TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/8 W161 1318898-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2019
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Entscheidungsdatum

08.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W161 1318898-3/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2017, Zl. 742027704/151717631, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an, reiste im Herbst 2004 gemeinsam mit ihren drei Kindern legal mittels Visum ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 04.10.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Ehemann der Beschwerdeführerin hält sich seit dem Jahr 2001 im österreichischen Bundesgebiet auf und hat eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

2. Zu ihren Fluchtgründen brachte die Beschwerdeführerin damals bei ihrer Einvernahme am 21.12.2004 im Wesentlichen vor, dass sie ca. 13 Jahren nach islamischem Recht verheiratet sei. Das Leben von ihr und ihren Kindern sei nicht mehr sicher gewesen, da sie ein Kommandant sehr oft aufgesucht habe, nach ihrem Mann gefragt und sie belästigt habe. Aus diesem Grund habe sie sich als alleinstehende Frau nicht mehr getraut auf die Straße zu gehen. Ihr Leben sei so beschränkt gewesen. Sie habe sich wie in einem Gefängnis gefühlt. Zudem würden die Rechte der Frauen in Afghanistan missbraucht werden. Sie habe ständig Angst um ihre drei Kinder gehabt und habe nicht mehr als normaler Mensch in Afghanistan überleben können. Zudem lebe ihr Ehemann hier in Österreich. Bei einer Rückkehr habe sie Angst, dass sie von dem Kommandanten missbraucht werde.

Bei ihrer neuerlichen Einvernahme am 10.5.2005 gab die nunmehrige Beschwerdeführerin an, sei ihr Mann schon seit vielen Jahren Afghanistan verlassen hätte, hätten sie sich immer gewünscht, wieder zusammen zu leben. Sie gab wörtlich an:

"Ich möchte dezidiert angeben, dass ich keine direkten gegen mich gerichteten Verfolgungshandlungen geltend zu machen habe, sondern eben wie gesagt weggegangen bin, damit wir endlich wieder unser Familienleben fortführen können. Ich ersuche daher, den gleichen Status wie mein Gatte zu bekommen."

3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 rechtskräftig abgewiesen (Spruchpunk I.) Gemäß § 8 AsylG wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr gleichzeitig gemäß § 8 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Dieser Bescheid erwuchs am 3.6.2005 in Rechtskraft.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde zuletzt vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) bis 16.10.2020 verlängert.

4. Am 8.2.2008 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein, welcher mit rechtskräftigem Bescheid vom 18.11.2008 gemäß § 69 Abs.1 Z.2 AVG abgewiesen wurde.

5. Am 29.10.2015 brachte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

6. Im Rahmen der Erstbefragung am 07.11.2017 gab die Beschwerdeführerin zu den Gründen für die erneute Asylantragstellung an, dass sie damals schon eigene Fluchtgründe gehabt habe, nach denen sie nicht gefragt worden sei. Sie sei damals in Afghanistan - so wie heute in Österreich - von ihrem Mann sehr schlecht behandelt worden. Sie habe als Frau keinerlei Rechte gehabt. Nie habe sie ihre eigene Meinung äußern dürfen. Ihr Mann wolle immer noch, dass sie das mache, was er ihr sage. Ihr Mann lasse ihr kein Geld zur freien Verfügung. Er erlaube es ihr nicht, irgendwo alleine hinzugehen. Sie fühle sich gefangen.

Zu den Rückkehrbefürchtungen führte sie aus, dass ihre Kinder in Österreich leben würden. Was solle sie noch in Afghanistan? Sie wolle hier in Österreich ein freies Leben führen. Sie wolle nicht mehr wie eine Gefangene leben. Sie sei nur wegen der Kinder und ihrem Mann geblieben. Sie habe Angst von den Feinden ihres Mannes getötet zu werden.

