Entscheidungsdatum
24.01.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W211 2191703-3/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA LL.M. über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, gegen die Spruchpunkt I. - III., V. und VI. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Spruchpunkte I.-III.
und V. und VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, stellte am XXXX2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheid vomXXXX2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkte III.-V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung beträgt.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27.09.2018 zu W183 2191703-1/11E nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX2018 erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.), erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.), erteilte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (VI.).
Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht, in der unter anderem insbesondere beantragt wurde, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und langten am XXXX2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Teilerkenntnis vomXXXX2019, W211 2191703-3/3Z, wurde der Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) ersatzlos behoben.
3. Ebenfalls am XXXX2019 langte eine Information und ein Aktenvermerk der belangten Behörde beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach das Verfahren über einen zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX2018 zugelassen wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stellte am XXXX2018 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieses (zweite) Verfahren wurde zugelassen und der Regionaldirektion XXXX zu weiteren Bearbeitung übermittelt.
2. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen gründen sich auf das Einvernahmeprotokoll vom XXXX2019 betreffend den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, protokolliert beim BVwG zu W211 2191703-2, sowie auf den Aktenvermerk des BFA vom XXXX2019 über die Zulassung des Verfahrens über den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, ebenfalls beim BVwG protokolliert zu W211 2191703-2.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. "Bevor über den Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig:
Nach § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist die Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz "zu verbinden", nach § 52 Abs. 2 FPG hat sie "unter einem" zu ergehen; sie setzt also die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz voraus. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu treffen, dass die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, vorwegzunehmen (vgl. zum Verhältnis der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu einem Abspruch nach §§ 3 und 8 AsylG 2005 das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG kommt hingegen - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 1. Jänner 2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Ra 2016/21/0101).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz war daher nicht zulässig. In einem solchen Fall ist ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen, und eine - wie hier - bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung ist vom Bundesverwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz kommt nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FPG bzw. ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 ergangen ist." (vgl. VwGH, 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, Hervorhebung nicht im Original).
2. Da daher das Verfahren des Beschwerdeführers über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz zugelassen wurde und damit ein solches Verfahren (wieder) anhängig ist sowie über diesen zweiten Antrag noch nicht entschieden wurde, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht zulässig und die entsprechenden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben.
Da ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, entfällt damit auch die Grundlage für ein solches, weshalb auch der Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ersatzlos zu beheben ist.
In diesem Sinne mussten nun durch das Bundesverwaltungsgericht die nach dem Teilerkenntnis vom XXXX2019 noch offenen Spruchpunkte I.-III. und V. und VI. ersatzlos behoben werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH, 04.08.2016, Ra 2016/21/0162); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Rückkehrentscheidung, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W211.2191703.3.01Zuletzt aktualisiert am
06.03.2019