Index
E1E;Norm
12010E267 AEUV Art267;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision des Dr. P S in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 28. August 2018, LVwG-412373/14/Gf/Mu, LVwG-412374/15/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Hinsichtlich der Verhängung der Strafe wird das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt I. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:
"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 vierter Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 105/2014".
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. August 2017, VStV/917300869141/2017, wurde der Revisionswerber der näher konkretisierten achtfachen Übertretung des § 9 Abs. 1 VStG iVm § 2 Abs. 1 und 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 (3. Tatbild) Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt; es wurden über ihn acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
2 Ebenfalls mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. August 2017, VStV/917300869117/2017, wurde der Revisionswerber der ebenfalls näher konkretisierten achtfachen Übertretung des § 9 Abs. 1 VStG iVm § 2 Abs. 1 und 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 (4. Tatbild) Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt; es wurden über ihn ebenfalls acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
3 Mit Erkenntnis vom 28. Dezember 2017 hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) beide Straferkenntnisse auf und stellte die Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
4 Dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. August 2018, Ra 2018/17/0061, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde der Beschwerde insoweit teilweise stattgegeben, als das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. August 2017, VStV/917300869117/2017, ersatzlos aufgehoben und die mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28. August 2017, VStV/917300869141/2017, verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 5.000,--, sowie die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 28 Stunden herabgesetzt wurden; im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Außerdem wurden die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens neu festgesetzt und ausgesprochen, dass für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht kein Kostenbeitrag zu leisten sei (Spruchpunkt II.). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 14.11.2018, Ra 2018/17/0121).
11 Die Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen betreffend die mangelnde Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch im Umfang der Überprüfung des Strafausspruches als zulässig und begründet:
12 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. z.B. VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005). Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit acht Glücksspielgeräten im Wiederholungsfall die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 vierter Strafsatz GSpG.
13 Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. zur Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bereits VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005).
14 Das Verwaltungsgericht hat in seinem Spruchpunkt I. der Beschwerde zwar teilweise stattgegeben, die Strafsanktionsnorm jedoch trotz des fehlerhaften Abspruchs im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis nicht korrigiert.
15 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, wurde in Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses die Strafsanktionsnorm richtiggestellt.
16 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
17 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision hinsichtlich des Schuldausspruches ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C- 79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall jedenfalls im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
18 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, wird mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotterienkonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
19 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
20 Die Revision war daher insoweit nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 15. Februar 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170190.L00Im RIS seit
07.03.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019