TE Bvwg Beschluss 2018/12/19 W187 2211072-1

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Entscheidungsdatum

19.12.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1
BVergG 2006 §12 Abs3
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §4
BVergG 2006 §5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W187 2211072-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der AAAA , vertreten durch Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Eisenhowerstraße 27, 4600 Wels, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Vergabeverfahren RHV Wallersee Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05, GZ 3063 VE 301 (Maschinelle Ausrüstung)" des Auftraggebers Reinhalteverband Wallersee-Süd, Gewerbestraße 15, 5201 Seekirchen am Wallersee, vertreten durch die vergebende Stelle BBBB , vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien, vom 12. Dezember 2018 beschlossen:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der AAAA "das Bundesverwaltungsgericht möge dem Antragsgegner im Vergabeverfahren RHV Wallersee-Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05 (Maschinelle Ausrüstung) bis zur Entscheidung über den gegenständlichen Nachprüfungsantrag die Erteilung des Zuschlages untersagen", gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG statt.

Das Bundesverwaltungsgericht untersagt dem Auftraggeber Reinhalteverband Wallersee-Süd im Vergabeverfahren "Vergabeverfahren RHV Wallersee Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05, GZ 3063 VE 301 (Maschinelle Ausrüstung)", für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens den Zuschlag zu erteilen.

B)

DIE REVISION IST GEMÄß ART 133 ABS 4 B-VG NICHT ZULÄSSIG.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2018 beantragte die AAAA , vertreten durch Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair Rechtsanwälte, Eisenhowerstraße 27, 4600 Wels, in der Folge Antragstellerin, die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Gewährung von Akteneinsicht, die Nichtigerklärung der angefochtene Entscheidung des Auftraggebers vom 3.12.2018, wonach dem Angebot der CCCC mit einer Nettoangebotssumme von € 347.986,53 im Vergabeverfahren RHV Wallersee-Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05 (Maschinelle Ausrüstung) der Zuschlag erteilt werden soll, die Ausnahme näher bezeichneter Unterlagen von der Akteneinsicht und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben sowie den Ersatz der Pauschalgebühr. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren "Vergabeverfahren RHV Wallersee Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05, GZ 3063 VE 301 (Maschinelle Ausrüstung)" des Auftraggebers Reinhalteverband Wallersee-Süd, Gewerbestraße 15, 5201 Seekirchen am Wallersee, vertreten durch die vergebende Stelle BBBB , vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien.

1.1 Die Antragstellerin macht nach Darstellung des Sachverhalts und der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts Ausführungen über das Interesse am Vertragsabschluss, zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung, den verletzten Rechten und dem Stand des Vergabeverfahrens.

1.2 Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung führt sie im Wesentlichen aus, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin vermutlich nicht über die geforderte finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfüge und damit zur Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen nicht geeignet im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung und der Ausschreibung sei. Die Eignung müsse im offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen und dürfe danach nicht mehr verloren gehen. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin verfüge über ein KSV-Rating von 354. Ebenso habe sie die Mindestkreditwürdigkeit nicht. Ihr Angebot sei daher zwingend auszuscheiden. Damit fehle ihr die geforderte finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Sollte sie eine unrichtige Eigenerklärung abgegeben haben, stelle das eine schwerwiegende Täuschung dar. Nach diesen Ausführungen habe die Antragstellerin das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt.

1.3 Der Antragsteller macht das Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und führt im Wesentlichen aus, dass besondere öffentliche Interessen, die der Erlassung der einstweiligen Verfügung entgegenstehen, ebenso wenig wie allfällige zu berücksichtigende Interessen anderer Parteien ersichtlich seien. Der ihr drohende Schaden sei ohnedies bereits aufgezeigt worden. Zum Zweck der Verhinderung eines derartigen Schadens stelle sie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

2. Am 17. Dezember 2018 legte der Auftraggeber Urkunden vor, erteilte allgemeine Auskünfte, sprach sich nicht gegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einer Dauer von sechs Wochen aus und erstatte eine inhaltliche Stellungnahme.

2.1 Im Angebotsschreiben sei für die notwendige finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine Mindestkreditwürdigkeit von € 750.000 oder ein KSV-Rating von zumindest (350) geringes Risiko oder einer gleichwertigen Ratingagentur mit gleichartigem Rating festgelegt worden. Nachzuweisen sei dies durch eine Bankbestätigung oder ein Rating des Kreditschutzverbandes von 1870. Es könne aber auch ein Rating einer gleichwertigen Ratingagentur herangezogen werden.

2.2 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe ein Rating des ÖVC, Österreichischer Verband Creditreform, mit einem Rating von 174, sehr gute Bonität vorgelegt. Die Ausfallwahrscheinlichkeit betrage 0,03 %. Es handle sich um eine gleichwertige Ratingagentur "mit gleichartigem Rating". Unmittelbar nach Einlangen des Nachprüfungsantrags habe die Auftraggeberin die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin mit dem vorgelegten Rating des KSV konfrontiert, worauf diese mitgeteilt habe, dass sie nicht mehr mit dem KSV kooperiere und das Rating keine Auskunft geben könne. Daher sei davon auszugehen, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin über die geforderte Bonität verfüge. Das Rating des KSV basiere auf unvollständigen Unternehmensdaten. Das in der Zwischenzeit erstellte, auf vollständigen Unternehmensdaten basierende KSV-Rating weise eine ausreichende Bonität auf. Die Zuschlagsentscheidung sei daher vergaberechtskonform.

