TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/23 W192 2212942-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

W192 2212942-1/5E

W192 2212942-2/3E

W192 2212945-1/3E

W192 2212945-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerden von XXXX , alle StA. Russ. Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018, Zahlen: 1.) 1202689609/180761855, 2.) 1202689402/180761871, beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 VwGVG stattgegeben.

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer reiste mit seiner Mutter, der Zweitbeschwerdeführerin in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 11.08.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten. EURODAC-Treffermeldungen liegen nicht vor.

In den Verwaltungsakten befinden sich Abgleichsberichte aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres jeweils vom 11.08.2018, wonach sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin im Besitz eines durch die slowenische Botschaft Moskau ausgestellten im Zeitraum von 10.07.2018 bis 10.08.2018 gültigen Schengenvisums der Kategorie C gewesen sind.

Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.08.2018 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er an keinen Beschwerden oder Krankheiten leiden würde, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Der Beschwerdeführer sei nach Österreich gekommen, da seine Tante hier lebe. Er sei mit seiner Mutter mit Schlepperunterstützung im Juli 2018 über unbekannte Länder nach Polen gereist, wo sie sich drei Wochen lang aufgehalten hätten, weil es der Zweitbeschwerdeführerin nicht gut gegangen sei. Die Reise sei gegen Bezahlung von einem Schlepper organisiert worden, der auch das Visum besorgt habe. Die Beschwerdeführer seien nicht in Slowenien gewesen. Den Reisepass habe der Erstbeschwerdeführer in Polen verloren.

Die Zeitbeschwerdeführerin machte bei der Erstbefragung am selben Tag gleichlautende Angaben über die Reiseroute. Sie sei nach Österreich gekommen, weil sich hier zwei ihrer Schwestern und zwei ihrer Brüder aufhalten würden. Der Vater sei verstorben, ihre Mutter, zwei Brüder und eine Schwester würden im Herkunftsstaat leben. Die Zweitbeschwerdeführerin wisse nichts über ein slowenisches Visum und habe nur nach Österreich kommen wollen. Den Reisepass habe sie in Polen verloren. Zu ihrem Gesundheitszustand gab sie an, dass sie an Zuckerkrankheit und Brustkrebs leide.

Am 12.09.2018 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") Aufnahmegesuche gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO an Slowenien. Mit Schreiben vom 01.10.2018 stimmte die slowenische Dublin Behörde den Aufnahmegesuchen gemäß Art. 12 Abs. 3 Dublin III-VO zu.

Aus einem entsprechenden ärztlichen Entlassungsbrief eines Landesklinikums, das der Behörde vorgelegt wurde, ist ersichtlich, dass für die Zweitbeschwerdeführerin im März 2018 im Herkunftsstaat die Diagnose eines Mammakarzinoms gestellt wurde, worauf eine zweimalige Biopsie und zwei Zyklen einer Chemotherapie erfolgten, während eine Operation nicht durchgeführt worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde nach einem stationären Aufenthalt vom 16.08.2018 bis 11.09.2018 mit medikamentösen Therapieempfehlungen aus diesem Landesklinikum entlassen.

Laut einem weiteren ärztlichen Entlassungsbrief des Landesklinikums wurde die Zweitbeschwerdeführerin in der Zeit vom 01.10.2018 bis 05.10.2018 zur operativen Sanierung des Mammakarzinoms stationär behandelt, wobei der peri- und postoperative Verlauf komplikationsfrei waren und die Zweitbeschwerdeführerin am 05.10.2018 in häusliche Pflege entlassen wurde.

