TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 G305 2129193-2

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2129193-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA.: Mazedonien, vertreten durch RA XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 09.07.2018, Zl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, (im Folgenden: belangte Behörde oder BFA) vom 13.01.2016, der BF zugestellt am 15.01.2016, wurde der BF ihr unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet und die Beabsichtigung, gegen sie eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, vorgehalten, und ihr Gelegenheit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zu ihren persönlichen Verhältnissen innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieser Verständigung gegeben.

2. Mit schriftlicher Stellungnahme der Rechtsvertreterin der BF vom 18.02.2016 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, der Lebensgefährte der BF sei anerkannter Flüchtling, weshalb auch ihrem gemeinsamem minderjährigen Sohn Flüchtlingsstatus zuzuerkennen sei. Die BF sei in Österreich durch ihren Lebensgefährten umfassend versorgt und mitversichert und habe auch einen Anspruch auf Unterkunft. Im gegenständlichen Fall würden überwiegend private und familiäre Interessen der BF an einem Bleiberecht vorliegen.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.04.2016, der BF zugestellt am 29.04.2016, wurde auf den unrechtmäßigen Aufenthalt der BF hingewiesen, aus dem Asylverfahren ihres Sohnes ihre niederschriftliche Einvernahme vor der belangten Behörde wiedergegeben, der BF die Beabsichtigung, gegen sie eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, mitgeteilt, und ihr Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme dazu abzugeben und allfällige Urkunden vorzulegen.

4. Mit Schreiben der Rechtsvertreterin der BF vom 13.05.2016 wurde der belangten Behörde auf das in Österreich bestehende Familienleben der BF und die Versorgungslage und die Lage für die Bevölkerungsgruppe der Roma in Mazedonien hingewiesen.

5. Mit Schreiben der Rechtsvertreterin der BF vom 13.05.2016 wurde die belangte Behörde auf das zwischen der BF und ihrem Lebensgefährten und gemeinsamem Sohn bestehende Familienleben hingewiesen und ihr mitgeteilt, dass ihrem in Österreich asylberechtigten Lebensgefährten, einem Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma die Fortsetzung ihres Familienlebens in Mazedonien nicht zumutbar sei.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2016, zugestellt am 08.06.2016, wurde der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach Mazedonien zulässig sei (Spruchpunkt I.), und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise der BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt II.).

7. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

8. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29.06.2016 wurde diese Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt vorgelegt.

9. Am 12.09.2016 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser wurde auf die persönlichen Verhältnisse der BF eingegangen und ein ihren Sohn betreffendes Vaterschaftsanerkenntnis ihres Lebensgefährten vorgelegt.

10. Mit Beschluss des BVwG vom 23.09.2016 wurde der Bescheid des BFA vom 06.06.2016 aufgehoben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung die belangte Behörde zurückverwiesen.

11. Mit Schreiben der Rechtsvertreterin der BF vom 07.02.2017 wurde dem BFA ein Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2017, mit welchem dem minderjährigen Sohn der BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, übermittelt

12. Mit Bescheid der belangten Behörde von Februar 2017 wurde dem gemeinsamem Sohn der BF und der Lebensgefährten der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

13. Am 18.05.2018 wurde die BF vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt und ihr zur Kenntnis gebracht, dass sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen werde.

14. Mit Schreiben der Rechtsvertreterin der BF vom 30.05.2018 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat keine familiären Bindungen mehr, in Italien ihre Mutter und Schwester und im Bundesgebiet ein schützenswertes Familienleben mit ihrem Lebensgefährten und ihrem gemeinsamen Sohn habe.

Der Behörde vorgelegt wurde eine Einstellungszusage bei Erteilung eines Aufenthaltstitels und eine Schulnachricht ihres Sohnes von Februar 2018 über einen Schulbesuch als außerordentlicher Schüler im Schuljahr 2017/2018, eine Bestätigung von Juli 2016 über den regelmäßigen Besuch eines Deutschkurses, Niveaustufe A1, im Zeitraum von 15.03.2016 bis 21.06.2016 im Ausmaß von 45 Unterrichtseinheiten und eine Bestätigung der zuständigen Gebietskrankenkasse von März 2016 über die Mitversicherung der BF bei ihrem Lebensgefährten bis 24.08.2018.

15. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 09.07.2018, der Rechtsvertreterin der BF zugestellt am 11.07.2018, wurde der BF gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1. FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Mazedonien zulässig sei (Spruchpunkt III.), und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. (Spruchpunkt IV.).

16. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde beantragt, den im Spruch bezeichneten Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde stattzugeben und die Rückkehrentscheidung für auf Dauer, in eventu für vorübergehend, unzulässig zu erklären.

17. Am 14.08.2018 legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem BVwG vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Mazedonien. Ihre Muttersprache ist mazedonisch.

1.2. Während die BF in Mazedonien keine familiären Anknüpfungspunkte mehr hat, leben ihr Lebensgefährte, ein kosovarischer Staatsangehöriger mit Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma, ihr 2010 in Österreich geborener mittlerweile acht Jahre alte Sohn, der wie die BF Staatsangehöriger von Mazedonien ist, und ihre Schwester im Bundesgebiet. Der Lebensgefährte der BF hat im Jahr 2015 die Vaterschaft für den mit der BF gemeinsamem Sohn anerkannt und gilt damit als rechtlicher Vater des minderjährigen Sohnes des BF.

Die BF reiste im August 2009 in das österreichische Bundesgebiet ein, weist seither eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf und wohnt seit 05.09.2013 mit ihrem Lebensgefährten, der seit März 2009 eine durchgehende Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet aufweist, und ihrem gemeinsamen Sohn in gemeinsamem Haushalt zusammen. Davor - auch zum Zeitpunkt der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes im Oktober 2010 - lebten sie jedoch nicht in gemeinsamem Haushalt.

1.3. Die BF war für den Zeitraum von 30.07.2009 bis 29.08.2009 im Besitz eines Schengen - Visums.

1.4. Die BF ist mit ihrem Lebensgefährten mitversichert. Während ihr Lebensgefährte ab dem Jahr 2014 - mit knapp einjähriger Unterbrechung - bis zur Beendigung seines letzten Arbeitsverhältnisses am 04.10.2018 bei verschiedenen Dienstgebern im Bundesgebiet erwerbstätig war, ist die BF keiner Beschäftigung in Österreich nachgegangen. Die BF hat im Juni 2018 für den Fall, dass ihr ein Aufenthaltstitel bzw. eine Arbeitsbewilligung erteilt werde, eine Einstellungszusage erhalten.

In ihrem Herkunftsstaat hat sie nach Besuch einer Wirtschaftsschule ein nicht abgeschlossenes Studium besucht. Dann war sie in der Privatwirtschaft tätig und ist sie im Zeitraum von 2001 bis 2006 einer Tätigkeit als Archivarin und dann von 2006 bis zu ihrer Ausreise einer Tätigkeit als Verkaufsmanagerin nachgegangen.

1.5. Der Sohn der BF hat nachweislich im Bundesgebiet ab Oktober 2015 den Kindergarten und zuletzt im Schuljahr 2017/2018 als außerordentlicher Schüler die Volksschule besucht. Die BF hat im Zeitraum von 15.03.2016 bis 21.06.2016 an einer Volkshochschule in Österreich regelmäßig einen Deutschkurs, Niveaustufe A1, besucht.

1.6. Der Lebensgefährte der BF hat im Jahr 2014 und der mit der BF gemeinsame minderjährige Sohn der BF im Jahr 2017 den Status der Asylberechtigten erlangt. Die BF selbst hat hingegen in Österreich nie um Asyl angesucht.

1.7. Die BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.8. Die BF ist gesund. Ein Nachweis für eine physische oder psychische Beeinträchtigung der BF wurde im Verfahren nicht vorgelegt.

2. Zur Lage in Mazedonien:

2.1. Rückkehrsituation

Der Zugang zum Sozialsystem, zum Bildungs- und Gesundheitswesen sowie zum Arbeitsmarkt hängt nicht vom Besitz eines Reisepasses ab. Der Erhalt von Sozialleistungen ist an einen Aufenthalt in der ejR Mazedonien gebunden. Sozialleistungen müssen allerdings nach Rückkehr neu beantragt werden. Sofern man der monatlichen Meldepflicht nicht nachgekommen ist, kann ein Neuantrag auf Sozialhilfe erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten gestellt werden. Dies ist keine Rückkehrer-spezifische Diskriminierung, sondern gilt für alle Personen, die ihrer gesetzlichen Meldepflicht nicht nachgekommen sind (AA 12.8.2015, 3.8.2018).

