Entscheidungsdatum
05.11.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W105 2180900-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX,
StA. Afghanistan, vertreten durch die XXXX, diese vertreten durch:
XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017, Zl. 1116565905-160745294, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.09.2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 05.11.2019 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans und stellte am 27.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung am 28.05.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er im Jahr XXXX geboren wäre, das genaue Geburtsdatum wisse er nicht, und aus der Region Parwan stamme, wo er zuletzt gelebt habe. Über seine familiären Umstände gab er an, dass sein Vater verschollen wäre und seine Mutter verstorben, Geschwister habe er keine. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, dass sein Vater für die Regierung gearbeitet habe und die Taliban seinen Vater bedroht hätten. Diese hätten einen Drohbrief hinterlassen und wären diese einige Zeit später zu ihnen nach Hause gekommen und hätten sie den Vater mitgenommen. Seine Mutter sei so traurig gewesen, dass sie Selbstmord begangen hätte. Sein Onkel sei sehr traurig gewesen, habe Angst um ihn gehabt und ihn hierhergeschickt.
3. Am 23.10.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen Asyl, unter Beteiligung eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er aktuell XXXX Jahre alt sei und bald XXXX würde. Er sei in Afghanistan im Dorf XXXX geboren und habe keine Schule besucht. Seine Eltern wären verstorben und habe er keine Geschwister. Er könne auf Deutsch lesen und schreiben, nicht jedoch in seiner Muttersprache. Er habe noch einen Onkel und zwei Cousinen, wisse jedoch nicht, wo diese leben würden. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sein Vater bei der Regierung gearbeitet habe. Die Taliban hätten ihn immer wieder bedroht und ihm gesagt, dass er mit dieser Arbeit aufhören solle. Eines Tages seien die Taliban zu ihnen nach Hause gekommen und hätten sie seinen Vater geschlagen und mitgenommen. Zwei bis drei Tage später hätten sie erfahren, dass sein Vater gestorben sei. Seine Mutter habe sich dann umgebracht. Die Taliban hätten ihn auch nicht in Ruhe gelassen und ein paar Mal aufgesucht bzw. bei seinem Onkel nach ihm gefragt. Sein Onkel habe sodann seine Ausreise nach Europa organisiert.
4. Mit Stellungnahme vom 06.11.2017 brachte der Beschwerdeführer durch seinen gesetzlichen Vertreter zusammenfassend vor, dass er Vollwaise sei und in Afghanistan über keinerlei soziales Netzwerk verfüge und im Falle einer Rückkehr von Obdachlosigkeit bedroht wäre. Ihm wäre durch seine Zugehörigkeit zur besonders vulnerablen Gruppe der verlassenen Kinder in Afghanistan jedenfalls der Status des Asylberechtigten zu gewähren. Es sei in Afghanistan zu einer dramatischen Verschlechterung der Sicherheitslage gekommen und müsste der Beschwerdeführer zudem aufgrund seiner politischen Einstellung und Gesinnung Verfolgung fürchten.
Vorgelegt wurden erstinstanzlich weiters folgende Unterlagen:
* Bestätigung des XXXX vom 16.10.2017 betreffend den Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A2
* Urkunde des XXXX, wonach der Beschwerdeführer die "XXXX" absolviert hat
* Bestätigung der Sprach- und Lebensschule "XXXX" vom 13.10.2017, wonach der Beschwerdeführer regelmäßig den Deutschkurs "XXXX" besucht
* Schreiben der XXXX, wonach der Beschwerdeführer im Rahmen der berufspraktischen Woche zur vollsten Zufriedenheit in der Einrichtung der Kinderkrippe und des Kindergartens gearbeitet hat
* Schulbesuchsbestätigung der XXXX vom 25.09.2017
* Bestätigung des Landes XXXX betreffend den Besuch des Deutschkurses auf dem Niveau B1.2. vom 31.08.2017
* Urkunde betreffend die Teilnahme am Tischtennisturnier 2017 des XXXX vom 02.08.2017
* Jahreszeugnis der XXXX vom 07.07.2017
* Ergänzende Kompetenzbeschreibung der XXXX vom 07.07.2017
* Bestätigung betreffen die Absolvierung eines Erste-Hilfe-Kurses vom 03.07.2017
* Bestätigung betreffend den Besuch eines Taekwondo Kurses
5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 16.11.2017 wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass die Ausführungen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig seien. So hab er in seiner Einvernahme vor dem BFA zwar eine persönliche Bedrohung durch Taliban vorgebracht, eine solche jedoch in der Erstbefragung nicht ansatzweise erwähnt. Abgesehen davon habe er die angeblichen Bedrohungen durch Taliban äußert vage und detailarm geschildert, sodass nicht von einer glaubwürdigen Fluchtgeschichte ausgegangen werden könne. Seine allgemeinen und oberflächlichen Angaben seien per se nicht fähig, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen. Er sei männlich, jung, gesund und arbeitsfähig und sei ihm die Teilnahme am Berufsleben bzw. eine Erwerbstätigkeit absolut zumutbar. Es bestehe keine exzeptionelle Gefährdungslage in Afghanistan, die praktisch jeden und damit auch ihn treffen könnte. Er habe keine glaubhaften asylrelevanten Gründe darlegen können und sei seine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung somit ausgeschlossen.