Am 11.10.2018 erfolgten die niederschriftlichen Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie psychisch und physisch in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Sie sei am 02.10.2018 operiert worden und nehme Medikamente wegen Herzbeschwerden, Diabetes und der onkologischen Erkrankung. In Österreich seien neben ihrem Sohn zwei Schwestern und zwei Brüder aufhältig, die seit 2003 bzw. 2005 hier lebten und die österreichische Staatsbürgerschaft hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin sei bei einem Ihrer Geschwister niemals gemeldet gewesen. Alle Geschwister hätten eine eigene Familie, aber sie würden die Zweitbeschwerdeführerin regelmäßig mit Nahrungsmitteln und Kleidung unterstützen und die Beschwerdeführerin etwa jeden zweiten Tag besuchen. Die Zweitbeschwerdeführerin seit nach Österreich gekommen, da diese Geschwister hier leben, aber es bestehe kein richtiges Abhängigkeitsverhältnis. Die Zweitbeschwerdeführerin lebe in einer Versorgungseinrichtung für Asylwerber.

Sie wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass Slowenien zur Prüfung des vorliegenden Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei und beabsichtigt sei, den Asylantrag zurückzuweisen und sie aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Slowenien auszuweisen. Dazu brachte sie vor, dass sie erst in Österreich erfahren habe, dass die Beschwerdeführer ein slowenisches Visum erhalten hätten. Die Zweitbeschwerdeführerin wolle nicht nach Slowenien, da sie schwer krank sei und ihre Familie hier lebe. Ab nächste Woche beginne sie mit der Strahlentherapie. Zu den Länderfeststellungen über Slowenien, über welche sie vom Rechtsberater aufgeklärt worden sei, gab sie keine inhaltliche Stellungnahme ab.

Der Erstbeschwerdeführer gab am selben Tag bei der Einvernahme an, dass er gesund sei. Der Erstbeschwerdeführer stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu seinen in Österreich mit ihren Familien lebenden Onkeln und Tanten und sei bei diesen Verwandten nicht gemeldet gewesen. Er lebe mit der Zweitbeschwerdeführerin im Asyllager. Zur beabsichtigten Überstellung nach Slowenien brachte er vor, dass er nicht nach Slowenien wolle, weil er dort keine Angehörigen habe und auch nicht gewusst hätte, dass die Beschwerdeführer ein slowenisches Visum erhalten hätten. Mit dem Schlepper sei vereinbart worden, dass er die Beschwerdeführer nach Österreich bringe. Der Beschwerdeführer habe den Inhalt der Länderfeststellungen verstanden und wolle dazu nicht sagen.

2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Slowenien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 3 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Slowenien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Slowenien wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MoI o.D; vgl. EDAL 29.1.2016 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Nach Gesetzesänderungen Anfang 2017 ist es der slowenischen Polizei unter bestimmten Bedingungen möglich, Asylwerber an der Grenze zum Nicht-Schengen-Land Kroatien umgehend zurückschicken. Die Verschärfung wurde präventiv für den Fall eines möglichen Wiederanstiegs der Flüchtlingszahl auf der Balkan-Route beschlossen - falls dadurch die "öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit bedroht" sind. In einem solchen Krisenfall muss die Regierung das Parlament ersuchen, die Regelung in Kraft zu setzen und die Grenze so für mindestens ein halbes Jahr zu schließen (ORF 27.1.2017).

Die wichtigsten Änderungen (Fremdengesetz §10a und b) besagen folgendes:

• Vorgesehen ist eine Einschätzung des slowenischen Innenministeriums (unter Berücksichtigung aller Fakten und Erstellung einer Übersicht, wie Unterbringungsmöglichkeiten, Zahl der Asylwerber, etc.), ob eine Lage entstehen könnte oder bereits besteht, wo die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit der Republik Slowenien ernsthaft gefährdet sein könnte.

• Vorschlag des Innenministeriums an die Regierung zur Vorlage an das Parlament über "Sondermaßnahmen".

• Das Parlament muss mit einfacher Mehrheit (als Kompromiss zum ersten Entwurf, wo eine 2/3 Mehrheit vorgesehen war), diese Maßnahmen beschließen.

• Zeitliche Begrenzung dieser Maßnahmen auf sechs Monate.

• Verlängerung dieser Maßnahmen um jeweils weitere sechs Monate durch Vorlage der Regierung an das Parlament möglich.

