Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W233 2213240-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Libyen alias staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018, Zl.: 1047748003 - 140273142, zu Recht:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein lybischer Staatsangehöriger alias staatenlos, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.12.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 13.12.2014 erfolgte die Erstbefragung des Beschwerdeführers, wobei im Zuge einer Anfrage an die EURODAC-Datenbank festgestellt wurde, dass über ihn Treffermeldung nach Asylantragstellung in Italien vom 18.05.2011, in der Schweiz vom 30.09.2011 und in Schweden vom 19.05.2014 aufscheinen.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete sodann unter Hinweis auf den von Schweden über den Beschwerdeführer gespeicherten Datensatz am 24.01.2015 ein auf Art. 18/1/b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Schweden.
Mit Schreiben vom 30.01.2015 teilte die schwedische Dublin-Behörde mit, dass dieses Wiederaufnahmeersuchen nicht akzeptiert werden könne, da der Beschwerdeführer in Italien den Schutzstatus eines subsidiär Schutzberechtigten gewährt bekommen hätte und er am 26.10.2014 von Schweden nach Italien überstellt worden sei.
3. Am 18.03.2015 richtete das Bundesamt ein Informationsersuchen an Italien mit der Bitte um Auskunft, ob dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gewährt worden sei.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 02.04.2015 richtete das Bundesamt an Italien ein auf Art. 18/1/b der Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen für den Beschwerdeführer.
Mit Schreiben vom 30.03.2015 informierte die italienische Dublin-Behörde das Bundesamt, zum einen davon, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten bis zum 14.07.2014 gewährt worden sei und teilte zum anderen mit, dass das österreichische Wiederaufnahmeersuchen vom 02.05.2015 nicht innerhalb von 2 Monaten nach Antragstellung und somit verfristet an Italien gestellt worden sei.
4. Am 28.04.2015 erfolgte die Zulassung des Verfahrens des Beschwerdeführers über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 11.12.2014.
5. Am 09.06.2017 wurde der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesamt zu seinen Fluchtgründen befragt.
6. Mit dem angefochten Bescheid vom 18.12.2018, Zl.: 1047748003 - 140273142, wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe. In Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteil. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Zif. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG seine Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.
Das Bundesamt stellt soweit hier Wesentlich fest, dass der Beschwerdeführer in Italien aufenthaltsberechtigt und ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm dieser Status bis dato auch nicht aberkannt worden sei. Ihre Feststellung begründete das Bundesamt damit, dass sich der Umstand, dass der Beschwerdeführer über eine italienische Aufenthaltserlaubnis verfügte, auf Schreiben der italienischen Migrationsbehörde vom 10.06.2014 und vom 30.03.2015 und einer Anfrage an das PKZ Thörl-Maglern vom 31.03.2015 stütze.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde Feststellungen zur Lage in Italien getroffen, wobei sie sich auf eine Zusammenstellung der Staatendokumentation über Italien stützt.
7. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.
1. Feststellungen:
Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes zur Frage der Voraussetzung einer Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz, weil der Beschwerdeführer in einem anderen EWR-Staat oder in der Schweiz, in diesem Fall konkret Italien, über einen Schutzstatus verfügt, unterlassen, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.
Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
Die bekämpfte Entscheidung erweist sich im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz aufgrund von Feststellungsmängeln als mangelhaft; dies aus folgenden Überlegungen:
Die belangte Behörde geht offensichtlich davon aus, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach wie vor über einen Schutzstatus als subsidiär Schutzberechtigter verfügt. Dabei stützt sich die belangte Behörde auf eine ihr von der italienischen Migrationsbehörde zuletzt am 30.03.2015 übermittelte Information, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung drei Jahre und neun Monate alt war. Dabei lässt die belangte Behörde ihre zur Lage in Italien eingebrachte Länderinformation jedoch außer Acht. In diesem mit "KI vom 18.12.2018, Sicherheits- und Immigrationsdekret (Salvini-Dekret)" überschriebenem Kapitel ist wörtlich ausgeführt, dass das Sicherheits- und Immigrationsdekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini, welches am 28.11.2018 vom italienischen Parlament endgültig als Gesetz angenommen worden ist, eine Reihe von Änderungen im Asylbereich vorsieht. Sodann wird in diesem Kapitel ausgeführt, dass der humanitäre Aufenthalt, die zuletzt am häufigsten verhängte Schutzform in Italien, künftig nur noch für ein Jahr (bislang zwei Jahre) und nur noch als Aufenthaltstitel für "spezielle Fälle" vergeben wird, nämlich, wenn erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe vorliegen, bzw. wenn im Herkunftsstaat außergewöhnliche Notsituationen herrschen (vgl. AS 221).
