TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 98/06/0234

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

L82306 Abwasser Kanalisation Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §38;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
VwRallg;
WRG 1959 §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des W und der G R in S, beide vertreten durch D, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. November 1988, Zl. 03-12.10 H 74 - 98/1, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Hengsberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Mai 1998 wurden die Beschwerdeführer als Eigentümer einer näher bezeichneten bebauten Liegenschaft zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtet. In diesem Bescheid heißt es (ua.) weiter, der Bauentwurf für den Hausanschluss (Hauskanalanlage) sei innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen ab Funktionsfähigkeit der Abwasserreinigungsanlage bzw. ab Freigabe des betreffenden Kanalstranges der Gemeinde als Baubehörde zur Genehmigung vorzulegen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17. Juni 1998 Berufung, in der sie geltend machten, sie hätten Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der Anschlusspflicht, weil sie über eine Pflanzenkläranlage "mit hervorragender Reinigungsleistung" verfügten, welche dem Stand der Technik entspreche und wasserrechtlich bewilligt sei.

In den Verwaltungsakten befindet sich ein entsprechender Bescheid der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 23. September 1992, womit den Beschwerdeführern für die Errichtung einer biologischen Kläranlage auf einem näher bezeichneten Grundstück die wasserrechtliche Bewilligung - "befristet bis zum möglichen Anschluss an die Ortskanalisation, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2003" - unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt wurde.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Oktober 1998 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde zusammenfassend damit begründet, dass die wasserrechtliche Bewilligung, auf die sich die Beschwerdeführer beriefen, ausdrücklich befristet bis zum möglichen Anschluss an die Ortskanalisation, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2003, erteilt worden sei. Damit habe die Wasserrechtsbehörde bereits im Jahr 1992, also vor Beginn der Errichtung der Anlage der Beschwerdeführer klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die bewilligte Einzelanlage nur bis zum möglichen Anschluss an die Ortskanalisation bewilligt werde und betrieben werden dürfe. Die "Befristungsobergrenze" "längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2003" drücke nochmals aus, dass der mögliche Anschluss an die Ortskanalisation die vorrangige Befristung darstelle. Das bedeute, dass diese Bewilligung mit dem "Entstehen der Anschlussmöglichkeit an den öffentlichen Kanal" ihre Rechtswirksamkeit verliere. Das bedeute weiters, dass nicht mehr vom Vorhandensein einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Anlage ausgegangen werden könne, vielmehr sei die Anlage aufgrund des Bescheides der Wasserrechtsbehörde als "wasserrechtlich nicht bewilligungsfähig" zu werten. Damit sei eine rechtlich zulässige Entsorgung der Abwässer durch die Anlage nicht gegeben.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst schloss sich die belangte Behörde der Auffassung der Berufungsbehörde an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, dass die Anschlussverpflichtung vorliegendenfalls grundsätzlich gegeben ist, machen aber einen Ausnahmetatbestand im Sinne des § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 geltend. Zu solchen behaupteten Ausnahmetatbeständen im Hinblick auf geplante oder auch bereits errichtete private Kläranlagen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt Stellung genommen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 96/06/0259, vom 19. März 1998, Zl. 97/06/0273, und auch vom 27. Februar 1998, Zlen. 97/06/0257 und 0258, verwiesen werden. Daraus ist festzuhalten, dass Voraussetzung für eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nicht nur eine tatsächlich vorhandene, sondern auch eine wasserrechtlich zulässige schadlose Entsorgung ist.

