Entscheidungsdatum
14.01.2019Norm
ABGB §914Spruch
W123 2210191-2/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedlich RÖDLER als Mitglied der Auftraggeberseite und Dr. Rosemarie SCHÖN als Mitglied der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX GmbH, XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Claus Casati, Mariahilfer Straße 1b/17, 1060 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "PVA - psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West" des Auftraggebers Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Heid & Partner, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, vom 26.11.2018 zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge die zu Los 2 ergangene angefochtene Entscheidung vom 14.11.2018, mit der unser Angebot ausgeschieden wird, betreffend das Vergabeverfahren der Pensionsversicherungsanstalt "PVA - psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West", Referenznummer der Bekanntmachung im Supplement des Amtsblatts der Europäischen Union: 2017/S 229-478005, Projektnummer 2017/25, für nichtig erklären, wird gemäß § 141 Abs. 2 BVergG 2006 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 26.11.2018 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren und brachte zusammenfassend im Wesentlichen vor:
Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die am 14.11.2018 übermittelte Entscheidung über das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin. Dieses Angebot habe unter anderem die Angabe über die von der Antragstellerin angebotenen Kapazitäten an Betten (20 Betten) sowie den Bescheid der Landesregierung Niederösterreich vom 27.06.2017, mit dem die Erweiterung des Anstaltsumfanges auf 170 Patientenbetten (davon 20 Patientenbetten zur Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich) festgestellt worden sei, enthalten. Darin habe die Antragstellerin dem Angebot den Antrag auf sanitätsbehördliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung für die Erweiterung der XXXX vorgelegt, mit dem die Antragstellerin eine Feststellung für eine Erweiterung des Anstaltsumfangs von 150 Patientenbetten um weitere 20 auf 170 Patientenbetten beantragt habe. Am 23.10.2018 habe die Antragstellerin den Bescheid der Landesregierung erhalten, mit dem der Anstaltsumfang von 170 Patientenbetten, davon 20 Patientenbetten für internationale Patienten und Privatpatienten aus Österreich errichtungsbewilligt worden sei.
In der Folge habe die Auftraggeberin eine Vergabeverhandlung am 14.11.2018 bei der Antragstellerin vor Ort (XXXX) angesetzt. Entsprechend der Vorgabe der Auftraggeberin sei die Antragstellerin in diese Verhandlung ohne rechtliche Vertretung gegangen. Die Verhandlungsleitung/Themensetzung sei ausschließlich von der Auftraggeberin erfolgt. Auch das Verhandlungsprotokoll sei von der Auftraggeberin verfasst worden. Dieses halte nach eingehender rechtlicher Prüfung seitens der Auftraggeberin fest, dass die Antragstellerin das in Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen vorgesehene MUSS-Kriterium nicht erfüllt habe und daher auszuscheiden sei.
Mit keinem Wort sei in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt worden, dass ein Antrag auf Feststellung für eine Erweiterung 20 Patientenbetten ausschließlich für Versicherte der beteiligten Sozialversicherungsträger gestellt worden sein müsse bzw. eine diesbezügliche Feststellung vorlegen müsse bzw. eine Konkretisierung auf "Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten auf Österreich" unzureichend sei. Gemäß dem Wortlaut der betreffenden Festlegung erfolge ein Ausscheiden nur dann, wenn nicht einmal zumindest irgendein Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs gestellt worden sei. Dies gelte umso mehr, als die Antragstellerin mittlerweile auch eine Errichtungsbewilligung erlangt habe und deren Konkretisierung auch auf Patientenbetten für Versicherte der beteiligten Sozialversicherungsträger bei Abschluss eines Rahmenvertrags mit den Sozialversicherungsträgern problemlos möglich sei. Der Antrag der Antragstellerin unterliege darüber hinaus keiner Bindungswirkung. Die Widmung der 20 Patientenbetten stelle keine verbindliche Widmung der Betten dar, sondern lediglich einen potentiellen Verwendungszweck. Darüber hinaus könne der gegenständliche Antrag auf Vorabfeststellung jederzeit erweitert werden. Bei einer eindeutigen Festlegung der Ausschreibung hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Antrag auf ergänzende bzw. abändernde Vorabfeststellung des Bedarfs auch für Versicherte der beteiligten Sozialversicherungsträger gestellt.
Selbst wenn es sich um einen Mangel im Angebot gehandelt haben soll, wäre dieser behebbar. Die Auftraggeberin hätte daher die Antragstellerin zur Verbesserung des Antrages aufzufordern gehabt.
