Entscheidungsdatum
06.11.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
L516 2140110-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2018, XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 iVm § 68 Abs 1 AVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 03.10.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.02.2018, L525 2140110-1/11E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Jene Entscheidung erwuchs in Rechtskraft mit 20.02.2018.
2. Am 18.07.2018 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Am 19.07.2018 fand dazu die Erstbefragung gem § 19 AsylG statt sowie am 06.08.2018 und 29.08.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen.
3. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides) sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV), stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V), sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI) und erließ gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.
5. Der Beschwerdeführer hat gegen den am 11.10.2018 zugestellten Bescheid des BFA durch seine ausgewiesene Vertretung am 25.10.2018 Beschwerde erhoben und diesen zur Gänze angefochten.
6. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte der Aktenlage nach am 31.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhaltsfeststellungen
Zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren
1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 03.10.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.02.2018, L525 2140110-1/11E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Jene Entscheidung erwuchs in Rechtskraft mit 20.02.2018.
Zur Begründung der Anträge
1.2. Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz zusammengefasst damit, dass er vom Islam abgefallen und zum christlichen Glauben konvertiert sei und er auch aufgrund seiner Tätowierungen im Iran bereits misshandelt worden sei.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete jenes Vorbringen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.10.2017 das Vorbringen des Beschwerdeführers zu der von ihm behaupteten Bedrohungssituation in dessen Heimat mit näherer Begründung als nicht glaubhaft und gingen darüber hinaus davon aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege sowie eine Ausweisung des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (BVwG 19.02.2018, L525 2140110-1/11E).
1.3. Zur Begründung des verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages führte der Beschwerdeführer nach Wiederholung seines bisherigen Vorbringens zusätzlich neu zusammengefasst aus, dass er homosexuell sei, was ihm auch bereits im Iran bewusst gewesen sei, er jedoch bisher in Österreich aus Scham und Furcht verschwiegen habe. Er habe im Iran seine Homosexualität nicht ausleben können, lebe aber inzwischen mit einem Österreicher, den er im Juli 2018 zunächst über das Internet kennengelernt habe, in einer aufrechten partnerschaftlichen Beziehung. Sie beide würden sich lieben, glücklich sein und zusammen ein neues Leben anfangen wollen (AS 115, 117, 163, 165).
Dem BFA wurden zur Bescheinigung des neuen Vorbringens Schreiben seines österreichischen Lebensgefährten, der Mutter des Lebensgefährten, mehrerer Freude des Lebensgefährten sowie der Homosexuellen Initiative (HOSI) Linz vorgelegt. (AS 129, 131, 133, 169-177; 187)
Zum angefochtenen Bescheid
1.4. Das BFA führte feststellend aus, der Beschwerdeführer habe im neuerlichen Asylverfahren nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw es habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben (Bescheid, S 14). Im Rahmen der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides traf das BFA zu den neu vorgebrachten Gründen die folgenden Ausführungen (Bescheid, S 58-60):
""Neu hingegen brachten Sie zusammengefasst in der Einvernahme vor dem BFA Erstaufnahmestelle West am 06.08.2018 erstmalig vor, dass Sie wegen Ihrer Homosexualität nicht in den Iran zurückkehren könnten. Ihre Homosexualität sei Ihnen bereits seit Ihrer Kindheit bekannt.
Im Zuge des Parteiengehörs am 29.08.2018 gaben Sie in Anwesenheit Ihrer Rechtsberaterin und einer Vertrauensperson, befragt danach, seit wann Ihnen Ihre Homosexualität bekannt sei an, dass Sie dies etwa im Alter von 8 - 9 Jahren erkannt hätten.
Festzuhalten, dass dies ebenfalls keinen neuen objektiven Sachverhalt darstellt.
Ihre Homosexualität war Ihnen bereits lange vor Rechtskraft des ersten Verfahrens am 26.07.2018 bekannt und ist daher nicht geeignet, dies zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen, da Sie nicht nur die Möglichkeit hatten, sondern Sie auch verpflichtet dazu gewesen waren, diesen Umstand bereits im Erstverfahren bekannt zu geben.