6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde nicht den Grundsätzen der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes und des Parteiengehörs entsprochen habe. Der Beschwerdeführer habe bereits erstinstanzlich geschildert, dass sein Vater bereits aufgrund dessen beruflichen Tätigkeit ins Visier der Taliban geraten sei, die ihn bedroht, geschlagen und getötet hätten. Die belangte Behörde habe allerdings eine amtswegige Prüfung der möglichen Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund dessen Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie seines Vaters unterlassen. Weiters habe es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen zur konkreten Situation von vollwaisen Minderjährigen und zur Sicherheitslage in Parwan zu treffen. Es sei auch nicht anzunehmen, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstünde, da er über keine familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan verfüge. Letztlich sei auf seine im Bundesgebiet erfolgten Integrationsbemühungen hinzuweisen, sodass ein Eingriff in sein Privatleben unverhältnismäßig wäre und eine Rückkehr als auf Dauer unzulässig einzustufen wäre. Es wäre ihm daher jedenfalls Asyl zu gewähren gewesen, zumindest aber subsidiärer Schutz.
7. Mit Schreiben vom 11.04.2018 wurden dem Beschwerdeführer u. a. die maßgeblichen Länderfeststellungen zu Afghanistan übermittelt.
8. Mit Schreiben vom 28.05.2018 wurden der Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungs-gericht am 27.09.2018 geladen.
9. Am 27.09.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die paschtunische Sprache und in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung durch. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil.
10.
Das Beschwerderechtsgespräch gestaltete sich wie folgt:
[...]
R an BF: Ich beziehe mich eingangs des Verfahrens auf Ihre bisherigen Angaben vor der Polizei und vor dem BFA. Sie haben beide Protokolle unterfertigt - dies nach Rückübersetzung - kann ich davon ausgehen, dass die Protokolle lückenlos richtig Ihre damaligen Aussagen wiederspiegeln?
BF: Ich habe die Wahrheit erzählt, es gibt aber einen Fehler. Vielleicht war das mein Fehler oder der Fehler des Dolmetschers. Auf die Frage "Wie lange ich, nach dem Tod meiner Mutter, alleine lebte" antwortete ich, circa eine Woche. An einer anderen Stelle, steht meine Antwort auf die gleiche Frage, "12 oder 13 Tage". Richtig ist, dass ich circa eine Woche alleine lebte.
R: Verstehen Sie die Dolmetscherin gut?
BF: Ja.
R: An einer anderen Stelle wurde ich gefragt, ob ich österreichische Freunde habe. Die Dolmetscherin übersetzte mir die Frage, ob ich eine Freundin habe. Da ich keine Freundin habe, habe ich die Frage mit nein beantwortet. Tatsache ist aber, dass ich österreichische Freunde habe.
R: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?
BF: Ich bin im Distrikt XXXX, im Dorf XXXX, in der Provinz Parwan geboren und aufgewachsen.
R: Über welche Schulbildung verfügen Sie?
BF: In Afghanistan besuche ich keine Schule.
R: Was können Sie mir über Ihre Familie und über die soziale Situation erzählen?
BF: Wir lebten im Dorf, in einem Lehmhaus, dort werden die Häuser aus Lehm gebaut. Meine Mutter war eine Hausfrau, mein Vater hat für die Regierung gearbeitet.
R: Können Sie die Tätigkeit ihres Vaters näher beschreiben?
BF: Ich weiß nur, dass mein Vater für die Regierung gearbeitet hat, als was, dass weiß ich nicht.