• Aufhebung der Maßnahmen bei Wegfall der Gründe und des Bedarfs möglich entweder auf Vorschlag des Innenministeriums an die Regierung zur Vorlage an das Parlament (einfache Mehrheit) oder aufgrund eines Vorschlags, durch 10 Abgeordnete eingebracht.

• Informationspflichten der Regierung an verschiedene Institutionen (UNHCR, EU, etc) sind ebenso vorgesehen.

§ 10b erläutert die vorgesehenen Maßnahmen:

• Verweigerung der illegalen Einreise von Fremden.

• Rückführung von illegal eingereisten Fremden auch aus dem Landesinneren; auch, wenn die Absicht geäußert wird, einen Asylantrag stellen zu wollen (Ausnahmen bestehen bei Unbegleiteten Minderjährigen; wenn im Staat, in welchen rückgeführt werden soll, eine Gefährdung vorliegt; und wenn medizinische Gründe dagegen sprechen).

(VB 27.1.2017)

Negative Äußerungen kamen von Europarat, UNHCR, und anderen Organisationen. Positiv äußerte sich ein slowenischer Verfassungsrichter, der die Änderungen als verfassungs- und völkerrechtskonform sieht (VB 27.1.2017; vgl. CoE 11.1.2017, CoE 12.1.2017).

Mit Stand 20. Dezember gab es in Slowenien 2017 insgesamt 1.320 Asylanträge. Etwa 80% der Antragsteller entziehen sich dem Verfahren vor dessen Abschluss (VB 20.12.2017).

Quellen:

-

EDAL - European Database of Asylum Law (29.1.2016): Slovenia: new International Protection Act,

http://www.asylumlawdatabase.eu/en/content/slovenia-new-international-protection-act, Zugriff 5.1.2018

-

MoI - Republic of Slovenia - Ministry of the Interior (o.D.):

International Protection,

http://www.mnz.gov.si/en/services/slovenia_your_new_country/international_protection/, Zugriff 22.12.2017

-

CoE - Europarat (11.1.2017): Brief des Generalsekretärs, https://files.dnevnik.si/2017/O%202017-18%20SG%20Letter%20to%20CERAR%20PM%20Slovenia_11.01.2017.pdf, Zugriff 5.1.2018

-

CoE - Europarat (12.1.2017): Brief des Menschenrechtskommissars, https://wcd.coe.int/com.instranet.InstraServlet?command=com.instranet.CmdBlobGet&InstranetImage=2958913&SecMode=1&DocId=2395536&Usage=2, Zugriff 5.1.2018

-

ORF - Österreichischer Rundfunk (27.1.2017): Slowenien verschärft Asylrecht deutlich, http://www.orf.at//stories/2376942/, Zugriff 5.1.2018

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VB des BM.I für Slowenien (27.1.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Slowenien ab:

• Wenn für den Rückkehrer bei Rücküberstellung bereits eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, wird er zunächst im Zentrum für Fremde untergebracht und hat das Recht die Eröffnung eines erneuten Verfahrens zu beantragen. Wird dem stattgegeben, kann der Rückkehrer einen neuen Asylantrag stellen und in ein offenes Zentrum verlegt werden.

• Wenn das Verfahren des Rückkehrers in Slowenien noch läuft, wird dieses fortgesetzt.

• Hat der Rückkehrer in Slowenien noch keinen Asylantrag gestellt, steht es ihm frei, dies nach Rückkehr zu tun.

Dublin-Rückkehrer haben in Übereinstimmung mit der Dublin-III-VO Zugang zu materieller Versorgung wie Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung, Kleidung etc. (MNZ 17.1.2018).

Quellen:

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MNZ - Bundesministerium für Inneres - Amt für Migration und Einbürgerung (17.1.2018): Auskunft, per E-Mail

Non-Refoulement

Die im Jänner 2017 geschaffene gesetzliche Möglichkeit, in besonderen Migrationslagen und zeitlich begrenzt einen "Notstand" auszurufen, während dem es erlaubt wäre Migranten an der Grenze zum Nicht-Schengen-Land Kroatien umgehend wieder zurückschicken (siehe dazu Kap. 2., Anm.), wird mitunter wegen der Gefahr des (Ketten-)Refoulements kritisiert (CoE 20.9.2017a; vgl. CoE 11.7.2017a).