2. Am 10.12.2018 übermittelte die Auftraggeberin eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag und brachte im Wesentlichen vor:
Als Ende der Anfragenfrist sei in den Ausschreibungsunterlagen der 13.09.2018, 12:00 Uhr, und als Ende der Angebotsfrist der 01.10.2018, 12:00 Uhr, festgelegt worden. Zu den Ausschreibungsunterlagen erste Fassung (NEU) seien mehrere Fragen gestellt worden, wovon keine einzige Frage von der Antragstellerin selbst gekommen sei. Die Antragstellerin hätte daher Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen insbesondere im Hinblick auf ihre (zumindest) äußerst kritische und unübliche Rechtsauffassung im Rahmen einer Bieteranfrage aufklären lassen müssen.
Die Antragstellerin bringe in diesem Zusammenhang vor, dass aus der Festlegung nicht hervorgehe, dass der Bedarfsfeststellungsbescheid die Empfänger der gegenständlichen Dienstleistungen umfassen müsse (somit die Versicherten der Auftraggeberin und der beteiligten Sozialversicherungsträger) sondern "irgendein Bescheid" ausreiche. Dieses vom Ausschreibungsgegenstand völlig entkoppelte Verständnis sei einerseits vergaberechtswidrig (der Bezug zum Auftragsgegenstand sei zwingende Voraussetzung für die sachliche Rechtfertigung von "MUSS-Kriterien") und sei andererseits auch im Hinblick auf die allgemeinen Auslegungsregeln von Ausschreibungsbestimmungen verfehlt und finde auch keine Deckung im Wortlaut "für die namhaft gemachte Einrichtung". Die Antragstellerin sei jedenfalls dazu angehalten, auf die erkennbare Absicht des Erklärenden (der Auftraggeberin) aus der Sicht eines durchschnittlichen und redlichen Bieters abzustellen. Hingewiesen werde diesbezüglich auf Punkt 1.2. ("Ausgangslage und Ausschreibungsziel") der Ausschreibungsunterlage.
Zudem gehe aus dem - von der Antragstellerin mitunterfertigten - Gesprächsprotokoll vom 14.11.2018 eindeutig hervor, dass der Antragstellerin bewusst gewesen sei, dass die gegenständlichen Anträge bzw. Bescheide nicht die Leistungen für die ausschreibungsgegenständlichen Versicherten der Sozialversicherungsträger umfassen würden. Dieser Umstand sei auch in der Begründung des positiven Errichtungsbewilligungsbescheides vom 23.10.2018 ausdrücklich festgehalten worden. Die Antragstellerin hätte - ihrer eigenen Argumentation konsequent folgend - einen neuen Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs stellen müssen. Die Antragstellerin habe aber eine "Andersleistung" bzw. ein ausschreibungswidriges "Aliud" angeboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die (Kurz-)Stellungnahme der XXXX GmbH vom 29.11.2018 zu verweisen, in welcher bestätigt werde, dass die von der Antragstellerin angebotenen Betten nicht für die von den Sozialversicherungsträgern zugewiesenen Patienten zur Verfügung stünden.
Auch das Vorbringen der Antragstellerin, wonach die Auftraggeberin einen Verbesserungsversuch durchführen hätte müssen, sei nicht nachvollziehbar. Wie bereits vorgebracht, sei der Antragstellerin im Rahmen eines gesonderten Aufklärungs- bzw. Besichtigungstermins am 14.11.2018 die ausdrückliche Möglichkeit der Aufklärung bzw. Verbesserung des Angebots eingeräumt worden. Die Antragstellerin habe in diesem Zusammenhang unmissverständlich zu Protokoll gegeben, dass keine weiteren sanitätsbehördlichen Anträge gestellt worden seien. Der Aufklärungsversuch sei somit offensichtlich gescheitert. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin sei die besagte Widmung gegenständlich ein untrennbarer Bestandteil des rechtskräftigen Spruches und für die Antragstellerin jedenfalls verbindlich. Ein Antrag auf Abänderung des Spruches hätte insbesondere innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist gestellt werden müssen.