7. Am 27.11.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

Zu ihrem Gesundheitszustand gab die Beschwerdeführerin an, sie leide an Asthma und habe Schmerzen im Rücken und im rechten Arm. Sie befinde sich in medizinischer Behandlung und nehme Medikamente. Zudem habe sie Probleme mit dem Magen und einen erhöhten Blutdruck. Sie fühle sich aber psychisch und physisch dazu in der Lage die Fragen zu beantworten. Sie habe bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt und es sei alles richtig rückübersetzt und protokolliert worden. Sie sei mit dem in Österreich lebenden XXXX verheiratet und habe vier Söhne. Sie lebe mit ihrem Ehemann und ihren beiden minderjährigen Söhnen zusammen in einem Haushalt. In Afghanistan sei sie nur Hausfrau gewesen.

Befragt, warum sie erneut einen Asylantrag stelle gab sie an, Frauen in Afghanistan würden nicht alleine hinaus gehen können. Ihr Mann behandle sie hier genauso wie in Afghanistan. Er gebe ihr kein Geld, damit sie für sich und die Kinder ohne Erlaubnis etwas kaufen könne. Sie könne ohne Erlaubnis auch keine Freundinnen und Bekannte nach Hause einladen. Sie dürfe nicht alleine irgendwo hingehen. Wenn sie irgendwo hingehe, dann müsse sie nur dorthin und wieder zurück. Sie wolle, dass ihre Rechte hier nicht mit Füßen getreten werden. Sie wolle selber bestimmen, zu welchen Deutschkursen sie gehe. Sie wolle gleichberechtigt behandelt werden. Sie wolle selbst bestimmen, wann sie das Haus verlasse und wen sie treffe. Eine Frau sei auch ein Mensch. Dies seien alle Gründe für ihre Asylantragstellung. Sie müsse alles für ihren Mann machen. Bei Kleinigkeiten würde er ihr drohen sich scheiden zu lassen. Dann werde sie die Wohnung verlassen müssen. Er sage ihr, wenn es ihr nicht gefalle, dann solle sie sich scheiden lassen. Befragt, warum sie sich nicht scheiden lasse, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie einen schlechten Ruf in der Hazara-Community bekomme. Diese würden sagen, sie sei nach Europa gekommen und habe sich von ihrem Mann getrennt. Dies sei sehr schlecht für ihren Ruf. Ein paar Mal habe ihr Mann sie in Österreich geschlagen und ihre Kleider zerrissen. Er sei eifersüchtig und frage sie, warum sie sich schön mache, wenn sie zum Kurs gehe. Er sei auch dagegen, dass die Söhne immer wieder zu ihnen kommen, da sie für sie kochen müssten. Hilfe bei der Polizei habe sie nicht gesucht. Sie sei deshalb nicht zur Polizei gegangen, damit es zu keiner Trennung komme und die Familie zerstreut werde. Jeder würde dann seinen eigenen Weg gehen. Wenn sie ihre Kinder auch verliere, dann habe sie niemanden mehr. Dann bleibe sie ganz allein. Ihr Ehemann wisse nicht, dass sie hier sei, er habe die Ladung nicht gesehen.

Sonst habe sie keine Verwandten in Österreich, lebe von der Grundversorgung und gehe nicht arbeiten. Sie besuche Deutschkurse. Wenn diese vorbei seien, wolle sie eine Arbeit finden. Sie wolle nicht mehr zu Hause sitzen. Ihr Mann sei seit fünf Jahren arbeitslos und finde keine Arbeit. Sie habe einige afghanische Freundinnen, ihr Mann sei immer dagegen, dass sie sie nach Hause bringe. In ihre Freizeit gehe sie direkt zum Kurs und wieder zurück. Sonst sei sie nur mehr im Haushalt (kochen, waschen, putzen etc.). Sie gehöre in Österreich keinem Verein oder sonstigen Organisation an und sei von keinen Personen abhängig. Sie sei in Österreich so wie jetzt gekleidet (schwarzes Kleid mit langen Ärmeln, schwarzes Kopftuch, dezent geschminkt). Manchmal ziehe sie eine Hose an, manchmal afghanische Frauenkleider. Sie wolle hier in Österreich frei sein und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Sie wolle die Sprache lernen und arbeiten. Abschließend gab die Beschwerdeführerin an, sie habe ihre Probleme ausführlich schildern können und den Dolmetscher einwandfrei verstanden.

Im Zuge der Einvernahme legte die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen vor:

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Teilnahmebestätigung für einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF, datiert mit 14.02.2017.

