Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W235 2195351-1/5E
W235 2195353-1/5E
W235 2195354-1/5E
W235 2195349-1/5E
W235 2195350-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 10.04.2018, Zl. Nairobi-OB/KONS/0278/2018, aufgrund der Vorlageanträge von 1. mj. XXXX, geb. XXXX, 2. mj. XXXX, geb. XXXX,
3. mj. XXXX, geb. XXXX, 4. mj. XXXX, geb. XXXX und 5. mj. XXXX, geb. XXXX, alle StA. Somalia und alle gesetzlich vertreten durch: XXXX, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 01.02.2018, Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0096/2018, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an die Österreichische Botschaft Nairobi zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1.1. Unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare stellten die minderjährigen Beschwerdeführer am 20.06.2017 schriftlich und am 31.07.2017 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Nairobi jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Die Beschwerdeführer, alle somalische Staatsangehörige, brachten dazu vor, dass sie die minderjährigen Kinder von XXXX, geb. XXXX (= Bezugsperson) seien, einer somalischen Staatsangehörigen, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX.2017, Zl. XXXX, der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
Diesen Anträgen wurden folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:
* Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX.2017, Zl. XXXX, mit welchem der Bezugsperson der Status der Asylberichtigten zuerkannt wurde;
* Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX.2017, aus welcher hervorgeht, dass die Bezugsperson im österreichischen Bundesgebiet über einen Hauptwohnsitz verfügt;
* Auszug aus dem Konventionsreisepass der Bezugsperson, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX;
* Heiratsurkunde (in englischer Übersetzung), aus welcher hervorgeht, dass die Bezugsperson mit XXXX am XXXX.1991 die Ehe geschlossen hat;
* Auszug aus dem Reisepass der Erstbeschwerdeführerin, dem das Geburtsdatum XXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX;
* Auszug aus dem Reisepass der Zweitbeschwerdeführerin, dem das Geburtsdatum XXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX;
* Auszug aus dem Reisepass der Drittbeschwerdeführerin, dem das Geburtsdatum XXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX;
* Auszug aus dem Reisepass des Viertbeschwerdeführers, dem das Geburtsdatum XXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX;
* Auszug aus dem Reisepass des Fünftbeschwerdeführers, dem das Geburtsdatum XXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX.2017 unter der Nr. XXXX und
* Geburtsurkunden sämtlicher Beschwerdeführer (in englischer Übersetzung), ausgestellt am XXXX.2017 in Mogadischu, aus welchen hervorgeht, dass die Bezugsperson und XXXX die Eltern der Beschwerdeführer sind
1.2. Mit Schreiben vom 27.09.2017 teilte die Österreichische Botschaft Nairobi den Beschwerdeführern mit, dass die Einverständniserklärung des zweiten Elternteiles, konkret des Vaters der Beschwerdeführer, für die Bearbeitung ihrer Anträge auf Einreisetitel erforderlich sei und forderte sie zur Nachreichung des fehlenden Dokumentes bis zum 13.10.2017 auf.
1.3. Mit Stellungnahme vom 24.10.2017 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertreterin im Wesentlichen vor, dass die Bezugsperson aufgrund der fluchtauslösenden Ereignisse im Herkunftsland keinen Kontakt zu drei ihrer Kinder sowie zu ihrem Ehemann habe. Um diese ausfindig zu machen, habe sie am 22.06.2017 einen Suchantrag beim Roten Kreuz eingebracht. Zu den Beschwerdeführern bestehe nach wie vor Kontakt.
