TE Bvwg Beschluss 2018/11/27 W195 2208095-1

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Veröffentlicht am 27.11.2018
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Entscheidungsdatum

27.11.2018

Norm

AVG §69 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
GebAG §24
GebAG §31 Abs1 Z6
GebAG §53 Abs1
UStG 1994 §6 Abs1 Z27
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32 Abs1 Z2
VwGVG §32 Abs2

Spruch

W195 2208095-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , vertreten durch die XXXX , betreffend die Nachverrechnung der Umsatzsteuer für das Jahr XXXX beschlossen:

A)

I. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG stattgegeben.

II. Betreffend die wiederaufgenommenen gebührenrechtlichen Anträge vom XXXX und XXXX wird die Umsatzsteuer gemäß § 31 Abs. 1 Z 6 GebAG

in Höhe von gesamt € 3.497,70

bestimmt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Für die Tätigkeit als Dolmetscher im Rahmen von am Bundesverwaltungsgericht stattgefundener mündlicher Verhandlungen im Jahr XXXX machte der Antragsteller gebührenrechtliche Ansprüche geltend, wies dabei jedoch durchgehend keine Umsatzsteuer aus.

I.2. Den gebührenrechtlichen Anträgen des Dolmetschers wurde - nach allfälligen Korrekturaufforderungen - stets durch Auszahlung des beantragten Betrages entsprochen.

I.3. Mit Schreiben vom XXXX , beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX , stellte der Dolmetscher einen Antrag auf Nachverrechnung der Umsatzsteuer für das Jahr XXXX in der Höhe von insgesamt € 3.497,70.

I.4. Mit Schreiben vom XXXX wurde der Dolmetscher seitens der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichts darüber in Kenntnis gesetzt, dass die (jeweils) vierzehntägige Frist zur Geltendmachung der Gebühr hinsichtlich der einen Gebührenanspruch begründenden Ereignisse im Jahr XXXX gemäß § 38 Abs. 1 GebAG in sämtlichen Fällen abgelaufen bzw. die Zahlungsvorgänge betreffend die jeweiligen Anträge bereits abgeschlossen seien.

I.5. Im Rahmen eines Telefonats am XXXX teilte der Vertreter des Dolmetschers, XXXX von der XXXX der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichts mit, dass seinem Klienten durch die seitens der Finanzbehörden verfügte Nachverrechnung der Umsatzsteuer ein enormer Schaden entstehen würde und diesem laut Umsatzsteuergesetz eine Rechnungskorrektur zustehen würde.

I.6. Mit Schreiben vom XXXX , beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX , beantragte der Dolmetscher neuerlich die (Nach-)Zahlung der Umsatzsteuer für das Jahr XXXX in Höhe von insgesamt € 3.497,70.

I.7. Mit Schreiben vom XXXX wurde der Dolmetscher über die beabsichtigte Wiederaufnahme der Verfahren in Kenntnis gesetzt. In diesem Zusammenhang wurde er aufgefordert bekanntzugeben, wann er Kenntnis von der Nachverrechnung der Umsatzsteuer erlangt habe und inwiefern ihn an der verspäteten Geltendmachung der Umsatzsteuer kein Verschulden treffe. Darüber hinaus wurde der Dolmetscher aufgefordert, den entsprechenden Bescheid des Finanzamtes, in welchem die Nachverrechnung der Umsatzsteuer festgestellt worden sei, zu übermitteln.