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Bestätigung für die Teilnahme am Kurs "Kompetenzcheck für Frauen ab 18" von 10.01.2017 bis 24.02.2017.

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Befund eines medizinisch-diagnostisches Laboratorium vom 08.11.2017.

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Gastroskopie-Befund vom 16.12.2015, Diagnose: "B-Gastritis, HP pos", Therapievorschlag: "Omec 20mg, Clarithromycin 500mg, Amoxistad 1000mg durch 1 Woche, anschließend Omec 20mg".

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Allergie- bzw. Hauttests vom 07.04.2016, Ergebnis: "Gräserpollen, Roggenpollen, Birkenpollen, Haselpollen, Eschenpollen".

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Zertifikat, wonach die Beschwerdeführerin das ÖSD-Zertifikat A2 nicht bestanden habe.

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Diplom, wonach die Beschwerdeführerin die ÖSD-Prüfung "A1 Grundstufe Deutsch 1" mit sehr gut bestanden habe.

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Zertifikat, wonach die Beschwerdeführerin die Prüfung ÖSD-Zertifikat A1 bestanden habe.

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Kompetenzcheck Expertise für die berufliche Integration.

8. Am 04.12.2017 brachte die Beschwerdeführerin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter eine Stellungnahme ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe dargelegt, wie sie von ihrem Gatten behandelt werde, dies sei eine typische Sitte in Afghanistan und als Nachfluchtgrund zu subsumieren. Der Ehemann lebe die patriarchalische Struktur im Bundesgebiet weiter fort und habe die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit sich dem zu widersetzen. Unter Verweis auf die Länderfeststellungen werde angeführt, dass sich die Situation in Afghanistan zwar langsam bessere, diese dennoch nach wie vor prekär sei. Die Situation sei je nach Region und sozialem Hintergrund unterschiedlich. Die Beschwerdeführerin habe dargelegt, dass sie ein Leben in Österreich wie auch in Afghanistan in einem patriarchalisch orientierten Haushalt führen müsse. Für viele Frauen sei es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Frauen würden oft an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung scheitern. Frauen seien einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt (Belästigung, Diskriminierung, Gewalt, fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse, Bildung). Weibliche Führungspositionen seien selten. Veraltete patriarchalische Strukturen würden häufig dazu führen, dass eine entsprechende Entwicklung verwehrt werde, da "Frauen zu Hause bleiben sollen". Sexuelle Belästigungen, Drohungen und Misshandlungen seien häufig. In der Praxis gebe es keine Gleichberechtigung, die Justiz sei traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern besetzt. Staatliche Akteure seien nicht gewillt Frauenrechte zu schützen. Gewalttaten im häuslichen Bereich würden nicht zur Anzeige gelangen. Die Beschwerdeführerin habe auch in Österreich Angst, eine Anzeige zu erstatten. Auch gebe es Ehrenmorde an Frauen sowie Zwangsverheiratung. Auch sei die medizinische Versorgung für Frauen prekär. Zudem seien Frauen oft Opfer der Taliban und des IS. Ihr sei ein entsprechendes Fortkommen ohne männlichen Schutz im Herkunftsland nicht möglich, sie sei Mutter, Analphabetin und könne kein entsprechendes weiteres Leben im Herkunftsland ohne familiäre und soziale Strukturen nicht mehr führen. Der Beschwerdeführerin sei daher der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.

9. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 20.12.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.10.2015 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Im Bescheid wurde festgestellt, dass die Identität der Beschwerdeführerin aufgrund der Vorlage des afghanischen Reisepasses feststehe. Sie sei afghanische Staatsangehörige, gehöre der Volksgruppe der Hazara an und bekenne sich zum muslimischen Glauben (Schiitin). Ihre Muttersprache sei Dari, sie habe in Afghanistan keine Schulbildung bekommen. Sie sei verheiratet und habe vier Söhne. Sie sei strafrechtlich unbescholten. Eine westliche Gesinnung und Orientierung in Bezug auf ihre Person habe nicht festgestellt werden können. Es sei ihr nicht gelungen entscheidungsrelevante Fluchtgründe vorzubringen. Sie sei seit November 2014 in Österreich aufhältig und führe in Österreich ein Familienleben. Sie verfüge über mangelnde deutsche Sprachkenntnisse und habe in Österreich keine nennenswerten sozialen Anknüpfungspunkte geltend gemacht. Sie gehe keiner geregelten Arbeit nach und finanziere ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der staatlichen Unterstützung. Sie gehöre keinem Verein oder sonstigen Organisation an.