R: Sie wurden am XXXXgeboren? Stimmt das?
BF: Ja.
R: Woher wissen Sie das?
BF: Als ich nach Österreich kam, wurde ich bei der Polizei nach meinem Alter gefragt. Damals gab ich an, dass ich circa 14 Jahre alt bin. Mein genaues Geburtsdatum weiß ich nicht.
R: Wie alt sind Sie demgemäß jetzt?
BF: Ich bin jetzt XXXX Jahre alt und werde bald XXXX Jahre alt.
R: Können Sie irgendeinen Hinweis darauf liefern, woher Sie im Jahre 2016 gewusst haben, dass Sie 14 Jahre alt sind.
BF: Als ich Afghanistan verließ, sagte mir mein Onkel väterlicherseits, dass ich bald 14 Jahre alt werde.
R: Im welchen Jahr haben Sie Afghanistan verlassen?
BF: Da ich in Afghanistan keine Schule besucht habe, kannte ich mich mit dem Datum nicht aus und daher kann ich auch nicht sagen, in welchem Jahr, ich Afghanistan verlassen habe.
R: Können Sie angeben, wie lange Sie ungefähr auf Reisen waren?
BF: Meine Reise von Afghanistan bis nach Österreich, dauerte circa sechs bis sieben Monate.
R: Wissen Sie in welchem Monat, Sie Afghanistan verlassen haben?
BF: Nein, das kann ich leider nicht sagen. Ich war immer mit den Ziegen unterwegs, von der Früh bis am Abend.
R: Was können Sie mir über Ihre Reise berichten, durch welche Länder sind Sie gereist und in welchem Land waren Sie länger aufhältig?
BF: Ich kann nur den Iran nennen, das habe ich nur von den Mitreisenden gehört. Danach bin ich über unbekannte Länder gereist.
R: Wie hat sich denn die Reise so abgespielt, wie kann man sich das vorstellen?
BF: Es war eine sehr schwierige Reise. Ich wurde über verschiedene unbekannte Länder, durch die Berge und Wälder, bis hierher gebracht.
R: Wer hat Sie hierher gebracht, wie ist das technisch abgelaufen?
BF: Mit mir waren auch anderen Flüchtlinge unterwegs, diese kannte ich aber nicht. Wir hatten einen Wegweiser mit uns.
R: Wie hat die Reise Ihren Anfang genommen. Sie waren beim Onkel zu Hause oder bei Ihren Eltern?
BF: Meine Reise begann von unserem Haus aus, ich habe auch meinen Onkel väterlicherseits getroffen.
R: Wo haben Sie ihn getroffen?
BF: Ich habe ihn in einer Entfernung von unserem Haus getroffen.
R: Ich bitte Sie mir das gründlicher zu erklären. Entfernung kann alles beuteten.
BF: Unser Dorfvorsteher war ein Freund meines Vaters. Mit ihm war ich eine Weile in der Nacht unterwegs, bis ich meinen Onkel getroffen habe.
R: Wo haben Sie ihren Onkel getroffen?
BF: Wo das genau war, weiß ich nicht, das war eine Wüste.
R: Wissen Sie, wie die nächstliegende Stadt zu Ihrem Herkunftsdorf heißt?
BF: Ich habe mein Dorf nicht verlassen. Ich war den ganzen Tag mit den Ziegen in der Umgebung unterwegs. Ich konnte das Dorf aus Angst, vor den Taliban nicht verlassen.
R: Was können Sie mir über Ihre Familienleben erzählen? Wie war Ihr Wochenablauf?
BF: Ich habe die Ziege in der Früh auf die Weide gebracht und kam dann wieder erst am Abend nach Hause. Meine Mutter war mit dem Haushalt beschäftigt. Mein Vater kam im Monat einmal für paar Tage nach Hause, sonst war er immer in der Arbeit.
R: Waren Sie selbst als heranwachsender nie daran interessiert, etwas über den Beruf oder über die Tätigkeit des Vaters zu erfahren?
BF: Bei uns ist das Leben anders. Die Eltern in Afghanistan sind nicht so wie die Eltern hier in Österreich, die mit ihren Kindern Zeit verbringen. Bei uns ist das so gewesen, dass ich von der Früh bis am Abend mit den Ziegen unterwegs war. Mein Vater war in der Arbeit und meine Mutter war mit dem Haushalt beschäftigt. Ich war für fünf Ziegen zuständig.
R: Haben Sie Geschwister?