Quellen:

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CoE - Council of Europe (20.9.2017a): European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT): Report to the Slovenian Government on the visit to Slovenia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 28 March to 4 April 2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506415683_168074adf9.pdf, Zugriff 22.12.2017

-

CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

Versorgung

Asylwerber haben ab Antragstellung das Recht auf Unterbringung in einem Zentrum für Asylwerber, wo Verpflegung, Kleidung und Toilettenartikel bereitgestellt werden. Asylwerber, die privat untergebracht sind, haben Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung. Asylwerber haben außerdem das Recht auf notwendige medizinische Versorgung, Bildung, usw. (MoI o.D.). Asylwerber haben Zugang zu Sprachkursen, die täglich stattfinden. 2017 haben bis Juli 293 Asylwerber an solchen Kursen teilgenommen (CoE 11.7.2017b).

Slowenien verfügt über zwei Asylzentren in Laibach (im Vorort Vic) und in Logatec. Das Asylsystem in Slowenien funktioniert gut und es gibt ausreichend Plätze um die Asylwerber zu versorgen (VB 20.12.2017; vgl. CoE 11.7.2017a). In einem Zentrum untergebrachte Asylwerber erhalten ein Handgeld von 18 Euro im Monat (CoE 11.7.2017a; vgl. CoE 11.7.2017b).

Außerdem gibt es noch ein geschlossenes Zentrum für Fremde (Schubhaftzentrum) in Postojna mit 240 Plätzen und getrennten Unterbringungsmöglichkeiten für verschiedene soziale Gruppen. Es ist in gutem Zustand, der Zugang zu medizinischer und psychologischer Versorgung ist sehr gut (CoE 20.9.2017a).

Die Transitzentren in Dobova, Vrhnika, Lendava und Sentilj sind derzeit deaktiviert, können bei Bedarf aber innerhalb kurzer Zeit wieder aktiviert werden (VB 20.12.2017).

Asylwerber haben nach 9 Monaten ab Antragstellung Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn ihr Verfahren zu diesem Zeitpunkt ohne eigenes Verschulden noch nicht entschieden ist (VB 20.12.2017; vgl. CoE 11.7.2017b).

In Slowenien haben erwachsene Asylwerber ein Recht auf notwendige medizinische Versorgung, während Minderjährige denselben Zugang zu medizinischer Versorgung haben, wie slowenische Bürger. Vulnerable Antragsteller haben das Recht auf zusätzliche Behandlung. Die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Slowenien funktioniert offenbar gut und ist hochgradig individualisiert (HHC 5.2017).

Mit Stand 29.12.2017 waren in Slowenien 228 Asylwerber untergebracht (VB 11.1.2018).

Quellen:

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CoE - Council of Europe (20.9.2017a): European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT): Report to the Slovenian Government on the visit to Slovenia carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 28 March to 4 April 2017,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506415683_168074adf9.pdf, Zugriff 22.12.2017

-

CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

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CoE - Council of Europe (11.7.2017b): Comments of the Republic of Slovenia on the Report by Nils Muižnieks, the Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847840_commdh-govrep-2017-12-reply-of-the-slovenian-authorities-en-pdf.pdf, Zugriff 5.1.2018

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MoI - Republic of Slovenia - Ministry of the Interior (o.D.):

International Protection,

http://www.mnz.gov.si/en/services/slovenia_your_new_country/international_protection/, Zugriff 22.12.2017

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VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I für Slowenien (11.1.2018): Bericht des VB, per E-Mail

Schutzberechtigte

Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie slowenische Bürger, darunter das Recht auf medizinische Versorgung, Sozialhilfe, Bildung und Arbeit, sowie Integrationshilfe. Aufgrund der geringen Zahl an Flüchtlingen in Slowenien gibt es personalisierte Integrationspläne inklusive follow-up für drei Jahre. Die Integration von Flüchtlingskindern funktioniert ziemlich reibungslos. Im März 2017 wurde ein Office for Migrant Care and Integration geschaffen, das die Integration Schutzberechtigter in die slowenische Gesellschaft steuern soll. Bis zur Auszahlung der ersten Sozialhilfeleistungen kann es zu einer Verzögerung von zwei bis drei Monaten kommen (CoE 11.7.2017a).