Sie sei bereits seit 13 Jahren in Österreich aufhältig und habe keine Änderung ihrer Lebensphilosophie behauptet. Sie habe angegeben, dass ihr Ehemann sie in Österreich genauso wie in Afghanistan behandeln würde. Sie habe zusammengefasst behauptet, selbst keine Entscheidungen treffen zu dürfen und gleichberechtigt leben zu wollen. Zudem habe sie behauptet, dass ihr Ehemann sie einige Male geschlagen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie trotz des langjährigen Aufenthaltes in Österreich und des von ihr behaupteten Wunsches nach Selbstbestimmung und einem westlichen Lebensstil abseits der strengen islamischen Regeln nie die Hilfe von Hilfsorganisationen bzw. der österreichischen Sicherheitsbehörden in Anspruch genommen habe. Eine Trennung von ihrem angeblich gewalttätigen Ehemann habe sie auch nie in Erwägung gezogen, da sie deswegen einen schlechten Ruf in der Hazara-Community befürchten würde. Die Tatsache, dass sie trotz des bereits langjährigen Aufenthaltes in Österreich, die Meinung einer Minderheit höher als ihren eigenen Wunsch nach Selbstbestimmung und Freiheit stelle, sei ein weiteres Indiz dafür, dass die westliche Lebensweise einen sehr niedrigen Stellenwert habe. Ein besonderer Integrationswille in die österreichische Gesellschaft habe nach ihrer bisherigen Handlungsweise nicht festgestellt werden können. Sie habe nur oberflächliche Kenntnisse der deutschen Sprache vorweisen können und habe sich erst vor zwei Jahren zu einem Deutschkurs angemeldet. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie einen höheren Bildungsstatus in Österreich anstreben würde. Mit ihrer Handlungsweise habe sie den Willen sich rasch in die österreichische Gesellschaft zu integrieren und wie sie selbst behaupte "ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen zu wollen" nicht gezeigt. Besondere soziale Anknüpfungspunkte in Österreich habe sie nicht behauptet. Zudem pflege sie nach wie vor einen traditionell afghanischen Kleidungsstil. So sei sie bei der niederschriftlichen Einvernahme schlicht, schwarz und komplett bedeckt bekleidet erschienen und habe während der gesamten Einvernahme ihr Kopftuch nicht abgenommen. Ebenso seien die Floskeln und Phrasen, welche sie im Verfahren angebracht habe nicht als Ausdruck der inneren Überzeugung zu werten. Im gegenständlichen Verfahren habe sie keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe, welche sich nach rechtskräftigem Abschluss von vergangenen Asylverfahren zugetragen hätte, vorgebracht. Bereits in der Erstbefragung habe sie unmissverständlich angegeben, dass die von ihr behaupteten Gründe für die gegenständliche Asylantragstellung schon immer bekannt und bereits bei der ersten Asylantragstellung aktuell gewesen seien. Sofern in der Stellungnahme angegeben werde, dass die Angaben als "Nachfluchtgrund" zu subsumieren wären, so sei dieser Umstand bereits Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens gewesen bzw. handle es sich bei einer schlechten Behandlung durch den Ehemann um keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt, sondern um einen alten Sachverhalt, der ihr schon lange bekannt gewesen sei und welchen sie dem damaligen Bundesasylamt - aus welchen Gründen auch immer - nicht mitgeteilt habe. Die Behauptung in der Stellungahme, wonach die Beschwerdeführerin in Österreich keine Möglichkeit hätte, sich in Österreich der patriarchalischen Struktur ihres Ehemannes zu widersetzen sei nicht nachvollziehbar, da das österreichische Rechtssystem eine solche Behandlung nicht zulasse und es etwaige Institutionen gebe, welche helfend zu Seite stehen würden. Sie habe es trotz langjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet verabsäumt eine der Institutionen aufzusuchen bzw. bei den österreichischen Sicherheitsbehörden vorzusprechen. Es handle sich um keine neuen entscheidungswesentlichen Fluchtgründe, welche sich nach Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens zugetragen hätten. Eine entscheidungswesentliche Änderung in Bezug auf die Gewährung des Status des Asylberechtigten habe sich nicht ergeben.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vollumfängliche Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhalts, mangelhafte bzw. unrichtige Bescheid Begründung sowie Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin habe angegeben von ihrem Mann schlecht behandelt zu werden und als Frau keinerlei Rechte zu haben. Sie müsse das machen, was ihr Mann von ihr verlange. Sie habe keine Verfügungsgewalt und fühle sich von ihm gefangen gehalten. Die Behörde gehe von einer entschiedenen Sache und davon aus, dass keine westliche Orientierung habe festgestellt werden können. Das Rechtssystem der afghanischen Gesellschaftsordnung diskriminiere Frauen in verschiedener Hinsicht. Bei Verstößen gegen die Kleider- bzw. Moralvorschriften, Beziehung zu einem Nichtmuslim, außereheliche sexuelle Kontakte würde eine harte Bestrafung (Inhaftierung) bzw. ein Ehrenmord drohen. Es sei ersichtlich, dass der afghanische Staat nicht in der Lage sei, Frauen an sich zu schützen, vor allem jene, welche westlich orientiert und selbstständig seien und nicht zur Eheschließung gezwungen werden wollen. Die Beschwerdeführerin habe in der Einvernahme ausführlich zu ihren Asylgründen Stellung genommen und sei sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde zum Schluss kommen müssen, dass ihr der Status der Asylberechtigten zustehe, da sie aufgrund von Verfolgung kein menschenwürdiges Leben führen könne.

