TE Bvwg Beschluss 2019/2/12 G308 2129538-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.02.2019

Norm

ASVG §410
AVG §13 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

G308 2129538-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX KG, XXXX, vertreten durch XXXX, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 13.07.2010, Zahl: XXXX, bzw. gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013, Zahl: XXXX, sowie den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 01.04.2016, Zahl: XXXX:

A)

I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 13.07.2010, Zahl: XXXX, bzw. gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013, Zahl: XXXX, richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 01.04.2016, Zahl: XXXX, richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. XXXX (im Folgenden: Vertreter), geboren am XXXX, war im Zeitraum 08.11.2002 bis 23.07.2008 sowie von 01.07.2009 bis 09.12.2009 vertretungsbefugter und unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) und zugleich bis 22.09.2009 auch beschränkt haftender Gesellschafter (Kommanditist) der zur FN XXXX in Firmenbuch eingetragenen XXXX KG (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder BF). Im Zeitraum 01.06.2008 bis 22.09.2009 war weiters XXXX geboren am XXXX, vorübergehend eine unbeschränkt haftende Gesellschafterin und vertretungsbefugte Komplementärin der BF. Seit 09.12.2009 ist der einzige vertretungsbefugte Komplementär der BF der Sohn des Vertreters, XXXX, geboren am XXXX (vgl Firmenbuchauszug zur FN XXXX vom 07.02.2019).

Die Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) führte Anfang des Jahres 2010 bei der BF für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben durch. Im Rahmen dieser Prüfung sowie den nachfolgenden Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde, dem Landeshauptmann von Steiermark, dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) und dem Bundesverwaltungsgericht übernahm immer der Vertreter (neben allfälliger steuerlicher oder rechtsfreundlicher Vertretung) die Vertretung der BF, wie auch im gegenständlichen Verfahren.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2010, Zahl: XXXX, sprach die belangte Behörde aus, dass die im Anhang I. zu diesem Bescheid genannten Personen gemäß § 410 Abs. 1 Z 2 ASVG idgF in den dort genannten Zeiträumen aufgrund ihrer Tätigkeit für die BF der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die BF gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 ASVG idgF wegen der im Zuge der bei ihr stattgefundenen GPLA festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet sei, die in der Beitragsabrechnung vom 31.03.2010 und dem dazugehörigen Prüfbericht zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 49.267,92 nachzuentrichten (Spruchpunkt II.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht den mit 02.08.2010 datierten Einspruch an den damals zur Entscheidung zuständigen Landeshauptmann von Steiermark.

4. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013, Zahl: XXXX, sprach dieser in Spruchpunkt I. aus, dass dem Einspruch der BF gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2010 betreffend die Versicherungspflicht der im Anhang I. genannten Personen gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 413 Abs. 1 Z 1 und 414 ASVG keine Folge gegeben und der Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides vollinhaltlich bestätigt wird. Hingegen wurde in Spruchpunkt II. ausgesprochen, dass das Einspruchsverfahren gegen Spruchteil II. desselben Bescheides der belangten Behörde gemäß § 38 Abs. 2 AVG iVm §§ 413 Abs. 1 Z 1 und 414 ASVG bis zur Rechtskrafterwachsung des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013 ausgesetzt wird.

5. Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes vom 28.08.2013 erhob die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung an das ehemals zur Entscheidung zuständige Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK).

Aufgrund der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 01.01.2014 und der Bestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG ging die Zuständigkeit zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht über.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015, Zahl: G308 2005036-1/4E, wurde die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013 betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015, Zahl:

G308 2005036-1/4E, wurde der Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes II. (Beitragsnachverrechnung) aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die belangte Behörde (die Steiermärkische Gebietskrankenkasse) zurückverwiesen.

Weder gegen das Erkenntnis noch den Beschluss des Bundverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015 erhob der Beschwerdeführer das außerordentliche Rechtsmittel der

(außer-)ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof noch das Rechtsmittel der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Das Erkenntnis und der Beschluss erwuchsen in Rechtskraft.

7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.04.2016, Zahl: XXXX, wurde gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 ASVG somit neuerlich ausgesprochen, dass die BF wegen der im Zuge der bei ihr stattgefundenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet ist, die in der Beitragsabrechnung vom 31.03.2010 und im dazugehörigen Prüfbericht zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt

EUR 49.267,92 nachzuentrichten.

Die Beitragsabrechnung vom 31.03.2010 und der zugehörige Prüfbericht bilden einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides.

Der Bescheid wurde der BF am 04.04.2016 nachweislich zugestellt.

8. Mit Schreiben vom 08.04.2016 wurden gegen den Bescheid vom 01.04.2016 sowie "alle bisherigen Bescheide in dieser Sache" das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge alle "bisherigen Bescheide in dieser Sache" beheben, das Verfahren einstellen und die "Rückzahlung der doppelt verrechneten Beiträge" veranlassen.

