TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/23 W233 2178291-1

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W233 2178291-1/28E

Schriftliche Ausfertigung des am 19.12.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2017, ZI.: 1079037604 -150904921, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2018 zu

Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird bezüglich des Spruchpunktes II. als

unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird stattgegeben, gemäß § 9 BFA-VG festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 1 Z 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 21.07.2015 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein, wurde mangels eines gültigen Aufenthaltstitels am 21.07.2015 in Wien vorläufig festgenommen und stellte in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. In seiner Erstbefragung am 22.07.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Wien, gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen an, er und seine Familie würden aufgrund der Tätigkeit seines Vaters für die NATO von den Taliban bedroht und sei der Vater vor ca. vier Jahren auch ermordet worden. Daher habe er Afghanistan verlassen und sei in den Iran geflüchtet, wo er sich die letzten vier Jahre aufgehalten habe.

1.3. Bei seiner Einvernahme am 04.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bestätigte der Beschwerdeführer die Richtigkeit seiner bisher gemachten Angaben und führte ergänzend aus, dass sein Vater am 01.10.1389 (afghanischer Kalender) von den Taliban, im Rahmen eines von diesen ausgeführten Raketenangriffs auf den von ihm gelenkten Tankwagen, getötet worden sei. Zuvor sei sein Vater von den Taliban bedroht und aufgefordert worden seine Tätigkeit bei der NATO zu beenden, was sein Vater jedoch nicht getan habe. Wegen der Tätigkeit seines Vaters hätten die Taliban auch ihn und die restliche Familie bedroht. Nach dem Tod seines Vaters sei er in den Iran geflüchtet und seien ca. einen Monat später auch seine Mutter und seine Geschwister in den Iran nachgekommen.

1.4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt mit Bescheid vom 24.10.2017 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.07.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Statuts des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23.11.2017 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

1.6. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 21.01.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher der Beschwerdeführer Auskunft zu seinem Fluchtgrund und seinen Lebensumständen in Afghanistan und in Österreich gab. Die belangte Behörde verzichtete mit Schreiben vom 18.12.2017 auf die Teilnahme an der Verhandlung.

In der Verhandlung wurden die relevanten Feststellungen und Berichte über die allgemeine Sicherheitslage im Herkunftsland (LIB Afghanistan, Stand 30.01.2018; die UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, samt einem Auszug aus den Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Inneren vom Dezember 2016; ein ecoi.net-Themendossier "Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul vom 26.01.2018; ein Auszug aus einem im Asylmagazin 3/2017 publizierten Artikel von Friederike Stahlmann ("Überleben in Afghanistan? Zur humanitären Lage von Rückkehrenden und ihren Chancen auf familiäre Unterstützung") und ein Auszug aus einer über Auftrag der Staatendokumentation veranlassten Arbeitsübersetzung des in englischer Sprache verfassten EASO Country of Origin Information Report - Afghanistan - Networks vom Jänner 2018) in das Verfahren eingebracht.

1.7. Mit Schriftsatz vom 06.03.2018 brachte der gewillkürt vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den ihm in der mündlichen Verhandlung überreichten Erkenntnisquellen über die Situation in Afghanistan ein.

1.8. Mit hg. Erkenntnis vom 17.04.2018, GZ: W233 217829-1/12E wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A) I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt A) II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.04.2019 erteilt (Spruchpunkt A) III.). Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wurde gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt A) IV.).

1.9. Gegen die Spruchpunkte A) II. und A) III. erhob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.05.2018 außerordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 iVm Abs 6 Z 2 B-VG, welcher mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.09.2018,

Zl. Ra 2018/19/0312-6 stattgegeben und das Erkenntnis in den Spruchpunkten A) II. und

A) III. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben wurde.

1.10. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22.10.2018 brachte das Bundesverwaltungsgerichte neue Beweismittel zur Situation in Afghanistan, die zur Entscheidungsfindung Berücksichtigung finden, in des gegenständliche Verfahren ein (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Stand 29.06.2018; UNHCR Guidelines - Afghanistan 30.08.2018) und gewährte dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist zur Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme.