I.8. Mit Schreiben vom XXXX , beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX übermittelte der Dolmetscher eine Stellungnahme, wonach seinem Steuerberater aufgrund der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen erst am XXXX offensichtlich geworden sei, dass er im Jahr XXXX die Kleinunternehmergrenze überschritten habe. Dazu wurde ein Tätigkeitsnachweis und das Postbuch der Kanzlei vorgelegt, aus welchem die diesbezüglichen Besprechungen bzw. Zeitaufzeichnungen hervorgehen. Darüber hinaus legte der Dolmetscher auch den entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Jahr XXXX vom Finanzamt Klagenfurt, datiert mit XXXX , vor. Zum Verschulden hinsichtlich der verspäteten Geltendmachung wurde zusammengefasst ausgeführt, dass im Laufe des Jahres nicht absehbar gewesen sei, dass die Kleinunternehmergrenze überschritten werden würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Dolmetscher selbst bzw. sein Steuerberater mit XXXX von der Nachforderung der Umsatzsteuer Kenntnis erlangt haben und kein Verschulden am Hervorkommen der neuen Tatsache der Überschreitung der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG vorliegt.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes, den eingebrachten Stellungnahmen des Antragstellers und dem Akteninhalt. Dass der Dolmetscher (erst) mit XXXX Kenntnis von der Überschreitung der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG hatte, ergibt sich aus seiner glaubwürdigen Stellungnahme vom XXXX , da auf Grund des Tätigkeitsnachweises der XXXX ersichtlich wird, dass es zwischen dem Dolmetscher und seinem Vertreter, der XXXX , am XXXX eine Besprechung betreffend die Umsatzsteuer XXXX gegeben hat, welche dazu geführt hat, dass am XXXX von Seiten der XXXX diverse Stellen betreffend die USt-Nachverrechnung angeschrieben wurden. Da das Überschreiten der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG dem Dolmetscher im selben Jahr der Überschreitung bekannt wurde und dies auch auf eine laufende Rechnungskontrolle seitens der XXXX hindeutet, die mit dem Überschreiten der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG ihren Klienten umgehend informiert und eine Nachverrechnung in die Wege geleitet hat, ist im gegenständlichen Fall auf Grund der Unterlagen davon auszugehen, dass es sich am XXXX um die erste Kenntnisnahme der Überschreitung handelt, zumal der eigentliche Bescheid des Finanzamts Klagenfurt auch erst mit XXXX datiert ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idgF, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950 idgF, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984 idgF, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: den Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

I.

§ 32 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz lautet auszugsweise:

"§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. [...]

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten

3. - 4. [...]

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) - (4) [...]."

Da die Gebühren des Dolmetschers nicht mittels Erkenntnis oder Beschluss festgesetzt, sondern den Anträgen aus dem Jahr 2017 jeweils durch Auszahlung des beantragten Betrages tatsächlich entsprochen wurde, ist in - für die gerichtliche Bestimmung der Dolmetschergebühren - sinngemäßer Anwendung des § 32 Abs. 2 VwGVG das Auszahlungsdatum der jeweiligen Honorarnote maßgeblich für den Abschluss des Verfahrens.

Aus § 32 Abs. 2 VwGVG ergibt sich, dass die zweiwöchige Frist zur Stellung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt der Umsatzsteuer. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG sind Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei ("Kleinunternehmerregelung"). Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG im Veranlagungszeitraum 30 000 Euro nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen sowie Umsätze, die nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. d und j, Z 9 lit. b und d, Z 10 bis 15, Z 17 bis 26 und Z 28 steuerfrei sind, außer Ansatz. Das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15 % innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich.

Eine Kleinunternehmerin, deren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG im Veranlagungszeitraum 30 000 Euro nicht übersteigen, darf somit für ihre erbrachten steuerfreien Leistungen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen und braucht daher auch keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.

Gemäß § 6 Abs. 3 UStG kann die Unternehmerin, deren Umsätze auf Grund der Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass sie auf die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG verzichtet.

Wie vom Dolmetscher bekanntgegeben, erlangte er (erst) im Rahmen einer Besprechung mit seinen Steuerberatern, der XXXX , auf Grund der diesen zur Verfügung gestellten Unterlagen am XXXX Kenntnis von der Überschreitung der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG.

Mit Schreiben vom XXXX , beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am XXXX , stellte der Dolmetscher sodann einen Antrag auf Rechnungskorrektur bzw. Nachverrechnung der Umsatzsteuer für das Jahr XXXX in der Höhe von XXXX und beantragte somit - implizit - die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die bereits abgeschlossenen bzw. ausbezahlten Gebührenanträge aus dem Jahr XXXX .

Da die zweiwöchige Frist zur Wiederaufnahme nach Kenntnis des Überschreitens der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG am 11.12.2017 erst mit Ablauf des XXXX verstrichen ist, ist der gegenständliche Antrag, welcher am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, als rechtzeitig anzusehen.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund von Neuerungen bezieht sich auf das Hervorkommen solcher Tatsachen oder Beweismittel, die zum Zeitpunkt der Entscheidung zwar bereits bestanden haben, jedoch ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015) Rz. 19 zu § 32; Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (2018) Rz. 28 zu § 69).

