TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/21 W235 2192124-1

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Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2192121-1/6E

W235 2192124-1/6E

W235 2192118-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX und 3. mj. XXXX , geb. XXXX , dieser gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2018, Zl. 1179850509-180087313 (ad 1.), Zl. 1179850302-180087305 (ad 2.) sowie Zl. 1182209408-180194144 (ad 3.) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG und gemäß § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellen nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.01.2018 Anträge auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am XXXX .2017 in Liechtenstein jeweils einen Asylantrag stellten. Weiters ergab ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres, dass dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin von der französischen Botschaft in Moskau Schengen-Visa für 90 Tage im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 erteilt worden waren (vgl. AS 11 und AS 25 im Akt des Erstbeschwerdeführers).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei sie zunächst angaben, dass sie keine Krankheiten hätten und über keine Familienangehörigen in Österreich verfügen würden. "Irgendwo in Europa" sei eine Cousine des Erstbeschwerdeführers wohnhaft, deren Familiennamen er nicht kenne. Darüber hinaus gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie sei im neunten Monat schwanger. Die Beschwerdeführer hätten im Mai 2017 Visa bei der französischen Botschaft in Moskau beantragt und auch erhalten. Daraufhin seien sie am XXXX 2017 legal mit ihren eigenen Reisepässen, versehen mit ihren französischen Visa, von Moskau nach Wien geflogen, wo sie sich die nächsten paar Tage aufgehalten hätten. Von Wien aus seien sie mit dem Zug nach Liechtenstein gefahren und hätten dort um Asyl angesucht. Als ihnen gesagt worden sei, dass sie nach Frankreich abgeschoben werden würden, hätten sie sich entschlossen, nach Österreich zu reisen und auch hier einen Asylantrag zu stellen. Ihre Reisepässe hätten sie auf der Zugfahrt nach Liechtenstein verloren (Erstbeschwerdeführer) bzw. seien ihnen diese gestohlen worden (Zweitbeschwerdeführerin).

Der Erstbeschwerdeführer brachte weiters vor, dass er über Liechtenstein nichts Gutes berichten könne. Der Umgang dort mit Muslimen sei schlecht. Sein Anwalt in Liechtenstein habe ihm gesagt, es wäre besser, die Beschwerdeführer würden Liechtenstein verlassen. In welchem Stadium sich sein Asylantrag in Liechtenstein befinde, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht. Nach Liechtenstein wolle er nicht zurück, sondern er wolle in Österreich bleiben. Der Erstbeschwerdeführer habe einem Bekannten einen Betrag in der Höhe von € 3.500,00 gegeben und habe ihm dieser die beiden französischen Visa besorgt. In der französischen Botschaft in Moskau hätten die Beschwerdeführer auch ihre Fingerabdrücke abgeben müssen. In Frankreich habe er sich zu keinem Zeitpunkt aufgehalten. In der Russischen Föderation wolle ihn die Polizei ins Gefängnis bringen und behaupte, er habe zwei junge Leute getötet, die jedoch von der Polizei getötet worden seien.

In ihrer eigenen Erstbefragung gab die Zweitbeschwerdeführerin ergänzend an, dass sie den Stand ihres Asylverfahrens in Liechtenstein nicht kenne. Sie wolle nicht nach Liechtenstein zurück, da ihr bekannt sei, dass sie die dortigen Behörden abschieben wollen würden. In Frankreich sei sie niemals gewesen. Die Beschwerdeführer seien nach Österreich gekommen, um eine Abschiebung nach Frankreich zu verhindern.

Dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurden am 25.01.2018 Mitteilungen gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit den ihnen zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Frankreich die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilungen wurden dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin am selben Tag übergeben und von ihnen unterfertigt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 29.01.2018 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmegesuche an Liechtenstein.

Mit Schreiben vom 05.02.2018 lehnte die liechtensteinische Dublinbehörde die Wiederaufnahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ab, da die französische Dublinbehörde bereits am XXXX 2017 ihre Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer erteilt hat.

In der Folge richtete das Bundesamt am 06.02.2018 Aufnahmegesuche nach Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO an Frankreich.

1.4. Am XXXX wurde der Drittbeschwerdeführer in Österreich geboren und stellte durch seine gesetzliche Vertreterin (Mutter) am 20.02.2018 ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Wesentlichen mit der Familienzusammengehörigkeit begründet wurde.