1.11. Am 19.12.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seiner Identität, seiner Herkunft, seinen persönlichen Lebensumständen sowie zu seiner Situation im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat befragt wurde. Die belangte Behörde verzichtete mit Schreiben vom 13.11.2018 auf die Teilnahme an der Verhandlung.

1.12. Nach Schluss der Verhandlung verkündete der erkennende Richter den Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses samt den tragenden Entscheidungsgründen.

1.13. Die belangte Behörde beantragte mit Schreiben vom 10.01.2019 die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.

1.14. Der Beschwerdeführer legte im gegenständlichen Verfahren folgende Dokumente/Unterlagen vor:

* Lehrvertragsänderung vom 02.01.2017 (AS 115 ff);

* Bescheid des Arbeitsmarktservices vom 19.04.2016, mit welchem dem Lehrberechtigten des Beschwerdeführers für den Beschwerdeführer für die berufliche Tätigkeit als Koch (Lehrling /Auszubildender) für die Zeit vom 19.04.2016 bis 18.10.2019 eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 AuslBG erteilt wird (AS 123 ff);

* Jahreszeugnis der Berufsschule XXXX für das Schuljahr 2016/2017 (AS 147);

* Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule XXXX für das Schuljahr 2016/2017 (AS 149);

* ÖSD Zertifikat A1 ("sehr gut bestanden") vom 13.10.2016 (AS 151);

* ÖSD Zertifikat A2 ("gut bestanden") vom 16.03.2017 (AS 153);

* ÖSD Zertifikat B1 ("ausreichend bestanden") vom 05.07.2017 (AS 155);

* Kursbesuchsbestätigungen Deutschkurs vom 27.04.2017 und 27.07.2017 (AS 157 ff);

* Bescheinigung über die Teilnahme am Erste-Hilfe-Führerscheinkurs (AS 161);

* Unterlagen zum Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung (AS 163 ff);

* Empfehlungsschreiben XXXX, XXXX Hotel XXXX, vom 02.10.2017 (AS 171);

* Unterstützungserklärung XXXX vom 27.09.2017 (AS 173);

* Empfehlungsschreiben XXXX, XXXX Hotel XXXX vom 16.11.2017 (AS 401 ff);

* Stellungnahme der Berufsschule XXXX vom 13.11.2017 (AS 405);

* Empfehlungsschreiben XXXX, Bürgermeister der Marktgemeinde XXXX vom 17.11.2017 (AS 471);

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 24.08.2018;

* Jahreszeugnis der Berufsschule XXXX für das Schuljahr 2017/2018;

* Schulbesuchsbestätigung der Berufsschule XXXX für das Schuljahr 2017/2018;

* Bestätigung der Freiwilligen Feuerwehr XXXX, dass der Beschwerdeführer seit 26.02.2018 vollständiges Mitglied ist, mit Feuerwehrpass in Kopie.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des Beschwerdeführers; durch Einsichtnahme in die im Verlauf des Verfahrens vorgelegten Unterlagen, in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR und ZMR sowie durch Einsichtnahme in die in das Verfahren eingebrachten Informationen zum Herkunftsstaat. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2. Feststellungen:

2.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, wurde am 01.01.1996 geboren, ist Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppen der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

2.2. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt XXXX in der Provinz Herat, wo er bis zum Jahr 2010 gelebt hat. Er hat dort acht Jahre die Grundschule besucht.

Nach dem Tod seines Vaters ist der Beschwerdeführer am 23.12.2010 in den Iran ausgereist. Dort lebte er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern, welche Afghanistan einen Monat nach ihm verlassen haben, in Teheran im Stadtteil Hashemabad, wobei dieser Aufenthalt von den iranischen Behörden nicht legalisiert war.

Im Iran hat der Beschwerdeführer als Hilfsarbeiter am Bau und als Verkäufer von Plastikgeschirr gearbeitet und so seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet.

Der Beschwerdeführer hat den Iran im Juni 2015 verlassen, da er von den iranischen Behörden keine Dokumente erhalten hat und er, falls er von der iranischen Polizei aufgegriffen worden wäre, nach Afghanistan abgeschoben worden wäre.

