Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Knirsch
Gschaider
& Cerha Rechtsanwälte OG in Wien, sowie des
Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. G*****, gegen die beklagte Partei O***** GesmbH, *****, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 159.824,87 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juli 2018, GZ 129 R 55/18h-40, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 6. April 2018, GZ 21 Cg 23/15s-36, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Der außerordentlichen Revision
wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung des Betrags von 65.850,37 EUR samt unternehmerischen Zinsen von 9,2 % über dem Basiszinssatz seit 8. 12. 2012
als Teilurteile bestätigt werden, werden im Übrigen, also im Umfang der Abweisung weiterer 93.974,50 EUR samt unternehmerischen Zinsen von 9,2 % über dem Basiszinssatz seit 4. 3. 2016, aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist im Bereich des Anlagenbaus tätig, die Klägerin im Bereich der Unternehmensberatung. Die Klägerin legte der Beklagten am 5. 1. 2011 ein „Angebot Forschungsförderung“ betreffend die „Ermittlung der Forschungsaufwendungen zur Geltendmachung der steuerlichen Förderung“. Demnach hatte die Klägerin für die Wirtschaftsjahre 2009 bis 2011 im Angebot näher beschriebene Leistungen zu erbringen. Die Klägerin sollte ein Grundhonorar sowie eine „Erfolgsprämie“ erhalten, deren Berechnung angegeben wurde. Nach dem Angebot wurde die Erfolgsprämie „(anteilig) erst fällig, wenn die Gutschrift der Prämie/Steuerersparnis auf das Abgabenkonto erfolgt“. Die Beklagte nahm das Angebot am 11. 1. 2011 an.
Die „Erfolgsprämien“ für die ihr für die Jahre 2009 und 2010 vom Finanzamt zuerkannten Forschungsprämien wurden der Klägerin von der Beklagten gezahlt.
Die Klägerin erhob aufgrund der Nichtzahlung ihrer die Erfolgsprämie für das Jahr 2011 betreffenden Rechnung vom 7. 12. 2012 am 1. 12. 2015 Klage auf Zahlung von 65.850,37 EUR samt Zinsen.
Die Beklagte wandte unter Hinweis auf die Gutschrift der Forschungsprämie auf ihrem Abgabenkonto am 15. 11. 2012, wovon die Klägerin auch Kenntnis gehabt habe, Verjährung des Honoraranspruchs ein (ON 9).
Die Klägerin replizierte mit Schriftsatz vom 30. 6. 2016, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Klägerin darüber zu informieren, dass ihr die Forschungsprämie zugegangen sei; erst ab diesem Zeitpunkt könne die Verjährungsfrist beginnen. Zudem sei ein wechselseitiger Verjährungsverzicht abgegeben worden, weshalb die Einrede der Verjährung abrede- und treuwidrig erfolge. In der Tagsatzung vom 18. 12. 2017 (AS 174) hielt die Klägerin dem Einwand der Verjährung zusätzlich entgegen, dass vom Zeitpunkt der Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte bis zur Klagseinbringung mit Unterbrechungen und unterschiedlicher Intensität Vergleichsgespräche geführt worden seien, die auch die Forderung iHv 65.850,37 EUR betroffen hätten.
Die Klägerin nahm im Schriftsatz vom 30. 6. 2016 weiters eine Ausdehnung ihres Begehrens um einen Betrag von 93.974,50 EUR samt Zinsen vor. Sie habe im Leistungszeitraum 6. 8. 2013 bis 31. 12. 2014 „Leistungen für die Gewährung von Forschungsförderung an die Beklagte für das Jahr 2012 erbracht“.
Die Beklagte wandte mit Schriftsatz vom 10. 1. 2017 ein, auch für die Forschungsförderungsprämie für das Kalenderjahr 2012 gelte, dass ein allfälliges Erfolgshonorar erst mit der Gutschrift der Prämie auf dem Abgabenkonto der Beklagten fällig würde. Da dies bisher nicht geschehen sei, sei ein allfälliger Anspruch der Klägerin noch nicht fällig.
Die Klägerin bestritt mit Schriftsatz vom selben Tag dieses Vorbringen und brachte selbst vor, sie habe ihre Arbeit für den Prämienantrag für das Jahr 2012 fristgerecht begonnen und bis zur Kündigung des Auftragsverhältnisses fortgesetzt.