Ergänzend wurde auf die Ausführungen der Bezugsperson im Zuge des sie betreffenden Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich ihres Antrags auf internationalen Schutz verwiesen. Sie habe bereits damals vorgebracht, dass Ende 2016 ein Sprengstoffattentat auf das Haus, in welchem sich ihr Mann und ihre Kinder aufgehalten hätten, erfolgt sei. Bei diesem Angriff sei die Familie getrennt worden. Seither würden der Ehemann der Bezugsperson sowie drei ihrer Kinder als vermisst gelten. Die Vorlage einer Zustimmungserklärung des Kindesvaters zur Ausreise der Beschwerdeführer sei daher nicht möglich. Da die Trennung nicht freiwillig, sondern aufgrund des fluchtauslösenden Moments erfolgt sei, bestehe kein Grund zu der Annahme, dass der Kindesvater der Ausreise der Beschwerdeführer nicht zustimme. Vielmehr seien sämtliche Familienmitglieder aktiv bemüht, den Ehemann und die vermissten Kinder ausfindig zu machen, um die Familie zusammenzuführen. Abschließend wurde beantragt, von der Zustimmungserklärung des Kindesvaters abzusehen und die Einreiseanträge der Beschwerdeführer an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl weiterzuleiten. Die Beschwerdeführer würden derzeit unter prekären Bedingungen bei der Schwester der Bezugsperson in Nairobi leben. Sie könnten aus finanziellen Gründen nicht zur Schule gehen und sei ein Kind aufgrund der erwähnten Explosion hörgeschädigt, könne aber - ebenso aus finanziellen Gründen - in Nairobi nicht ärztlich behandelt oder anderweitig unterstützt werden.
Der Stellungnahme beigelegt war ein Suchantrag an das Österreichische Rote Kreuz betreffend die gesuchte Person XXXX, StA. Somalia, eingebracht von der Bezugsperson am 21.06.2017. Als Personen, welche die gesuchte Person begleitet hätten, wurden XXXX (Tochter), geb. 2003, XXXX (Sohn), geb. 2005, sowie XXXX (Tochter), geb. 2007, angeführt.
1.4. Am 27.10.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status des Asyl- oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend führte die Behörde in ihrer Stellungnahme aus, dass bereits die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung nicht vorlägen, da die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Beschwerdeführer nicht vorliege. Es sei richtig, dass die Bezugsperson vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht habe, es habe einen Anschlag auf das Haus gegeben, in welchem ihr Ehemann mit den Kindern gelebt habe. Weder aus ihren Ausführungen im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung noch aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX.2017 gehe jedoch hervor, dass der Ehemann oder die Kinder [der Bezugsperson] verschollen seien. Vielmehr habe die Bezugsperson auf die Frage, wie es ihrem Mann und ihren Kindern gehe, angeführt, sie seien aus XXXX in ein Dorf namens XXXX geflüchtet. Auch sei den Feststellungen des Erkenntnisses zu entnehmen, dass die Bezugsperson mit ihrem Mann und ihren Kindern, die in Somalia verblieben seien, gelegentlich Kontakt habe. Dies stehe im Widerspruch zur Stellungnahme der Beschwerdeführer, wonach die Familie durch einen Sprengstoffanschlag auf ihr Haus getrennt worden sei.
Dies teilte die Österreichische Botschaft Nairobi den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 30.10.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf.
1.5. Die Beschwerdeführer erstatteten durch ihre Vertreterin am 06.11.2017 eine Stellungnahme und führten im Wesentlichen nach Darstellung des Sachverhalts zu den vom Bundesamt dargelegten Widersprüchen aus, die Bezugsperson habe tatsächlich angegeben, dass ihr Mann und ihre Kinder in ein Dorf namens XXXX geflüchtet seien. Erst in der Folge habe die Bezugsperson von dem Sprengstoffattentat auf das Haus ihrer Schwester, in welchem sich die Familie aufgehalten habe, berichtet. Ferner habe sie zu keinem Zeitpunkt vorgebracht, Kontakt zu ihrem Ehemann zu pflegen. Selbst von der Flucht ihres Ehemanns habe sie von ihrer Schwester erfahren. Nach dem Vorfall habe sie keine Neuigkeiten mehr von ihrer Familie erhalten, bis sie die Beschwerdeführer kontaktiert hätten. Diese hätten ihr berichtet, dass die übrigen Familienmitglieder verschollen seien. Hinsichtlich der fehlenden Zustimmungserklärung des Vaters der Beschwerdeführer wurden die bereits in der Stellungnahme vom 24.10.2017 dargelegten Erwägungen wiederholt. Ferner wurde ersucht, das Kindeswohl in die Entscheidung miteinzubeziehen und wurde diesbezüglich auf Art. 1 des BVG über die Rechte von Kindern verwiesen. Es sei offensichtlich, dass die Kinder bei ihrer leiblichen Mutter in Österreich bessere Fürsorge und Geborgenheit erfahren würden als bei ihrer Tante, die mit der Pflege und Erziehung der fünf Kinder zusätzlich zu ihren eigenen überfordert sei. Ihre Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten könnten im Bundesgebiet besser gefördert werden als in Nairobi, wo die Beschwerdeführer nicht zur Schule gehen könnten. Der hörgeschädigte Sohn könnte überdies in Österreich medizinisch behandelt oder anderweitig unterstützt werden. Daher sei von der Zustimmungserklärung des Vaters (vorerst) abzusehen.