3. Mit Schriftsatz vom 18.12.2018 legte die Auftraggeberin zum Beweis ihres Vorbringens den Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung die sanitätsbehördliche Betriebsbewilligung vom 13.12.2018 vor, welcher ebenso nur die gegenständlich angebotenen 20 Betten (für die gegenständlich nicht ausgeschriebenen internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich) umfasse. Klarstellend werde in diesem Zusammenhang festgehalten, dass der Antrag auf Betriebsbewilligung erst am 21.11.2018 und somit ebenso erst nach dem Ende der Angebotsfrist am 01.10.2018 gestellt worden sei.
4. Am 27.12.2018 übermittelte die Antragstellerin eine Replik zu den Stellungnahmen der Auftraggeberin und brachte im Wesentlichen vor:
Die Ansicht der Auftraggeberin, wonach es bei der Auslegung von Ausschreibungsunterlagen auf die Absicht des Erklärenden abzustellen sei, sei unrichtig. Es komme nach der vergaberechtlichen Rechtsprechung gerade nicht auf die Absicht der Auftraggeberin an, sondern ausschließlich auf den objektiven Erklärungswert. In Erinnerung zu rufen sei überdies, dass gemäß § 915 ABGB undeutliche Äußerungen zu Lasen desjenigen auszulegen seien, der sich diesen Äußerungen bediene. Die Auftraggeberin würde jedoch Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen nunmehr einen nicht explizit geregelten Inhalt zu Lasten der Antragstellerin unterstellen. Das verbiete jedoch die Auslegungsregel des § 915 ABGB.
Der Auftraggeberin sei entgegenzuhalten, dass sie gerade die Vorgabe der Patientenbetten für Versicherte der Auftraggeberin oder eine diesbezügliche Absicht nicht explizit geregelt, sondern die Widmung der Patientenbetten (offenbar bewusst zur Erweiterung des eigenen Handlungsspielraums) vollkommen offengelassen habe. Eine Absicht der Auftraggeberin sei somit gar nicht ersichtlich. Die nunmehr mit Stellungnahme vom 10.12.2018 erstmals vorgebrachte Absicht hätte daher bereits in den Ausschreibungsunterlagen definiert werden müssen und wäre in Bezug auf die Angebotsanforderungen gemäß Punkt
2.3.2. zu setzen gewesen. Mangels explizite Festlegung zur Bedarfsfeststellung von Patientenbetten für Patienten der Auftraggeberin könne ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter nicht davon ausgehen, dass es der Auftraggeberin gerade an einem Feststellungsbescheid für Patientenbetten für Versicherte der Auftraggeberin gelegen sei.
Ausdrücklich bestritten werde, dass die Antragstellerin davon Kenntnis gehabt habe, dass die von der Antragstellerin vorgelegten Bescheide unzureichend wären. Vielmehr ergebe sich aus dem Protokoll zum Verhandlungsgespräch, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung keine Bedarfsfeststellung der Patientenbetten für Patienten der Auftraggeberin erlangen würden und nur deshalb einen Antrag auf Feststellung von 20 weiteren Betten für internationale und Privatpatienten gestellt hätten, den die Antragstellerin jederzeit umwidmen könne. Schließlich seien die genannten Betten jedem Bürger und jeder Bürgerin zugänglich und nicht nur auf Privatpatienten und internationale Patienten beschränkt. So gebe es keine Organisation bzw. keine Rechtsperson, die einen Rechtsanspruch zur Freihaltung der Betten für internationale und Privatpatienten ableiten könnte.
Lediglich aus anwaltlicher Vorsicht werde vorgebracht, dass für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem von der Antragstellerin vorgelegten Antrag einen Mangel erkennt, dieser jedenfalls behebbar gewesen wäre. Jedoch habe die Auftraggeberin kein dem BVergG entsprechendes Mängelbehebungsverfahren durchgeführt. Eine Besserstellung anderer Bieter sei bei einer Antragsumstellung nicht ersichtlich, zumal auch hier der Antrag jedenfalls vor Ende der Angebotsfrist gestellt worden sei und die Antragstellerin somit auch nicht mehr Zeit zur Verfügung hätte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1. Die Auftraggeberin hat die gegenständigen Leistungen im Wege eines zweistufigen Zertifizierungsverfahrens EU-weit ausgeschrieben. Die Versendung der österreichweiten und EU-weiten Bekanntmachung des Verfahrens erfolgte für alle Lose am 27.11.2017. Das zweistufige Zertifizierungsverfahren befindet sich jeweils in der zweiten Stufe. Die Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung wurden während offener Angebotsfrist angefochten und nach Durchführung eines Vergabekontrollverfahrens für nichtig erklärt. In der Folge wurden am 31.08.2018 die die zweite Stufe des Vergabeverfahrens zugelassenen Bietern die Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung (NEU) übermittelt. Das Ende der Angebotsfrist wurde mit 01.10.2018, 12:00 Uhr (Einlangen) festgesetzt. Die Angebotsöffnung erfolgte nicht öffentlich durch eine Kommission am 01.10.2018.
