Index
63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versetzung eines Beamten wegen Verletzung von Dienstpflichten; kein Eingriff ins Privat- und FamilienlebenSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienstbehörde ist das Landesgendarmeriekommando für Salzburg.
Mit dessen Bescheid vom 4. April 1996 wurde er gemäß §38 Abs3 Z4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333/1979 idF der Novelle BGBl. 550/1994, (im folgenden kurz: BDG), mit Wirksamkeit vom 1. Mai 1996 von Amts wegen von seiner bisherigen Planstelle als Postenkommandant in Anif (VerwGr E2a/FuGr 5) abberufen und zum Landesgendarmeriekommando Salzburg (Abt. 31 - Haushalts- und Wirtschaftsabteilung) versetzt und "mit der Führung der Planstelle des SB 3121 (Inventarverwaltung - VerwGr E2a/FuGr 3) betraut, bis ein Beamter mit öaGD-Ausbildung zur Verfügung steht".
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung.
Die (gemäß §41a BDG eingerichtete) Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (im folgenden kurz: Berufungskommission) gab mit Bescheid vom 1. Oktober 1996 diesem Rechtsmittel keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß der letzte Teilsatz des Bescheidspruches "bis ein Beamter mit öaGD-Ausbildung zur Verfügung steht" aufgehoben wird.
2. Gegen den erwähnten Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter, verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. 1. Die hier in erster Linie in Betracht zu ziehenden Rechtsvorschriften lauten:
a) §38 BDG
"Versetzung
§38.(1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.
(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung an einen anderen Dienstort auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.
(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor
1.
bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder
2.
bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerber vorhanden sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder
3.
wenn der Beamte nach §81 Abs1 Z3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder
4.
wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.
(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z3 und 4 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.
(5) ..."
b) §16 Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. 70/1966
"Abschnitt IV
Führung der Bundesgendarmerie im Bereich der Länder
§16.(1) Organisatorische Maßnahmen im Bereiche von Dienststellen der Bundesgendarmerie obliegen dem Landesgendarmeriekommandanten im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann, soweit sie die Betrauung mit, die Abberufung von der Leitung einer Dienststelle oder die Versetzung ohne Änderung der dienstrechtlichen Stellung zum Gegenstand haben; §9 Abs4 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925 bleibt unberührt.
(2) ..."
2. Die Berufungskommission bezieht sich im angefochtenen Bescheid im wesentlichen auf die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Begründung und gibt diese wie folgt wieder:
"Der BW ((Berufungswerber) - das ist der Beschwerdeführer dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens) wurde vom LG Salzburg und dem OLG Linz nach §302 Abs1 StGB wegen Amtsmißbrauches zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt.
Die Disziplinarkommission beim BMI, Senat 46, hat den BW wegen der damit in Zusammenhang stehenden Dienstpflichtverletzungen mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 2 DK 46/1992, mit Rechtskraft vom 31. Jänner 1996 zu einer Disziplinarstrafe von 1,5 Monatsbezügen verurteilt. Wegen der Art und Schwere der begangenen Dienstpflichtverletzungen sei die Belassung des BW in der Dienststelle Anif nicht mehr vertretbar und die Einteilung auf andere Exekutivdienststellen aufgrund der vorliegenden Umstände ebenfalls auszuschließen. Die Versetzung erfolge aufgrund der Bestimmungen des §38 Abs3 Z4 BDG, in denen ausdrücklich angeführt werde, daß bei erwiesenen schweren Dienstpflichtverletzungen nach rechtskräftiger Verhängung einer Disziplinarstrafe die Belassung des Beamten auf seiner Dienststelle nicht vertretbar erscheint. Aufgrund der Verurteilung wegen Amtsmißbrauchs gelte es als erwiesen, daß der Beamte gemäß §43 BDG 1979 seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung weder treu, gewissenhaft, noch unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln besorgt hat. Der BW hätte in seinem gesamten Verhalten nicht darauf Bedacht genommen, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erhalten."
Zu dem in der Berufungsschrift enthaltenen Vorwurf, es sei das gemäß §16 Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. 70/1966 vorgeschriebene Einvernehmen mit dem Landeshauptmann von Salzburg nicht gepflogen worden, führt die Berufungskommission aus, daß im Berufungsstadium das Einvernehmen hergestellt worden sei. Im übrigen verweist sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1994, Zl. 94/12/0093, wonach die Unterlassung des Einvernehmens in Fällen wie dem vorliegenden nicht in die Rechtssphäre des versetzten Beamten eingreife.
3. Die Beschwerde begründet ihre Behauptungen zusammengefaßt folgendermaßen:
Dadurch, daß die Behörde es unterlassen habe, zur beabsichtigten Versetzung des Beschwerdeführers das Einvernehmen mit dem Landeshauptmann herzustellen, habe sie Willkür geübt sowie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Außerdem habe sie gegen Art8 EMRK verstoßen; die Versetzung habe den Beschwerdeführer im Bekanntenkreis geradezu lächerlich gemacht und ihn gedemütigt.
III. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfGH 24.9.1996 B2450/95).
2.a) Sohin könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Berufungskommission Willkür geübt hätte. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, läßt sich keine allgemeine Aussage machen. Ob Willkür vorliegt, kann nur aus dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980; VfGH 25.11.1996 B2326/96 u. a. Zlen.).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982).
b) Keiner dieser Mängel liegt aber hier vor. Weder hat sich für den Verfassungsgerichtshof ergeben, daß das Ermittlungsverfahren an einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel leide, noch kann von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage oder von einer Willkür indizierenden denkunmöglichen Gesetzesanwendung die Rede sein:
Das im §16 Abs1 des Bundesgesetzes BGBl. 70/1966 vorgesehene Einvernehmen mit dem Landeshauptmann wurde von der Berufungskommission ohnehin hergestellt, sodaß allein schon deshalb der Beschwerdeführer nicht in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz bzw. auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wurde.
Indizien dafür, daß die Behörde den Wechsel in der Person des Landeshauptmannes abgewartet habe, um den Beschwerdeführer zu schädigen, finden sich nicht. Der Berufungskommission ist daher auch insofern keine Willkür vorzuwerfen.
Daß die Voraussetzungen des §38 Abs3 Z4 BDG für die vorgenommene Versetzung zumindest denkmöglich vorlagen, bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht.
3. Die verfügte Versetzung greift nicht in das durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich verbürgte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ein. Es ist daher ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer in diesem Recht verletzt wurde.
4. Die getroffene behördliche Entscheidung ist also nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel belastet. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zugrundeliegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, daß eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfGH 24.9.1996 B2450/95; 25.11.1996 B2326/96 u.a. Zlen.).
5. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Versetzung, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B4707.1996Dokumentnummer
JFT_10029391_96B04707_00