohnedies kein Nachteil.
Die Identität des BF wird durch die in Kopie vorliegenden Ausweise (Reisepass und Personalausweis) belegt. Sein Geburtsort ist ua im Reisepass dokumentiert. Seine Muttersprache kann anhand der aufgrund seiner Herkunft plausiblen Angaben des BF dazu festgestellt werden, zumal keine Verständigungsprobleme mit den beigezogenen Albanischdolmetschern aktenkundig sind.
Die Feststellungen zum ersten Asylverfahren des BF in Österreich basieren auf den Akten zu XXXX des Unabhängigen Bundesasylsenats, insbesondere auf dem Bescheid vom 29.09.2005 und auf der Erklärung über die freiwillige Rückkehr vom 10.10.2005.
Die Feststellungen zur Ausbildung des BF und zu seiner früheren Erwerbstätigkeit beruhen auf seinen Angaben bei der Erstbefragung und vor dem BFA. Aufenthalte in Griechenland, im Kosovo und in Deutschland können anhand entsprechender Feststellungen im Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 29.09.2005 festgestellt werden. Der BF bestätigt in dem von ihm vorgelegten Brief vom 19.04.2016, dass ihm regelmäßig griechische Aufenthaltstitel erteilt wurden. Dies deckt sich mit seinen Angaben dazu bei der Erstbefragung (Frage 9.8.1).
Das Engagement des BF für die PDSh ergibt sich aus seinen konsistenten Angaben in diesem Verfahren und im vorangegangenen Asylverfahren, die durch die dazu vorgelegte "Bescheinigung" der Demokratischen Partei XXXX vom XXXX untermauert wird (aus der auch ein Aufenthalt des BF im Kosovo ab November 2000 hervorgeht).
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der BF zwischen 2005 und 2017 außerhalb seines Herkunftsstaates lebte, in dem er jedenfalls ab 2008 erwerbstätig war und zwischen 2009 und 2012 eine weiterführende Ausbildung absolvierte. Bei der Erstbefragung gab er den Beginn seiner Tätigkeit für XXXX mit 2006 an, gegenüber dem BFA mit 2008. Das Gericht folgt dabei der zeitlich späteren Aussage des BF im Rahmen der ausführlicheren Einvernahme vor dem BFA, zumal es bei der eher kursorisch gehaltenen Erstbefragung eher zu Ungenauigkeiten kommen kann. Der genaue Zeitpunkt, ab dem der BF diese Tätigkeit ausübte, ist ohnedies nicht entscheidungswesentlich. Die Tatsache, dass es sich bei XXXX um ein albanisches Elektrizitätsversorgungsunternehmen handelte, ergibt sich aus der Aussage, des BF, er habe Stromzähler abgelesen. Dies deckt sich mit den allgemein zugänglichen Informationen über dieses Unternehmen (z.B. unter XXXX; Zugriff am 14.01.2019).
Die Feststellungen zum Strafverfahren gegen den BF wegen seiner Tätigkeit für dieses Unternehmen, zur Untersuchungshaft und zum anschließenden Hausarrest sowie zu seinem Freispruch 2017 folgen seinen Angaben bei der Erstbefragung und gegenüber dem BFA und in seinem (auch in deutscher Übersetzung) vorgelegten Brief vom 19.04.2016 dazu sowie aus der Transkription des Interviews, das sich auf dem vom BF vorgelegten USB-Speicherstick befinden soll. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Strafverfahren gegen ihn politisch motiviert war, liegen nicht vor. Seine Behauptungen über die Verletzung seiner rechten Hand infolge von Misshandlungen während der Untersuchungshaft stehen im Einklang mit den in diesem Bereich nach wie vor bestehenden Beschwerden laut dem neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachten XXXX vom 30.06.2017. Demgegenüber gab der BF gegenüber dem medizinischen Sachverständigen keine Probleme in Bezug auf seine unteren Extremitäten an, wobei auch deren neurologischer Status keine Auffälligkeiten zeigte, sodass die vom BF (ohnedies nur kursorisch) behauptete Bein- bzw. Fußverletzung mangels objektiver Beweisergebnisse nicht festgestellt werden kann.