2.2. Minderheiten

In der ejR Mazedonien gibt es mit ethnischen Albanern, Roma, Türken, Bosniaken, Serben und Vlachen eine Vielzahl von Minderheiten. Der Verfassung nach sind alle Bürger gleich und genießen alle Rechte und Freiheiten, unabhängig von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, nationaler und sozialer Herkunft, politischer und religiöser Zugehörigkeit oder Vermögens- und gesellschaftlicher Lage.

Roma sind keinen staatlichen Diskriminierungen ausgesetzt, es gibt allerdings vor allem im staatlichen Gesundheitssystem glaubwürdige Berichte von in Einzelfällen festgestellten Benachteiligungen. (AA 3.8.2018).

Quelle:

- AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien (MKD); Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Zur BF und ihren persönlichen Verhältnissen:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit und zu den persönlichen Verhältnissen der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in gegenständlicher Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Die Kenntnis und Verwendung der mazedonischen Sprache konnte die BF in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.05.2018 unter Beweis stellen.

Dass die BF bis 29.08.2009 im Besitz eines Visums für den Schengenraum war, beruht auf einem dem Verwaltungsakt einliegenden diesbezüglichen Nachweis (AS 227).

Die Feststellung zur 2015 erfolgten Vaterschaftsanerkennung des Lebensgefährten der BF zum 2010 geborenen Sohn der BF beruht auf einer dem Verwaltungsakt einliegenden 2015 ausgestellten Geburtsurkunde (AS 24).

Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Lebensgefährten der BF beruhen ebenso auf einem AJ WEB-Auskunftsverfahrensauszug wie die Feststellung zur Erwerbslosigkeit der BF und ihre Mitversicherung mit ihrem Lebensgefährten. Dass der BF im Juni 2018 eine Einstellungszusage für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels erhalten hat, beruht auf einer vorgelegten schriftlichen Einstellungszusage (AS 243).

Dass die BF in ihrem Herkunftsstaat in der Privatwirtschaft tätig war und von 2001 bis 2006 einer Tätigkeit als Archivarin und dann von 2006 bis zu ihrer Ausreise als Verkaufsmanagerin gearbeitet hat, beruht auf ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung in ihrem Asylverfahren. (BF in Niederschrift der mündlichen Verhandlung, S. 7).

Dass der minderjährige Sohn der BF im Schuljahr 2017/2018 nachweislich als außerordentlicher Schüler die Volksschule besucht, beruht auf einer vorgelegten dem Verwaltungsakt einliegenden "Schulnachricht" von Februar 2018.

Die Feststellung zum Deutschkursbesuch der BF im Zeitraum von 15.03.2016 bis 21.06.2016 beruht auf einer dies bescheinigenden dem Verwaltungsakt einliegenden Bestätigung von Juli 2016 (AS 245).

Wie im Beschwerdevorbringen angeführt und aus Fremdenregisterauszügen ersichtlich, haben der Lebensgefährte der BF und ihr gemeinsame minderjährige Sohn in Österreich Asylstatus erlangt.

Auf die Volksgruppenzugehörigkeit ihres Lebensgefährten betreffende Diskriminierungen der Bevölkerungsgruppe der Roma in Mazedonien nahm die BF in ihren schriftlichen Stellungnahmen, zuletzt von Mai 2018, und auch in ihrer Beschwerde Bezug. Abgesehen davon, dass gegenständliches Beschwerdeverfahren nur die BF und nicht ihren bereits Asylstatus erlangten Lebensgefährten betrifft, gehen aus den zugrundeliegenden Länderfeststellungen zwar einzelne, jedoch keine systematischen und staatlichen Diskriminierungen der Bevölkerungsgruppe der Roma in Mazedonien hervor.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den unter Feststellungen angeführten bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten bzw. mit diesen übereinstimmenden Länderberichten des deutschen Auswärtigen Amtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen Bescheide des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

3.1.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird, sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Die mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte Bestimmung des § 9 BFA-VG lautet wörtlich wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(...)