Asylberechtigte erhalten einen offiziellen Betreuer (Personalstand: 50 Betreuer), welcher auch NGOs in die Integrationsmaßnahmen einbindet und koordiniert. Schutzberechtigte haben mit Statuszuerkennung sofort Zugang zum Arbeitsmarkt und sie erhalten Sprachkurse im Ausmaß von 300 Stunden (in begründeten Fällen 100 Stunden mehr). Es gibt Integrationszentren in Marburg (Kapazität: 30 Plätze) und Laibach (Kapazität: 15 Plätze), in denen ein Aufenthalt bis max. 18 Monate möglich ist. Es gibt Integrationswohnungen, u.a. in Koper (40 Plätze) und Velenje (30 Plätze) (VB 20.12.2017).

Schutzberechtigte haben Anspruch auf Unterbringung in einem der beiden Integrationshäuser in Marburg oder Laibach, für bis zu einem Jahr. Wenn spezielle Gründe vorliegen (etwa medizinische) kann der Aufenthalt um sechs Monate verlängert werden. Viele Vermieter haben Vorurteile gegen Flüchtlinge, was in der Vergangenheit das Finden einer Unterkunft erschwerte. Die Betroffenen mussten oft länger in staatlichen Unterbringungseinrichtungen bleiben. Aber NGOs halfen bei der Suche nach einer Unterkunft. Unbegleitete Minderjährige mit Schutztitel werden in den Internaten in Nova Gorica und Postojna umfassend weiter betreut. Privat untergebrachte Schutzberechtigte ohne ausreichende Mittel, haben das Recht auf eine finanzielle Unterstützung für 18 Monate ab Statuszuerkennung. Wenn sie bestimmte Integrationsleistungen erbringen, kann dieser Zeitraum um weitere 18 Monate verlängert werden. In Bezug auf Bildung (Vorschule, Schule, Universität) haben Schutzberechtigte dieselben Rechte wie slowenische Bürger. Sie werden beim Einstig in das slowenische Bildungssystem entsprechend beraten (MoI 4.2017).

Mit Stand 29.12.2017 waren in Slowenien 540 Schutzberechtigte untergebracht, 494 davon in privater Unterbringung (VB 11.1.2018).

Quellen:

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CoE - Council of Europe (11.7.2017a): Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Slovenia from 20 to 23 March 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1499847460_commdh-2017-21-reportslovenia-en-docx.pdf, Zugriff 22.12.2017

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MoI - Republic of Slovenia - Ministry of the Interior (4.2017):

REPORT ON THE WORKING FIELD OF MIGRATION, INTERNATIONAL PROTECTION

AND INTEGRATION FOR 2016,

http://www.mnz.gov.si/fileadmin/mnz.gov.si/pageuploads/DUNZMN_2013/DUNZMN_2014/DUNZMN_2015/DUNZMN_2016/DUNZMN_2017/Statisticno_porocilo_-_ANGLESKO_2016.pdf, Zugriff 3.1.2018

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VB des BM.I für Slowenien (20.12.2017): Bericht des VB, per E-Mail

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VB des BM.I für Slowenien (11.1.2018): Bericht des VB, per E-Mail

Der Antrag auf internationalen Schutz sei jeweils zurückzuweisen, weil gemäß Art. 12 Abs. 3 Dublin III-VO Slowenien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer nicht an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, die einer Überstellung nach Slowenien entgegenstehen würden. Der Erstbeschwerdeführer sei gesund, die Zeitbeschwerdeführerin leide an den aus den vorgelegten Arztschreiben ersichtlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wobei jedoch angesichts der Feststellungen über die Situation in Slowenien auch dort eine ausreichende Gesundheitsversorgung für die Beschwerdeführer als Asylwerber gegeben sei.

Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ergeben.

Die Aufenthaltsbeendigung der Beschwerdeführer bilde mangels intensiv ausgeprägter familiärer Bindungen und wegen der kurzen Dauer ihres Aufenthalts keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK eingeräumte Recht der Beschwerdeführer.

Diese Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 12.12.2018 durch unmittelbare Ausfolgung zugestellt.

3. Gegen die Bescheide richten sich die am 04.01.2019 eingebrachten gleichlautenden Beschwerden, mit denen auch Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurden. Darin wurde vorgebracht, dass in den angefochtenen Bescheiden zwar in der Rechtsmittelbelehrung auf Deutsch eine Frist von zwei Wochen, in der russischen Sprache jedoch eine Frist von vier Wochen für die Beschwerdeerhebung ausgeführt worden sei. Da die beiden Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht mächtig seien, seien sie davon ausgegangen, dass die Beschwerdefrist vier Wochen laute. Daher sei die verspätete Einbringung der Beschwerde auf ein unvorhergesehenes Ereignis zurückzuführen und die Wiedereinsetzung zu bewilligen.

Die Zweitbeschwerdeführerin sei der Auffassung, dass die Behörde ihren Gesundheitszustand nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie sei wegen eines Brusttumors am 02.10.2018 operiert worden und es werde seit Dezember 2018 eine Bestrahlung durchgeführt. Sie leide unter Schmerzen, müsse schmerzstillende Medikamente zu sich nehmen und befinde sich in ambulanter Behandlung. Da sie physisch geschwächt und psychisch belastet sei, sei sie auf ständige Hilfe des Erstbeschwerdeführers sowie ihrer in Österreich lebenden Geschwister angewiesen. Die Behörde habe sich mit der Frage, ob bei Überstellung nach Slowenien entsprechende medizinische Hilfe zur Verfügung gestellt werde, nicht auseinandergesetzt. Aus medizinischer Sicht wäre eine Unterbrechung der Therapie nicht zumutbar, weil es zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen könne. Es sei allgemein bekannt, dass die Zweitbeschwerdeführerin nach Überstellung nach Slowenien nicht gleich versichert werde und sie befürchte, dass es durch Unterbrechung der Behandlung zu einer Verschlechterung kommen könne. Der Beschwerde wurden neben bereits der Behörde vorgelegten Arztschreiben weiter Bestätigungen über vorgesehene ambulante Kontrollen und Nachsorgemaßnahmen angeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Die Zweitbeschwerdeführerin ist Mutter des volljährigen Erstbeschwerdeführers, mit welchem gemeinsam sie im Juli 2018 auf dem Landweg über Polen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten eingereist ist. Nach kurzzeitigem Aufenthalt begaben sich die beschwerdeführenden Parteien nach Österreich und suchten am 11.08.2018 um die Gewährung internationalen Schutzes an. Für sie wurde von der slowenischen Botschaft in Moskau jeweils ein vom 10.07.2018 bis 10.08.2018 gültiges Visum der Kategorie C ausgestellt.

Das BFA richtete am 12.09.2018 ein die Beschwerdeführer betreffendes Aufnahmegesuch an Slowenien, welchem die slowenischen Behörden mit am 01.10.2018 eingelangtem Schreiben gemäß Art. 12 Abs. 3 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Slowenien an.

Konkrete, in den Personen der beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen der beschwerdeführenden Parteien bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Die Beschwerdeführer waren von den seit 2003 bzw. 2005 in Österreich niedergelassenen Geschwistern der Zweitbeschwerdeführerin bis zu ihrer illegalen Einreise getrennt und haben auch danach mit diesen Verwandten nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt. Es ist lediglich zu regelmäßigen Besuchskontakten gekommen und es wurde insbesondere die Zweitbeschwerdeführerin durch diesen Verwandten materiell unterstützt.