11. Am 22.08.2018 wurden der Beschwerdeführerin aktuelle Feststellungen zur Lage in Afghanistan (Stand 29.06.2018) übermittelt und sie dazu aufgefordert zweckdienliche Unterlagen vorzulegen. Ihr wurde eine Frist von zwei Wochen zur Einbringung einer Stellungnahme gewährt. Die Beschwerdeführerin brachte bis dato keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, Angehörige der Volksgruppe der Hazara und schiitische Muslimin reiste im Herbst 2004 legal mittels Visum ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 04.10.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005 gemäß § 7 AsylG 1997 i.d.g.F. rechtskräftig abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der XXXX gemäß § 8 Abs.1 AsylG nicht zulässig ist und wurde ihr gemäß § 8 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde vom BFA zuletzt bis 16.10.2020 verlängert. Die Beschwerdeführerin lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigte.

Die Beschwerdeführerin lebt in Österreich mit ihrem Mann, mit welchem sie nach traditionell-islamischen Recht verheiratet ist sowie mit zwei Söhnen in einem gemeinsamen Haushalt.

Am 29.10.2015 brachte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Folgeantrag ein.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des Folgeantrags ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden bzw. kommt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bezüglich der westlichen Orientierung kein glaubwürdiger Kern zu.

In der Beschwerde wurde kein neuer Sachverhalt vorgetragen.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest.

Die Beschwerdeführerin befindet sich in Österreich aufgrund diverser gesundheitlicher Probleme (Asthma, Magenprobleme, erhöhter Blutdruck, Allergien) in ärztlicher Behandlung und nimmt Medikamente ein. Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte und festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA bzw. Bundesasylamtes und der Gerichtsakten zu den Verfahren auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 04.10.2004 und des Folgeantrages vom 29.10.2015.

Die Feststellung über den rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ergibt sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren gleichbleibenden Angaben im Verfahren und wurden bereits vom BFA festgestellt.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergibt sich aus ihren Angaben im Verfahren vor dem BFA und den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in Österreich gemeinsam mit ihrem Mann lebt und mit diesem nach islamisch-traditionellen Recht verheiratet ist, ergibt sich aus ihren Angaben vor dem BFA und den vorgelegten (übersetzten) Heiratsunterlagen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Einsichtnahme in das aktuelle Strafregister.

