TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 98/11/0292

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
FSG 1997 §41 Abs1;
FSG 1997 §43 Abs1;
FSG 1997 §8 impl;
KDV 1967 §30 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs2;
KFG 1967 §67 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Aubergstraße 63, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. September 1998, Zl. VerkR-392.383/17-1998/Sta, betreffend Erteilung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Oktober 1997 - welcher auch an diesem Tag von der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, übernommen wurde - auf Erteilung der Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe D gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides erfolgte die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe D, weil der Beschwerdeführer, wie aus dem Amtssachverständigengutachten vom 27. Mai 1998, ergänzt durch das Amtssachverständigengutachten vom 27. August 1998 ersichtlich sei, nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen dieser Gruppe geeignet sei. Diesen amtsärztlichen Gutachten seien verkehrspsychologische Stellungnahmen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 22. April 1998 sowie vom 13. August 1998 zugrunde gelegen. Daraus folge, dass dem Beschwerdeführer zwar die ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zukomme, allerdings sei die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Sowohl bei der Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen wie auch bei der Untersuchung der fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale sei das eingeschränkte Leseverständnis des Beschwerdeführers und die dadurch nur eingeschränkt interpretierbare Testleistung mit berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer weise im Bereich der Beobachtungsfähigkeit sowie des Reaktionsverhaltens in Einfach- und Mehrfachwahlsituationen Schwächen auf, sodass die Anforderungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe D nicht erfüllt würden. Eine ausreichende Kompensationsmöglichkeit hinsichtlich der bei verkehrspsychologischen Untersuchungen festgestellten Leistungsminderungen sei auch in Verbindung mit einer ausreichenden Fahrbewährung nicht vorhanden. Darüber hinaus komme beim festgestellten Fehlen der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit ein Ausgleich des Mangels durch Geübtheit im Sinne des § 30 Abs. 2 KDV 1967 nicht in Betracht. Eine Verpflichtung, eine Beobachtungsfahrt, wie vom Beschwerdeführer beantragt, durchzuführen, habe nicht bestanden.

Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber im Wesentlichen ein, die Untersuchungen samt Erstattung des Gutachtens seien nur unzureichend und nicht entsprechend der bis 1. November 1997 geltenden - und hier anzuwendenden - Rechtslage erfolgt, zumal die verkehrspsychologische Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit ausdrücklich auf § 17 Abs. 3 Z. 1 FSG gestützt und auch das amtsärztliche Gutachten vom 27. Mai 1998 unter Verweis auf § 8 FSG erstattet worden sei. Die offenbar ausschließlich auf die neuen Bestimmungen des FSG abgestimmten Testvarianten seien "erwiesenermaßen" auf Grund des beim Beschwerdeführer gegebenen eingeschränkten Leseverständnisses nicht verwertbar bzw. nicht mit der nötigen Sicherheit interpretierbar, daher sei die verkehrspsychologische Stellungnahme keine taugliche Grundlage für die Entscheidungsfindung. Zu Unrecht habe die belangte Behörde nicht geprüft, dass nach der früheren Rechtslage die allenfalls nicht ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit durch besonders günstige Voraussetzungen auf Seiten der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung kompensiert werden konnte. Im abschließenden amtsärztlichen Gutachten vom 27. August 1998 habe es die Sachverständige unterlassen, sich mit den in der verkehrspsychologischen Stellungnahme angeführten Grenzwerten auseinander zu setzen. Ein "eingeschränktes Leseverständnis" sei keine Begründung für die Ablehnung der Erteilung einer Lenkerberechtigung. Bei Anwendung von Testverfahren, die besonders hohe sprachliche Anforderungen an die Testpersonen stellen, sei eben ein solches Verfahren zu wählen, das geeignet sei, kraftfahrspezifische Leistungsmerkmale bzw. Kompensationsmöglichkeiten persönlichkeitsbedingter Natur auch bei Personen mit eingeschränktem Leseverständnis zu überprüfen. Schließlich hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob dem Beschwerdeführer nicht - was im Verhältnis zu seinem Antrag lediglich ein Minus darstelle - eine Lenkerberechtigung für Fahrzeuge der Gruppe DL erteilt hätte werden können.

Voranzustellen ist, dass der Antrag des Beschwerdeführers - wie eingangs erwähnt - bei der Erstbehörde am 21. Oktober 1997 einlangte, sodass nach den Bestimmungen der §§ 41 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 FSG die vor dem 1. November 1997 geltende Rechtslage, somit die Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 anzuwenden waren.