BF: Nein.
R: Haben Sie außerdem genannten Onkel väterlicherseits, noch Verwandte in Afghanistan?
BF: Es kann sein, dass ich noch andere Verwandte habe. Sie kamen aber nie in unser Dorf. Da mein Vater für die Regierung gearbeitet hat, sind unsere Verwandten auch deshalb nicht gekommen.
R: Haben Sie seit Ihrer Zeit hier in Österreich, Kontakt zum Onkel?
BF: Nein.
R: Können Sie deutsch lesen und schreiben?
BF: Ja, ich habe einen Deutschkurs besucht.
R: Haben Sie in der Zwischenzeit versucht, mit dem Onkel in Kontakt zu treten?
BF: Nein, ich habe keine Telefonnummer.
R: Haben Sie nicht versucht, etwa mit Facebook Kontakt aufzunehmen.
BF: Ich kannte im Dorf niemanden, außer meiner Familie. Ich benutze zwar Facebook, aber von meinem Onkel weiß ich nichts. Ich habe mit Freunden auf Facebook Kontakt. Ich habe mit österreichischen und afghanischen Freunden Kontakt.
R: Wissen Sie wo der Onkel gelebt hat und jetzt lebt?
BF: Damals wusste ich nur, dass er in Parwan lebt, aber jetzt weiß ich es nicht mehr, wo er sich aufhält.
R: Können Sie nun erklären, wie die Probleme in der Familie begonnen habe?
BF: Aufgrund der Tätigkeit meines Vaters, bekamen wir Probleme.
R: Was können Sie darüber berichten?
BF: Die Taliban war gegen die Arbeit, meines Vaters bei der Regierung.
R: Woher wissen Sie das?
BF: Sie kamen zu uns nach Hause und sagten, dass wenn mein Vater nach Hause kommt, sollen wir ihm mitteilen, dass er seine Arbeit bei der Regierung beenden soll.
R: Erklären Sie mir bitte diesen Vorfall.
BF: Mein Vater hat bei der Regierung gearbeitet und die Taliban wollte das nicht. Die Taliban sind zu uns gekommen und sagten mir und meiner Mutter, dass wir meinen Vater mitteilen sollen, dass er nicht mehr bei der Regierung arbeiten soll. Als mein Vater nach Hause kam, erzählten wir ihn davon. Er sagte, dass wenn er die Arbeit verlässt, wie soll er dann die Familie ernähren.
R: Sind also die Taliban, nur einmal gekommen?
BF: Es gab auch einen Drohbrief. Als mein Vater auf Besuch zu Hause war, waren wir gerade beim Abendessen und die Taliban sind dann gekommen und haben meinen Vater geschlagen und haben ihn mitgenommen. Nach einigen Tagen haben wir von den Dorfbewohnern erfahren, dass mein Vater von den Taliban umgebracht wurde. Dann haben wir auch seine Leiche bekommen.
R: Sie haben jetzt in sehr abstrakter Weise, etwas das wiedergegeben, was Sie vor dem BFA erzählt haben. Sinn unseres heuteigen Gespräches ist es unter anderem, dass Sie mir einen Eindruck geben, was damals tatsächlich passiert ist.
R erteilt dem BF eine Belehrung über die Wesentlichkeit einer detaillierten, nachvollziehbaren und lebendigen Berichterstattung.
BF: Ich habe ihnen alles detailliert erzählt. In der Nacht sind die Taliban gekommen und wir waren gerade beim Essen. Sie haben meinen Vater geschlagen und haben ihn mitgenommen. Nach einigen Tagen haben wir erfahren, dass er ermordet wurde. Dann haben wir auch schon seine Leiche durch die Dorfbewohner bekommen.
R: Wenn Sie sich auf dieser Kurzbeschreibung zurückziehen, muss ich davon ausgehen, dass Sie das selbst nicht erlebt haben. Wenn man etwas selbst erlebt hat, kann man insbesondere, wenn man aufgefordert ist, einen genauen Handlungsablauf schildern, dies unter Beifügung einer Unzahl von Details.
BF: Es kamen zehn bis zwölf Taliban zu uns nach Hause. Sie haben meinen Vater geschlagen und haben ihn mitgenommen. Er wurde dann von ihnen umgebracht und wir haben dann nach paar Tagen die Leiche bekommen.
R unterbricht, beschreiben Sie genau die Szenerie. Was hat sich genau zugetragen?