Zu Ihren Angaben, dass Sie Ihre Homosexualität im Erstverfahren sowohl vor der Behörde als auch bei der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG deswegen verschwiegen hätten, weil Sie sich geschämt hätten, ist festzuhalten, dass dies für die Behörde nicht nachvollziehbar erscheint zumal Sie sich selbst freiwillig nach Österreich begeben haben.
Dass Sie Ihre neuen Fluchtgründe erst im Zuge des Folgeantrags vorbrachten, nachdem Ihnen zuvor bereits durch Zustellung des Erkenntnisses des BVwG bekannt wurde, dass Ihr Antrag zurückgewiesen wurde, und Sie nach Rücküberstellung aus Deutschland daher die Abschiebung zu befürchten hatten, steht aufgrund der Aktenlage zweifelsfrei fest. Das zeigt, dass auch gegenständlicher Asylantrag nicht zur Erlangung von Schutz vor asylrelevanter Verfolgung gestellt wurde und daher unbegründet ist. Es ist daher vielmehr offensichtlich, dass Sie nun versuchen, im Wege einer neuerlichen Asylantragstellung Ihren Aufenthalt zu legalisieren, um einer drohenden Abschiebung zuvorzukommen.
In diesem Zusammenhang wird auf die Position des UNHCR (siehe European Series, Der Schutz von Flüchtlingen in Westeuropa: Tendenz in der Gesetzgebung und die Position von UNHCR, deutsche Fassung Nr. 3 April 1996) verwiesen, wonach Asylanträge eindeutig als in missbräuchlicher Absicht gelten, wenn der Antrag erst gestellt wird, um einer drohenden Ausweisung zuvorzukommen, dies allerdings nur dann, wenn der Asylantragsteller zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen und keine Erklärung für die Verzögerung angeben kann.
In Ihrem Fall war die Erklärung für Ihr Vorbringen im Folgeantrag - Sie hätten sich wegen Ihrer Homosexualität geschämt - jedenfalls nicht ausreichend.
Einerseits stellten Sie somit den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz aus den Gründen, die bereits im ersten hier geführten Verfahren durch die Asylbehörden geprüft wurden; andererseits aus Gründen, welche Sie - laut Ihren eigenen Angaben - bereits im Vorverfahren gekannt haben, welche Sie aber wissentlich und vorsätzlich nicht vorgebracht haben.
Ein neuer objektiver asylrelevanter Sachverhalt liegt daher nicht vor.
Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Die Angaben bezüglich Ihres Privat und Familienlebens ergeben sich aufgrund des Akteninhaltes. Sie brachten glaubhaft und widerspruchsfrei vor, dass Sie keine familiären Bindungen im Inland haben.
Zu den Angaben in der Einvernahme vor dem BFA Erstaufnahmestelle West am 06.08.2018, dass Sie am 01. oder 02. Juli über das Internet einen Partner gefunden hätten, Sie Ihren Partner erstmals ca. am 08. Juli persönlich kennengelernt hätten, ist festzuhalten, dass Ihnen zum Zeitpunkt der Begründung Ihrer Partnerschaft klar sein musste, dass Ihr Aufenthalt in Österreich im Falle einer zurück- oder abweisenden Entscheidung hinsichtlich Ihres Antrages auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender sein würde. Ihnen musste der Umstand bekannt sein, dass diese Handlungen nicht zwingend zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich führen, sondern die realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass der vorübergehend legale Aufenthalt durch die Erschöpfung des Instanzenzuges beendet wird. Dass dies der Fall ist, war Ihnen und Ihrem Partner schon bekannt, bzw. musste Ihnen bei gehöriger Sorgfältigkeit bekannt sein, sodass Sie sich zumindest latent bewusst hierauf einließen.
Das private Interesse an einem Fortbestand der Partnerschaft mit Ihrem Partner ist im gegenständlichen Fall jedenfalls geringer zu werten als das öffentliche Interesse an einem geordneten Zuzug nach Österreich im Sinne der Unterbindung von Einreisen unter Umgehung der Grenzkontrolle bzw. Illegaler Einreisen in Verbindung mit Schlepperkriminalität und in weiterer Folge der Beendigung von Aufenthalten im Bundesgebiet, welche auf die oa. Art und Weise zu stand kamen.