Wie das Bundesamt im bekämpfen Bescheid aufgezeigt hat, konnte die Beschwerdeführerin keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorbringen. Eine westliche Gesinnung bzw. westliche Orientierung konnte sie nicht glaubhaft machen und konnte sie auch keine Änderung ihrer Lebensphilosophie darlegen.

Die Beschwerdeführerin hat in der Erstbefragung des Folgeantrages selbst angeben, dass ihr Ehemann sie hier in Österreich genauso wie in Afghanistan behandeln würde. So dürfe sie keine Entscheidungen treffen, müsse den Haushalt machen und sei auch einige Male von ihm geschlagen worden. Diesbezüglich ist auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdeführerin trotz ihres langjährigen Aufenthaltes in Österreich (etwa 14 Jahre) und der behaupteten Gewalttaten ihres Mannes keine Hilfe von Hilfsorganisationen bzw. den österreichischen Sicherheitsorganen in Anspruch genommen hat. Dazu befragt, gab die Beschwerdeführerin in der Einvernahme auch lediglich an, dass sie nicht zur Polizei gegangen sei, damit es zu keiner Trennung komme und die Familie nicht zerstreut werde. Wie das BFA aufgezeigt hat, zieht die Beschwerdeführerin somit eine Trennung von ihrem Mann offensichtlich gar nicht in Erwägung und gab sie dazu auch an, dass sie bei einer Trennung einen "schlechten Ruf der Hazara- Community" befürchte. Dem Bundesamt ist beizupflichten, dass die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die Meinung einer afghanischen Minderheit höhere als ihren Wunsch nach Selbstbestimmung und Freiheit in Österreich stelle, ist jedenfalls ein Indiz dafür, dass einer westlichen Lebenseinstellung nur ein sehr geringer Stellenwert zukommt.

Wie das BFA aufgezeigt hat, konnte auch ein fortgeschrittener Integrationswille in die österreichische Gesellschaft nicht festgestellt werden. So verfügt die Beschwerdeführerin lediglich über geringe Kenntnisse der deutschen Sprache (nur A1, bzw. ein Werte- und Orientierungskurs wurde positiv abgeschlossen) und hat sich diese überhaupt erst vor etwa zwei Jahren zu Deutschkursen angemeldet. Weiters hat die Beschwerdeführerin auch nicht angegeben, dass sie - bis auf ihre Familienmitglieder und afghanische Freundinnen - soziale Anknüpfungspunkte (etwa zu Österreichern) hätte. Die Beschwerdeführerin pflegt darüber hinaus noch den traditionellen afghanischen Kleidungsstil und ist bei der niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt in schwarzer, völlig bedeckter Kleidung (inklusive Kopftuch) erschienen und hat das Kopftuch auch während der gesamten Einvernahme nicht abgenommen. Dem BFA ist beizupflichten, dass aus den Angaben bzw. dem Verhalten der Beschwerdeführerin eine "innere Überzeugung" nicht abgeleitet werden kann. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht angegeben Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen zu sein bzw. irgendwelchen Hobbies nachzugehen.

Die Beschwerdeführerin gab bereits in der Erstbefragung an, dass ihr die von ihr behaupteten Gründe für die Folgeantragstellung schon immer bekannt gewesen und bereits bei der ersten Asylantragstellung aktuell gewesen seien. Es ist somit auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerdeführerin diesen Sachverhalt nicht bereits beim Bundesasylamt vorbrachte. Dort wurde die Beschwerdeführerin explizit und ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt. Zudem hat sie am Ende der damaligen Einvernahme auch angegeben, alle ihre Fluchtgründe angegeben den Dolmetscher gut verstanden zu haben.

Ihre Behauptungen, wonach sei bei ihrer ersten Asylantragstellung nicht nach ihren Fluchtgründen befragt worden wäre, entsprechen somit nicht der Wahrheit. Sie wurde nicht nur bei ihrer Erstbefragung nach ihren Fluchtgründen befragt, sondern hatte sowohl bei ihrer Einvernahme am 21.12.2004 ("Nennen Sie bitte alle Gründe, weswegen Sie ihr Heimatland verlassen haben und in Österreich einen Asylantrag stellen.", Seite 4 Bescheid vom 11.5.2005 und "Haben Sie alle Fluchtgründe angegeben?", Seite 54 Bescheid vom 11.5.2005) als auch am 10.5.2005 ("Ich möchte dezidiert angeben, dass ich keine direkten gegen mich gerichteten Verfolgungshandlungen geltend zu machen habe, sondern eben wie gesagt weggegangen bin, damit wir endlich wieder unser Familienleben fortführen können. Ich ersuche daher, den gleichen Status wie mein Gatte zu bekommen.") die Möglichkeit, ihre Fluchtgründe erschöpfend aufzuzählen.

