Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
SPG 1991 §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des (am 17. Jänner 1976 geborenen) LJ, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in Wien X, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 10. Juli 1996, Zl. E 14/02/95.001/5, betreffend Beschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG in einer Schubhaftangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juli 1996 wurde die an die belangte Behörde gerichtete Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG i.V.m. § 88 Abs. 2 SPG, soweit sie gegen die nicht unverzügliche Weiterleitung an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gerichtet war, als unbegründet abgewiesen, soweit sie gegen die "Eröffnung des Schreibens" durch die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (kurz: BH) gerichtet war, als unzulässig und, soweit sie gegen Handlungen der Bundespolizeidirektion (kurz: BPD) Wien gerichtet war, wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass die Beschwerde, soweit sie sich auch gegen eine Vorgangsweise der BPD Wien richte, im Hinblick auf § 67c Abs. 1 AVG wegen örtlicher Unzuständigkeit der belangten Behörde zurückzuweisen sei. Wegen der beim UVS Wien anhängigen "Parallelbeschwerde" sei eine Abtretung des Aktes an diese Behörde nicht in Betracht gekommen. Aus der vor der belangten Behörde im Zuge einer mündlichen Verhandlung gemachten Zeugenaussage einer Bediensteten der BH gehe hervor, dass der Beschwerdeführer während seiner von der BH angeordneten Anhaltung in Schubhaft im PGH Wien das an seinen Rechtsvertreter gerichtete Schreiben vom 13. September 1995 verfasst habe. Dieses Schreiben sei in einem unverschlossenen Briefumschlag als "Häftlingspost" von der BPD Wien der BH als die Schubhaft verhängende Behörde zur weiteren Veranlassung übermittelt worden. Es sei am 22. September 1995 bei der BH eingelangt. Das an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers adressierte Kuvert sei von der BH nicht geöffnet und das Schreiben auch nicht gelesen, sondern dieser Brief frankiert und am 6. Oktober 1995 zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer sei am 18. September 1995 aus der Schubhaft in Wien entlassen worden. Es habe keine "Eröffnung" des Briefes durch die BH vorgelegen, weshalb insoweit die Beschwerde zurückzuweisen gewesen sei.
Zwischen dem Einlangen des Briefes bei der BH am 22. September 1995 und der Postaufgabe zur Weiterleitung an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 6. Oktober 1995 liege unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer am 18. September 1995 aus der Schubhaft entlassen worden sei, kein Zeitraum vor, der eine Beurteilung dahingehend zuließe, dass der Briefverkehr des Schubhäftlings im Sinne des § 53c Abs. 5 VStG beschränkt worden wäre. Diese Vorschrift sei im Beschwerdefall trotz zwischenzeitlich erfolgter Freilassung des Beschwerdeführers anzuwenden gewesen, weil der gesamte Vorgang der Postübersendung an den Anwalt eine Einheit darstelle, worauf der Häftling keinen Einfluss habe, sobald er den Brief in Wien einem Organ der BPD übergeben gehabt habe. Dass er "während dieses Postweges" freigelassen worden sei, "beraube" ihn nicht seines Rechtes auf unbeschränkten Briefverkehr mit seinem Anwalt. Der abgelaufene Zeitraum könne nicht als "außerordentlich lang" im Hinblick auf den üblichen Verwaltungsablauf bezeichnet werden, was einer Beschränkung des Briefverkehrs gleichzuhalten wäre. Eine vorsätzliche Verzögerung sei nicht erkennbar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 25. November 1996, B 2478/96, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 88 Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes (kurz: SPG) erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.
Zu dem Bereich der Sicherheitsverwaltung zählt nach § 2 Abs. 2 SPG u.a. auch die Besorgung der Fremdenpolizei, welche insbesondere im Fremdengesetz 1992 näher geregelt wurde.
Insoweit der Beschwerdeführer in seinem ergänzenden Schriftsatz eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend macht, genügt der Hinweis, dass zur Wahrung dieser Rechte nicht der Verwaltungsgerichtshof, sondern der vom Beschwerdeführer im Beschwerdefall bereits angerufene Verfassungsgerichtshof berufen ist (vgl. Art. 144 Abs. 1 B-VG).
Ferner übersieht der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Weiterleitung des an seinen Rechtsvertreter gerichtet gewesenen Schreibens durch die BPD Wien an die BH, dass hinsichtlich der der BPD Wien zuzurechneneden Handlungen zu Recht von der belangten Behörde wegen ihrer örtlichen Zuständigkeit eine Zurückweisung der Beschwerde erfolgte. Auf die vor dem UVS Wien vom Beschwerdeführer anhängig gemachte Parallelbeschwerde wurde von der belangten Behörde bereits hingewiesen.
Gemäß § 47 Abs. 1 Fremdengesetz 1992 (kurz: FrG), BGBl. Nr. 838/1992, gilt für die Anhaltung in Schubhaft in den Hafträumen einer Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde § 53c Abs. 1 bis 5 VStG.
Nach § 53c Abs. 3 VStG darf der Briefverkehr von Häftlingen nicht beschränkt, sondern nur durch Stichproben überwacht werden. Schriftstücke, die offenbar der Vorbereitung oder Weiterführung strafbarer Handlungen oder deren Verschleierung dienen, sind zurückzuhalten. Geld- oder Paketsendungen sind frei. Pakete sind in Gegenwart des Häftlings zu öffnen. Sachen, die die Sicherheit und Ordnung gefährden können, sind ihm jedoch erst bei der Entlassung auszufolgen, sofern sie nicht wegen ihrer Beschaffenheit vernichtet werden müssen.
Insoweit der Beschwerdeführer neuerlich eine "Überwachung seines Briefverkehrs" einwendet, bekämpft er die entsprechende Beweiswürdigung durch die belangte Behörde. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofs in der Richtung eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind. Damit ist es dem Gerichtshof verwehrt, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass der belangten Behörde in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen wäre.
Die schließlich vom Beschwerdeführer eingewendete Behinderung des Briefverkehrs mit seinem Rechtsfreund liegt aus den bereits von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen gleichfalls nicht vor, zumal für die Behörde auch noch ergänzende interne Abklärungen betreffend die Behandlung (Weiterleitung) der nicht frankiert gewesenen und erst nach Freilassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft bei ihr eingelangten Briefsendungen, worunter sich auch der gegenständliche Brief befand, notwendig wurden.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal eine solche bereits vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK, stattfand, und für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer daran gehindert gewesen wäre, im Zuge dieses Verfahrens bereits alles für seinen Standpunkt Wesentliche vorzubringen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997020084.X00Im RIS seit
20.11.2000