TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 97/19/1478

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1 idF 1995/351;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1958 geborenen S A, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Juni 1997, Zl. 121.957/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 15. April 1996 bei der österreichischen Botschaft in Lagos einen als "Erstantrag" bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehegattin. Als in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts gab der Beschwerdeführer den Monatslohn seiner Ehegattin in Höhe von S 9.984,-- an. Vorgelegt wurde auch eine entsprechende Gehaltsabrechnung für die Ehegattin vom 23. Jänner 1996. Im Verwaltungsverfahren legte der Beschwerdeführer durch einen Rechtsvertreter überdies eine Kopie eines Sparbuches vor, aus der per 12. Dezember 1996 ein Guthabensstand von S 72.000,-- hervorgeht.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 20. Jänner 1997 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend wurde ausgeführt, die Ehegattin des Beschwerdeführers verfüge über ein monatliches Einkommen von ca. S 9.500,--, als Mietkosten fielen S 6.000,-- monatlich an. Auf das Sparbuch der Ehegattin des Beschwerdeführers seien am 10. Dezember 1996 S 40.000,-- und am 12. Dezember 1996 S 32.000,-- einbezahlt worden. Da der Antragsteller (bzw. seine Ehegattin) auch sonst über kein adäquates, von der Rechtsordnung anerkanntes Vermögen verfüge, stünde eindeutig fest, dass er nicht über ausreichende Mittel zu seinem Unterhalt verfüge.

Die dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer ua. vorbrachte, seine Ehegattin verfüge über ein durchschnittliches Monatseinkommen von S 10.300,-- und für Miete seien nur S 5.000,-- pro Monat zu bezahlen, wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 6. Juni 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Diese Beurteilung zeige im Falle des Beschwerdeführers, dass einem grundsätzlichen Mindestbedarf von S 12.202,-- pro Monat inklusive Mietkosten gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien tatsächlich nur S 10.300,-- pro Monat, welche vom Beschwerdeführer aufgebracht werden können, gegenüber stünden. Angesichts dieser Differenz könne eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden. Das von ihm "beigebrachte" Sparbuch als Nachweis zur Sicherung des Unterhalts habe nicht berücksichtigt werden können, weil über das Sparbuch jederzeit verfügt werden könne und dadurch keine Gewähr gegeben sei, dass der angestrebte Aufenthalt für die Dauer der Bewilligung durch Unterhaltsmittel abgesichert sei, dies vor allem im Hinblick auf den Umstand, dass der gesamte Betrag von S 72.000,-- innerhalb von drei Tagen auf das Sparbuch der Ehegattin des Beschwerdeführers einbezahlt worden sei. Ebenso sei die monatliche Bezahlung von S 3.000,-- durch den Mitbenützer der Wohnung der Ehegattin für die Beurteilung der Unterhaltsmittel des Beschwerdeführers ohne Bedeutung, weil diese Unterstützung mit seiner Ankunft im Bundesgebiet enden würde. Die Wohnung der Ehegattin werde nämlich nur, solange der Beschwerdeführer nicht in Österreich weile, mit einem Bekannten geteilt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 30. Juni 1997) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, ..., wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsüblic

he

Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 1 Abs. 1 der auf Grund des § 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes erlassenen Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 13/1973, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 77/1995, lautete (auszugsweise):

"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:

...

     2. für den Hauptunterstützten .................... S 4.759,--

     3. für den Mitunterstützten

     a) ohne Anspruch auf Familienbeihilfe ............ S 2.443,--

     ..."

Weder nach dem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage verfügte der Beschwerdeführer jemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen am 1. Juli 1993 gültigen gewöhnlichen Sichtvermerk. Die belangte Behörde wertete den Antrag daher zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561, mwN). Dieser Obliegenheit ist der Beschwerdeführer, der bereits im Verwaltungsverfahren Unterlagen über den Monatsbezug seiner Ehegattin sowie eine Sparbuchkopie vorgelegt hatte, nachgekommen.

Wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, hat sich die belangte Behörde bei ihrer Feststellung eines Unterhaltsbedarfes des Beschwerdeführers von S 12.202,-- am Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien orientiert und dabei offenbar die im § 1 Abs. 1 der Sozialhilfeverordnung festgelegten Richtsätze herangezogen. Eine derartige Vorgangsweise ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Blickwinkel der Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden.

Dem von ihr festgestellten Unterhaltsbedarf des Beschwerdeführers (offenbar unter Einbeziehung einer monatlichen Mietbelastung von S 5.000,--) hätte die belangte Behörde sämtliche Unterhaltsmittel gegenüber zu stellen gehabt, über die der Beschwerdeführer (bzw. seine Ehegattin) verfügt. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers über ein Monatseinkommen von S 10.300,-- verfügt. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde nunmehr vorbringt, nichts spreche für die Auffassung der belangten Behörde, der Mitbewohner der Wohnung seiner Ehegattin werde seine Zahlungen für Unterkunft in Höhe von S 3.000,-- monatlich bei Eintreffen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (auf Grund einer erteilten Aufenthaltsbewilligung) nicht länger aufrecht erhalten, ist ihm entgegen zu halten, dass sich die belangte Behörde hiebei auf sein eigenes Berufungsvorbringen stützen konnte. In der Berufung hatte der Beschwerdeführer nämlich ausdrücklich vorgebracht, die Ehegattin des Beschwerdeführers teile ihre Unterkunft "derzeit - solange ihr Ehemann noch nicht in Österreich weilt - mit einem Bekannten".

Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden:

Die belangte Behörde räumt selbst ein, dass der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren eine Kopie eines Sparbuches vorgelegt hatte, aus der ein Guthabensstand in Höhe von S 72.000,-- ersichtlich ist. Dass der genannte Betrag dem Beschwerdeführer bzw. seiner Ehegattin nicht zugänglich sei, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Sie hat vielmehr nur darauf verwiesen, dass das Guthaben jederzeit sofort behebbar sei. Ein jederzeit abhebbarer Betrag in der genannten Höhe bietet allerdings für sich alleine - ohne nähere Feststellungen - keine Grundlage für die Annahme, der Guthabensbetrag würde der Ehegattin des Beschwerdeführers für die Dauer der von diesem angestrebten Bewilligung nicht zur Verfügung stehen. Wenn die belangte Behörde weiters, ohne nähere Begründung und ohne dies dem Beschwerdeführer vorgehalten zu haben, aus dem Umstand, dass der Guthabensbetrag auf das Sparbuch an zwei Tagen im Dezember 1996 eingezahlt worden ist, erkennbar folgert, dies sei nur für den Zweck der Antragstellung geschehen, so verkennt sie, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt das Sparbuch eröffnet wurde, sondern ausschließlich darauf, ob der Guthabensbetrag der Ehegattin des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung und für den Zeitraum der angestrebten Bewilligung verfügbar war sowie ob der Betrag so hoch ist, dass daraus für die Dauer der angestrebten Bewilligung zumindest Teile des Unterhaltes bestritten werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, Zl. 96/19/0918). Dies ist aber, wie die Beschwerde aufzeigt, der Fall, weil - bezogen auf eine Aufenthaltsbewilligung für z.B. sechs Monate - ein monatlicher Betrag zur Verfügung stünde, der zusammen mit den übrigen, auch von der belangten Behörde festgestellten Unterhaltsmitteln, geeignet wäre, den Unterhalt des Beschwerdeführers als gesichert erscheinen zu lassen. Da die belangte Behörde, ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht zur Maßgeblichkeit des vorgelegten Sparbuchs nähere Feststellungen zu dessen Verfügbarkeit (für den Beschwerdeführer bzw. dessen Ehegattin) unterlassen hat und ihren Bescheid überdies, wie aufgezeigt, unzureichend begründet hat, war der angefochtene Bescheid wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung die Vorlage der Beschwerde in zweifacher und die des angefochtenen Bescheides in einfacher Ausfertigung ausreichend gewesen wäre.

Wien, am 27. Mai 1999

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191478.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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