Der auf Seiten der Klägerin dem Streit beigetretene Nebenintervenient, der bis zur Tagsatzung vom 17. 1. 2017 die Klägerin im Verfahren rechtsfreundlich vertrat, brachte vor, vom Geschäftsführer der Klägerin am 27. 11. 2015 mit der Einbringung der Klage spätestens am 2. 12. 2015 beauftragt worden zu sein, um eine Verjährung der Forderung zu verhindern. Dem sei er nachgekommen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen – unstrittigen – Sachverhalt hinaus folgende Feststellungen:
„Auch eine Nachfolgevereinbarung zwischen den Hauptparteien betreffend das Jahr 2012 enthielt in Punkt 3. Honorar Folgendes: ‚Dieses Erfolgshonorar wird fällig, wenn die Gutschrift der Prämie auf ihr Abgabenkonto erfolgt'.
Am 15. 11. 2012 erfolgte die Gutbuchung der Forschungsprämie 2011 auf dem Abgabenkonto der Beklagten durch das Finanzamt. Eine bescheidmäßige Erledigung erfolgt in solchen Fällen nicht, ein Bescheid wird in diesem Zusammenhang vom Finanzamt nur erlassen, wenn die beantragte Forschungsprämie nicht oder nicht zur Gänze gewährt wird.
Mit E-Mail vom 30. 11. 2012 teilte Dr. N*****O***** namens der Beklagten einer Mitarbeiterin der Klägerin mit, dass die Beklagte die Gutschrift für das Jahr 2011 'diese Woche erhalten' habe.
Am 7. 12. 2012 legte die Klägerin betreffend ihre Leistungen im Zusammenhang mit der Erlangung der Forschungsprämie 2011 durch die Beklagte Rechnung über EUR 65.850,37.
Mit Schreiben vom 30. 9. 2013 kündigte die Beklagte das bestehende Vertragsverhältnis zur Klägerin zum 31. 12. 2013 auf.
Am 1. 12. 2015 brachte die Klägerin die gegenständliche Klage ein. Am 2. 12. 2015 verfasste der damalige Vertreter der Beklagten Mag. M***** P***** ein Schreiben an den damaligen Vertreter der Klägerin, den Nebenintervenienten Dr. G***** T*****, in dem er einen wechselseitigen Verjährungsverzicht vorschlug. Dieser wurde seitens des Nebenintervenienten für die Klägerin jedoch nicht angenommen. Beide Vertreter gingen zum damaligen Zeitpunkt davon aus, dass relevanter Zeitpunkt für den Eintritt der Verjährung die Rechnungslegung, nicht die Gutschrift auf dem Abgabenkonto der Beklagten sei. Auch nach Klagseinbringung vereinbarten die Parteien daher keinen wechselseitigen Verjährungsverzicht.
Die Klägerin hatte selbst keine Einsichtsmöglichkeit auf das Abgabenkonto der Beklagten und konnte sohin auch nicht nachvollziehen, wann die Gutschriften jeweils erfolgten, weil sie selbst nicht steuerlicher Vertreter der Beklagten war.
Im Zuge der Betriebsprüfungen durch das Finanzamt war die Klägerin noch zeitweise unterstützend bis in den Oktober 2014 hinein tätig, danach beendete sie ihre Tätigkeit für die Beklagte.
Vergleichsgespräche über den ursprünglichen und den ausgedehnten Klagsanspruch sind nicht feststellbar.
Eine Gutbuchung einer Forschungsprämie für das Jahr 2012 durch das Finanzamt erfolgte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz durch das Finanzamt nicht am Abgabenkonto der Beklagten (unbestritten). Mit Honorarnote vom 3. 3. 2016 legte die Klägerin für die Leistungen im Zusammenhang mit der Unterstützung bei der Antragstellung für die Forschungsförderung 2012 Rechnung über EUR 93.974,50.“
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Parteien hätten, was ihnen freigestanden sei, die Fälligkeit nicht mit Rechnungslegung, sondern mit der Gutschrift auf dem Abgabenkonto der Beklagten vereinbart. Zumal die Gutschrift am Abgabenkonto am 15. 11. 2012 erfolgt sei und Vergleichsgespräche nicht feststellbar gewesen seien, sei die Forderung in Höhe von 65.850,37 EUR nach § 1486 Z 1 ABGB bei Einbringung der Klage am 1. 12. 2015 bereits verjährt gewesen.
Zum ausgedehnten Klagsbetrag iHv 93.974,50 EUR hielt das Erstgericht fest, „dass die Klägerin, die Behauptung von Beklagtenseite, eine Gutschrift am Abgabenkonto sei für das Jahr 2012 gar nicht erfolgt, nicht einmal bestritt“. Da sich ihre Fälligkeit, wie festgestellt, daran knüpfe, dass eine solche Gutschrift eintrete, sei eine Grundlage für einen Anspruch nicht ersichtlich.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und bestätigte hiervon ausgehend dessen Urteil. Die Revision ließ es mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit einem auf gänzliche Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Beklagte beantragt in ihrer vom Senat
freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil in Hinsicht auf die Forderung iHv 93.974,50 EUR sA den Urteilen der Vorinstanzen bei der Frage der Behauptungs- und Beweislast eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung anhaftet.