Eine gegenteilige Ansicht widerspräche den Bestimmungen des Fremdenrechts, welche den Familiennachzug regeln und würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass diese Bestimmungen durch den faktischen Vollzug des Familiennachzuges durch Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und rechtsmissbräuchlicher Stellung eines Asylantrages in der Rechtswirklichkeit de facto außer Kraft gesetzt werden würden.
Es wird besonders darauf hingewiesen, dass es sich im gegenständlichen Fall um kein durch besondere Umstände qualifiziertes privates Interesse an einem Fortbestand der Partnerschaft mit Hr. [entfernt; Anm BVwG] handelt, welches im Einzelfall zu einem anderen Resultat führen könnte."
2. Beweiswürdigung
2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum Vorverfahren. Die Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, den vorgelegten Schriftstücken und dem angefochtenen Bescheid, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Aktenseiten (AS) des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsverfahrensaktes bzw die Seiten des angefochtenen Bescheides angeführt sind.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlage
3.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Allgemein zur entschiedenen Sache nach § 68 Abs 1 AVG
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).
Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren
3.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
3.4. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.02.2018, L525 2140110-1/11E, welches mit 20.02.2018 in Rechtskraft erwuchs.
3.5. Fallbezogen begründete das BFA die Zurückweisung wegen entschiedener Sache hinsichtlich der vom Beschwerdeführer erstmals im gegenständlichen zweiten Verfahren neu vorgebrachten Homosexualität zusammengefasst damit, dass dem Beschwerdeführer seine Homosexualität bereits im Vorverfahren bekannt gewesen sei, er diese aber wissentlich und vorsätzlich nicht vorgebracht habe, weshalb ein neuer objektiver asylrelevanter Sachverhalt nicht vorliege.
3.6. Das BFA ging zwar zutreffend davon aus, dass die bloße Tatsache, homosexuell zu sein, dem Beschwerdeführer bereits im Vorverfahren bekannt war. Das BFA hat jedoch übersehen, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 06.08.2018 auch vorbrachte, dass er seine Homosexualität im Iran nicht habe ausleben können. Daher kann nicht gesagt werden, dass sich sein Vorbringen, wonach er im Juli 2018 seinen nunmehrigen Lebensgefährten kennengelernt hat, er mit diesem inzwischen in partnerschaftlichen Beziehung zusammenlebt und er somit seine Homosexualität nunmehr in Österreich auslebt, ausschließlich auf Sachverhalte bezieht, die schon vor Beendigung des Vorverfahrens verwirklicht worden wären. Es geht vielmehr darüber wesentlich hinaus und stellt daher einen neuen Sachverhalt dar. Das BFA hat diesen Sachverhalt auch bereits als glaubhaft erachtet, ist es doch bei seiner Beurteilung sowohl von der Homosexualität des Beschwerdeführers als auch davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Lebensgefährten in Partnerschaft lebt (siehe dazu die Beweiswürdigung, wiedergegeben bereits oben unter II.1.4.).
3.7. Es liegt daher keine entschiedene Sache vor, weshalb der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war. Für das vom BFA in weiterer Folge fortzusetzende Verfahren ergibt sich, dass durch die im vorliegenden Fall gebotene Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Sache der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers wieder unerledigt ist und über diesen von der Behörde - unter Beachtung der höchstgerichtlichen Judikatur neuerlich, nämlich meritorisch - in der Sache - abzusprechen ist (vgl VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0314). Eine zurückweisende Entscheidung wegen entschiedener Sache kommt im vorliegenden Fall nicht mehr in Betracht.
3.8. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG nicht vor, weshalb die Spruchpunkt II bis VII mangels einer gesetzlichen Grundlage keinen Bestand mehr haben können und diese ebenso ersatzlos zu beheben sind.
Entfall der mündlichen Verhandlung
3.9. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Zu B)
Revision
3.10. Die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage ist durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, weshalb die Revision nicht zulässig ist.
3.11. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Abschiebung, Änderung maßgeblicher Umstände, Asylantragstellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L516.2140110.2.00Zuletzt aktualisiert am
07.03.2019