Nach der Bestimmung des § 64 Abs. 2 KFG 1967 darf die Lenkerberechtigung, unbeschadet der Bestimmungen des § 68 Abs. 1, nur Personen erteilt werden, die im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der entsprechenden Gruppe geistig und körperlich geeignet und fachlich befähigt sind (weitere Erfordernisse, wie das Alter, sind hier nicht strittig). Gemäß § 67 Abs. 2 KFG 1967 hat die Behörde vor der Erteilung der Lenkerberechtigung, unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3, ein ärztliches Gutachten darüber einzuholen, ob der Antragsteller zum Lenken von Kraftfahrzeugen geistig und körperlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein. Der Antragsteller hat die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen besonderen Befunde oder einen insbesondere im Hinblick auf sein Lebensalter oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten erforderlichen Befund einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu erbringen. Wenn das ärztliche Gutachten eine Beobachtung des Antragstellers beim Handhaben von Betätigungsvorrichtungen des Kraftfahrzeuges erfordert, ist die Durchführung einer Beobachtungsfahrt (§ 69 Abs. 2) anzuordnen. Darüber hinaus enthält § 68 KFG 1967 gesonderte Bestimmungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung für die Gruppe D sowie für die eingeschränkte Lenkerberechtigung für die Gruppe D, nämlich die Gruppe DL.

Gemäß § 25 Abs. 1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) trat diese Verordnung mit 1. November 1997 in Kraft, mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung traten nach § 25 Abs. 2 FSG-GV (unter anderem) die §§ 30 bis 35 KDV 1967 außer Kraft. Da die FSG-GV nicht in Durchführung des KFG 1967 ergangen ist, sondern diesbezüglich die Bestimmungen der KDV 1967 anzuwenden sind, gilt die KDV 1967 in den Überleitungsfällen - wie dem vorliegenden - weiter. Insoweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, dass die belangte Behörde die beim Beschwerdeführer bestehende Kompensationsmöglichkeit nicht hinreichend geprüft habe, ist für seinen Standpunkt schon deshalb nichts gewonnen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1996, Zl. 95/11/0238) bei Fehlen der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit ein Ausgleich durch erlangte Geübtheit im Sinne des § 30 Abs. 2 KDV 1967 nicht in Betracht kommt. Die Bereitschaft des Beschwerdeführers zur Verkehrsanpassung wurde von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen, weitere Feststellungen hiezu wären daher unerheblich.

Aber auch insoweit der Beschwerdeführer das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten sowie die diesem zugrundeliegenden verkehrspsychologische Stellungnahmen als unzureichend rügt, vermag er keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Befunde und Gutachten sind in ihrer Aussage eindeutig. Verkehrsspychologische Tests sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. uva. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 96/11/0190, mit weiterem Judikaturhinweis) eine taugliche Grundlage für die Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit einer Person. Den Einwänden des Beschwerdeführers, er sei nicht so wortgewandt, ist zu entgegnen, dass die Absolvierung der Tests zur Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit weder besondere Bildung noch hohe Intelligenz voraussetzt. Die Tests sind vielmehr so angelegt, und da besteht auch nach der "neuen" Rechtslage kein Unterschied, dass sie auch für Personen ohne diese Eigenschaften aussagekräftig sind, demnach auch für Personen ohne höhere Schulbildung. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 13. August 1998 wurden auch die nach dem Erkenntnisstand der Verkehrspsychologie maßgebenden Grenzwerte angegeben, was gleichfalls dem Ergebnis nach im ergänzenden Amtssachverständigengutachten vom 27. August 1998 berücksichtigt wurde. Die Behauptungen in der Beschwerde lassen weder das Amtssachverständigengutachten noch die zugrundeliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahmen als unschlüssig erscheinen, wobei noch hinzutritt, dass der Beschwerdeführer den Ausführungen der Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Dass die Amtssachverständige in ihrem Gutachten vom 27. Mai 1998 auf die neue Rechtslage Bezug genommen hat, belastet den Beschwerdeführer nicht in seinen subjektiven Rechten, weil eine den Beschwerdeführer belastende im Verhältnis zur früheren Rechtslage strengere Untersuchungsmethode nicht erkennbar ist.

Schließlich ist auch der Einwand des Beschwerdeführers verfehlt, die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob bei ihm die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung für Fahrzeuge der Gruppe DL gegeben seien. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren kein entsprechendes Vorbringen erstattet und kein diesbezügliches Begehren gestellt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Mai 1999

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Grundsatz der Unbeschränktheit Gutachten rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110292.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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