Die Drohungen gegen den BF während der Untersuchungshaft und danach und insbesondere der Vorfall Anfang Mai 2017, der der unmittelbare Anlass für die Ausreise nach Österreich war, werden anhand seiner insoweit schlüssigen und plausiblen Schilderung gegenüber dem BFA festgestellt.
Die journalistische Tätigkeit des BF und deren Einschränkung infolge seines Engagements gegen XXXX (gemeint offenbar der US-amerikanische Investor XXXX) ergeben sich aus seiner Darstellung gegenüber dem BFA.
Die Beschwerde des BF beim albanischen Ombudsmann wegen angeblich von Polizisten gegen ihn ausgeübter verbaler und psychischer Gewalt, die er im Brief vom 19.04.2016 näher schilderte, kann anhand der vorgelegten "Bescheinigung" vom 05.09.2016 und des Schreibens vom 19.09.2016, die jeweils auch in deutscher Übersetzung vorgelegt wurden, festgestellt werden.
Die Beschwerde des BF an die OSZE-Präsenz in Albanien sowie deren Reaktion darauf ergeben sich aus dem vom BF vorgelegten Schreiben vom 24.05.2016.
Die Beschwerde des BF an den albanischen Kommissar für den Schutz vor Diskriminierung wurde (samt Übersetzung in die deutsche Sprache) vorgelegt.
Da der BF die Bedrohung durch eine Staatsanwältin mit einer Pistole am 27.12.2016 weder bei der Erstbefragung noch bei seiner ersten, ausführlichen Einvernahme vor dem BFA, die über fünf Stunden lang dauerte, auch nur ansatzweise erwähnte und den Vorfall erst anlässlich seiner zweiten Befragung vor dem BFA zur Sprache brachte, liegt insoweit ein nicht glaubhaftes, gesteigertes Vorbringen vor, dem auch ohne mündliche Verhandlung nicht gefolgt werden kann, zumal es sich bei einer durch eine Schusswaffe untermauerten Drohung eines Justizorgans um ein einschneidendes Erlebnis handelt, von dem nicht anzunehmen ist, dass es der BF bei konkreten Fragen nach den Fluchtursachen vergessen oder übersehen hätte, wenn seine Darstellung tatsächlich erlebnisbasiert gewesen wäre. Bei seiner ersten Befragung vor dem BFA hatte der BF noch angegeben, er habe die Anzeige an die Generalstaatsanwaltschaft in einem Brief erstattet und sei nicht persönlich dort gewesen.
Die Unbescholtenheit des BF in Österreich geht aus dem Strafregister hervor; für Albanien ergibt sie sich aus dem vorgelegten Strafregisterauszug vom 09.03.2017 in Zusammenschau mit dem Aktenvermerk vom 15.01.2018.
Die Feststellungen zum psychischen Gesundheitszustand des BF und zu den anhaltenden Beschwerden im rechten Handgelenk basieren auf dem Gutachten vom 30.06.2017. Die psychologische Beratung ergibt sich aus dem vom BF vorgelegten psychologischen Kurzbericht vom 10.07.2017. Die Verschreibung eines Antidepressivums sowie von Heilgymnastik im Juli 2017 wird aufgrund der Angaben des BF vor dem BFA und der dazu vorgelegten Unterlagen festgestellt. Da der BF angab, täglich ein Drittel einer Trittico-Tablette einzunehmen, ist von einer vergleichsweise geringen Dosierung auszugehen.
Die Feststellungen zum Familienstand und zu den Angehörigen des BF werden anhand seiner konsistenten Angaben dazu bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem BFA getroffen. Der BF schilderte dem BFA auch, dass seine Familie in XXXX ein Haus habe und zum gehobenen Mittelstand gehöre. Die der Mutter und dem älteren Sohn des BF erteilten Aufenthaltstitel sind im Fremdenregister dokumentiert. Da der BF bei der Erstbefragung erklärte, seine Mutter halte sich in Albanien auf, und bei der Einvernahme vor dem BFA angab, sie sei bei einer kranken Tante in Albanien und lebe im Haus der Familie in Tirana, ist davon auszugehen, dass sie sich immer wieder in Albanien aufhält.