Der Tatbestand der Neuerungen entspricht § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, weshalb auf das bisherige Verständnis der Wiederaufnahmegründe des § 69 AVG zurückgegriffen werden kann (vgl. VwGH 31.08.2015, Ro 2015/11/0012; Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015) Rz. 19 zu § 32).

Die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund von Neuerungen ist jedoch nur dann möglich, wenn die Tatsachen oder Beweise "im Verfahren ohne Verschulden der Partei" unbekannt geblieben sind, weil sie erst nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2017) K 14 zu § 32 VwGVG).

Der Verschuldensbegriff ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH im Sinne des Verschuldens gemäß § 1294 ABGB auszulegen (vgl. VwGH 9. 6. 1994, 94/06/0106; 22. 6. 1995, 95/06/0087; 24. 2. 2004, 2002/01/0458). Dabei kommt es weder auf den Grad des Verschuldens an, da auch leichte Fahrlässigkeit genügt (VwGH 19. 3. 2003, 2000/08/0105; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2017) K 15 zu § 32 VwGVG;

Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015) Rz. 21 zu § 32) noch darauf, ob die Partei das Alleinverschulden oder nur ein Mitverschulden trifft (VwGH 30. 4. 1991, 89/08/0188; Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte (2015) Rz. 21 zu § 32).

Verschulden setzt Vorwerfbarkeit voraus, das heißt es stellt auf die persönliche Eigenart jener Person ab, die das zu beurteilende Verhalten gesetzt hat. Der Partei kann nur dann ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie nach ihren subjektiven Fähigkeiten in der Lage war, die Tragweite ihres Verhaltens zu erkennen und dementsprechend zu handeln (vgl. Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (2018) Rz. 37 zu § 69).

Versäumnisse der Partei sind ihr als Verschulden zuzurechnen und schließen eine Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG aus (VwSlg 15.218 A/1928; Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (2018) Rz. 38 zu § 69).

Es ist Sache des Wiederaufnahmewerbers darzutun, dass die von ihm behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten (VwGH 23. 3. 1977, 1341/75; Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (2018) Rz. 38 zu § 69).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeizuführen (VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/04/0195; 19.04.2007, Zl. 2004/09/0159).

Im gegenständlichen Fall wurde vorgebracht, dass die Überschreitung der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG dem Dolmetscher mit 11.12.2017 - somit erst nach der Antragstellung der jeweiligen Honorarnoten - bekannt wurde.

Auf Grund der Tatsache, dass zu Beginn eines Jahres nicht vorhersehbar ist, ob der Dolmetscher die Grenze der Kleinunternehmerregelung nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG überschreiten wird, da dies von der Auftragslage im jeweiligen Jahr abhängig ist, trifft ihn an der Nachverrechnung der Umsatzsteuer und der daraus resultierenden Wiederaufnahme des Verfahrens kein Verschulden.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Bekanntwerden der Überschreitung der Kleinunternehmergrenze gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG zur Verrechnung der Umsatzsteuer in den jeweiligen Honorarnoten geführt hätte und somit geeignet war, zu einem anderen Ergebnis, nämlich der Vergütung inklusive Umsatzsteuer zu führen.

Dem Antrag auf Wiederaufnahme war daher stattzugeben.

II.

Gemäß § 24 GebAG umfasst die Gebühr des Sachverständigen

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befund- oder Beweisaufnahme, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2. den Ersatz der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften und der sonstigen durch seine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren verursachten notwendigen Kosten;

3. die Entschädigung für Zeitversäumnis;

4. die Gebühr für Mühewaltung einschließlich der Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung und der Gebühr für Aktenstudium.

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Z 6 GebAG ist die von der Sachverständigengebühr zu entrichtende Umsatzsteuer gesondert an- und zuzusprechen.

Somit sind folgende gebührenrechtlichen Anträge um die Zahlung der Umsatzsteuer zu erweitern:

XXXX

Dem Antrag auf Auszahlung der Umsatzsteuer in Höhe von € 3.497,70 gemäß § 31 Abs. 1 Z 6 war somit stattzugeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt eine eindeutige und einheitliche Linie, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Betragsgrenze, Dolmetscher, Dolmetschgebühren, Honorarnote,
Kleinunternehmer, nova reperta, Umsatzsteuernachverrechnung,
Wiederaufnahme, Zeitpunkt, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W195.2208095.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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