2. Die Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung (NEU) lauten auszugsweise:
1.3 Ausschreibungsgegenstand
Gegenstand der Ausschreibung ist die Erbringung von Leistungen der stationären Rehabilitation in der Indikation PSY für Versicherte (abhängig vom konkret zuweisenden Sozialversicherungsträger insbesondere aktiv Erwerbstätige, BezieherInnen einer befristeten Pension [inklusive Rehabilitationsgeld], BezieherInnen einer dauernden Pension und deren anspruchsberechtigten Angehörigen; in der Folge "Versicherte") in folgenden drei Losen: [...]
2.3.2 Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung, "indikative" Angebote 1.
Fassung
Zusätzlich dazu ist mit dem Angebot 1. Fassung der sanitätsbehördliche Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs in der Indikation "PSY" für die im Teilnahmeantrag namhaft gemachten Einrichtungen vorzulegen (unabhängig davon, ob die Einrichtung neu errichtet wird oder eine bereits bestehende Einrichtung erweitert wird). Wurde bereits ein Antrag auf Errichtungs- bzw. Betriebsbewilligung gestellt, ist/sind diese(r) ebenso wie die dazu allenfalls bereits ergangene Bescheide vorzulegen. Jedenfalls muss zumindest der sanitätsbehördliche Antrag auf Vorabfeststellung des Bedarfs spätestens zum Ende der Angebotsfrist für das Angebot 1. Fassung gestellt worden sein, widrigenfalls das Angebot des Bieters ausgeschieden wird ("MUSS-Kriterium").
3. Mit Bescheid vom 27.06.2017, GS4-SKH-30/010-2015, stellte die Niederösterreichische Landesregierung aufgrund des Antrages der Antragstellerin vom 20.07.2015 den Bedarf an der Erweiterung des Anstaltsumfanges um 20 Patientenbetten zur Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich in der bestehenden Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie in XXXX, fest.
4. Die Antragstellerin stellte am 15.06.2018 an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung einen Antrag auf sanitätsbehördliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung für die Erweiterung der XXXX um 20 Patientenbetten (bezugnehmend auf den Feststellungsbescheid des Bedarfes GS4-SKH-30/010-2015).
5. Mit Bescheid vom 23.10.2018, GS4-SKH-30/018-2018, erteilte die Niederösterreichische Landesregierung der Antragstellerin die sanitätsbehördliche Bewilligung zur Erweiterung des Anstaltsumfanges um 20 Patientenbetten zur Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich in der bestehenden Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie im Standort XXXX.
Der Anstaltsumfang "Neu" umfasst: 170 Patientenbetten, davon 20 Patientenbetten ausschließlich für internationale Patienten und Privatpatienten aus Österreich.
In der Begründung findet sich auszugsweise folgender Wortlaut:
"Von einer Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß § 5 Abs. 4 NÖ KAG darüber, ob ein Vertragsvergabeverfahren der Sozialversicherung über den verfahrensgegenständlichen Leistungsumfang anhängig ist, wurde Abstand genommen, da die Erweiterung des Anstaltsumfanges vom Vertragsvergabeverfahren nicht umfasst ist. Die gegenständliche Erweiterung des Anstaltsumfanges um 20 Patientenbetten betrifft die Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich."
6. Am 14.11.2018 fand zwischen der Auftraggeberin und der Antragstellerin eine Vergabeverhandlung statt. Das (sowohl von der Antragstellerin als auch Auftraggeberin unterfertigte) Protokoll lautet auszugsweise:
Der Bieter wird zur vorliegenden Bescheidsituation befragt. Insbesondere zu dem Bedarfsprüfungsbescheid und Errichtungsbewilligungsbescheid über 20 Betten für ausschließlich internationale und PrivatpatientInnen, daraus resultieren insgesamt 170 Betten. Die vorhandenen 150 Betten sind jedoch bereits derzeit vertraglich (RV des HVB vom 01.03.2016) gebunden. Auf Punkt 2.3.2. der Ausschreibungsunterlage wird hingewiesen.