1.5. Es ist mehreren Vorfallsmeldungen (vom 08.02.2018, vom 15.02.2018, vom 22.02.2018) zu entnehmen, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wiederholt gegen die Hausordnungen verstießen, da sie sich aggressiv gegenüber Bewohnern und Mitarbeitern der Betreuungsstelle verhalten (Verwüstung des Zimmers, Werfen mit Gegenständen, verbale Drohungen etc.) hätten.

Daher wurde am XXXX .2018 von der Staatsanwaltschaft XXXX zur Zahl XXXX gegen den Erstbeschwerdeführer Anklage wegen § 107 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB (gefährliche Drohung mit dem Tod) erhoben.

1.6. Mit Schreiben vom 05.03.2018 stimmte die französische Dublinbehörde der Aufnahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 06.03.2018 wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihre Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Frankreich angenommen wird.

1.7. Mit Schreiben vom 08.03.2018 wurde die französische Dublinbehörde über die Geburt des Drittbeschwerdeführers informiert und darauf verwiesen, dass gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO Frankreich ebenso für das Verfahren des Drittbeschwerdeführers zuständig ist (vgl. AS 27 im Akt des Drittbeschwerdeführers).

1.8. Am 20.03.2018 fand eine Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.

Eingangs der Einvernahme gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er nicht in der Lage sei, die Befragung durchzuführen, da er von der Staatsanwaltschaft XXXX eine Anzeige bekommen habe und zur Hauptverhandlung am XXXX .2018 geladen worden sei. Daher habe er die ganze Nacht nicht schlafen können und habe starke Kopfschmerzen, hohen Blutdruck sowie Nasenbluten gehabt. Er wolle jetzt schlafen, weil er müde sei. Wegen der Kopfschmerzen, dem Bluthochdruck und dem Nasenbluten sei er nicht bei einem Arzt gewesen, weil er verstanden habe, dass dies wegen des Stresses sei. Nach Belehrung, wenn der Erstbeschwerdeführer die Befragung nicht machen wolle, könne er bis zum 26.03.2018 eine schriftliche Stellungnahme abgeben, brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er die Befragung machen wolle. Er fühle sich körperlich und geistig in der Lage, die Fragen zu beantworten. Der Erstbeschwerdeführer habe Probleme mit der Prostata und Kopfschmerzen. Medizinische Unterlagen habe er nicht. Er sei nicht damit einverstanden, dass die Behörde Einsicht in vorhandene oder künftig erhobene ärztliche Unterlagen nehme bzw. Informationen hieraus an ärztliche Gutachter weitergebe. Ob der Drittbeschwerdeführer gesund sei, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht, da er kein Arzt sei. Die Ärzte würden meinen, dass beim Drittbeschwerdeführer alles normal sei. Die Cousine des Erstbeschwerdeführers sei irgendwo in Europa oder eventuell in Österreich. Er habe sie nicht finden können. Ein konkretes Reiseziel habe der Erstbeschwerdeführer nicht gehabt; er habe nur nicht nach Frankreich gewollt. Das französische Visum habe er sich besorgt, weil ihm gesagt worden sei, dass er mit diesem Visum problemlos durch Europa reisen könne. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, gegen den Erstbeschwerdeführer die Anordnung zur Außerlandesbringung nach Frankreich auszusprechen, gab er an, dass ihn seine Verfolger, nämlich die Wahabiten und die Polizisten, in Frankreich finden würden, da er ein französisches Visum habe. Es sei nämlich leicht, in Russland für Geld Informationen von der Polizei zu bekommen. Seine Verfolger könnten leicht herausfinden, wo er sei. Zu den vorab ausgefolgten Länderinformationen zu Frankreich brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er diese nicht gelesen habe, wenn sie nicht auf Russisch gewesen seien.