BF: Die Taliban haben mich auch nicht in Ruhe gelassen. Sie haben von mir die Wohnadresse meines Onkels verlangt und wer noch mit meinem Vater bei der Regierung gearbeitet hat. Ich wusste die genaue Wohnaderesse meines Onkels nicht. Mein Onkel dachte, dass ich seine Wohnaderesse weiß und er wollte nicht, dass ich ihm bei den Taliban verrate.
RV: Es geht darum, dass ich dir glaube. Der Richter ist aber nicht überzeugt. Du musst alles wiedergeben und Ihn zeigen, dass du das erlebt hast. Man macht das so, in dem man berichtet, was ist zuerst passiert und was ist danach passiert. Schilder bitte den genauen Ablauf, woran kannst du dich erinnern? Es geht darum, dass man es nachvollziehen kann.
BF: Wie zuvor schon erwähnt, waren die Taliban gegen die Arbeit meines Vaters bei der Regierung. Sie brachten einen Drohbrief zu uns nach Hause und haben uns gesagt, dass wir das meinem Vater geben sollen. Als mein Vater nach Hause kam, zeigten wir ihn den Brief. Er sagte nichts und ging wieder in die Arbeit. Dann kamen zehn bis zwölf Taliban zu uns nach Hause und sagten uns, dass wir meinen Vater mitteilen sollen, die Arbeit bei der Regierung zu beenden. Als mein Vater nach Hause kam, informierten wir ihn darüber. Mein Vater sagte, das wenn er die Arbeit verlassen würde, dass er uns nicht mehr ernähren könnte. Er ging dann wieder in die Arbeit. Als er dann wieder zu Besuch zu Hause war und wir zusammen gegessen haben, kamen die 10 bis 12 Taliban zu uns nach Hause und schlugen meinen Vater. Danach haben sie ihn mitgenommen., Nach einigen Tagen haben wir von den Dorfbewohnern erfahren, dass mein Vater tot ist. Wir haben dann seine Leiche bekommen. Danach haben die Taliban mich nicht in Ruhe gelassen. Sie wollten von mir wissen, wer aller mit meinem Vater zusammengearbeitet hat und wo mein Onkel väterlicherseits wohnt. Ich wusste aber nichts davon. Mein Onkel väterlicherseits dachte aber, dass ich seine Wohnadresse weiß, deshalb hat er mich weggeschickt. Einmal haben sie den Drohbrief zu uns nach Hause gebracht und ein anderes Mal sind sie persönlich vorbeigekommen und sagten uns, dass wir meinen Vater mitteilen sollen, seine Arbeit zu verlassen. Beim dritten Mal, als wir beim Abendessen waren, kamen die Taliban zu uns und haben meinen Vater geschlagen und ihn mitgenommen.
R: Sie haben beim BFA unter anderem im Rahmen der Befragung angegeben, dass die Taliban genau nur einmal zu Ihnen nach Hause gekommen sind. Was stimmt nun?
BF: Ich habe das auch dort so erzählt, wie heute hier. Es kann sein, dass der Dolmetscher vielleicht einen Fehler gemacht hat. Der Referent hat mich auch nicht ausreden lassen und erklärt, ich soll nicht viel reden. Wenn ich etwas sagte, hat er gemeint, das ist nicht die Antwort auf seine Frage. Ich soll nicht viel herumerzählen und keine Ausreden machen, sondern seine Fragen beantworten.
R: Ihre Darstellung ist vorerst für mich unterschiedlich: Im Rahmen der Ersteinvernahme haben Sie gesagt, die Taliban hätten einen Drohbrief hinterlassen, seien einige Zeit später ins Haus gekommen und hätten den Vater mitgenommen.
Vor dem BFA haben Sie, wenn ich das richtig im Kopf habe, nichts von einem Drohbrief erzählt. Sie haben auch nur von einer Heimsuchung der Taliban berichtet. Sie haben ausgesagt, dass die Taliban nur einmal zu Ihnen nach Hause gekommen sind.
RV: Diese Heimsuchung bezieht sich auf die 13 Tage, als er alleine zu Hause war.
BF: Das war damals, als ich alleine zu Hause war.
R erklärt dem BF weitwendig, worauf es bei einer lebendigen Erzählung von Eigenerleben ankommt. Ich fordere Sie zu diesem Lebenskreis, es in einer lebendigen Erzählung vorzubringen.