Bieter:
Festgehalten wird, dass der letztgültige Bescheid jener über die Errichtungsbewilligung vom 23.10.2018 ist. Die von diesem Bescheid umfassten zusätzlichen 20 Betten (wie oben beschrieben durch Umwidmung zu schaffen) sind jene Betten, welche dem Angebot zu Grunde gelegt wurden.
Der Bieter gibt hierzu an, dass der Sachverhalt von der PVA korrekt verstanden wurde. Der Hintergrund ist jener, dass der Antrag auf Bedarfsfeststellung bereits 2015 auf Basis des Rehabilitationsplanes 2012 gestellt wurde und zum damaligen Zeitpunkt eine Erweiterung ohne einen möglichen Vertragspartner aus der Sozialversicherung nicht möglich gewesen wäre, weshalb man den Weg gewählt hätte, die Erweiterung für internationale Patienten und Privatpatienten aus Österreich zu beantragen. Auf Basis des 2016 neu publizierten Rehabilitationsplanes hat die Bedarfslage in der Indikation PSY grundsätzlich eine Änderung erfahren und hat der Bieter im sanitätsbehördlichen Bewilligungsverfahren die Behörde über die Teilnahme auf Vergabeverfahren grundsätzlich informiert. Schriftliche Dokumentation hierzu ist nicht vorhanden, auch das Protokoll umfasst diesen Inhalt nicht.
Vom Bieter wurde nach Erlassung des Feststellungsbescheides zum Bedarf (27.06.2017) das sanitätsbehördliche Verfahren mit einem Antrag auf Errichtungsbewilligung (15.06.2018) zu ansonsten gleichen Rahmenbedingungen fortgesetzt, welches in der Erlassung des Errichtungsbewilligungsbescheides vom 23.10.2018 mündete. Jedenfalls erfolgte kein Antrag z.B. auf Erweiterung des Anstaltsumfanges auf 20 Patienten unabhängig von Herkunft oder Status als Privatpatient sowie wurde auch kein weiterer Antrag auf Bedarfsprüfung eingebracht.
7. Mit E-Mail vom 14.11.2018 teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot gemäß BVergG 2006 ausgeschieden wird. Das Schreiben lautet auszugsweise:
Da die vorgelegten Bescheide ausschließlich den Antrag um Erweiterung um 20 Betten für Privatpatienten und internationale Patienten umfassen und somit nicht die Empfänger der gegenständlich ausgeschriebenen Leistungen (Versicherte der beteiligten Sozialversicherungsträger), stehen die Bescheide nicht im Einklang mit den Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen. Die im Rahmen des Verhandlungsgesprächs durchgeführte Aufklärung konnte zu keinem anderen Ergebnis führen.
8. Am 29.11.2018 richtete die XXXX GmbH an einen Vertreter der Auftraggeberin ein Mail mit folgendem Inhalt:
Bezugnehmend auf Ihre Anfrage an Mag. XXXX teilen wir mit, dass die mit Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 23.10.2018 bewilligten 20 Patientenbetten "zur Versorgung von internationalen Patienten und Privatpatienten aus Österreich" (Wortlaut des Bescheides) in der Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie am Standort XXXX in der Darstellung des Ist-Stands in der Rehabilitationsevidenz nicht berücksichtigt werden, da diese 20 Betten laut der bescheidmäßigen Zweckwidmung nicht für die von den Sozialversicherungsträgern zugewiesenen Patientinnen/Patienten zur Verfügung stehen und daher für die Rehabilitationsplanung im Sinne des ÖSG bzw. der ÖSG-VO nicht als versorgungswirksam bewertet werden können. Diese Ansicht wurde uns auch von BMASGK und NÖGUS bestätigt. Die XXXX wird daher in der Rehabilitationsevidenz der GÖG weiterhin mit 150 systemisierten Betten für psychiatrische Rehabilitation geführt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien (samt Beilagen). Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen der Auftraggeberin bzw. der vorgelegten Dokumente der Antragstellerin keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Maßgebliche Rechtslage:
Am 21.08.2018 trat das BVergG 2018 nach seinem § 376 Abs. 1 in Kraft und das BVergG 2006 zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.
Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Vergabeverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 eingeleitet waren, nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Vergabeverfahren im November 2017 eingeleitet wurde, ist es nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, dem BVergG 2006, zu Ende zu führen und zu beurteilen.
Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Nachprüfungsverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig waren, nach der nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Da das gegenständliche Nachprüfungsverfahren nach diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde, ist es nach der Rechtslage des BVergG 2018 zu führen.
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages:
Gemäß Art 135 Abs. 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Auftraggeber iSd § 2 Z 8 BVergG 2006 ist die Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Die PVA ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen nicht prioritären Dienstleistungsauftrag gemäß § 6 iVm § 141 BVergG 2006. Nach den Angaben der Auftraggeberin liegt der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für Los 1 (Versorgungszone Nord) weit über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2006. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.
Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde jedenfalls in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs. 1 BVergG 2018 iVm § 2 Abs. 2 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018). Ein sonstiger Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs. 2 BVergG 2018 liegt nicht vor.
Inhaltliche Beurteilung
1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Ausschreibung (in concreto: die Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung NEU) nicht angefochten wurde und daher bestandfest ist. Alle am Vergabeverfahren Beteiligten, inklusive des Auftraggebers, sind daran gebunden (ständige Rechtsprechung, vgl. VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065). Die Festlegungen der Ausschreibung sind für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend (vgl. EuGH 22.06.1993, Rs C-243/89, Kommission/Dänemark-Brücke über den Storebaelt, Slg. 1993, I 3353, Rn 39; VwGH 07.09.2009, 2007/04/0090). Die Bieter müssen sowohl zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihre Angebote vorbereiten, als auch zu dem Zeitpunkt, zu dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden, gleichbehandelt werden (vgl. EuGH 25.04.1996, Rs-C 87/94, Wallonische Autobusse, Rz 54).
Allfällige Rechtswidrigkeiten können auch von der Vergabekontrollbehörde nicht mehr aufgegriffen werden (vgl. VwGH 07.11.2005, 2003/04/0234). Die Festlegungen der Ausschreibung sind der Auftragsvergabe zugrunde zu legen (vgl. VwGH 07.09.2009, 2007/04/0090 mwN; 14.04.2011, 2008/04/0065). Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibungsunterlagen auszugehen (vgl. BVA 30.04.2009, N/0021-BVA/10/2009-28; BVA 02.05.2011, N/0021-BVA/10/2011-33), andernfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen würde (vgl. EuGH 22.06.1993, Rs C-243/89; vgl. BVA 28.11.2008, N/0131-BVA/12/2008-29).
Die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen hat nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrolle und dem einschlägigen Schrifttum auch im Vergaberecht nach den Regeln der §§ 914f ABGB zu erfolgen (vgl. BVA 18.01.2008, N/0118-BVA/04/2007-36; 11.01.2008, N/0112-BVA/14/2007-20; 28.06.2007, N/0057-BVA/11/2007-25 mwN; Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts, ÖZW 1999, 1). Demnach kommt es nicht auf den von einer Partei vermuteten Zweck der Ausschreibungsbestimmungen an, sondern ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibung maßgeblich (siehe VwGH 19.11.2008, 2007/04/0018, 2007/04/0019; 29.03.2006, 2004/04/0144, 0156, 0157;
ebenso ua BVA 11.01.2008, N/0112-BVA/14/2007-20; BVA 02.05 2011, N/0021-BVA/10/2011-33 mwN; ua BVwG 01.08.2014, W187 2008946-1/23E;
BVwG 17.06.2014 W139 2003185-1/33E und W139 2005967-1/23E).
2. § 141 Abs. 2 BVergG 2006 lautet:
Nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge sind von Auftraggebern unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes zu vergeben. Soweit dies auf Grund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint, sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge grundsätzlich in einem Verfahren mit mehreren Unternehmern, durch das ein angemessener Grad von Öffentlichkeit gewährleistet ist und das dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes entspricht, zu vergeben. Von einer Bekanntmachung eines Verfahrens kann nur Abstand genommen werden, wenn eine der in den §§ 30 Abs. 2 bzw. 38 Abs. 2 Z 2 oder 4 genannten Voraussetzungen vorliegt.