Die festgestellten Deutschkenntnisse des BF beruhen auf seinen Angaben, die aufgrund vorangegangener Aufenthalts in Deutschland und Österreich durchaus nachvollziehbar sind. Schon bei der Erstbefragung wies er auf seine Sprachkenntnisse hin. Auch aus dem psychologischen Kurzbericht vom 10.07.2017 geht hervor, dass er Deutsch spricht. Da keine Kursbestätigungen oder Prüfungszeugnisse vorgelegt wurden und der BF die bei der Einvernahme vor dem BFA auf Deutsch gestellten Fragen nur zum Teil verstand, kann kein bestimmtes Sprachniveau festgestellt werden.
Der BF war im Bundesgebiet - nach seinem Aufenthalt zwischen 2002 und 2005 - laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) von 23.05.2017 bis 11.08.2017 in Grundversorgungsquartieren und von 11.08.2017 bis 28.06.2018 in einer privaten Unterkunft in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit 10.10.2018 ist er (nach einer entsprechenden Aufforderung des BVwG) laut ZMR und vorgelegter Meldebestätigung an dieser Anschrift wieder mit Hauptwohnsitz gemeldet. Aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem ergibt sich im Einklang damit, dass er zwischen 22.05.2017 und 30.04.2018 Grundversorgungsleistungen bezog und bis August 2017 in Grundversorgungsquartieren und danach in einer von ihm selbst angemieteten Unterkunft wohnte und per Ende April 2018 wegen unbekannten Aufenthalts aus der Grundversorgung entlassen wurde. Damit wurde auch die Krankenversicherung als Asylwerber beendet, wie der Versicherungsdatenauszug bestätigt, aus dem auch die geringfügige Beschäftigung des BF seit August 2017 hervorgeht.
Der BF hat keine weiteren familiären oder privaten Bindungen im Inland angegeben. Es sind auch keine über die Feststellungen hinausgehenden Integrationsmomente erkennbar.
Eine Verfolgung aus religiösen Gründen oder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit verneinte der BF gegenüber dem BFA ausdrücklich. Nach seinem Freispruch 2017 wird er in Albanien nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Eine Verfolgung aus politischen Gründen ist unwahrscheinlich und kann daher nicht festgestellt werden, zumal der BF ein nicht sonderlich exponiertes Mitglied der größten Oppositionspartei des Landes ist, die von 2005 bis 2013 den Premierminister stellte und nach wie vor mit zahlreichen Abgeordneten im Parlament vertreten ist (siehe z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Partia_Demokratike_e_Shqipërisë, Zugriff am 14.01.2019). Aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Albanien ergibt sich, dass es nach den Parlamentswahlen 2013 zu einem demokratisch und glatt verlaufenen Machtwechsel von der PDSh zur PSSh kam und dass Regierung und Opposition im Konflikt vor den Parlamentswahlen 2017 eine Kompromisslösung erzielten, was gegen eine generelle asylrelevante Verfolgung von Anhängern der PDSh durch Angehöriger der regierenden PSSh spricht.
Die Feststellung, dass nicht zu erwarten sei, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Albanien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde, folgt aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage dort zusammen mit dem Umstand, dass er in Albanien eine Wohnmöglichkeit und familiäre Anknüpfungspunkte hat und aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erwerbsbiographie davon auszugehen ist, dass er dort wieder wie vor seiner Ausreise durch Erwerbstätigkeit für seinen Lebensunterhalt aufkommen können wird. Die vom BF behauptete Verfolgung ist nicht asylrelevant, wie sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Situation in Albanien ergibt und im Rahmen der rechtlichen Beurteilung näher ausgeführt wird. Da keine anderen Fluchtgründe angegeben wurden, kann festgestellt werden, dass nicht zu erwarten ist, dass der BF in Albanien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist.