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die Republik Mazedonien gilt seit 01.07.2009 aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 als sicherer Herkunftsstaat.

Staatsangehörige der Republik Mazedonien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, idgF von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Seit 19.12.2009 sind mazedonische Staatsangehörige bei der Einreise in den Schengen-Raum von der Visumpflicht befreit.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkbefreite Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Im gegenständlichen Fall ist die BF im Besitz eines gültigen mazedonischen Reisepasses.

Die BF war den Reisepasseintragungen zufolge bei ihrer Einreise in das Schengen - Gebiet am 01.08.2009 im Besitz eines bis einschließlich 29.08.2009 gültigen Schengen-Visums. Sie war demnach drei Monate ab Ablauf ihres gültigen Schengen-Visums am 29.08.2009 - bis 30.11.2009 - in Österreich sichtvermerksbefreit, hat jedoch nach ihrer Erstmeldung am 03.08.2009 erst am 22.12.2009 wieder das Bundesgebiet verlassen.

Die BF war jedenfalls seit ihrer Erstmeldung ab 03.08.2009 durchgehend mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Abgesehen von ihrem bis 28.09.2009 und ihrer demzufolge bis 29.11.2009 sichtvermerksfreien Aufenthaltsberechtigung war die BF nie im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung für Österreich.

Dass wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet behördlich beabsichtigt war, gegen die BF eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wurde der BF bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.01.2016 vorgehalten.

Daraufhin folgte jedoch keine freiwillige Ausreise der BF, sondern am 04.03.2016 eine Asylantragstellung für ihren minderjährigen Sohn, nachdem ihr Lebensgefährte, der im Jahr 2014 den Status des Asylberechtigten erlangt hat, im Jahr 2015 seine Vaterschaft zum Sohn der BF anerkannt hatte.

Nachdem die BF für ihren Sohn im März 2016 einen Asylantrag gestellt hatte und sie im Asylverfahren ihres Sohnes niederschriftlich einvernommen worden war, wurde der BF mit Schreiben vom 28.04.2016 die behördliche Absicht mitgeteilt, nach voraussichtlicher Abweisung des Asylantrages ihres 2010 in Österreich geborenen Sohnes nicht nur gegen ihren Sohn, sondern auch gegen die BF eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Im Gegensatz zum Lebensgefährten und zum Sohn der BF, die bereits für die Dauer ihrer Asylverfahren vorläufig aufenthaltsberechtigt waren und nunmehr aufgrund ihrer Asylgewährung in Österreich aufenthaltsberechtigt sind, ist die BF in Österreich nicht aufenthaltsberechtigt.

Obwohl die BF wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet kein längerfristiges Familienleben planen durfte, blieb sie auch nach Geburt ihres Sohnes 2010 weiterhin in Österreich und nahm im Jahr 2013 mit ihrem Lebensgefährten, der sich anfangs nicht zu einer Vaterschaft bekannt und die Vaterschaft zum minderjährigen Sohn der BF erst im Jahr 2015 anerkannt hat, einen gemeinsamen Hauptwohnsitz.

Wie sich aus ihren im Schreiben der Behörde vom 24.03.2016 im Asylverfahren ihres Sohnes wiedergegebenen Angaben in niederschriftlicher Einvernahme ersichtlich ist, stellte sie für ihren Sohn nur deshalb am 04.03.2016 einen Asylantrag, um ihm und damit offensichtlich auch sich selbst ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, gab sie in ihrer Einvernahme doch bezüglich eigener Fluchtgründen ihres Sohnes an: "Nein, Eigene Gründe gibt es nicht. Wir wollen als Familie zusammenbleiben."

Die BF betonte in dieser behördlichen Einvernahme zudem, ihr Aufenthalt in Österreich sei illegal und ihr Lebensgefährte hätte sein Kind nicht mehr sehen können, wenn sie das Land verlassen hätten.

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass die BF kein Aufenthaltsrecht für Österreich hat, ihr Sohn hingegen der Asylgewährung ihres Lebensgefährten im Jahr 2014 folgend im Jahr 2017 den Status eines Asylberechtigten erlangt hat, obwohl er im Gegensatz zu seinem Vater, einem kosovarischen Staatsangehörigen, wie seine Mutter - die BF - die mazedonische Staatsbürgerschaft hat und somit bei einer Rückkehrentscheidung zusammen mit seiner Mutter in den Herkunftsstaat seiner Mutter zurückgeschickt worden wäre, was der BF bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.04.2016 "als Ergebnis der Beweisaufnahme" und voraussichtliche behördliche Beabsichtigung mitgeteilt wurde.

Das Bleiberecht des minderjährigen Sohnes beruht im gegenständlichen Fall jedenfalls auf die nach Asylgewährung seines Vaters unter Anwendung der Familienverfahrensvorschriften des Asylgesetzes erfolgte Asylgewährung im Familienverfahren, nicht jedoch auf eine im Zuge einer Interessensabwägung festgestellte tatsächlich bestehende Nahebeziehung des Sohnes der BF zu seinem Vater iSv Art. 8 EMRK.

Von einer solchen kann wegen der anfänglichen Leugnung der Vaterschaft des Lebensgefährten der BF und seiner erst im Jahr 2015 erfolgten Vaterschaftsanerkennung auch nicht ausgegangen werden. Die Hauptbezugsperson für den Sohn der BF stellt somit jedenfalls die BF selbst als Kindesmutter dar.

Auch wenn die BF zumindest seit ihrer mit ihrem Lebensgefährten gemeinsamen Wohnsitznahme im September 2013 eine nähere Beziehung eingegangen ist und seither mit diesem und ihrem nunmehr acht Jahre alten Sohn in gemeinsamem Haushalt zusammenlebt, steht fest, dass die BF während ihres unrechtmäßigen Aufenthaltes keinesfalls ein längerfristiges Familienleben im Bundesgebiet planen durfte und demzufolge ihr im Bundesgebiet gegründetes Familienleben mit ihrem Lebensgefährten gegenüber dem besonders gewichtigen öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens im Zuge der Interessensabwägung eindeutig in den Hintergrund tritt.

In Hinblick auf das von der BF in Österreich gegründete Privatleben ist auf eine insgesamt mehr als neun jährige Aufenthaltsdauer der BF im Bundesgebiet hinzuweisen.

Während einer Aufenthaltsdauer von unter fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058-7), ist bei einer darüberhinausgehenden Aufenthaltsdauer grundsätzlich eine maßgebliche Integration möglich.

Wie der Verwaltungsgerichtshof anführt, ist auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer. (vgl. VwGH 29.8.2018, Ra 2018/22/0180).

Fest steht, dass der bisher neun Jahre langer Aufenthalt der BF im Bundesgebiet stets unrechtmäßig war. Obwohl sich die BF seit ihrer Erstmeldung im August 2009 bereits neun Jahre lang im Bundesgebiet aufhält, hat die BF während ihres gesamten Aufenthaltes selbst keine Beschäftigung ausgeübt, sich abgesehen von einem Deutschkurs von 15.03.2016 bis 21.06.2016 keinem Kurs oder Verein angeschlossen und demzufolge keine besonderen Integrationsschritte gesetzt, die den öffentlichen Interessen entgegengehalten werden könnten.

Bei der Interessensabwägung einziges einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehendes familiäres Interesse der BF betrifft ihre Beziehung zu ihrem Sohn, den sie im Jahr 2010 im Bundesgebiet geboren hat und der nach Vaterschaftsanerkennung des Lebensgefährten der BF im Jahr 2015 auf dessen Asylgewährung im Jahr 2014 hin im Jahr 2017 im Familienverfahren ebenso den Status des Asylberechtigten erlangt hat.

Dass der nunmehr acht Jahre alte Sohn der BF in Folge seiner Asylgewährung ein Bleiberecht hat, bedeutet jedoch nicht, dass dieser demzufolge auch bei seinem Vater und Lebensgefährten seiner Mutter bleiben muss, handelt es sich doch bei seinem Vater um einen kosovarischen, beim Sohn der BF hingegen um einen mazedonischen Staatsbürger, dessen Staatsbürgerschaft auch die BF besitzt.