3. Am 17. Dezember 2018 legte der Auftraggeber dem Bundesverwaltungsgericht die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Der Reinhalteverband Wallersee-Süd schreibt unter der Bezeichnung "Vergabeverfahren RHV Wallersee Süd, ARA Seekirchen - Anpassung BA 05, GZ 3063 VE 301 (Maschinelle Ausrüstung)" einen Bauauftrag mit dem CPV-Code 45350000-5 - Maschinentechnische Installationen in einem offenen Verfahren nach dem Billigstangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert liegt deutlich im Unterschwellenbereich. Der Auftraggeber veröffentlichte die Ausschreibung im Amtlichen Lieferungsanzeiger vom 24. Oktober 2018 zur Zahl L-659068-8a23. (Auskünfte des Auftraggebers, Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.2 Am 14. November 2018 fand die Öffnung der Angebote in Anwesenheit der Bieter statt. Dabei wurden folgende Angebote mit den genannten Angebotssummen ohne USt geöffnet:

* ?CCCC € 347.986,53

* ?AAAA € 374.175,89

* ?DDDD € 449.991,18

(Protokoll über die Öffnung der Teilnahmeanträge in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.3 Am 3. Dezember 2018 gab der Auftraggeber den Bietern die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der CCCC bekannt.

(Zuschlagsentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.4 Der Auftraggeber habt weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Auskünfte des Auftraggebers, Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.5 Der Antragsteller bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €

4.862. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur der Auftraggeber erteilen kann. Auskünfte des Antragstellers betreffen ebenso ausschließlich mit dem Auftraggeber gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl I 2013/10, idgF lauten:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl I 2013/33 idgF, lauten:

"Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

...

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) ...

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

..."

3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:

"4. Teil

Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht

1. Hauptstück

Zuständigkeit, fachkundige Laienrichter, Ausschluss und Ablehnung

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) ...

2. Hauptstück

Besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) ...

2. Abschnitt

Nachprüfungsverfahren

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) ...

3. Abschnitt

Einstweilige Verfügungen

Antragstellung

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) ...

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

...

Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Übergangsvorschriften

§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.

(2) ...

(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage."

3.2 Zu Spruchpunkt A) -Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

3.1.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

3.1.1.1 Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 ist Reinhalteverband Wallersee-Süd. Der Reinhalteverband Wallersee-Süd ist ein Verband nach § 87 WRG, eine bundesgesetzlich errichtete Körperschaft öffentlichen Rechts und damit öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 5 BVergG. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens und des verfahrensgegenständlichen Loses liegen jedenfalls unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 4 BVergG, sodass gemäß § 12 Abs 3 BVergG 2006 ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich vorliegt.

3.1.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.

3.1.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.1.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass dem Antragsteller die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG geforderten Inhalte.

3.1.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG vorliegen.

3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten des Auftraggebers die Erklärung des Widerrufs beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von dem Antragsteller relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und ihr daher der Zuschlag zu erteilen wäre, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG - Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere eine Zuschlagserteilung an den Antragsteller ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an den Antragsteller ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).

3.2.2.2 Die Interessen des Antragstellers bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und im Erhalt des Auftrags.

3.3.2.3 Der Auftraggeber brachte keine gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen vor, sondern beantragte lediglich, die Dauer der anzuordnenden Maßnahmen mit sechs Wochen zu begrenzen.

3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).

3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Zuschlagserteilung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.

3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen des Antragstellers den öffentlichen Interessen sowie den Interessen des Auftraggebers gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen.

3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme des Antragstellers am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

3.2.2.8 Bei der bevorstehenden Zuschlagserteilung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 329 Abs 3 BVergG die vorläufige Untersagung derselben (zB BVwG 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E; 17. 11. 2017, W187 2175977-1/3E; 10. 4. 2018, W187 2190113-1/3E). Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).

3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.

§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054). Auch wenn der Auftraggeber die Begrenzung der Dauer der Maßnahme mit sechs Wochen beantragte, beabsichtigt das Bundesverwaltungsgericht innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfrist von sechs Wochen zu entscheiden, sodass sich die Begrenzung der Dauer der anzuordnenden Maßnahme mit sechs Wochen erübrigt.

3.2.2.10 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Nichtzulassung der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bauauftrag, Dauer der Maßnahme, effektiver Rechtsschutz, Eignung,
einstweilige Verfügung, Entscheidungsfrist, finanzielle und
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Frist, gelindeste Maßnahme,
gelindestes Mittel, Interessenabwägung, Nachprüfungsantrag,
Nachprüfungsverfahren, öffentlicher Auftraggeber, öffentliches
Interesse, Provisorialverfahren, Schaden, Untersagung der
Zuschlagserteilung, Vergabeverfahren, Zuschlagsverbot für die Dauer
des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W187.2211072.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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