Von einem Nachfluchtgrund kann somit nicht ausgegangen werde und geht der diesbezügliche Einwand in der Stellungahme ins Leere. Soweit in der Stellungnahme weiters behauptete wurde, dass die Beschwerdeführerin in Österreich keine Möglichkeit habe, sich der patriarchalischen Struktur ihres Mannes zu widersetzen, so ist dem zu entgegnen, dass ihr in Österreich jedenfalls die Möglichkeit offen stünde sich an die Polizei oder sonstige Hilfseinrichtungen (wie Frauenorganisationen, Frauenhäuser udgl.) zu wenden, zumal es der Beschwerdeführerin offenbar auch möglich war - ohne Wissen ihres Mannes - zur Einvernahme bei der Behörde zu kommen und einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung zu beauftragen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit hat, sich von ihrem Mann zu trennen bzw. sich scheiden zu lassen.

Das Bundesamt ist im Ergebnis somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht hat bzw. das Vorbringen hinsichtlich der westlichen Orientierung keinen glaubwürdigen Kern aufweist.

Die Beschwerdeführerin brachte sowohl bei ihrer Erstbefragung als auch bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme lediglich Gründe vor, wonach ihr Mann sie hier in Österreich genau so behandle wie in Afghanistan. Bei ihrer neuerlichen Asylantragstellung in Österreich übersieht sie jedoch, dass ihr Mann genau wie sie auch in Österreich lebt und das behauptete Verhalten ihr gegenüber in Österreich setzt. Nach § 3 AsylG kann ein Status des Asylberechtigten nur dann zuerkannt werden kann, wenn glaubhaft ist, dass dem/der Antragsteller/in im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z.2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Da die Beschwerdeführerin offenbar weder gewillt ist, sich von ihrem Mann zu trennen, noch sich nach islamischem Recht scheiden zu lassen, kann auch nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen sie annimmt, dass eine Asylgewährung ihre Lebensumstände insbesondere ihr Verhältnis zu ihrem Mann verändern würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das BFA zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Beschwerdeführerin begründete ihren ersten Antrag zuletzt damit, dass sie keine gegen sie direkt gerichteten Verfolgungsgründe geltend zu machen habe, sondern fortgegangen sei, um endlich ihr Familienleben mit ihrem Mann fortführen zu können. Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.05.2005 rechtskräftig abgewiesen und ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Im jetzigen Verfahren verweist die Beschwerdeführerin erneut auf das schlechte Leben der Frauen in Afghanistan und darauf, dass ihr Mann sie auch heute in Österreich - so wie in Afghanistan - schlecht behandle. Zudem wurde seitens der rechtlichen Vertretung in der Stellungnahme eine westliche Gesinnung bzw. Orientierung geltend gemacht. Einen neuen entscheidungswesentlichen Sachverhalt konnte die Beschwerdeführerin somit nicht darlegen und weist das Vorbringen hinsichtlich der westlichen Orientierung keinen glaubwürdigen Kern auf. Es liegt somit kein neuer Sachverhalt im Sinne der dargestellten Judikatur vor.

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war sohin rechtmäßig, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der jeweils angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG abzuweisen ist.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Zudem kann die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. Dies ist hier der Fall.

Der Sachverhalt erscheint aus der Beschwerde in Verbindung mit dem Verfahrensakt des ersten Antrages auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin hinreichend geklärt. Zu ihrem nunmehrigen Vorbringen wurde die Beschwerdeführerin durch das Bundesamt einvernommen.

Es haben sich auch keine Hinweise dafür ergeben, dass die Befragung der Beschwerdeführerin durch das BFA mangelhaft waren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu

A) wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

entschiedene Sache, Identität der Sache, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W161.1318898.3.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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