In ihrer eigenen Einvernahme brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass sie sich zwar körperlich und geistig nicht in der Lage fühle, die gestellten Fragen zu beantworten, aber sie sich Mühe geben werde. Sie leide an keinen Krankheiten, habe aber in der letzten Zeit ihrer Schwangerschaft Atemnot bekommen, wenn sie aufgeregt gewesen sei. Medizinische Unterlagen habe sie nicht. Der Drittbeschwerdeführer sei gesund. Sie habe gehört, dass die Cousine des Erstbeschwerdeführers hier sein könnte. Ein konkretes Reiseziel hätten die Beschwerdeführer nicht gehabt. Sie hätten sich französische Visa besorgt und seien nach Österreich gekommen, um ihren tatsächlichen Aufenthaltsort zu verheimlichen. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, gegen die Zweitbeschwerdeführerin die Anordnung zur Außerlandesbringung nach Frankreich auszusprechen, gab sie an, dass sie sich bewusst französische Visa besorgt hätten, aber nicht nach Frankreich gereist seien, sondern hierher, damit "man" sie nicht finden könne. Die Zweitbeschwerdeführerin sei noch nie in Frankreich gewesen. In Russland könne man jedoch für Geld jegliche Information bekommen. "Sie" würden wissen, dass die Beschwerdeführer französische Visa hätten und würden sie "dort" suchen. Die "Männer mit Bart" könnten alles erfahren. Zu den vorab ausgefolgten Länderinformationen zu Frankreich brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass es sein könne, dass sie diese bekommen habe.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. der jeweils angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Frankreich zulässig ist.

Begründend wurde betreffend alle drei Beschwerdeführer festgestellt, dass diese an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würden. Festgestellt werde, dass dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin am XXXX .2017 französische Schengen-Visa ausgestellt worden seien. Ferner hätten sie in Liechtenstein Asylanträge gestellt. Wegen der Zuständigkeit Frankreichs wurde ein Wiederaufnahmegesuch von Liechtenstein abgelehnt. Frankreich habe am 06.03.2018 dem österreichischen Aufnahmegesuch zugestimmt. Am 08.03.2018 seien die französischen Behörden über die Geburt des Drittbeschwerdeführers und über ihre Zuständigkeit für dessen Verfahren informiert worden. Festgestellt werde, dass die Beschwerdeführer keine Angehörigen bzw. Verwandte in Österreich hätten. Sie hätten auch keine soziale Kontakte, die sie an Österreich binden würden. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten wiederholt gegen die Hausordnungen der Betreuungseinrichtung verstoßen. Festgestellt werde, dass der Erstbeschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung angeklagt worden sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zum französischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Frankreich.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt mit näherer Begrünung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer aus, dass im Ergebnis nicht festgestellt habe werden können, dass die Beschwerdeführer an schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten oder Verletzungen leiden würden. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Aufgrund der in den Akten des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin aufliegenden Visa-Abgleichergebnissen und aufgrund der Zustimmung der französischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO stehe für das Bundesamt die Zuständigkeit Frankreichs seit 06.03.2018 fest. Zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer sei zwar vorgebracht worden, dass in Europa oder in Österreich eine Cousine des Erstbeschwerdeführers lebe, zu der jedoch keine näheren Angaben gemacht worden seien, sodass von der Behörde angenommen werde, dass keine enge Verbindung zu dieser Cousine bestehe. In der Folge wurden die vom Erst- und von der Zweitbeschwerdeführerin begangenen Verstöße gegen die Hausordnungen in der Betreuungsstelle aufgelistet und wurde auf die Anklage gegen den Erstbeschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung verwiesen. Daher sei klar ersichtlich, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin nicht willens seien, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Die Feststellungen zu Frankreich würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Dem vagen und wenig plausiblen Vorbringen zu einer möglichen Bedrohung in Frankreich durch Verfolger aus dem Herkunftsstaat könne kein Glauben geschenkt werden. Ferner hätten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin auch unterschiedliche Angaben zum Verbleib ihrer Reisepässe getätigt. Von einer glaubhaft gemachten wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung könne keine Rede sein. Frankreich sei laut Dublin III-VO für die in Österreich gestellten Asylanträge der Beschwerdeführer zuständig. Die Beschwerdeführer würden während des Verfahrens in Frankreich untergebracht, verpflegt und gegebenenfalls auch medizinisch versorgt werden. Dem Bundesamt seien keine Hinweise auf systematische Mängel oder Schwachstellen in Frankreich bekannt. Im Ergebnis könne daher festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Frankreich keiner unmenschlichen Behandlung oder Verfolgung ausgesetzt seien.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass sich aus dem Vorbringen und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Die Verfahren aller drei Beschwerdeführer würden gleich entschieden und werde somit in das Zusammenleben der Familie durch eine Überstellung nach Frankreich nicht eingegriffen. Die Beschwerdeführer hätten keine Angaben gemacht, eine schützenswerte Bindung oder Abhängigkeit im österreichischen Bundesgebiet aufgebaut zu haben. In den knapp zwei Monaten ihres Aufenthalts hätten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin regelmäßig gegen die Hausordnungen verstoßen, Mitarbeiter von Betreuungseinrichtungen beschimpft bzw. bedroht und sich auch sonst mehrfach sehr unkooperativ verhalten. Daher sei festzustellen, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidungen daher unter diesen Aspekten zulässig seien. Frankreich sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen, ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Frankreich aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Frankreich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu den Spruchpunkten II. der jeweils angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen die oben angeführten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer nunmehr bevollmächtigten Vertretung am 05.04.2018 fristgerecht Beschwerde und stellten Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde unter Verweis auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ausgeführt, dass der Erstbeschwerdeführer das Schengen-Visum über einen Mittelsmann beantragt habe, weshalb es den Verfolgern sehr leicht fallen würde, herauszufinden, dass sich der Erstbeschwerdeführer in Frankreich aufhalte. Bei einer Überstellung nach Frankreich habe der Erstbeschwerdeführer Angst um sich und um seine Familie. Der Erstbeschwerdeführer sei der Meinung, dass er bei einer Überstellung nach Frankreich ernsthaft der Gefahr ausgesetzt sei, bedroht und verfolgt zu werden. Im Fall der Beschwerdeführer sei daher von einer Verletzung des Art. 3 EMRK auszugehen. Es bestehe in Frankreich die Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sowie die Gefahr einer Kettenabschiebung.

4. Einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 11.01.2019 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführer seit dem 22.04.2018 über keine aufrechte Meldung mehr in Österreich verfügen. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit E-Mail vom 14.01.2019 bekannt, dass die Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts seien und die Aussetzung der Verfahren an Frankreich am 26.04.2018 versendet worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander verheiratet und die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin wurden von der französischen Botschaft in Moskau Schengen-Visa für 90 Tage im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 erteilt. In Besitz dieser Visa reisten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin nach Liechtenstein ein, wo sie am XXXX 2017 Asylanträge stellten. Festgestellt wird sohin, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Einreise in das Schengen Gebiet im Besitz von gültigen französischen Schengen-Visa waren. In weiterer Folge reisten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin weiter nach Österreich, wo sie am 25.01.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten. Der Drittbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte am 20.02.2018 im Wege seiner gesetzlichen Vertreterin ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete zunächst Wiederaufnahmegesuche an Liechtenstein, welche von Liechtenstein aufgrund der Zuständigkeit Frankreichs abgelehnt worden waren. Am 06.02.2018 richtete das Bundesamt Aufnahmegesuche an Frankreich, welche von der französischen Dublinbehörde am 05.03.2018 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO erteilt wurde. Ferner wurde der französischen Dublinbehörde mit Schreiben vom 08.03.2018 die Geburt des Drittbeschwerdeführers bekannt gegeben. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Frankreichs wieder beendet hätte, liegt nicht vor. Weiters hat sich die Überstellungsfrist im gegenständlichen Fall auf 18 Monate verlängert, da die Beschwerdeführer flüchtig sind. Dieser Umstand wurde der französischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 26.04.2018 mitgeteilt.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Frankreich sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Überstellung nach Frankreich aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht.

Festgestellt wird, dass keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet bestehen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben durch ihr aggressives und unkooperatives Verhalten gegenüber Bewohnern und Mitarbeitern der Betreuungsstelle wiederholt gegen die dortigen Hausordnungen verstoßen. Aufgrund eines damit zusammenhängenden Vorfalls wurde am XXXX 2018 von der Staatsanwaltschaft XXXX Anklage gegen den Erstbeschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung mit dem Tod erhoben. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer seit dem 22.04.2018 über keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet verfügen.

1.2. Zum französischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Frankreich:

Zum französischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Frankreich wurden in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; AIDA 2.2017; USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).

b). Dublin-Rückkehrer:

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CDNA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).

Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büros für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).

[...]

c). Versorgung:

Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).

Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).

Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). [...]

d). Unterbringung:

In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).

Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).

Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).

Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Frankreich den oben zitieren Feststellungen zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu ihren familiären Beziehungen zueinander, zur Geburt des Drittbeschwerdeführers in Österreich sowie zur Einreise des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin nach Österreich und zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus den Akteninhalten.

Dass dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin von der französischen Botschaft in Moskau Schengen-Visa für 90 Tage im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018 erteilt wurden, ergibt sich ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Den Akten ist zu entnehmen, dass dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin die oben erwähnten Visa mit den Nummern XXXX (Erstbeschwerdeführer) und XXXX (Zweitbeschwerdeführerin) erteilt worden waren. Hinzu kommt, dass die Erteilung der Visa für die beiden Beschwerdeführer durch die französische Dublinbehörde bestätigt wurde, die ihre Zustimmung zur Aufnahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin auf Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO stützt. Auch den eigenen Angaben der Beschwerdeführer ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. So gaben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in ihren jeweiligen Erstbefragungen an, dass sie im Mai 2017 die Visa bei der französischen Botschaft in Moskau beantragt und auch erhalten hätten. Dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in Besitz dieser Visa nach Liechtenstein reisten und dort am XXXX .2017 Asylanträge stellten, ergibt sich zum einen aus den unbedenklichen Eurodac-Treffern und zum andern aus der ablehnenden Antwort der liechtensteinischen Dublinbehörde auf das österreichische Wiederaufnahmegesuch vom 05.02.2018. Sohin steht im Gesamtzusammenhang eindeutig fest, dass dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin französische Visa (gültig für 90 Tage im Zeitraum XXXX .2017 bis XXXX .2018) erteilt wurden und diese sohin zum Zeitpunkt der Einreise in das Schengen Gebiet (Antragstellung in Liechtenstein am XXXX .2017) in Besitz von gültigen französischen Schengen-Visa waren.

