TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 98/11/0126

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des O in F, vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, Marktplatz 155, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 23. März 1998, Zl. 5/04-14/958/9-1998, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung und Nachschulung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B wegen Verkehrsunzuverlässigkeit für die Dauer von zwölf Monaten (ab 16. Jänner 1996) vorübergehend entzogen. Weiters wurde der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2a KFG 1967 zu einer Nachschulung im Sinne des § 29b KDV 1967 verpflichtet.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die bekämpfte Entziehungsmaßnahme beruht auf der Annahme, der Beschwerdeführer habe am 16. Jänner 1996 durch Verweigerung der Atemluftuntersuchung eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Zu dieser Annahme gelangte die belangte Behörde mangels rechtskräftiger Bestrafung des Beschwerdeführers (das Strafverfahren wegen der Tat vom 16. Jänner 1996 wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg mit Bescheid vom 17. November 1997 gemäß § 51 Abs. 7 VStG eingestellt) in selbstständiger Beurteilung der Vorfrage, ob der Beschwerdeführer das in Rede stehende Delikt begangen hat. Der Beschwerdeführer sei bei einer Verkehrskontrolle auf Grund des festgestellten deutlichen Alkoholgeruchs der Atemluft und der Angabe über seinen Alkoholkonsum ("zwei Spritzer") um 1.25 Uhr aufgefordert worden, sich einer Atemluftuntersuchung zu unterziehen. Es sei mitgeteilt worden, dass die Untersuchung nach einer Wartezeit von 15 Minuten erfolgen werde. Der Beschwerdeführer habe sich vom Anhalteort, wo die Atemluftuntersuchung vorgenommen werden sollte, entfernt. Er sei in der Zeit zwischen 1.40 Uhr und 1.50 Uhr nicht am Anhalteort anwesend gewesen und habe damit konkludent die Atemluft verweigert. Er sei erst zurückgekehrt, als die einschreitenden Gendarmeriebeamten die Amtshandlung bereits für beendet erklärt hätten und im Wegfahren begriffen gewesen seien. Letzteres habe der Beschwerdeführer selbst zugegeben. Im Hinblick darauf und weil er selbst nicht behauptet habe, bereits vor

1.50 Uhr zum Anhalteort zurückgekehrt zu sein, falle der im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verfahrensmangel nicht ins Gewicht, dass sich weder die zeugenschaftliche Befragung des Meldungslegers noch die zeugenschaftliche Befragung des Beifahrers des Beschwerdeführers auf die wesentliche Beweisfrage der Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Fahrzeug zwischen 1.40 Uhr und 1.50 Uhr bezogen habe.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hatte der Umstand, dass die Atemluftuntersuchung nicht unverzüglich nach Anhaltung vorgenommen wurde, sondern erst nach Verstreichen einer Wartefrist von 15 Minuten erfolgen sollte, nicht zur Folge, dass deshalb "die gesamte Amtshandlung rechtswidrig" war. Da es für das Zustandekommen eines gültigen Messergebnisses erforderlich ist, dass mit dem Beginn der Untersuchung der Atemluft mindestens 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum zugewartet wird (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1991, Zl. 91/02/0026), bestehen gegen die gewählte Vorgangsweise keine Bedenken, wurde damit doch der Gefahr eines ungültigen Messergebnisses infolge verfrühter Untersuchung vorgebeugt. Es ist daher auch ohne Belang, ob, wie der Beschwerdeführer behauptet, der letzte Alkoholkonsum tatsächlich schon so lange zurücklag, dass die Atemluftuntersuchung ohne weiteres Zuwarten hätte vorgenommen werden können.

Für die von der belangten Behörde selbst als wesentlich bezeichnete Annahme, der Beschwerdeführer sei in der Zeit zwischen 1.40 Uhr und 1.50 Uhr vom Anhalteort abwesend gewesen und er habe damit die Atemluftuntersuchung konkludent verweigert, fehlen allerdings ausreichende Ermittlungsergebnisse. Die belangte Behörde räumt selbst ein, dass sich die Befragung des Meldungslegers und des Beifahrers des Beschwerdeführers als Zeugen im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf diese entscheidungswesentliche Frage bezogen hat. Ihre Ansicht, dieser Mangel falle nicht ins Gewicht, weil der Beschwerdeführer zugegeben habe, erst zum Anhalteort zurückgekehrt zu sein, als die einschreitenden Gendarmeriebeamten bereits im Wegfahren begriffen gewesen seien, und selbst nicht behauptet habe, bereits vor

1.50 Uhr zum Anhalteort zurückgekehrt zu sein, kann nicht geteilt werden. Die zuletzt erwähnte Feststellung ist, wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, aktenwidrig. Er hat in seiner Berufung vom 5. August 1996 (S. 7 f) ausdrücklich vorgebracht, er sei innerhalb der "vorgeschriebenen Wartezeit" wieder an den Anhalteort zurückgekehrt, die entgegenstehenden Zeitangaben des Meldungslegers seien unrichtig, dieser habe sich vielmehr zwischenzeitig vom Anhalteort entfernt. Damit hat der Beschwerdeführer (wenn auch nicht unter ausdrücklicher Nennung der Uhrzeit) die Behauptung aufgestellt, bereits vor 1.50 Uhr zum Anhalteort zurückgekehrt zu sein. Im Hinblick auf dieses Vorbringen wäre es erforderlich gewesen, zur Klärung dieser im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend geprüften Frage den Meldungsleger und den Beifahrer des Beschwerdführers neuerlich als Zeugen zu vernehmen. Das Unterbleiben dieser Vernehmung stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110126.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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