RV: Es ist festzuhalten, dass in unterschiedlichen Länder, unterschiedliche Erzählkulturen sind. Nigeria vielmal Somalia hat eine sehr malerische Sprache. Deshalb können die Erzählweisen von Jugendlichen aus verschiedenen Ländern derart verglichen werden. Jeder Mensch hat eine unterschiedliche Persönlichkeit. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass der eine emotionaler als der Andere ist. Es ist auch davon auszugehen, dass jeder seine Erlebnisse unterschiedlich verarbeitet. Im Fall des Minderjährigen, handelt es sich sicherlich nicht um einen emotionalen Typ, sondern um jemanden, der sehr rational denkt.
BF: Diese Situation bei der Einvernahme oder hier bei der Verhandlung, ist für mich eine sehr neue Situation. Ich hatte zuvor in Afghanistan keinerlei solche Termine. Deshalb hat man Angst.
R: Erzählen Sie bitte ganz genau über diese Vorfälle.
BF: Mein Vater hat bei der Regierung gearbeitet und die Taliban waren dagegen. Sie kamen einmal zu uns nach Hause und hinterließen einen Drohbrief für meinen Vater. Als mein Vater von der Arbeit nach Hause kam, zeigten wir ihn den Brief. Er hat nichts gesagt und ging wieder in die Arbeit. Nach einer Weile kam wieder die Taliban zu uns nach Hause. Sie waren circa 10 bis 12 Personen, also eine Gruppe, sie hielten ihre Gesichter bedeckt und waren bewaffnet. Sie haben gesagt, dass wir meinen Vater mitteilen sollen, dass er seine Arbeit verlassen soll. Als mein Vater danach nach Hause kam, haben wir ihn davon erzählt. Er hat gesagt, dass wenn er die Arbeit verlassen würde, könnte er seine Familie nicht ernähren. Er ging dann wieder in die Arbeit. Als er dann wieder von der Arbeit nach Hause kam, saßen wir auf dem Boden und haben zu Abend gegessen. Dort gibt es keine Tische oder Stühle. Wir saßen auf dem Boden. Sie schlugen meinen Vater und nahmen ihn mit. Nach einigen Tagen haben wir von den Dorfbewohnern erfahren, dass er ermordet wurde. Danach erhielten wir die Leiche.
R: Wie ist es dann konkret weitergegangen?
BF: Nach dem Tod meines Vaters, haben die Taliban mich nicht in Ruhe gelassen. Sie verlangten die Adresse meines Onkels und wer noch mit meinem Vater gearbeitet hat. Ich wusste aber nichts davon. Nach dem meine Mutter die Leiche meines Vaters gesehen hat, hat sie psychische Probleme bekommen. Sie hat sich danach aufgehängt, an dem Moment war ich nicht zu Hause. Als ich nach Hause kam, habe ich gesehen, wie die Dorfbewohner meine Mutter herunter genommen haben. In jedem Dorf gibt es einen Dorfvorsteher. Unser Dorfvorsteher war ein Freund meines Vaters. Da die Taliban mich nicht in Ruhe gelassen haben und mich mit dem Tod bedroht haben, dass falls ich ihnen keine Informationen gebe, hat dieser Dorfvorsteher mich in der Nach von zu Hause abgeholt und mich zu meinem Onkel gebracht.
R: Was können Sie mir über die gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter erzählen?
BF: Nach dem Tod meines Vaters sind wir alleine geblieben. Wir hatten niemanden der arbeiten gehen konnte und Geld verdienen konnte. Meine Mutter hatte psychische Probleme. Als ich mit den Ziegen auf der Weide war, hat sie sich erhängt.
R: Es geht wieder um dieselbe Sache! Erzählen Sie mir bitte detailliert, welche Probleme ihre Mutter hatte?
BF: Sie ist krank geworden.
R: Sowie Sie das bisher beschreiben, ist das ein Beispiel für mich, für eine gelernte Geschichte.
RV: Hat Ihre Mutter geweint oder hat Sie viel geschlafen?
BF: Meine Mutter war sehr krank. Sie hat öfters geweint und geschrien. Sie hat sich die eigenen Haare gezogen. Ich blieb einige Tage mit ihr zu Hause, aber danach war ich wieder gezwungen, mit den Ziegen auf die Weide zu gehen. Dann hat sich meine Mutter erhängt.
Zu Ihren eigenen Erlebnissen und zu Ihrer Bedrohung
R: Was genau hat sich da abgespielt?
BF: Einmal kamen sie zu uns nach Hause. Es war nach dem Tod meiner Eltern. Sie kamen circa dreimal zu mir, als ich auf der Weide war. Sie haben von mir Informationen verlangt. Sie sind in einer Gruppe zu mir nach Hause gekommen, ich habe aber nicht gezählt, wie viele Taliban das waren. Sie haben mich geschlagen und wollten Informationen von mir.
R: Vor dem BFA haben Sie hierbei auch von 10 bis 12 Taliban gesprochen. Wie viele waren das genau?
BF: Als sie wegen meinem Vater gekommen sind, waren es zehn bis zwölf Leute. Bei dem Vorfall, meiner Person betreffend, habe ich sie nicht gezählt.
R: Erzählen Sie nun die detaillierten Umstände.
BF: Die Taliban sind in einer Gruppe zu mir nach Hause gekommen und haben mich geschlagen, weil sie von mir Informationen brauchten. Sie sind auch zu mir auf die Weide gekommen, dort haben sie mich auch geschlagen. Das letzte Mal wurde ich mit dem Tod bedroht, dass falls ich ihnen keine Informationen bringen. Ich war alleine und die Taliban haben mich nicht in Ruhe gelassen. Mein Onkel väterlicherseits hat aus Angst, dann meine Ausreise aus Afghanistan organisiert.
Zur Ihrer Situation hier in Österreich
R: Wie würden Sie sich selbst einschätzen. Haben Sie sich gut eingelebt und angepasst?
BF in einwandfreien Deutsch: Mein Name ist XXXX. Mein Familienname ist XXXX und mein Vorname ist XXXX. Ich bin XXXX Jahre alt und lebe auf der XXXX. Ich habe einen Deutschkurs in XXXX besucht. Ich habe dann einen Deutschkurs in XXXX besucht. In unserem Heim in der XXXX gibt es eine Deutschlehrerin. Ich habe auch dort einen Deutschkurs besucht. Ich habe schon etwas gelernt in diesen drei Deutschkursen.
Mein Betreuer hat dann zu mir gesagt: "Wir haben für das Polytechnikum angerufen". Ich habe eine polytechnische Schule besucht. Ich habe dort gelernt. Ich war in Afghanistan alleine, hatte dort keine Freunde. Hier habe ich Freunde und ein großes Interesse am Lernen. Dort war ich alleine, hier bin ich nicht alleine.
R: Was befürchten Sie, für den theoretischen Fall einer Rückkehr nach Afghanistan?
BF: Ich hatte Angst um mein Leben und deshalb verließ ich Afghanistan. Jetzt wo ich geflohen bin, sind sich die Taliban sicher, dass ich die Adresse meines Onkels weiß und deshalb geflohen bin. Im Falle einer Rückkehr, habe ich Angst um mein Leben.
R an RV: Möchten Sie noch etwas fragen?
RV: Ich habe keine Fragen mehr.
R: Möchten Sie noch etwas vorbringen?
BF in hervorragenden Deutsch: Ich wollte eine Lehre machen und habe auch Bewerbungen geschrieben., Ich habe auch Antworten bekommen. Aufgrund meines noch nicht positiven Asylbescheides, habe ich keine Stelle bekommen. Ich möchte eine Lehre als Systemgastronomiefachmann machen bei XXXX. Die Papiere habe ich beim AMS abgegeben. Das AMS hat das abgewiesen. Sie haben gesagt: "Du hast leider keine positive Entscheidung". Ich trainiere in Österreich Take Van Do. ich bin ein Kämpfer und habe bereits schon fünfmal gekämpft. Ich wohne in XXXX, es war die steirische Meisterschaft und bei der Staatsmeisterschaft hat man mir Bronze gegeben. Ich hatte einen Kampf letzten Samstag und habe den ersten Platz belegt. Ich habe gewonnen. Ich habe immer den ersten, zweiten und dritten Platz belegt. In meinen Bestätigungen ist auch eine Bestätigung zu meiner Sportart dabei und was ich bin und was ich derzeit mache.
R: Ich führe nun in das Verfahren zwei Beweismittel ein, einerseits das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, sowie die aktuellen Guidelines von UNHCR.
Sowohl für eine allfällige Protokollrüge als auch für eine allfällige Stellungnahme zu den angesprochenen Dokumenten, gewähre ich eine Stellungnahme-Frist von zwei Wochen.