Begründend wurde lediglich ausgeführt, dass die Beschwerdegründe für die "zahlreichen Rechtswidrigkeiten, die als Grundlage für die Beitragsnachverrechnung herangezogen" worden seien, in Kürze der belangten Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht nachübermittelt würden, da deren Erarbeitung einige Wochen in Anspruch nehmen würde. Die nachzureichende Begründung werde nicht nur die mangelhafte Beweiswürdigung durch die belangte Behörde, sondern auch den Umstand, dass dem Verfahren ein "nicht richtiges" Gesetz zugrunde gelegt worden sei, sodass das Verfahren mit Nichtigkeit behaftet sei, darlegen.

9. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde neuerlich übermittelt und langten dort am 07.07.2016 ein.

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.06.2017 erging an die BF ein Auftrag zur Mängelbehebung, da seitens der BF bis dato keinerlei Beschwerdegründe geltend gemacht worden seien.

11. Mit Schreiben vom 12.06.2017 ersuchte die BF um Nachfrist, da sich ihr Vertreter in stationärer Pflege in einem Krankenhaus aufgehalten habe.

12. Am 26.07.2017 langte schließlich die Mängelbehebung der BF vom 19.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die BF beantragte darin "wie in den Vorakten beantragt", die Aufhebung aller "rechtswidrigen Entscheidungen in vollem Umfang". Inhaltlich bekämpft die BF ausschließlich die mit den Bescheiden der belangten Behörde vom 13.07.2010 und des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013 sowie schließlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015 rechtskräftig festgestellte Versicherungspflicht der betroffenen Dienstgeber mit der zusammengefassten Begründung des Anwendungsvorranges von Unionsrechtsakten, der daraus resultierenden Nichtanwendbarkeit "des ASVG auf die Firmenkonstellation" der BF, einer beigelegte Auskunft des BMVIT betreffend Konzessionen für Kraftfahrer, der Verkennung der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes bezüglich des Vorliegens einer Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für den Fall der Veranlagung von Einkommen zur Einkommenssteuer, der mangelnden Prüfpflicht der belangten Behörde bei selbstständig Erwerbstätigen und den damit insgesamt vorliegenden "acht Nichtigkeitsgründen". Das Bundesverwaltungsgericht werde ersucht, das gesamte Verfahren aufzuheben und im Sinne der Anträge der BF im Vorakt zu entscheiden, zumal der Landeshauptmann die sechsmonatige Entscheidungsfrist nicht berücksichtigt habe, der Akt sich sohin als "verfristet" erweise und "im Prinzip alles ungültig und aufzuheben" sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I. getroffenen Ausführungen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Anzuwendendes Recht:

Das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

3.2. Zur Vertretungsbefugnis des Vertreters:

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

Gemäß § 10 Abs. 4 AVG kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

Gemäß § 36a Abs. 1 Z 2 AVG sind Angehörige im Sinne dieses Bundesgesetzes Verwandte in gerader Linie und die Verwandten zweiten, dritten und vierten Grades in der Seitenlinie.

Der Vertreter ist Angehöriger iSd § 36a AVG des Komplementärs der BF und vertritt die BF im gegenständlichen Verfahren zumindest seit Anfang des Jahres 2010. An der Vertretungsbefugnis des Vertreters bestehen somit keine Zweifel, zumal der Komplementär zu keiner Zeit geltend gemacht hat, nicht mehr von seinem Vater vertreten zu werden.

3.3. Zu Spruchpunkt A) I.: Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich der jeweiligen Spruchpunkte I. der Bescheide der belangten Behörde vom 13.07.2010 sowie des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2010 wurde in Spruchpunkt I. festgestellt, dass die im Anhang I. zu diesem Bescheid angeführten Personen in den dort angeführten Zeiträumen wegen ihrer Tätigkeit für die BF der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen. Im Spruchpunkt II. wurde ausgesprochen, dass die BF insgesamt EUR 49.267,92 an Beiträgen nachzuentrichten hat.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013 wurde ebenfalls in einem Spruchpunkt I. die Berufung der BF hinsichtlich der im Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde vom 13.07.2010 ausgesprochenen Versicherungspflicht abgewiesen und darüber hinaus bis zur Rechtskraft dieser Abweisung die Entscheidung über die Nachverrechnung von Beiträgen mit einem Spruchpunkt II. ausgesetzt.

