Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des RK in D, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann und Dr. Günther Tarabochia, Rechtsanwälte in Bregenz, Kaspar-Hagen-Straße 2a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 28. Jänner 1999, Zl. 1-0997/98/E4, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass der Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. September 1998, mit dem er einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 für schuldig erkannt worden war, Berufung erhoben hat. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 1999 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtene Bescheides davon aus, dass das vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpfte Straferkenntnis im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung noch gar nicht rechtswirksam erlassen gewesen sei, weil dieses nicht den den Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren vertretenden Rechtsanwälten zugestellt worden, sondern an den Beschwerdeführer selbst gerichtet gewesen und diesem persönlich an seiner Wohnadresse in Deutschland zugestellt worden sei. Den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers sei von diesem nicht das Original des Straferkenntnisses, sondern lediglich eine Kopie desselben übermittelt worden. Da zufolge der hg. Rechtsprechung der Erhalt einer Kopie eines Bescheides einen Zustellmangel noch nicht heile und es sich beim erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren um ein Einparteienverfahren handle, habe das erstinstanzliche Straferkenntnis mangels rechtsgültiger Zustellung im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung noch nicht dem Rechtsbestand angehört, sodass sich die Erhebung einer Berufung dagegen als unzulässig erweise.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass seinen im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren ausgewiesenen Rechtsvertretern im Zeitpunkt der Berufungserhebung das Original des erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht zugestellt war und dass ihnen lediglich eine von ihm im Wege der Telekopie übermittelte Kopie dieses an ihn persönlich zugestellten erstinstanzlichen Bescheides zur Verfügung stand. Im Zeitpunkt der Berufungserhebung war somit das Original des erstinstanzlichen Straferkenntnisses noch nicht an den richtigen Adressaten, nämlich die ausgewiesenen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, zugestellt und auch der in der fälschlichen Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer persönlich gelegene Zustellmangel noch nicht geheilt, weil weder der Beschwerdeführer das ihm zugekommene Original den Rechtsvertretern übermittelt noch die Behörde den Bescheid an die Rechtsvertreter zugestellt hatte. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, konnte die Übermittlung einer Kopie des dem Beschwerdeführer zugestellten Straferkenntnisses diesen Zustellmangel nicht heilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1996, Zl. 95/06/0128, mit weiteren Nachweisen). Damit lag aber eine rechtswirksame Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses im Zeitpunkt der Berufungserhebung nicht vor.
Soweit der Beschwerdeführer meint, durch die nachträglich erfolgte Übermittlung des Originals des erstinstanzlichen Straferkenntnisses an seine Rechtsvertreter sei der Zustellmangel geheilt worden, ist ihm insoweit beizupflichten, als ab dem Zukommen des Originals an seine Rechtsvertreter eine rechtsgültige Zustellung des Straferkenntnisses vorlag. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die bereits vorher erhobene Berufung auch als gegen das erst mit der Zustellung des Originals an die Rechtsvertreter rechtswirksam gewordene Straferkenntnis gerichtet gewertet werden könnte, weil in einem Einparteienverfahren (als solches stellt sich das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren dar) - anders als in einem Verwaltungsverfahren, an dem mehrere Parteien beteiligt sind - die Erhebung einer Berufung zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraussetzt (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 516ff, zitierte hg. Judikatur).
Aus dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. November 1984, Zl. 84/10/0189, kann für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden, weil die in diesem Erkenntnis in rein hypothetischer Form enthaltene Anmerkung, "ein allfälliges Übergehen eines ausgewiesenen Vertreters bei der Zustellung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz wäre im Übrigen gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz (BGBl. Nr. 200/1982) saniert" keinerlei Bezug auf einen konkreten Sachverhalt enthält und insbesondere nicht erkennen lässt, ob und wann im damaligen Beschwerdefall das Original des Straferkenntnisses dem Rechtsvertreter zugekommen ist. Das vom Beschwerdeführer weiters angeführte hg Erkenntnis vom 17. April 1985, Zl. 83/11/0221, vermag seinen Standpunkt ebenso wenig zu untermauern, weil im damaligen Beschwerdefall das Original des Bescheides dem ausgewiesenen Vertreter - anders als im vorliegenden Beschwerdefall - vor Erhebung des Rechtsmittels tatsächlich zugekommen ist.
Soweit in der Beschwerde die Frage aufgeworfen wird, ob durch die nachträgliche behördliche Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine rechtsgültige Zustellung bewirkt wurde, ist festzuhalten, dass diese Frage nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtliche Verfahrens sein kann, weil in diesem lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit des die vor dieser Zustellung erhobene Berufung zurückweisenden angefochtenen Bescheides zu prüfen ist.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. Mai 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999020083.X00Im RIS seit
11.07.2001