Seine Mutter und sein Geschwister leben nach wie vor illegal im Iran und erwirtschaftet seine Mutter als Reinigungskraft gerade so das Auskommen ihrer Familie im Iran.

2.3. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan keine Familienangehörige oder Bekannte, mit denen er in Kontakt steht.

2.4. Es konnte vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

2.5. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Herat ist eine relativ friedliche und entwickelte Provinz im Westen Afghanistans. Sie verzeichnet in abgelegenen Distrikten Aktivitäten von Aufständischen und es kommt zu Zusammenstößen zwischen diesen und Sicherheitskräften. Herat (Stadt), Hauptstadt der Provinz Herat, steht unter Regierungskontrolle und verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt erreicht werden kann.

Die Provinz Herat ist von einer Dürre betroffen. Zugang zu Wohnmöglichkeiten und Wasser ist grundsätzlich gegeben. Die Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat ist hoch und Armut verbreitet.

Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Herat besteht für den Beschwerdeführer nicht ein so hohes Maß an willkürlicher Gewalt, dass er allein durch seine Anwesenheit tatsächlich einer ernsthaften, individuellen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt ist. Er läuft nicht Gefahr, in Herat grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer hat keine individuellen gefahrenerhöhenden Umstände aufgezeigt, die unter Beachtung seiner persönlichen Situation eine Gewährung von subsidiärem Schutz auch bei einem niedrigeren Grad von willkürlicher Gewalt angezeigt hätten.

Der Beschwerdeführer könnte im Falle einer Rückkehr nach Herat Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.

2.6. Der Beschwerdeführer kam im Jahr 2015 nach Österreich und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf. Es wurde festgestellt, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche Integration des Beschwerdeführers vorliegt.

2.6.1. Der Beschwerdeführer absolviert zurzeit im dritten Lehrjahr eine Lehre für die Ausbildung im Lehrberuf Koch in einem Hotel in XXXX. Der Lehr- bzw. Ausbildungsberechtigte verfügt für den Beschwerdeführer über eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Koch (Lehrling/Auszubildender) für den Zeitraum von 02.01.2017 bis 01.05.2020.

2.6.2 Der Beschwerdeführer besucht die Berufsschule XXXX und wurde über die erste Fachklasse für den Lehrberuf Koch im Schuljahr 2016/17 in allen Pflichtgegenständen positiv beurteilt, wobei in diesem Schuljahr Deutsch als Pflichtgegenstand nicht unterrichtet wurde. Auch im Schuljahr 2017/18 wurde der Beschwerdeführer in allen Pflichtgegenständen positiv beurteilt, wobei er in diesem Schuljahr im Pflichtgegenstand Deutsch und Kommunikation die Beurteilung "Gut" aufweist.

2.6.3. Der Beschwerdeführer hat am 24.08.2018 an einem Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds teilgenommen und verfügt über ein ÖSD-Zertifikat über Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau B 1.

2.6.4. Der Beschwerdeführer lebt in einer Personalunterkunft des Lehrbetriebes. Er bezieht eine Lehrlingsentschädigung und ist in der Lage, sich selbst zu erhalten. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung

2.6.5. Es war davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch nach Abschluss seines Lehrvertrages in der Lage sein wird, sich durch eigene berufliche Tätigkeit selbst zu erhalten.

2.6.6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich in seiner Aufenthaltsgemeinde sozial integriert. Er ist dort Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und verfügt in Österreich über freundschaftliche Kontakte in seiner Heimatgemeinde, der Freiwilligen Feuerwehr, an seiner Arbeitsstätte und in der Berufsschule.

2.6.7. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

2.7. Weitere Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018, gekürzt und bereinigt):

2.7.1. Sicherheitslage in Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat- Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der SafranProduktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m3 turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten TalibanGruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

2.7.2. Erreichbarkeit Herats

Der internationale Flughafen Herat befindet sich 10 km von der Provinzhauptstadt Herat entfernt. Der Flughafen wird u.a. von den Sicherheitskräften der ISAF benutzt, die einen Stützpunkt neben dem Flughafen haben. 2011 wurde ein neues Terminal mit Finanzierung der italienischen

Regierung errichtet (HIA o.D.). Seit 2012 gilt er als internationaler Flughafen (Telesur 13.7.2017; vgl. TN 15.7.2017, Pajhwok 13.2.2012, DW 10.4.2013), von wo aus Flüge in den Iran, nach Pakistan, Dubai oder Tadschikistan gehen (HIA o.D.).

[...]

2.7.3. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit. Auslandsreisen. Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt die Bewegung der Bürger/innen gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 20.4.2018; vgl. MPI 27.1.2004).

In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische. Landminen und improvisierte Sprengfallen (lEDs) das Reisen besonders gefährlich. speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. Gesellschaftliche Sitten schränken die Bewegungsfreiheit von Frauen ohne männliche Begleitung ein (USDOS 20.4.2018).

[...]

2.7.4. Grundversorgung und Wirtschaft

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188 (UNDP 2016). Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist (IWF 8.12.2017; vgl. WB 10.4.2018). Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden (SCA 22.5.2018). Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (WB 10.4.2018).

Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert (IWF 8.12.2017). Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen (UN GASC 27.2.2018).

Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit

Schätzungen zufolge leben 74,8% der Bevölkerung in ländlichen und 25,2% in städtischen Gebieten (CSO 4.2017). Für ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle (SCA 22.5.2018; vgl. AF 14.11.2017).

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet (WB 10.4.2018). Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten als arbeitslos oder unterbeschäftigt (SCA 22.5.2018). Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. SCA 22.5.2018).

Seit 2001 wurden zwar viele neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch sind diese landesweit ungleich verteilt und 80% davon sind unsichere Stellen (Tagelöhner) (SCA 22.5.2018).

Ungefähr 47,3% der afghanischen Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, 60% unter 24 Jahre. Daher muss die Versorgung der jungen Bevölkerungsschichten seitens einer viel geringeren Zahl von Erwachsenen gewährleistet werden; eine Herausforderung, die durch den schwachen Arbeitsmarkt verschlimmert wird. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden. Gemäß einer Umfrage von Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 wird von 70,6% der Befragten die Arbeitslosigkeit als eines der größten Probleme junger Menschen in Afghanistan zwischen 15 und 24 Jahren gesehen (AF 14.11.2017).

Projekte der afghanischen Regierung

Im Laufe des Jahres 2017 hat die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen unternommen, um die Rechenschaftspflicht bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsprioritäten durch die hohen Entwicklungsräte zu fördern (UN GASC 27.2.2018). Darunter fällt u.

a. der fünfjährige (2017 - 2020) Nationale Rahmen für Frieden und Entwicklung in Afghanistan (The Afghanistan National Peace and Development Framework, ANPDF) zur Erreichung der Selbständigkeit. Ziele dieses strategischen Plans sind u. a. der Aufbau von Institutionen, die Förderung von privaten Investitionen, Wirtschaftswachstum, die Korruptionsbekämpfung, Personalentwicklung usw. (WP 10.4.2018.; vgl. GEC 29.1.2017). Im Rahmen der Umsetzung dieses Projekts hat die Regierung die zehn prioritären nationalen Programme mithilfe der Beratung durch die hohen Entwicklungsräte weiterentwickelt. Die Implementierung zweier dieser Projekte, des "Citizens' Charter National Priority Program" und des "Women's Economic Empowerment National Priority Program" ist vorangekommen. Die restlichen acht befinden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien (UN GASC 27.2.2018).

Das "Citizens' Charter National Priority Program" z. B. hat die Armutsreduktion und die Erhöhung des Lebensstandards zum Ziel, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden sollen. Die erste Phase des Projektes sollte ein Drittel der 34 Provinzen erfassen und konzentrierte sich auf Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar. Ziel des Projekts ist es, 3,4 Mio. Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen, die Gesundheitsdienstleistungen, das Bildungswesen, das Straßennetz und die Stromversorgung zu verbessern, sowie die Zufriedenheit und das Vertrauen der Bevölkerung in die

Regierung zu steigern. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Behinderte, Arme und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 28.12.2017).

[...]

2.7.5. Rückkehr

Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet. die nach Afghanistan zurückgekehrt sind. nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen. die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben. als auch nicht-registrierte Personen. die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind. sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der

Rückkehrer/innen hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015. um 24% erhöht. und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz. die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145) (IOM/DTM 26.3.2018). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und

462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig. als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (IOM 7.7.2017).

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern) (UNHCR 3.2018).

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen (USDOS 20.4.2018). Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer/innen. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer/innen sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten (UN OCHA 12.2017).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (BFA Staatendokumentation; vgl. AAN 19.5.2017). Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA

Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die

Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017) und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten (BFA Staatendokumentation 4.2018; IOM 6.2012). Im Jangalak Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer, mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017). Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 18.4.2018).

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM- Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor (BFA Staatendokumentation; vgl. IOM 25.1.2018). IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr - und Reintegrationsunterstützung (BFA Staatendokumentation; vgl. IOM 25.1.2018). In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM Belgium o. D.). IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 25.1.2018). ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von

Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IRARA o. D., IOM 25.1.2018). AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. FB o.D.). Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017).

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an (BFA Staatendokumentation 4.2018). Auch hilft NRC Rückkehrer/innen bei Grundstücksstreitigkeiten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrer/innen aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein.

Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt (BFA Staatendokumentation 4.2018). Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl UNHCR 13.12.2017).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017) - alle Leistungen sind kostenfrei (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Info Migrants 2.1.2018). Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017). Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft (wenngleich sich das Jangalak- Aufnahmezentrum bis September 2017 direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand, wurde dieses dennoch von IOM betrieben und finanziert). Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen - sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017).

Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018). Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018).

Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018).

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018). Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Landinfo 19.9.2017). Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).

[...]

Afghanische Flüchtlinge im Iran

Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

Trotz aller Kritik sind sich UNHCR und NGOs einig, dass dem Iran im Umgang mit afghanischen Flüchtlingen mehr Anerkennung zusteht, als ihm zuteil wird (AN 17.3.2018). So haben sich die Zugangsmöglichkeiten für afghanische Flüchtlinge zum Gesundheits- und Bildungswesen sowie zu sozialen Absicherungsmaßnahmen in Iran verbessert (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. AN 17.3.2017, EN 26.10.2017, DW 22.9.2017). Der Iran hat einen Präzedenzfall geschaffen, indem allen Flüchtlingen im Land Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversicherung Salamat Universal Public Health Insurance (UPHI) eröffnet wurde; diese Versicherung ist jenen Versicherungsleistungen ähnlich, zu denen iranische Staatsbürger/innen Zugang haben (UNHCR 17.10.2017; vgl. GV 3.1.2015).

Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge in Iran in Camps (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. UNHCR 17.10.2017). Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers wurden aufgrund seiner Angaben vor dem Bundesamt sowie im Verfahren vor dem BVwG und in den vom Beschwerdeführer vorgelegten Schriftstücken getroffen.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

3.2. Die Feststellung zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat stützten sich auf die diesbezüglich gleichbleibenden, glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und in beiden mündlichen Verhandlungen vor dem BVwG, sowie auf die Kenntnisse und Verwendung der Sprache Dari und die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Afghanistans.

3.3. Der Beschwerdeführer konnte im Verfahren, durch seine durchgängig gleichbleibenden Angaben, insbesondere auch zuletzt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 19.12.2018, glaubhaft machen, dass er in Afghanistan keine Familienangehörigen oder Bekannte hat, mit denen er in Kontakt steht.

3.4. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan im Falle einer Rückkehr keiner Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 17.04.2018, GZ W233 2178291-1/12E getroffen und ist Spruchpunkt A) I. dieses Erkenntnisses, mit welchem die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen wurde, in Rechtskraft erwachsen.

3.5. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, wurde aufgrund der Tatsache getroffen, dass der Beschwerdeführer gegenteiliges weder vorgebracht hat noch im Laufe des Verfahrens Befunde o.ä. Unterlagen vorgelegt hat, die auf das Vorliegen einer ernsthaften oder chronischen Erkrankung schließen lassen würden. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren durchgehend angegeben, gesund zu sein.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers fußen im Wesentlichen auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Stand 29.06.2018, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.13 Herat (S 108 ff). Ebenso basieren die Feststellungen zur Erreichbarkeit von Herat auf den Informationen im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Stand 29.06.2018, Kapitel 3. Unterkapitel

3.5. Erreichbarkeit, S 229 f.

Aus den Informationen zur Sicherheitslage in Herat (Stadt) ließ sich nicht ableiten, dass gleichsam jeder nur aufgrund seiner Anwesenheit in der genannten Stadt einem

Verletzungs-, Misshandlungs- oder Tötungsrisiko ausgesetzt wäre, auch wenn es in der Stadt zu sicherheitsrelevanten Vorfällen kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass gerade der Beschwerdeführer von einem solchen Vorfall betroffen werde, ist allerdings nicht so hoch, dass es geradezu wahrscheinlich wäre, dass er im Fall einer Rückkehr verletzt, misshandelt oder getötet würde. Dem vermag auch der Beschwerdeführer mit seinen pauschalen unsubstantiierten Ausführungen, die Sicherheitslage in ganz Afghanistan sei schlecht, nicht entgegenzutreten.

Die Feststellung zur Dürre wurde zunächst der UNHCR-Richtlinie entnommen (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 3. Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative in afghanischen Städten, S. 126). Dass diese Dürre eine Hungersnot ausgelöst hat, ließ sich dem vorliegenden aktuellen Berichtsmaterial jedoch nicht entnehmen.

Zu Armut und Arbeitslosigkeit im Herkunftsstaat war auszuführen, dass sich aus dem Länderinformationsblatt zunächst ergibt, dass Armut und Arbeitslosigkeit in ganz Afghanistan hoch sind, jedoch auch, dass beim Wiederaufbau Fortschritte erzielt werden können (Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft, S. 336 ff.). Insbesondere für den Westen des Landes, wo auch die Provinz Herat liegt, konnte die Armutsrate reduziert werden. Zu Herat speziell wird auch berichtet, dass es sich um eine relativ entwickelte Provinz handelt, wo auch Infrastrukturprojekte umgesetzt werden (Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.13. Herat, S. 122 f.).

Die Feststellungen zur Rückkehrhilfe ergaben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 29.06.2018, Kapitel 23. Rückkehr, S. 334 ff. Es ist zudem notorisch, dass der Beschwerdeführer bei einer freiwilligen Rückkehr nach negativem Verfahrensausgang Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen kann, wodurch er Rückkehrhilfe bzw. zusätzlich die Aufnahme in ein Reintegrationsprojekt beantragen kann: In Österreich stehen für afghanische Staatsangehörige zwei spezielle Reintegrationsprojekte zur Verfügung (ERIN oder RESTART II). Beide Angebote zielen effektiv auf die Wiedereingliederung im Heimatland ab und können erst nach Ankunft im Herkunftsland bezogen werden. Ziel ist es, den Rückkehrer vor allem durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, sowie Start Ups den Neustart im Heimatland zu erleichtern. Die Sachleistung beträgt bei ERIN 3.000 EUR; in bar erhalten die Personen 500,- EUR; beim IOM-Projekt (RESTART II) besteht die Sachleistung aus 2.800,- EUR und der Barwert aus 500,- EUR. Je nach Bedarf stellt hier IOM auch Leistungen, wie Family Assessment, temporäre Unterkunft nach der Ankunft und die Weiterreise zum Zielort, zur Verfügung (sämtliche Informationen dazu können auch jederzeit aktuell auf www.voluntaryreturn.at in diversen Sprachen abgerufen werden).

Bei einer zwangsweisen Außerlandesbringung stellt Österreich die sogenannte "Post Arrival Assistance" zur Verfügung. Die International Organization for Migration (IOM) führt dieses EU-finanzierte Unterstützungsprogramm im Auftrag der Europäischen Kommission (Directorate General for International Cooperation and Development) aus. Im Detail umfasst die Post-Arrival-Assistance die vorübergehende Unterkunftnahme, Hilfestell

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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