Genauso wie ein unsicherer Aufenthaltsstatus eines Elternteils zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes gegenüber dem bei der Interessensabwägung besonders berücksichtigungswürdigen Kindeswohl in den Hintergrund tritt [(Chmielewski, Kindeswohl als Kriterium der Interessensabwägung, MIGRALEX, 03/2013, 71); vgl. BVwG vom 07.10.2016, Zl. W159 1428794-1/37E)], tritt auch eine nur auf Familienverfahrensvorschriften und nicht auf eine eigene Verfolgungsgefahr gestützte Asylgewährung gegenüber einer tatsächlichen Nahebeziehung zum anderen von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffenen Elternteil, der die Hauptbezugsperson des Kindes darstellt, in den Hintergrund, wenn die Mitnahme des Kindes in den Herkunftsstaat dieses Elternteils dem Wohl des Kindes entspricht und zumutbar ist.

Auch wenn die gegenständliche Interessensabwägung nur die BF selbst betrifft, ist im Zuge dieser zu prüfen, ob es zumutbar ist, dass die BF im Falle einer ihr auferlegten Rückkehrverpflichtung von ihrem minderjährigen acht Jahre alten Sohn in ihren Herkunftsstaat begleitet wird. Dieser besitzt mit seiner mazedonischen dieselbe Staatsangehörigkeit wie die BF selbst und hat nach Geburt und Sozialisierung in Österreich nachweislich im Schuljahr 2017/2018 nicht als ordentlicher, sondern als außerordentlicher Schüler die Volksschule besucht. Er befindet sich mit seinen acht Jahren zudem in einem anpassungsfähigen Alter und wird die BF in ihren Herkunftsstaat begleiten können, überwiegt im gegenständlichen Fall doch das Interesse der BF und auch ihres Sohnes an einer Fortsetzung der Mutter-Kind-Beziehung die von ihrem Sohn seit Geburt in Österreich erworbene private und familiäre Bindung zum Kindesvater.

Der Lebensgefährte der BF hat mit seinem Konventionsreisepass, der für alle Staaten der Welt mit Ausnahme des Herkunftsstaates gilt, jedenfalls die Möglichkeit, nach Mazedonien, einem sicheren Herkunftsstaat zu reisen, und dort die BF und ihren minderjährigen Sohn besuchen. Eine Art. 3 EMRK - Verletzung aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Roma erwartet ihn in Mazedonien laut zugrunde gelegten Länderfeststellungen zudem nicht.

Da es der BF somit bei einer gegen sie verhängten aufenthaltsbeendenden Maßnahme möglich und zumutbar ist, ihre Mutter-Kind-Beziehung mit ihrem minderjährigen Sohn in Mazedonien fortzusetzen und dadurch wegen der Möglichkeit ihres in einem anpassungsfähigen Alter befindlichen Sohnes, regelmäßig den Kontakt zu seinem Kindesvater in Österreich über moderne Kommunikationsmittel und Besuche aufrecht zu halten, auch das "Kindeswohl" nicht beeinträchtigt wird, ist im gegenständlichen Fall die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gerechtfertigt.

Die BF kann sich außerdem von Mazedonien aus um einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel für Österreich bemühen und ihre Beziehung zu ihrem Lebensgefährten durch Besuche und moderne Kommunikationsmittel aufrecht halten.

Da im gegenständlichen Fall das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gerechtfertigt. Der von der BF in ihrer Beschwerde beantragte "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" steht ihr somit nicht zu.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war daher abzuweisen.

3.1.3. Da die BF vor ihrer Ausreise aus Mazedonien in der Privatwirtschaft erwerbstätig war, der gesunden und arbeitsfähigen BF die Wiedereingliederung in den mazedonischen Arbeitsmarkt durchaus zumutbar ist, ihr den Länderfeststellungen zufolge in ihrem Herkunftsstaat notfalls auch staatliche Unterstützung zuteilwerden kann, und aus der gesamten Akten- und aktuellen Länderberichtslage kein konkreter Anhaltspunkt für ein Abschiebungshindernis iSv gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG ersichtlich war, war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.1.4. Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes liegen auch keine Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, vor.

3.1.5. Die mit "Frist für die freiwillige Ausreise" betitelte Bestimmung des § 55 FPG lautet wörtlich wie folgt:

"§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

Hinsichtlich der BF konnten besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörige bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat und die die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung führten, überwiegen würden, nicht festgestellt werden.

Die von der belangten Behörde festgelegte Frist für die freiwillige Ausreise begegnet daher keinen Bedenken.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G305.2129193.2.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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