R: Könnten Sie sich noch vorstellen, sich allenfalls in Afghanistan, an anderen Orten außerhalb Ihrer Provinz niederzulassen?
BF: Die Taliban ist im Moment in ganz Afghanistan aktiv und außerhalb könnte ich allein in einer anderen Provinz nicht überleben. In Afghanistan ist die Situation nicht wie hier in Österreich. Als ein alleinstehender Mann könnte ich alleine nicht in Afghanistan überleben bzw. dort mein Leben führen.
[...]
Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurden folgende Unterlagen seitens des Beschwerdeführers in Vorlage gebracht:
* Schulnachricht der XXXX XXXX vom 16.02.2018
* Zertifikat betreffend "XXXX" vom 04.04.2018
* Ergänzende Kompetenzbeschreibung derXXXX vom 16.02.2018
* Urkunde XXXX Preisgeld Tischtennisturnier vom 02.08.2017
* Schulbesuchsbestätigung Fachschule für wirtschaftliche Berufe vom 20.09.2018
* Bestätigung des steirischen Taekwondo-Verbandes betreffend die Teilnahme des Beschwerdeführers an diversen Turnieren vom 23.09.2018
* Zeugnis zur Integrationsprüfung vom 21.07.2018
* Jahres- und -Abschlusszeugnis der XXXX vom 06.07.2018
11. Mit Stellungnahme vom 10.10.2018 brachte der Beschwerdeführer durch seinen gesetzlichen Vertreter vor, dass er nicht in seine Heimatprovinz zurückkehren könne, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch Taliban ausgesetzt zu sein. Es sei auch nicht anzunehmen, dass ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstünde, da er einer Bedrohung durch die Taliban angesichts deren großen Wirkungskreises nicht durch eine Wohnsitzverlegung etwa nach Kabul entgehen könnte, zumal er angesichts der ihm aufgrund der politischen Tätigkeit seines Vaters unterstellten politischen Gesinnung in deren Blickfeld geraten sei. In Bezug auf den Vorwurf der mangelnden Glaubwürdigkeit sei darauf zu verweisen, dass Menschen, die traumatische Erlebnisse durchlebt hätten, undifferenziert erzählen könnten, was jedoch ihre Glaubwürdigkeit in keinem Fall mindere. Zusammenfassend ergebe sich, dass er aus wohlbegründeter asylrelevanter Furcht vor Verfolgung aus Afghanistan geflüchtet sei, weshalb der Beschwerde stattzugeben sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Asylantrags vom 27.05.2016, der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.11.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 27.09.2018 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.
1. Feststellungen:
Der im Jahr XXXX geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Patschtunen an sowie der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Er stammt aus der Region Parwan, wo er zuletzt gelebt hat.
Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben und leben noch ein Onkel sowie zwei Cousinen von ihm in Afghanistan. Mit diesen Angehörigen steht der Beschwerdeführer nicht in Kontakt.
Der Beschwerdeführer verfügt über weder über Schulbildung noch über Berufserfahrung im Heimatland. Er ist gesund, ledig und kinderlos und unbescholten.
Der Beschwerdeführer verließ Afghanistan etwa im Oktober 2015 und reiste illegal nach Europa, wo er am 27.05.2016 als Minderjähriger in Österreich den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über Familienangehörige oder sonstige enge Bezugspersonen. Er besucht aktuell eine polytechnische Schule in XXXX. Er hat Deutschkurse bis zum Niveau B1 erfolgreich absolviert und kann sich auch in hervorragendem Deutsch ausdrücken bzw. bestehen in einer direkten Unterhaltung keinerlei Verständigungsschwierigkeiten. Der Beschwerdeführer ist sportlich im Rahmen der Teilnahme an Taewkwondo- sowie Tischtennisturnieren aktiv. Er hat weiters in Österreich einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert.
Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung durch die Taliban ausgesetzt war. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft gemacht.
Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an seine Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seine politische Überzeugung anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.
Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan, aufgrund der instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage sowie aufgrund des Umstandes, dass dieser minderjährig ist und über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, Gefahr laufen würde, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
1. Länderberichte zur Situation in Afghanistan
Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan wird festgestellt:
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
Haqqani-Netzwerk
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).
Al-Qaida
Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse
IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat
Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:
MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).
Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verlusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).
Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).
Drogenanbau und Gegenmaßnahmen
Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums, vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis, verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen, im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potentielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkter Beseitigungsbemühungen, aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen, zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).
Zivile Opfer
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandv