TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 98/15/0115

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §34 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Helmut Stadlmayr, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Griesgasse 31, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 18. Juni 1998, RV 11/1-7/98, betreffend Einkommensteuer 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 1995 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Finanzbeamter und solche aus selbständiger Arbeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger für Gebäudeschätzungen.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 1997, B 426/97, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 20. November 1997, mit welchem diese im Instanzenzug Einkommensteuer für 1995 festgesetzt hatte, aufgehoben, weil der Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden war. Der Verfassungsgerichtshof hatte aus Anlass anderer Beschwerden mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, G 168/96 u.a., mehrere einkommensteuerliche Gesetzesbestimmungen mit Ablauf des 31. Dezember 1998 als verfassungswidrig aufgehoben. Die Beschwerde des Beschwerdeführers war einem Anlassfall (im engeren Sinn) gleichzuhalten, weil sie im Zeitpunkt des Beginnes der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren G 168/96 bereits anhängig war.

Im fortgesetzten Verfahren sprach die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erneut im Instanzenzug über Einkommensteuer 1995 ab. Gemäß § 140 Abs. 7 B-VG seien die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Gesetzesbestimmungen im Anlassfall nicht mehr anzuwenden. Es sei daher der laufende Unterhalt, den der Beschwerdeführer seinen beiden Kindern Wolfgang und Veronika gewährt habe, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die belangte Behörde berechne die Höhe der relevanten Unterhaltsbeträge nach der im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 168/96 angesprochenen "Prozentsatzkomponente". Im Beschwerdefall ergebe sich gegenüber der Tochter und gegenüber dem Sohn eine Unterhaltsverpflichtung von jeweils 17 % des wirtschaftlichen Nettoeinkommens des Beschwerdeführers. Daraus errechne sich ein Unterhaltsbetrag von insgesamt 130.044 S. Die Mehraufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder würden wie in dem vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid vom 20. Februar 1997 mit 28.500 S (für den Sohn 18.000 S; für die Tochter 10.500 S) berücksichtigt (§ 34 Abs. 8 EStG 1988). Die bei der Ermittlung des Gewinnes aus der Sachverständigentätigkeit geltend gemachten Zinsaufwendungen für das Girokonto (15.492 S) habe weder das Finanzamt im erstinstanzlichen Bescheid noch die belangte Behörde in der vom Verfassungsgerichtshof - ausschließlich wegen der Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen aufgehobenen - Berufungsentscheidung vom 20. Februar 1997 anerkannt. Die belangte Behörde versage diesen Zinsaufwendungen neuerlich die steuerliche

Anerkennung. Voraussetzung für die Anerkennung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben sei, dass der fremdfinanzierte Aufwand der betrieblichen Sphäre zuzurechnen sei. Ein der privaten Lebensführung dienender Teil eines Kontokorrentkontos sei nicht als Betriebsschuld anzusehen, die entsprechenden Schuldzinsen seien keine Betriebsausgaben. Im Beschwerdefall gehe es um ein Girokonto, welches dem Beschwerdeführer als Gehaltskonto gedient habe. Der Beschwerdeführer habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Schuldstände nicht der Finanzierung der Lebensführung, sondern betrieblicher Aufwendungen gedient hätten.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Außergewöhnliche Belastung

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 1.500 S pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988 idF BGBl. 818/1993 sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls durch den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf diese Beihilfe hat. Die Bestimmung ist auf den gegenständlichen Fall als Anlassfall (im weiteren Sinn) im Normenprüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofes G 168/96 nicht anzuwenden.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, sein Gesamtmehraufwand für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder habe 199.656 S betragen. Dieser Betrag setzte sich aus 96.000 S für den Sohn und 42.000 S (das sind 7 x 6.000 S) für die Tochter sowie die Rückzahlung (61.656 S) von Krediten, die er in den Vorjahren für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder aufgenommen habe, zusammen. Beim Aufwand für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder handle es sich um einen kostenmäßig beträchtlichen Teil der Unterhaltspflicht. Die belangte Behörde hätte den Betrag von 199.656 S als außergewöhnliche Belastung berücksichtigen müssen. Sie habe nur den nach der Prozentsatzmethode ermittelten Unterhalt (und den Betrag von 28.500 S) als außergewöhnliche Belastung anerkannt, dem Beschwerdeführer aber die Berechnung dieses Unterhaltes nicht vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis gebracht. Dem Verfassungsgerichtshof sei bei Erlassung des aufhebenden Erkenntnisses B 426/97 bekannt gewesen, dass im Beschwerdefall die Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung der Kinder weit über den Pauschalbetrag des § 34 Abs. 8 EStG hinausgingen.

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes (§ 34 Abs. 8 EStG 1988) werden aus dem Titel der Unterhaltsverpflichtung getragen. § 34 Abs. 8 EStG 1988 trifft eine Regelung für jene Mehraufwendungen (vgl. hiezu bereits das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, 93/15/0104) im Rahmen der Unterhaltspflicht, die durch die auswärtige Berufsausbildung erwachsen.

Nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 erfolgt die steuerliche Berücksichtigung der Mehraufwendungen auf Grund auswärtiger Berufsausbildung eines Kindes - unabhängig davon, wann diese (allenfalls fremdfinanzierten) Mehraufwendungen bezahlt werden - durch einen Pauschbetrag pro Monat der Berufsausbildung.

Die einkommensmindernde Berücksichtigung des laufenden Unterhaltes an die Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wurde, ist im Hinblick auf die Aufhebung des § 34 Abs. 7 Z. 1 EStG 1988 mit der tatsächlichen zivilrechtlichen Unterhaltslast erfolgt. Der Beschwerdeführer behauptet nicht die Unrichtigkeit des - nach der Prozentsatzmethode ermittelten Betrages der laufenden Unterhaltsverpflichtung, weshalb in der Unterlassung der Bekanntgabe des Berechnungsergebnisses jedenfalls kein relevanter Verfahrensfehler gelegen ist.

Dem Beschwerdeführer ist für das Streitjahr der Pauschbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 gewährt worden. Er ist nicht dadurch in subjektiven Rechten verletzt worden, dass eine weiter gehende steuerliche Berücksichtigung der Mehraufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung seiner Kinder nicht erfolgt ist.

2. Zinsaufwendungen

Der Beschwerdeführer bringt vor, gegen die Entscheidung betreffend Zinsaufwendungen (gemeint in der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 20. Februar 1997) sei weder Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben noch im fortgesetzten Verfahren ein Berufungsbegehren gestellt worden. Die belangte Behörde habe daher einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt ohne entsprechenden Antrag erlassen.

Auch dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Durch die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 20. Februar 1997 betreffend Einkommensteuer 1995 war das Berufungsverfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1995 wiederum offen. In der - erst mit dem angefochtenen Bescheid erledigten - Berufung gegen den erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheid 1995 hat der Beschwerdeführer auch ein Begehren betreffend die Berücksichtigung von Zinsen für den Schuldsaldo am Girokonto gestellt. Überdies ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz im Grunde des § 289 Abs. 2 berechtigt, bei der Entscheidung über die Berufung sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und den erstinstanzlichen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben bzw. die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am 27. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998150115.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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