2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 01.02.2018, Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0096/2018, wurden sämtliche Anträge der minderjährigen Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung abgewiesen, dass keine Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Beschwerdeführer vorliege.
3. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertreterin am 01.03.2018 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde nach Darstellung des Sachverhalts vollinhaltlich auf die Stellungnahme vom 06.11.2017 verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, die Abweisung der Anträge werde im Bescheid damit begründet, dass die Zustimmungserklärung des obsorgeberechtigten Vaters zur Ausreise nicht vorliege. Eine rechtliche Grundlage für diesen Ablehnungsgrund sei jedoch von der belangten Behörde nicht angegeben worden. Aus den Ausführungen im Bescheid gehe hervor, dass es sich offenbar um eine interne Verwaltungsvorschrift der für die Familienzusammenführung zuständigen Behörden handle. In den gegenständlichen Fällen widerspreche die Abweisung der Einreiseanträge jedoch dem Schutzzweck dieser Vorschrift. Die Eltern der Beschwerdeführer seien nicht geschieden, sondern hätten ein verhältnismäßig harmonisches Familienleben geführt. Die Bezugsperson hoffe nach wie vor, ihren Mann und ihre drei vermissten Kinder ausfindig machen zu können, sodass schließlich die ganze Familie in Österreich vereint werden könne. Daher seien auch die Einreiseanträge für die verschollenen Familienmitglieder elektronisch eingebracht worden. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Kindesvater bereits verstorben sei oder der Kontakt nicht mehr hergestellt werden könne. In diesem Fall wäre eine Familienzusammenführung auf Dauer unmöglich, was einen klaren Verstoß gegen das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht der Beschwerdeführer auf Achtung des Privat- und Familienlebens darstelle.
Ferner sei in einem Verfahren nach § 35 AsylG iVm § 26 FPG eine konkrete und individuelle Prüfung der beteiligten Interessen nach den Kriterien des Art. 8 EMRK durchzuführen und sei die Ablehnung eines Einreisetitels entsprechend zu begründen. Die vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung sei auch in geeigneter Weise mit den Antragstellern zu erörtern. Im gegenständlichen Fall sei eine derartige Prüfung nicht vorgenommen worden. Die belangte Behörde habe sich mit den individuellen Lebensumständen der Beschwerdeführer nicht auseinandergesetzt. Das diesbezügliche Vorbringen sei in keiner Weise gewürdigt worden und seien trotz detaillierter Angaben zum Familienleben keine weiteren Erhebungen getätigt worden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe es zudem unterlassen, die sonstigen Angaben und rechtlichen Ausführungen der Stellungnahme vom 06.11.2017 in der Entscheidung erkennbar zu berücksichtigen. Der vorgelegte Suchantrag vom 22.06.2017, der zum Beweis des Abbruchs des Kontakts zwischen der Bezugsperson und ihrem Ehemann vorgelegt worden sei, sei nicht gewürdigt worden. Das gegenständliche Verfahren sei aufgrund dieses Vorgehens wegen der Außerachtlassung wesentlichen Parteivorbringens, der fehlenden Abwägung nach den Kriterien des Art. 8 EMRK und der Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung mit formeller Rechtswidrigkeit belastet und habe die belangte Behörde sohin willkürlich gehandelt.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.04.2018, Zl. Nairobi-OB/KONS/0278/2018, wies die Österreichische Botschaft Nairobi die Beschwerde der fünf minderjährigen Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Zur Begründung wurde nach Wiederholung des Verfahrensganges auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Ergänzend wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass die Angaben zum Verbleib des Vaters der Beschwerdeführer widersprüchlich seien und daher mangels Bestätigung des Todes bzw. mangels Vorlage einer Vermisstenmeldung aus Sicht der belangten Behörde keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen anzunehmen sei. Die reine Behauptung, der Vater [der Beschwerdeführer] und drei Kinder [der Bezugsperson] seien vermisst, sei als Beweis nicht ausreichend.