Dagegen erhob die BF ein weiteres Rechtsmittel an die damals zur Entscheidung zuständige Oberbehörde - das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK). Bevor das BMASK über dieses Rechtsmittel entschied, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Bundesverwaltungsgericht über:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015, Zahl:

G308 2005036-1/4E, wurde die fortan als Beschwerde zu bezeichnende Berufung der BF gegen die Feststellung der Versicherungspflicht erst mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2010 und dann weiter mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 28.08.2013 als unbegründet abgewiesen und somit festgestellt, dass die verfahrensgegenständlichen Personen in den angeführten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach den Bestimmungen des ASVG und AlVG unterliegen.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erlangen bereits mit ihrer Erlassung Rechtskraft (vgl VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/03/0050; vom 23.05.2017, Ra 2016/10/0148). Die Anfechtbarkeit beim Verwaltungsgerichtshof (mit dem außerordentlichen Rechtsmittel der Revision) hemmt den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht (vgl VwGH vom 26.11.2015, Ro 2015/07/0018; vom 29.06.2017, Ra 2016/04/0150).

Bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen stehen auch die außerordentlichen Rechtsmittel der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) sowie der (ordentlichen oder außerordentlichen) Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) jeweils innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses zur Verfügung.

Die BF hat weder eine (außer-)ordentliche Revision an den VwGH noch eine Beschwerde an den VfGH erhoben. Sie hat auch keine Gründe vorgebracht, weshalb ihr dies nicht innerhalb der Frist von sechs Wochen nicht möglich gewesen sein sollte und auch keinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG oder Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 VwGG gestellt.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.10.2015 bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht erwuchs somit in formeller und materieller Rechtskraft. Eine neuerliche inhaltliche Behandlung hinsichtlich des Spruchpunktes I. des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28.08.2013 und damit - wie von der BF beantragt - implizit auch des Bescheides der belangten Behörde vom 13.07.2010 ist somit nicht zulässig.

Die diesbezüglichen Beschwerdeanträge der BF waren daher als unzulässig zurückzuweisen, da gegen diese Entscheidungen keine Rechtsmittel mehr zustehen.

3.4. Zu Spruchpunkt A) II.: Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich des Bescheides der belangten Behörde vom 01.04.2016:

Die BF hat weiters den, von der belangten Behörde infolge der mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgten Aufhebung und Zurückverweisung vom 21.10.2015 hinsichtlich der Beitragsnachverrechnung erlassenen, Bescheid über Grund und Höhe der Beitragsnachverrechnung vom 01.04.2016 angefochten:

Der mit "Inhalt der Beschwerde" betitelte § 9 VwGVG lautet:

"§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

2.

die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.

das Begehren und

5.

die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

(2) Belangte Behörde ist

1. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat,

2. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG jene Behörde, der die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zuzurechnen ist,

3. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG jene Behörde, die den Bescheid nicht erlassen hat, und

4. in den Fällen des Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG jene Behörde, die das Verhalten gesetzt hat.

(3) Soweit bei Beschwerden gegen Bescheide gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG eine Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten nicht in Betracht kommt, tritt an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung.

(4) Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

(5) Bei Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG entfallen die Angaben nach Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5. Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist."

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde (das Bundesverwaltungsgericht) nicht zur Zurückweisung. Die Behörde (das Bundesverwaltungsgericht) hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter (dem Beschwerdeführer) die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG hat eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht die "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt", zu enthalten; das damit normierte Inhaltserfordernis bezieht sich auf jenes Vorbringen des Revisionswerbers, aus dem er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (infolge Verfahrensfehler, materieller Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit) ableitet (vgl VwGH vom 17.12.2014, Ro 2014/10/0120).

Die mit Schreiben vom 08.04.2016 unter anderem gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.04.2016 erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht enthält keinerlei Beschwerdegründe iSd § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG. Eine Nachreichung erfolgt seitens der BF von sich aus - wie in der Beschwerde angekündigt - nicht.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.06.2017 wurde der BF daraufhin ein Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG erteilt.

Dem Auftrag kam die BF nach Fristverlängerung formal nach. Jedoch bezieht sich das dort nachgereichte Beschwerdevorbringen ausschließlich auf die Bekämpfung der bereits rechtskräftig festgestellten Versicherungspflicht (vgl Pkt. 3.2.). Es werden keinerlei Beschwerdegründe im Zusammenhang mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.04.2016, der sich auf die konkrete Beitragsnachverrechnung nach festgestellter Versicherungspflicht bezieht, wie etwa ein Berechnungsfehler, eine rechtswidrige Heranziehung der Bestimmungen der §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 ASVG oder Ähnliches geltend gemacht.

Insofern erfolgte trotz des Verbesserungsauftrages keine Mängelbehebung. Mangels Vorliegen der Inhaltserfordernisse einer Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG war die Beschwerde auch diesbezüglich gemäß § 13 Abs. 3 AVG und § 17 VwGVG zurückzuweisen.

3.5. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist.

Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Mängelbehebung, Rechtskraft der Entscheidung, Verbesserungsauftrag,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2129538.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten