TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 L516 1432605-2

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L516 1432605-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Iran, vertreten Mag.a Susanne SINGER, Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2018, XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkannte mit angefochtenem Bescheid dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten, der ihm vom BFA mit Bescheid vom XXXX, zuerkannt worden war, nach einer am XXXX erfolgten Einvernahme unter Bezugnahme auf § 7 Abs 1 Z 2 AsylG ab und stellte gemäß § 7 Abs 4 AsylG fest, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Das BFA erkannte dem Beschwerdeführer gleichzeitig den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 (Spruchpunkt III), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FPG (Spruchpunkt IV), stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V) und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI).

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer reiste mit einem am XXXX ausgestellten iranischen Reisepass am XXXX legal in den Iran ein und am XXXX wieder aus dem Iran aus. Der Beschwerdeführer unternahm diese Reise, da seine Mutter im Iran schwer krank und in ärztlicher Behandlung steht und der Beschwerdeführer seine Mutter noch einmal sehen wollte (Niederschrift der Einvernahme vom 13.11.2017, AS 45).

1.2. Das BFA begründete die Aberkennung - zusammengefasst - damit, dass sich der Beschwerdeführer am XXXX bei XXXX einen iranischen Reisepass habe ausstellen lassen, er sich vom XXXX bis XXXX im Iran aufgehalten habe, er sowohl legal in den Iran eingereist als auch legal aus dem Iran ausgereist sei, seine Reise in den Iran freiwillig gewesen sei und er sich freiwillig wieder dem Schutz seines Herkunftsstaates Iran unterstellt habe. Der Wunsch, seine kranke Mutter zu besuchen, stelle keinen gegen die Freiwilligkeit sprechenden Umstand dar (Bescheid, S 10, 71).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakt. Die Feststellungen zu der Reise des Beschwerdeführers in den Iran, zu dem Grund für diese Reise sowie zur Begründung der Aberkennung im angefochtenen Bescheid ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften und dem angefochtenen Bescheid, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Aktenseiten (AS) angeführt sind. Das BFA zog das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht in Zweifel, sondern führte vielmehr im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aus, dass der Wunsch, seine kranke Mutter zu besuchen, nicht gegen die Freiwilligkeit spreche (Bescheid, S 71).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids

Gesetzliche Grundlagen

3.1. Gemäß § 7 Abs 1 AsylG ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn 1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt; 2. einer der in Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder 3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

3.2. Gemäß Art 1 Abschnitt C Ziffer 1 der Genfer Flüchtlingskonvention fällt eine Person, auf die die Bestimmungen des Absatzes A zutrifft, nicht mehr unter dieses Abkommen, wenn sie sich freiwillig erneut dem Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, unterstellt.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.3. Das BFA begründete die Aberkennung - zusammengefasst - damit, dass sich der Beschwerdeführer am XXXX bei XXXX einen iranischen Reisepass habe ausstellen lassen, er sich vom XXXX bis XXXX im Iran aufgehalten habe, er sowohl legal in den Iran eingereist als auch legal aus dem Iran ausgereist sei, seine Reise in den Iran freiwillig gewesen sei und er sich freiwillig wieder dem Schutz seines Herkunftsstaates Iran unterstellt habe. Der Wunsch, seine kranke Mutter zu besuchen, stelle keinen gegen die Freiwilligkeit sprechenden Umstand dar (Bescheid, S 10, 71).

3.4. Dieser Beurteilung des BFA steht jedoch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen. Nach dieser ist eine wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer "Unterschutzstellung" das Erfordernis des Willens, die Beziehungen zum Herkunftsstaat zu normalisieren und sich wieder unter dessen Schutz zu stellen, woraus sich die Notwendigkeit einer gewissen Nachhaltigkeit der Zuwendung zum Heimatstaat ergibt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch (zustimmend) auf die Ausführungen im UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Abs 125, hingewiesen, wonach der Besuch eines alten oder kranken Elternteiles, was das Verhältnis des Flüchtlings zu seinem früheren Heimatland anbelangt, in der Regel anders zu beurteilen sei, als etwa regelmäßige Ferienaufenthalte oder Besuche mit dem Ziel, Geschäftsverbindungen herzustellen (VwGH 28.01.2005, 2002/01/0354).

3.5. Fallbezogen sind die für die Erfüllung des von der belangten Behörde herangezogenen Tatbestandes des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv notwendigen Voraussetzungen vom BFA daher zu Unrecht angenommen worden.

3.6. Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erweist sich somit als unrechtmäßig. Es war daher Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufzuheben.

3.7. Aufgrund dieses Ergebnisses liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die weiteren Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides mangels einer gesetzlichen Grundlage dafür nicht mehr vor, weshalb diese ebenso ersatzlos zu beheben waren.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.8. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B)

Revision

3.9. Da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die Revision nicht zulässig.

3.10. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren, Behebung der Entscheidung, ersatzlose Behebung,
Freiwilligkeit, Nachhaltigkeit, Reisedokument, Unterschutzstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L516.1432605.2.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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