Der Verweis auf Art. 8 EMRK sowie die damit in Zusammenhang stehende Berücksichtigung des Kindeswohls vermögen nichts an der rechtlichen Beurteilung zu ändern, da Art. 8 EMRK unter Gesetzesvorbehalt stehe. Es sei nicht ersichtlich, dass im gegenständlichen Fall ein allfälliger Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt wäre. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Erkenntnis vom 17.06.2016, W205 2118262-1, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR festgehalten, dass die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen würden. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Verfassungsgerichtshofes komme der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Die Beschwerdeführer hätten somit keine Argumente vorgebracht, die für eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose sprechen würden und habe die Behörde ihre Entscheidung gesetzeskonform getroffen, sodass ein willkürliches Verhalten nicht feststellbar sei. Die Behauptung, die Beschwerdeführer seien in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, sei nicht nachvollziehbar, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt werden müsse. Im Übrigen schließe sich die belangte Behörde der rechtlichen Beurteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2017 an.
5. Am 19.04.2018 stellten die Beschwerdeführer durch ihre Vertreterin gemäß § 15 VwGVG Vorlageanträge, in welchen nach Darstellung des Sachverhalts und des wesentlichen Verfahrensgangs auf die Stellungnahmen vom 24.10.2017 und vom 06.11.2017 sowie auf die Beschwerde vom 01.03.2018 verwiesen wurde.
6. Mit Verbesserungsauftrag vom XXXX.2018 wurde der Vertreterin der Beschwerdeführer aufgetragen, binnen einer Woche das Bevollmächtigungsverhältnis nachzuweisen. Mit Schreiben vom 28.05.2018 wurde dem Verbesserungsauftrag entsprochen.
7. Mit Schreiben vom 26.11.2018 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer (nunmehr) ausgewiesenen Vertreterin in Ergänzung ihrer Beschwerde im Wesentlichen vor, die Bezugsperson sei von einem (namentlich samt Bekanntgabe der Telefonnummer genannten) Bekannten in Somalia informiert worden, dass ihr Ehemann (= Vater der fünf minderjährigen Beschwerdeführer) aufgrund einer Schussverletzung verstorben sei. Die Daten seien bereits an die verantwortliche Delegation des Internationalen Roten Kreuzes in Nairobi mit der Bitte um Verifizierung des Todesfalles weitergegeben worden. Das Ergebnis der Anfrage stehe jedoch noch aus. Da sich aus den vorliegenden Informationen ergebe, dass der Vater der Beschwerdeführer am XXXX.2018 verstorben sei, habe die Bezugsperson nunmehr die alleinige Obsorge inne und sei daher dem Einreiseantrag der Beschwerdeführer stattzugeben.
Diesem Schreiben wurde neben den Kontaktdaten der Person, welche die Bezugsperson über den Tod ihres Ehemannes informiert hat, eine Kopie der Sterbeurkunde von XXXX (in englischer Sprache) beigelegt. Dieser ist zu entnehmen, dass der Genannte am XXXX.2018 in die Notaufnahme des XXXX Hospital in Mogadischu eingeliefert worden und am XXXX.2018 verstorben sei. Unterzeichnet wurde das Dokument von Dr. XXXX, Leiter des XXXX Hospital.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
2. Zu A)
2.1. Gesetzliche Grundlagen:
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-VG lauten:
§ 13 Mitwirkung eines Fremden
(1) Der Fremde hat am Verfahren vor dem Bundesamt, insbesondere an einer erkennungsdienstlichen Behandlung mitzuwirken.
[...]
(4) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.
(5) Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Fremden ist auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.
[...]
2.1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:
§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen
[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]
Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 20.06.2017 und damit jedenfalls nach Inkrafttretens des § 35 Asyl idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht, weshalb § 35 AsylG in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden ist.
§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018)
(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.2.1. Wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Zl. 2014/22/0034; vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 sowie vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).
Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002, ausgeführt, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalen Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht. Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip nicht im Widerspruch zu stehen.
Mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 - wurde in § 9 Abs. 3 FPG jedoch für Fremde (ohne Unterschied) die Möglichkeit geschaffen, gegen ablehnende Entscheidungen der österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben; dies gilt auch für die Ablehnung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Das Gesetz sieht nun ein geschlossenes Rechtsschutzsystem vor, in dem das Zusammenwirken zweier Behörden (der unmittelbaren Bundesverwaltung), wie es in § 35 Abs. 4 AsylG angeordnet wird, vor einem gemeinsamen, zuständigen Verwaltungsgericht, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht, angefochten und dort überprüft werden kann. Dabei steht es dem Bundesverwaltungsgericht offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können. Wird dieses Parteiengehör nicht gewährt, könnte einem bestreitenden Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen eine abweisende Entscheidung in Bezug auf den Einreisetitel nach § 35 AsylG das Neuerungsverbot nach § 11a Abs. 2 FPG nicht entgegengehalten werden (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002 sowie VwGH vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0083 bis 0086-12).
2.2.2. Im vorliegenden Fall gründet sich die angefochtene Entscheidung in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.04.2018 im Wesentlichen auf die Argumentation, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden, da keine Zustimmungserklärung des obsorgeberechtigten Vaters der minderjährigen Beschwerdeführer vorgelegt worden sei und das Vorbringen hinsichtlich des Schicksals des Vaters aufgrund von Widersprüchen nicht als glaubhaft erachtet werde.
Allerdings hat es das Bundesamt unterlassen, das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Gänze zu würdigen. Daher sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet. Dies aus folgenden Gründen:
2.2.2.1. Die belangte Behörde führte begründend aus, dass mangels Vorlage einer offiziellen Vermisstenmeldung nicht von aktiven Bemühungen der Familie hinsichtlich der Suche nach dem Vater und den übrigen drei Geschwistern der Beschwerdeführer ausgegangen werden könne. Festzuhalten ist jedoch, dass die Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 24.10.2017 einen Suchantrag an das Rote Kreuz betreffend den vermissten Vater in Vorlage brachten. Eine Auseinandersetzung mit diesem Dokument im Zuge der Beweiswürdigung erfolgte nicht und wurde weder in der Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2017 noch im Bescheid vom 01.02.2018 noch in der Beschwerdevorentscheidung vom 10.04.2018 näher dargelegt, aus welchen Gründen diese vorgelegte Urkunde (Suchantrag) nicht als ausreichender Beweis erachtet wird.
2.2.2.2. Wenn in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt wird, dass das "Familienverhältnis" nicht erwiesen sei, so ist darauf hinzuweisen, dass im gesamten Verfahren die Familieneigenschaft zwischen den minderjährigen Beschwerdeführern und der Bezugsperson - nämlich dahingehend, dass die Bezugsperson die (leibliche) Mutter der fünf minderjährigen Beschwerdeführer ist - nicht bezweifelt wurde. Sollte die belangte Behörde tatsächlich dahingehende Bedenken haben, hätte sie diese den Beschwerdeführern zur Kenntnis bringen müssen und wäre sie gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG dazu verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführer über die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse zu belehren.
2.2.3. In einer Gesamtbetrachtung kann daher nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Vater der minderjährigen Beschwerdeführer am Leben und in der Lage ist zu entscheiden, ob er der Ausreise seiner Kinder zustimmt.
Die Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren umfassend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer, insbesondere mit dem vorgelegten Suchantrag, auseinanderzusetzen haben. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin nunmehr die Sterbeurkunde ihres Vaters vorgelegt haben und wird die belangte Behörde in weiterer Folge Ermittlungen im Hinblick auf die Echtheit und Richtigkeit dieser Urkunde durchzuführen haben. Wie bereits ausgeführt, wird sie - sollte sie tatsächlich Bedenken am Bestehen eines Familienverhältnisses zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson haben - zudem eine entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Vornahme derartiger DNA-Analysen zu geben haben. Das Bundesamt ist gegebenenfalls gehalten, die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu prüfen.
Ferner wird vor Bescheiderlassung, sofern die Entscheidung dem Standpunkt der Beschwerdeführer nicht vollinhaltlich Rechnung tragen sollte, Gelegenheit zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme zu allen entscheidungsrelevanten Fragen einzuräumen sein, dies unter der Prämisse, dass die vorgehaltenen Bedenken auch für die Beschwerdeführer näher ausgeführt und inhaltlich ausreichend nachvollziehbar begründet werden.
2.3. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer zur Bezugsperson in Österreich bzw. (gegebenenfalls) zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
2.4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Einreisetitel, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W235.2195350.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.03.2019