Der Erstbeschwerdeführer ist gesund. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Österreich wegen des Vorliegens eines bereits im Herkunftsstaat diagnostizierten und mit Strahlentherapie behandelten Mammakarzinoms stationär behandelt, wobei im Oktober 2018 eine Tumorektomie, Nachresektion mediocaudal, Sentinel-Lymphknotenexstirpation erfolgte und der peri-und postoperative Verlauf komplikationsfrei war. Am 05.10.2018 wurde die Zweitbeschwerdeführerin in häusliche Pflege entlassen. Weitere Kontrollen und Bestrahlung wurde empfohlen. Daneben wurden bei der Beschwerdeführerin Struma nodosa, Diabetes, und koronare Herzkrankheit diagnostiziert, die medikamentös behandelt werden.

In den angefochtenen Bescheiden wurde in der russischen Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung die Frist für die Einbringung von Beschwerden mit vier Wochen bezeichnet.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der gültigen Schengen-Visa ergeben sich aus den - in den Verwaltungsakten dokumentierten - Auskünften aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres vom 11.08.2018.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Parteien seitens Sloweniens leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der slowenischen Dublin-Behörde ab.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Slowenien wurde nicht vorgebracht.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Die Beschwerdeführer sind der Richtigkeit dieser Feststellungen nicht entgegengetreten. Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowenische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Slowenien den Feststellungen der behördlichen Entscheidung zu folgen.

Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und aus dem Inhalt der vorgelegten Arztschreiben. Die in Österreich erfolgte operative Entfernung des Brustkarzinoms der Zweitbeschwerdeführerin ist im Oktober 2018 abgeschlossen worden und die Zweitbeschwerdeführerin wurde nach komplikationslosem Verlauf in häusliche Pflege entlassen. Seither hat sie keinerlei stationäre Krankenbehandlung mehr benötigt und ambulant Maßnahmen zur Nachbehandlung in Anspruch genommen. Die weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin, Struma nodosa, Diabetes mellitus und koronare Herzkrankheit bedürfen keiner stationären, sondern bloß medikamentöser Behandlung. Insgesamt ist ersichtlich, dass bei der Zweitbeschwerdeführerin keine äußerst schwerwiegende oder gar lebensbedrohende gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt, die einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat entgegenstehen würde. Angesichts der nach den Länderfeststellungen gegebenen Zuganges zu notwendiger medizinischer Versorgung, die gut funktioniere und hochgradig individualisiert sei, gehen die nicht belegten Beschwerdebehauptungen, dass die Erstbeschwerdeführerin bei Überstellung nach Slowenien mit einer mehrwöchigen Verzögerung des Zuganges zu medizinischer Versorgung rechnen müsse, ins Leere.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus deren eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

§ 33 Abs. 1 VwGVG lautet:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Den Beschwerdeführern wurde der am 10.12.2018 genehmigte Bescheid am 12.12.2018 zugestellt. Die zweiwöchige Frist des § 16 Abs. 1 BFA-VG endete damit am 27.12.2018. Der Wiederaufnahmeantrag enthält keine Ausführungen zu seiner Rechtzeitigkeit; diese ist im vorliegenden Fall schon deshalb gegeben, weil mit seiner Einbringung am 04.01.2019 die zweiwöchige Frist nach Wegfall des Hindernisses iSd § 33 Abs. 3 VwGVG gewahrt wäre, auch wenn die Beschwerdeführer bereits am ersten Tag nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist erkannt hätten, dass die in der russischen Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung enthaltene Bemessung dieser Frist mit vier Wochen unzutreffend ist.

Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. VwGH 99/03/0029, 2009/03/0089).

Es ist durchaus glaubwürdig, dass die Beschwerdeführer als juristische Laien ohne Kenntnis der deutschen Sprache im Vertrauen auf die Richtigkeit der russischen Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung die Beschwerdefrist versäumt haben. Es ist nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer auffallend sorglos gehandelt haben. Zusammenfassend kommt das Gericht daher zum Ergebnis, dass ein minderer Grad des Versehens vorliegt und dem Antrag der Beschwerdeführe auf Wiedereinsetzung aufgrund der vorliegenden Umstände stattzugeben ist.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununter-brochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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