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Albanien beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation, die unter detaillierter Angabe der jeweiligen Quellen in den angefochtenen Bescheid aufgenommen wurden. Dabei wurden Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Angaben zu zweifeln. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Länderfeststellungen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf den angefochtenen Bescheid verwiesen. Aufgrund der stabilen Situation in Albanien sind die vom BFA herangezogenen Länderinformationen weiterhin ausreichend aktuell. Die Feststellung, dass in Albanien keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und auf der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage dort. Die politische Entwicklung im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen 2017 wurde anhand öffentlich zugänglicher Quellen in einer Fußnote ergänzt.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag der BF, der Beschwerde wegen drohender Verletzung von Art 2 und 3 EMRK die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Bei der vom BF kritisierten Erwähnung "mongolischer Antragsteller" auf Seite 53 des angefochtenen Bescheids handelt es sich um ein unschädliches Versehen, wie sich aus dem ganzen Satz problemlos erkennen lässt. Die Verwendung allgemein gehaltener Begründungselemente und Textbausteine in der Bescheidbegründung ist nicht zu beanstanden, weil die Behörde hier darüber hinaus auch eine ausreichend konkrete fallbezogene Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Einzelfall und dem Vorbringen des BF vorgenommen hat.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Folgeantrag iSd § 2 Abs 1 Z 23 AsylG zugrunde, weil der Antrag des BF vom 22.05.2017 seinem bereits rechtskräftig erledigten Antrag vom 05.12.2002 nachfolgte.
Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). Die behauptete Verfolgung des BF wegen seines politischen Engagements für die PDSh wurde bereits im vorangegangenen Verfahren geprüft. Dieser Umstand kann daher im Verfahren über den Folgeantrag nicht mehr neu aufgerollt werden, zumal damals ebenso wie im nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt die PDSh, der der BF angehört, in Opposition, und die gegnerische PSSh in der Regierung war. Einer Berücksichtigung steht die Rechtskraft der Entscheidung über den Erstantrag des BF entgegen.
Die vom BF vorgebrachten, im Folgeantragsverfahren dagegen zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderungen betreffen seine Strafverfolgung zwischen 2013 und 2017, die Misshandlung und Verletzung während der Untersuchungshaft, die Einschränkung seiner Tätigkeit als Journalist und die fortgesetzte Bedrohung nach der Enthaftung, insbesondere die Verfolgung durch einen Fahrzeuglenker im Mai 2017, die den unmittelbaren Anlass dafür bildete, dass der BF Albanien wieder verließ.
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl
Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974, kurz GFK) droht. Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).
Bei der Behauptung einer asylrelevanten Verfolgung durch die Strafjustiz im Herkunftsstaat ist zwischen der legitimen Strafverfolgung ("prosecution") einerseits und der Asyl rechtfertigenden Verfolgung aus einem der Gründe Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ("persecution") andererseits zu unterscheiden. Keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn ist im Allgemeinen in der staatlichen Strafverfolgung zu erblicken (vgl VwGH 27.05.2015, Ra 2014/18/0133). Allerdings kann auch die Anwendung einer durch Gesetz für den Fall der Zuwiderhandlung angeordneten, jeden Bürger des Herkunftsstaates gleich treffenden Sanktion unter bestimmten Umständen "Verfolgung" im Sinne der GFK aus einem dort genannten Grund sein; etwa dann, wenn das den nationalen Normen zuwiderlaufende Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Um feststellen zu können, ob die strafrechtliche Verfolgung wegen eines auf politischer Überzeugung beruhenden Verhaltens des Asylwerbers einer Verfolgung im Sinne der GFK gleichkommt, kommt es somit entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch auf die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung und die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0126).
Hier blieb zwar offen, ob die Strafverfolgung des BF auf seiner politischen Überzeugung beruhte (wie er behauptet) oder ob er schlichtweg eines kriminellen Verhaltens verdächtig war. Eine Unverhältnismäßigkeit der Strafverfolgung und Bestrafung liegt aber schon deshalb nicht vor, weil das Strafverfahren gegen den BF zwar sehr lange dauerte, aber die Untersuchungshaft schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit durch ein gelinderes Mittel ersetzt und er letztlich von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen wurde. Es liegen (insbesondere vor dem Hintergrund dieses Verfahrensausgangs) keine konkreten Hinweise auf eine fehlende Rechtsstaatlichkeit des gegen den BF geführten Strafverfahrens vor, sodass in diesem Zusammenhang nicht von einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner politischen Gesinnung auszugehen ist. Eine erneute Verfolgung des BF aus diesem Grund nach seiner Rückkehr nach Albanien ist aufgrund des Freispruchs ebenfalls nicht zu erwarten.
Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs 1 Z 11 AsylG umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Darunter fallen einerseits Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter; vgl zuletzt VwGH 31.07.2018, Ra 2018/20/018) und andererseits Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Die Einschränkungen der journalistischen Tätigkeit des BF, die sich auch nach seiner Darstellung darin erschöpften, dass seine Artikel in einer der Zeitungen, für die er schrieb, nicht mehr veröffentlicht wurden, erreichen diese Eingriffsintensität nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrechtliche Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Die Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems (beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vgl Art 7 Abs 2 StatusRL) gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).
In Bezug auf die Bedrohung und versuchte Verletzung oder gar Tötung des BF und seiner Ehefrau durch einen Fahrzeuglenker im Mai 2017 kommt es somit darauf an, ob der albanische Staat willens und in der Lage ist, sie vor derartigen gewalttätigen Übergriffen von Privatpersonen zu schützen. Die Schutzfähigkeit und -willigkeit des albanischen Staates in diesem Zusammenhang ist zu bejahen, weil in Albanien ein entsprechendes staatliches Sicherheitssystem eingerichtet ist und wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen bestehen (vgl VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Es ist nicht erkennbar, warum dem BF dieser staatliche Schutz nicht zuteilwerden sollte (so schon VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153-0154).
Albanien gilt nach wie vor als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 7 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der albanischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).
Davon, dass die albanischen Behörden von Privatpersonen ausgehende Drohungen und Übergriffe gegen Personen (z.B. wegen deren parteipolitischer Zugehörigkeit oder wegen deren Aussageverhaltens vor Gericht) systematisch tolerierten oder nicht ernsthaft behandelten und verfolgten, ist nicht auszugehen, auch wenn sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Albanien ergibt, dass bei der Umsetzung der entsprechenden Gesetze Verbesserungsbedarf besteht. In diesem Zusammenhang ist auf die Reformbestrebungen des albanischen Staates zu verweisen, die bereits zu spürbaren Verbesserungen bei Arbeit der Polizei geführt haben. Trotz der bestehenden Mängel gibt es keine Hinweise darauf, dass Angehörigen eines politischen Lagers, das nicht mehr in der Regierung, sondern in Opposition ist, systematisch staatlicher Schutz verweigert würde.
Auch aus dem Fehlverhalten einzelner Organwalter im Herkunftsstaat folgt nicht, dass dieser generell nicht schutzfähig und -willig wäre. Fehlleistungen einzelner Sicherheitsorgane sind nicht auszuschließen. Sie berühren die Schutzfähigkeit und -willigkeit eines Staates solange nicht, als es Möglichkeiten gibt, sich dagegen zur Wehr zu setzen und auf diese Art und Weise wirksamen Schutz zu erlangen. Die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden ist grundsätzlich daran zu messen, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind und ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass auch bei Vorhandensein von Strafnormen und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall geprüft werden muss, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).
Auch wenn es während der Untersuchungshaft des BF zu Übergriffen einzelner Organwalter gegen ihn gekommen sein sollte, aus denen eine Verletzung seines rechten Arms resultierte, finden solche Übergriffe in Albanien weder systematisch noch flächendeckend statt. Gegen das individuelle Fehlverhalten einzelner Organwalter kann sich der BF mit den in Albanien vorgesehenen Rechtsbehelfen zur Wehr setzen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass in der Beschwerde des BF beim albanischen Ombudsmann nach dem vorgelegten Schreiben psychische ("psychologische") Gewalt durch Polizisten behauptet wird und nicht physische Gewalt (wie der Bruch eines Arms).
Eine Bedrohung des BF durch eine Staatsanwältin mit vorgehaltener Waffe konnte nicht festgestellt werden. Selbst wenn es zu einem solchen Vorfall gekommen sein sollte, ist