In diesem Sinne machen die Beschwerdeführer geltend, sie verfügten über eine wasserrechtlich bewilligte Anlage. Die Befristung im Bescheid vom 23. September 1992 sei unwirksam, weil sie einerseits "nicht den Anforderungen der Judikatur in Bezug auf notwendige Konkretisierung eines Bescheidspruches" entspreche. Andererseits habe die Befristung "der damaligen Rechtslage" entsprochen, als Pflanzenkläranlagen noch nicht als dem Stand der Technik entsprechende Abwasserentsorgungsanlagen anerkannt worden seien und auch vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht klargestellt worden sei, dass die Frage der wasserrechtlichen Zulässigkeit unabhängig von der Frage einer Anschlussverpflichtung zu beurteilen sei (die Beschwerdeführer nehmen dabei Bezug auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 93/07/0131). Auch trete die am 23. September 1992 erteilte wasserrechtliche Bewilligung nicht einfach dadurch "ipso iure" (im Original unter Anführungszeichen) außer Kraft, wenn ein Bescheid über die Kanalanschlussverpflichtung erlassen werde. Vielmehr könne die erteilte wasserrechtliche Bewilligung nur durch eine bescheidmäßige Verfügung der dazu zuständigen Wasserrechtsbehörde erlöschen, weshalb die wasserrechtliche Bewilligung nach wie vor aufrecht sei. Jedenfalls könne die Frage der Wirksamkeit der im Bescheid vom 23. September 1992 ausgesprochenen Bewilligung nur von der Wasserrechtsbehörde beurteilt werden, weshalb das Verfahren über die Anschlussverpflichtung bis zu einer entsprechenden Entscheidung der Wasserrechtsbehörde zu unterbrechen gewesen wäre. Die Beschwerdeführer hätten mit einer Eingabe vom 25. Oktober 1992 an die Wasserrechtsbehörde um die Aufhebung der im Bescheid vom 23. September 1992 enthaltenen Befristung angesucht, worüber bis dato keine Entscheidung ergangen sei.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die Annahme der Beschwerdeführer, die im wasserrechtlichen Bescheid vom 23. September 1992 enthaltene Befristung "bis zum möglichen Anschluss an die Ortskanalisation" sei rechtswidrig, ja rechtsunwirksam, trifft nicht zu (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0232, und vom 23. April 1998, Zl. 96/07/0030, unter Hinweis auf Vorjudikatur, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann).

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hinderte die genannte Befristung (bis zum möglichen Anschluss an die Ortskanalisation) gerade aufgrund der ihr immanenten Zielsetzung nicht den bescheidmäßigen Ausspruch der Anschlussverpflichtung. Die gegenteilige Auffassung würde ja den Zweck dieser Befristung (einen möglichen Anschluss an die Ortskanalisation nicht zu hindern) vereiteln. Diese Befristung hatte zur Folge, dass, wie die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend erkannt haben, die Gemeindebehörden bei der Entscheidung über die Anschlussverpflichtung (bzw. bei der Prüfung der Frage, ob ein Ausnahmetatbestand gem. § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes gegeben ist) nicht (mehr) vom aufrechten Bestand einer wasserrechtlichen Bewilligung auszugehen hatten, das heißt, (insofern) so vorzugehen hatten, als ob eine solche wasserrechtliche Bewilligung nicht bestünde. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Anschlussverpflichtung kam es (daher) auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde der Anschluss bereits "tatsächlich möglich" war oder nicht, weil die wasserrechtliche Bewilligung erst dann ihre Wirkung verliert, wenn die Anschlusspflicht tatsächlich realisiert werden kann. Darauf, ob diese Anlage bewilligungsfähig ist und ob allenfalls die Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Aufhebung der Befristung möglicherweise durchdringen werden oder nicht, kommt es daher nicht an (weil damit noch keine - nach dem zuvor Gesagten: aufrechte - entsprechende, rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde dargetan wird). Mangels gesetzlicher Anordnung waren die Gemeindebehörden auch nicht verhalten, das Verfahren über die Kanalanschlussverpflichtung bis zum Vorliegen einer Entscheidung der Wasserrechtsbehörde über den Verlängerungsantrag auszusetzen (womit auch mit der Behauptung, die Gemeindeorgane hätten es unterlassen, die Beschwerdeführer zu einer entsprechenden Antragstellung bei der Wasserrechtsbehörde anzuleiten, nichts zu gewinnen ist).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde (angesprochen wird Schriftsatzaufwand) musste abgewiesen werden, weil die Gemeinde nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/06/0058).

Wien, am 27. Mai 1999

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998060234.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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