Die außerordentliche Revision ist aber nur teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Forderung iHv 65.850,37 EUR:
Die Klägerin hielt dem Verjährungseinwand der Beklagten gegen Ende der Tagsatzung vom 18. 12. 2017 „die durchgeführten Vergleichsverhandlungen entgegen“. Zum Beweis wurde auf die abgelegten Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin und des Nebenintervenienten verwiesen. Ein konkretes Tatsachenvorbringen wurde nicht erstattet. Das Erstgericht erörterte dazu mit dem Klagevertreter, „dass aus der Aussage von Mag. L***** sich Konkretes, nämlich in welchem Umfang, in welchem Ausmaß, wie zielgerichtet Vergleichsgespräche durchgeführt wurden, nicht ergibt, insofern kein Beweisergebnis vorliegt“, worauf der Klagevertreter ergänzend vorbrachte, dass die Vergleichsgespräche letztlich vom Zeitpunkt der Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte bis zur Klagseinbringung mit Unterbrechungen und auch mit unterschiedlicher Intensität geführt worden seien und der Teil des Klagsanspruchs, für den das Thema der Verjährung relevant sei, auch Gegenstand dieser Vergleichsgespräche gewesen sei. Zum Beweis verwies der Klagevertreter wiederum auf die bereits genannten beiden Aussagen sowie nunmehr ergänzend auch auf zwei Urkunden (Beilagen ./C und ./E).
Das Erstgericht konnte keine Vergleichsgespräche über den ursprünglichen und ausgedehnten Klagsanspruch feststellen und begründete diese negative Feststellung in seiner Beweiswürdigung (Ersturteil Seiten 7 und 8).
Das Berufungsgericht verwarf die hiergegen erhobene Tatsachenrüge mit eingehender Begründung (Berufungsurteil Seiten 10 bis 14). Ausgehend von der negativen Feststellung des Erstgerichts bestätigte es die Abweisung des Begehrens auf Zahlung von 65.850,37 EUR wegen Verjährung.
Die Klägerin rügt dies in der außerordentlichen Revision als unrichtige rechtliche Beurteilung. Ob Vergleichsgespräche geführt wurden, sei eine Rechtsfrage. Die negative Feststellung des Erstgerichts betreffe daher keine Tatsache, sondern sei eine rechtliche Beurteilung. Das Ersturteil leide in Bezug auf die Rechtsfrage, ob Vergleichsgespräche geführt wurden, an einem sekundären Feststellungsmangel, den die Klägerin bereits in ihrer Berufung releviert habe.
Der Senat hat dazu erwogen:
Ob geführte Gespräche als Vergleichsgespräche zu qualifizieren sind oder nicht, ist – insoweit ist der Klägerin beizupflichten – eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl RIS-Justiz RS0032508). Stützte sich das Erstgericht dabei in seinem Urteil auf bestimmte tatsächliche Aspekte, kommt diesen aber Feststellungscharakter zu (dislozierte Feststellungen). So wurde in 1 Ob 533/94 der Inhalt der vom Erstgericht zur Stützung der Feststellung hinsichtlich der „geführten Vergleichsgespräche“ benannten Urkunden als Feststellung betrachtet und anhand dessen die Richtigkeit der vermeintlichen Feststellung, in Wahrheit rechtlichen Beurteilung geprüft, dass Vergleichsgespräche geführt worden seien.
Das Erstgericht stützte vorliegend seine negative Feststellung – richtig: rechtliche Beurteilung – nun in erster Linie darauf (Ersturteil Seiten 7 f), dass der Geschäftsführer der Beklagten in Gesprächen mit dem Geschäftsführer der Klägerin stets darauf hingewiesen habe, er sei der Meinung, aufgrund der Zurückforderung der Forschungsprämien durch das Finanzamt nichts zu schulden und deshalb die offene Rechnung nicht bezahlen zu können.
Für die Annahme von Vergleichsverhandlungen reicht es aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig
ablehnt (RIS-Justiz
RS0034450 [T13]). Gerade letzteres war hier aber nach der genannten (dislozierten) Feststellung der Fall: Der Geschäftsführer der Beklagten erklärte, wegen der Zurückforderung der Forschungsprämie durch das Finanzamt der Klägerin das in Rechnung gestellte Erfolgshonorar nicht bezahlen zu können. Damit erweist sich jedenfalls im Ergebnis die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, es habe keine Vergleichsgespräche gegeben bzw solche seien zumindest nicht „feststellbar“, als zutreffend. Zumal nicht innerhalb von drei Jahren Klage erhoben wurde, wurde das Begehren auf Zahlung von 65.850,37 EUR zu Recht wegen Verjährung abgewiesen; auf den Gegeneinwand eines Verjährungsverzichts kommt die Klägerin im Rechtsmittel mit Grund nicht mehr zurück.