Das Bundesamt hat sich nicht damit auseinandergesetzt, ob der Beschwerdeführer, dem nach der Mitteilung der italienischen Behörden vom 30.03.2015, der Schutzstatus eines subsidiär Schutzberechtigten bis 14.07.2014 gewährt worden war, angesichts der aufgrund des "Salvini-Dekrets" erfolgten Änderungen im Bereich des humanitären Aufenthaltsrechts in Italien, auch noch zum Entscheidungszeitpunkt über einen Schutzstatus in Italien verfügt oder ob ihm dieser, da er die aktuellen Voraussetzungen (erhebliche soziale oder gesundheitliche Gründe, außergewöhnliche Notsituationen im Herkunftsstaat) nicht erfüllt, aberkannt oder nicht mehr verlängert worden ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Bundesamt in seiner Beweiswürdigung ausführt, dass sich aus einer Gesamtbeurteilung der Beweismittel ergebe, dass dem Beschwerdeführer der Status eines Schutzberechtigten in Italien zuerkannt worden und bis dato nicht aberkannt worden sei, da sich das Bundesamt auf Beweismittel aus den Jahren 2014 und 2015 stützt. Jedenfalls hätte das Bundesamt nicht ohne hinreichend aktuelle Informationen über den Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers davon ausgehen dürfen, dass ihm ein solcher in Italien zum Zeitpunkt der Entscheidung nach wie vor zusteht und dass keine Hinwiese auf eine Aberkennung des Status bestehen würden. Dass eine solche Prüfung der Zulässigkeit einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von § 4a AsylG als unzulässig zurückzuweisen, nicht nur aus einem unwiderlegbaren Automatismus zu bestehen hat, betonen bereits Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, im Kommentar zum Asyl- und Fremdenrecht, zu § 4a, K1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 1 BFA-VG regelt dieses Bundesgesetz die allgemeinen Bestimmungen, die für alle Fremden, die sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor den Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, oder einem Verfahren gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 vor dem Bundesverwaltungsgericht befinden, gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und dem FPG bleiben davon unberührt.
Aufgrund der erfolgten Verfahrenszulassung durch das Bundesamt ist im gegenständlichen Fall § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG maßgeblich (vgl. VwGH vom 05.10.2016, Ra 2016/19/0208-8). § 28 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Zu A) Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018), § 28 VwGVG, Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
In seiner Entscheidung vom 03.04.2018, Ra 2017/01/0433 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung.
Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus folgendes:
Im gegenständlichen Fall hätte die belangte Behörde ihre Entscheidungsgrundlage nicht auf ein drei Jahre und neun Monate altes Informationsschreiben der italienischen Behörden stützen dürfen, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über einen Schutzstatus in Italien verfügt. Dies allein schon deshalb nicht, da ihre eigenen ins Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen über Italien angesichts der dortigen Ausführungen über die aufgrund des sogenannten "Salvini-Dekrets" eingetretenen Änderungen in Bezug auf die Erteilung von humanitären Aufenthaltstiteln jedenfalls eine aktuelle Überprüfung, ob der Beschwerdeführer in Italien über einen Schutzstatus verfügt, erfordert hätten.
Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise stellt in der hier vorliegenden Form letztlich eine qualifizierte Rechtsverletzung dar, welche das ho. Gericht ermächtigt, von der ihm ausnahmsweise eingeräumten Möglichkeit einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen. Die gegenständlichen Rechtssachen sind auch nicht mit jenem Anlassfall der Entscheidung des VwGH Ro 2016/19/0005-4, vom 14.12.2016 vergleichbar, in welchem der VwGH ausführte dass wenn (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen sind, die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG liege, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen sei. Nur mit dieser Sichtweise könne ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führe doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszuges gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2016, Ra 2016/03/0027, und vom 26. April 2016, Ro 2015/03/00389).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde bloß ansatzweise den relevanten Sachverhalt zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung ermittelt. Dies deshalb, da sich das Bundesamt zum Entscheidungszeitpunkt allein auf eine drei Jahre und neun Monate alte Information der italienischen Behörden stützt und seitdem keine weiteren aktuellen Ermittlungstätigkeiten zur Frage der Zuständigkeit Italiens setzte. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer nach seiner Antragstellung am 13.12.2014 erstmal am 09.06.2017 vor dem Bundesamt auf die Frage, ob er in Italien über einen Aufenthaltsstatus verfüge, angab, dass er einen solchen im Jahre 2011 für drei Jahre gewährt bekommen hätte. Warum das Bundesamt diese Angaben des Beschwerdeführers nicht durch eine neue und aktuelle Anfrage an Italien versucht hat zu überprüfen, ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, zumal zum Zeitpunkt der Einvernahme des Beschwerdeführers bereits mehr als zwei Jahre seit der Antwort Italiens vom 30.03.2015 vergangen waren. In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass im Akt des Beschwerdeführers auf AS 193 - 195 eine auf seinen Namen ausgestellte und von einem Organwalter des Bundesamtes unterschriebene Ladung für den 05.02.2018 einliegt. Im Akt des Beschwerdeführers finden sich allerdings keine Hinweise darauf, ob diese Ladung dem Beschwerdeführer tatsächlich zugestellt worden ist oder warum das Bundesamt von der für den 05.02.2018 geplanten Einvernahme des Beschwerdeführers wieder abgesehen hat.
Somit wird das Bundesamt im fortgesetzten Verfahren auf Grundlage hinreichend aktueller Informationen der italienischen Behörden festzustellen haben, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der neuerlichen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 11.12.2014 über einen Schutzstatus in Italien verfügt.
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.
Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W233.2213240.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.03.2019