3. Das Angebot der Antragstellerin wurde seitens der Aufraggeberin zu Recht ausgeschieden. Dies aufgrund nachfolgender Erwägungen:
Gemäß Punkt 2.3.2 der bestandskräftigen Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung (NEU) musste der sanitätsbehördliche Antrag auf Vorabfeststellung spätestens zum Ende der Angebotsfrist gestellt sein, widrigenfalls das Angebot ausgeschieden wird ("MUSS-Kriterium"). Das Abgabedatum für die Einreichung der Angebote (Ende der Angebotsfrist) war im vorliegenden Vergabeverfahren mit 01.10.2018, 12.00 Uhr, bestandskräftig festgelegt. Zwar ist die Bestimmung des § 69 BVergG 2006 (Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung) gegenständlich nicht anwendbar (vgl. den Regelungsgegenstand des § 141 Abs. 1 BVergG 2006 für die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen). Jedoch ist aufgrund der in § 141 Abs. 2 BVergG 2006 festgelegten allgemeinen Grundsätze (insbesondere der Transparenz und des Diskriminierungsverbots) davon auszugehen, dass der Auftraggeber von seinen eigenen Ausschreibungsbedingungen nicht zugunsten eines Bieters (nachträglich) abrücken darf, ansonsten er gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen würde (siehe dazu auch jüngst BVwG 11.12.2018, W123 2208873-2/19E). Für den gegenständlichen Sachverhalt folgt daraus wiederum, dass die Bieter den sanitätsbehördlichen Antrag auf Vorabfeststellung iSd des Pkt. 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen spätestens bis zum 01.10.2018, 12.00 Uhr, stellen hätten müssen.
Die Antragstellerin konnte dieses MUSS-Kriterium jedoch nicht rechtzeitig iSd Pkt. 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen erfüllen. Dies ergibt sich schon aufgrund der seitens der Antragstellerin selbst vorgelegten Beilagen im gegenständlichen Nachprüfungsantrag:
Unstrittig steht fest, dass es sich bei den vom Errichtungsbewilligungsbescheid umfassten 20 Betten um jene Betten handelt, die dem gegenständlichen Angebot zugrunde gelegt wurden (vgl. Vergabeverhandlungsprotokoll vom 14.11.2018, Beilage /7). In diesem Errichtungsbewilligungsbescheid vom 23.10.2018 wird ausdrücklich festgehalten, dass die Erweiterung des Anstaltsumfanges um 20 Patientenbetten die Versorgung von "internationalen Patienten und Privatpatienten" aus Österreich betrifft. Im Rahmen der Vergabeverhandlung am 14.11.2018 gestand die Antragstellerin selbst zu, dass weder ein Antrag auf Erweiterung des Anstaltsumfanges auf 20 Patienten "unabhängig von Herkunft oder Status als Privatpatient" erfolgte, noch ein weiterer Antrag auf Bedarfsprüfung eingebracht wurde.
Wenn nunmehr die Antragstellerin vermeint, dass die Vorgabe der Patientenbetten für "Versicherte" der Auftraggeberin oder eine diesbezügliche Absicht nicht explizit geregelt worden sei und daher undeutliche Äußerungen zu Lasten der Auftraggeberin iSd § 915 ABGB auszulegen seien, so ist ihr folgendes entgegenzuhalten:
Punkt 1.3 der Ausschreibungsunterlagen legte (gleichlautend für alle 3 Lose) den Gegenstand der Ausschreibung dar. Aus dieser Bestimmung geht explizit hervor, dass die gegenständlichen Leistungen für Versicherte (abhängig vom zuständigen Sozialversicherungsträger) zu erbringen sind. Dass von diesem Ausschreibungsgegenstand aber gerade nicht "internationale Patienten und Privatpatienten" umfasst sein können, musste einem redlichen Erklärungsempfänger im Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes klar sein. Daher kann aber Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen nur dahingehend ausgelegt werden, dass ein Auftraggeber, der Leistungen für Versicherte von Sozialversicherungsträgern ausschreibt, "nur Interesse an dem Vorliegen einer sanitätsbehördlichen positiven Bewilligungssituation für die tatsächlich ausgeschriebenen Leistungen haben kann", wie von der Auftraggeberin in der Stellungnahme vom 10.12.2018 plausibel dargelegt. Die seitens der Antragstellerin versuchte Interpretation der Ausschreibungsunterlagen wäre im Ergebnis sohin sinnwidrig. Der Vorhalt der Antragstellerin in der Replik vom 27.12.2018, wonach mangels expliziter Festlegung zur Bedarfsfeststellung von Patientenbetten für Patienten der Auftraggeberin ein durchschnittlicher fachkundiger Bieter nicht davon ausgehen könne, dass es der Auftraggeberin gerade an einem Feststellungsbescheid für Patientenbetten "für Versicherte der Auftraggeberin" gelegen sei, geht überdies schon deshalb ins Leere, weil die Auftraggeberin eine solche Regelung, nämlich, dass es um Leistungen "für Versicherte" geht, bereits in Punkt 1.3 der Ausschreibungsunterlagen (durch Festlegung des Gegenstandes der Ausschreibung) explizit vorgesehen hat. Dass die Auftraggeberin dann in Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen nicht neuerlich auf den Umstand hinweist, dass der Errichtungsbewilligungsbescheid ausschließlich "für Versicherte" vorliegen müsse, führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis, da - wie bereits festgehalten - ein redlicher Erklärungsempfänger die Punkte 1.3 und 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen (systematisch) nur dahingehend interpretieren kann, dass die Auftraggeberin ausschließlich Leistungen für die Versicherten von den verschiedenen Sozialversicherungsträgern ausschreiben wollte.
Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin handelt es sich beim gegenständlichen Mangel auch nicht um einen behebbaren bzw. konnte der Mangel seitens der Antragstellerin nicht erfolgreich behoben werden: Zum einen ist bereits in Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen bestandkräftig festgelegt, dass es sich beim Antrag auf Vorabfeststellung um ein "MUSS-Kriterium" handelt, dessen Nichterfüllung das Ausscheiden zur Folge hat. In diesem Punkt stellt die Auftraggeberin klar, dass zumindest der sanitätsbehördliche Antrag auf Vorabfeststellung spätestens zum Ende der Angebotsfrist (in concreto: 01.10.2018, 12.00 Uhr) gestellt worden sein muss. Zwar hat die Antragstellerin am 15.06.2018 einen Antrag auf sanitätsbehördliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung für die Erweiterung der XXXX um 20 Patientenbetten gestellt und insofern diese Bestimmung in zeitlicher Hinsicht (losgelöst von einer inhaltlichen Prüfung) erfüllt. Jedoch wurde spätestens am 23.10.2018 (durch den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung) evident, dass die Antragstellerin mit ihrem ursprünglichen Antrag Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen nicht erfüllen konnte, da die sanitätsbehördliche Bewilligung zur Erweiterung des Anstaltsumfanges um 20 Patientenbetten ausschließlich zur Versorgung von "internationalen Patienten und Privatpatienten" erteilt worden ist. Einem neuerlichen Antrag auf Vorabfeststellung, der - nach einer allfälligen Verbesserung - dann zeitlich jedenfalls nach dem 23.10.2018 gestellt hätte werden können, steht aber die bestandskräftige Festlegung in Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen entgegen. Abgesehen davon hielt die Antragstellerin im Verhandlungsgespräch vom 14.11.2018 selbst fest, dass - mit Ausnahme des Antrags auf Errichtungsbewilligung vom 15.06.2018 - kein weiterer Antrag auf Bedarfsprüfung eingebracht wurde, womit aber bis zum Ende der Angebotsfrist (01.10.2018, 12.00 Uhr) kein ausschreibungskonformer Antrag bzw. Errichtungsbewilligungsbescheid vorlag.
Die Entscheidung der Auftraggeberin vom 14.11.2018, das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden, erfolgte daher zu Recht.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 339 Abs. 1 Z 3 BVergG 2018 kann, soweit dem weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen, die Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen ist.
Gegenständlich konnte - ungeachtet des Antrages der Antragstellerin in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vom 26.11.2018 - von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aus den eigenen (im Zuge des Nachprüfungsantrages vorgelegten) Dokumenten der Antragstellerin hervorging, dass sie die bestandkräftige Bestimmung in Punkt 2.3.2 der Ausschreibungsunterlagen nicht zu erfüllen imstande war. Abgesehen davon handelt es sich bei der Interpretation von Ausschreibungsbestimmungen um eine Rechtsfrage, die nicht mit den Parteien zu erörtern ist. Schließlich wurde das Parteiengehör iSd § 45 Abs. 3 AVG zugunsten der Antragstellerin gewahrt, da dieser Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den Stellungnahmen der Auftraggeberin vom 10.12.2018 bzw. 18.12.2018 zu äußern (vgl. Parteiengehör vom 12.12.2018, OZ 10, bzw. Parteiengehör vom 19.12.2018, OZ 13).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (zur Bestandkraft der Ausschreibung vgl. etwa VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Angebot ausschreibungswidrig, Auslegung der Ausschreibung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W123.2210191.2.00Zuletzt aktualisiert am
07.03.2019