II. Zur Forderung iHv 93.974,50 EUR:
II.1. Die Klägerin rügte in der Berufung als Aktenwidrigkeit des Ersturteils, dass sie das Vorbringen der Beklagten, wonach eine Gutschrift am Abgabenkonto nicht erfolgt sei, nicht bestritten habe. Das Berufungsgericht verneinte die Aktenwidrigkeit, was von der Klägerin in der außerordentlichen Revision als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gerügt wird.
Eine (behauptete) unrichtige Wiedergabe des Parteivorbringens kann jedoch keine
Aktenwidrigkeit verwirklichen (10 Ob 30/11a; E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 503 Rz 18 mwN
). Die Verneinung der Aktenwidrigkeit durch das Berufungsgericht ist bereits aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
II.2. Die Klägerin releviert in der außerordentlichen Revision – inhaltlich dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zugehörig – das Fehlen von Feststellungen, wonach die Rechnung über einen Betrag iHv 93.974,50 EUR nicht fällig wäre. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie eine nicht fällige Forderung einklage. Die Klägerin befindet sich damit im Recht:
Dass die Klägerin nicht substantiiert bestritt, dass in Hinsicht auf den Betrag von 93.974,50 EUR noch keine Gutschrift des Finanzamts vorliegt, hat allein zur Folge, dass Besagtes unstrittig ist. Hieraus ist aber nicht zwingend zu folgern, dass es sich beim Rechnungsbetrag von 93.974,50 EUR um einen solchen handelt, für dessen Fälligkeit nach der Vereinbarung an eine Gutschrift des Finanzamts angeknüpft wird. Dieses wäre allein der Fall, wenn es sich (wiederum) um ein Erfolgshonorar („Erfolgsprämie“) handeln würde. Dass dem so sei, hat die Klägerin nicht vorgebracht. Wenn das Berufungsgericht darauf abstellt, dass die Klägerin in erster Instanz nicht vorgebracht habe, dass es sich beim Begehren auf Zahlung von 93.974,50 EUR nicht um ein Erfolgshonorar handle, so überzeugt dies nicht. Nach § 904 ABGB ist die Fälligsetzung durch den Gläubiger das Prinzip. Ausnahmen hiervon – wie die exakte Fälligkeitsvereinbarung oder die Sätze 2 oder 3 des § 904 ABGB – sind vom Schuldner zu behaupten und zu beweisen (
3 Ob 37/89; Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 904 Rz 28 mwN; Kietaibl in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 904 Rz 6).
Die Klägerin legte mit Honorarnote vom 3. 3. 2016 für die Leistungen im Zusammenhang mit der Unterstützung bei der Antragstellung für die Forschungsförderung 2012 Rechnung über 93.974,50 EUR. Zumal die Fälligsetzung durch den Gläubiger das Prinzip ist und diese hier erfolgte, liegt es an der Beklagten zu behaupten und zu beweisen, dass es sich beim Rechnungsbetrag um einen Erfolgshonoraranspruch handelt, für den aufgrund besonderer Vereinbarung noch keine Fälligkeit vorliegt. Daraus, dass unstrittig in Hinsicht auf den Betrag von 93.974,50 EUR noch keine Gutschrift des Finanzamts vorliegt, kann daher noch nicht automatisch die mangelnde Fälligkeit dieser Forderung abgeleitet werden.
Schon aus diesem Grund erweist sich die allein auf eine (vermeintliche) mangelnde Fälligkeit gegründete Abweisung des Begehrens iHv 93.974,50 EUR als nicht tragfähig. Zumal über diesen Forderungsbetrag bisher kein Verfahren durchgeführt wurde – weder eine gerichtliche Erörterung, um was für eine Forderung es sich handelt bzw woraus sich diese ergibt, noch ein Beweisverfahren –, ist eine Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens geboten.
III. Der Revision der Klägerin war daher zusammenfassend in Hinsicht auf die Forderung iHv 65.850,37 EUR sA nicht Folge, in Hinsicht auf die Forderung iHv 93.974,50 EUR sA hingegen Folge zu geben und insoweit mit Urteilsaufhebung vorzugehen.
Der
Kostenvorbehalt beruht auf §
52 Abs 4
ZPO.
Textnummer
E124209European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00072.18F.0124.000Im RIS seit
08.03.2019Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020