Die Feststellungen zu den Wiederaufnahmegesuchen an Liechtenstein, zur ablehnenden Antwort der liechtensteinischen Dublinbehörde, zu den Aufnahmegesuchen an Frankreich, zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführer durch Frankreich, zur Bekanntgabe der Geburt des Drittbeschwerdeführers an Frankreich und zur Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Frankreichs beendet worden wäre, finden sich in den gesamten Verfahren keine Hinweise, wobei ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde erstattet wurde.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht, da das diesbezügliche Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nicht glaubhaft ist und die beiden Beschwerdeführers darüber hinaus auch als Personen unglaubwürdig sind. Dies aus folgenden Gründen: Zunächst ist bereits in der Erstbefragung auf einen erheblichen Widerspruch in den jeweiligen Vorbringen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin betreffend den Verbleib ihrer Reisepässe zu verweisen. So gab der Erstbeschwerdeführer an, sie hätten ihre Reisepässe im Zug nach Liechtenstein verloren; hingegen brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass ihnen die Reisepässe gestohlen worden seien. Betreffend die behauptete Bedrohungssituation in Frankreich ist auszuführen, dass weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin in der Lage waren, die von ihnen befürchtete Bedrohung bzw. Verfolgung in Frankreich konkret bzw. plausibel zu schildern. Der Erstbeschwerdeführer gab diesbezüglich befragt vor dem Bundesamt lediglich an, dass ihn seine "Verfolger" in Frankreich finden würden, da es leicht sei, in Russland für Geld Informationen von der Polizei zu bekommen und so könnten seine "Verfolger" leicht herausfinden, wo er sei (vgl. AS 225 im Akt des Erstbeschwerdeführers). Zu diesem Vorbringen ist zum einen auszuführen, dass es betreffend die Personen der "Verfolger" (die im Übrigen weder namentlich genannt noch auf eine andere Art und Weise konkretisierst wurden) das Vorbringen eine Steigerung aufweist. So sprach der Erstbeschwerdeführer in seiner Erstbefragung nämlich lediglich davon, von der Polizei gesucht zu werden; hingegen steigerte er sein Vorbringen im Rahmen der Einvernahme dahingehend, dass er nunmehr sowohl von der Polizei als auch von Wahabiten verfolgt werde. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass das Vorbringen auch unplausibel und nicht nachvollziehbar ist. Selbst wenn die "Verfolger" (durch Bestechung oder Ähnliches) erfahren würden, dass sich der Erstbeschwerdeführer in Frankreich aufhalte, ist es jedenfalls ausgeschlossen, den genauen Aufenthaltsort der Beschwerdeführer in einem Land von der Größe Frankreichs mit zahlreichen Großstädten zu erfahren, zumal den russischen Behörden (sollten diese tatsächlich von der Visumserteilung durch die französische Botschaft in Moskau wissen) wohl kaum die Adresse bzw. der Unterbringungsort mitgeteilt werden würde. Vollkommen unverständlich ist in diesem Zusammenhang das Beschwerdevorbringen, dass der Erstbeschwerdeführer die Schengen-Visa über einen Mittelsmann beantragt habe, weshalb es den "Verfolgern" sehr leicht fallen würde, herauszufinden, dass sich der Erstbeschwerdeführer in Frankreich aufhalte (vgl. Seite 3 der Beschwerde). Gerade das Gegenteil wäre wohl der Fall. Bei Einschaltung eines Mittelsmannes würde es wohl den "Verfolgern" schwerer fallen, herauszufinden, dass den Beschwerdeführern die französischen Visa erteilt worden waren (und nicht etwa dem "Mittelsmann"), zumal in einem solchen Fall die "Verfolger" zunächst in Erfahrung bringen müssten, dass der Mittelsmann für die Beschwerdeführer tätig wurde. Eine diesbezügliche nähere Erklärung bleibt die Beschwerde allerdings schuldig. Aber auch die Zweitbeschwerdeführerin war nicht in der Lage, eine konkret in Frankreich drohende Verfolgungsgefahr darzulegen. Sie gab lediglich an, dass die Beschwerdeführer nicht nach Frankreich, sondern "hierher" gereist seien, damit "man" sie nicht finden könne. "Sie" würden wissen, dass die Beschwerdeführer französische Visa hätten und würden sie "dort" suchen. Aus welchen Gründen "sie" von der Erteilung der französischen Visa wissen würden (zumal diese den Angaben des Erstbeschwerdeführers bzw. in der Beschwerde zufolge von einem "Mittelsmann" besorgt wurden), gab die Zweitbeschwerdeführerin hingegen nicht an. Ebenso wenig lässt sich den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin entnehmen, wen konkret sie mit "man" bzw. mit "sie" meint. Diesbezüglich findet sich lediglich der - ebenfalls unkonkrete - Hinweis, dass die "Männer mit Bart" alles erfahren könnten. Zusammengefasst kann sohin gesagt werden, dass die behauptete Bedrohungssituation in Frankreich von den Beschwerdeführern mangels Konkretisierung und mangels Nachvollziehbarkeit nicht glaubhaft gemacht wurde. Lediglich der Vollständigkeit halber ist allerdings darauf zu verweisen, dass sich die Beschwerdeführer in Frankreich bei Vorliegen einer tatsächlichen Bedrohung jederzeit an die französischen Behörden bzw. die französische Polizei wenden können, die dazu willens und in der Lage sind, den Beschwerdeführern Schutz vor Verfolgung zu bieten.

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Frankreich entgegenstehen könnten, ergibt sich aus den Akteninhalten. Im Zuge ihrer Erstbefragungen gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie keine Krankheiten hätten. Hingegen stellen die Angaben der beiden Beschwerdeführer zu ihrem Gesundheitszustand in den Einvernahmen vor dem Bundesamt lediglich Versuche dar, ihre Überstellung nach Frankreich zu verhindern, zumal im gesamten Verfahren keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die auf eine Behandlungsbedürftigkeit in irgendeiner Form hinweisen. Auch dieses Aussageverhalten ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die beiden Beschwerdeführer als Personen nicht glaubwürdig sind. Wenn der Erstbeschwerdeführer nunmehr angibt, er leide Kopfschmerzen, hohem Blutdruck, Müdigkeit und Nasenbluten, weil er "Stress" habe, da er eine Anzeige der Staatsanwaltschaft XXXX erhalten habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass er - seinen eigenen Angaben zufolge - wegen dieser Beschwerden nicht beim Arzt war. Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, er habe Probleme mit der Prostata. Auch diesbezüglich wurden keine medizinischen Unterlagen vorgelegt bzw. gab der Erstbeschwerdeführer an, über solche nicht zu verfügen. Darüber hinaus erklärte sich der Erstbeschwerdeführer nicht damit einverstanden, dass das Bundesamt Einsicht in ärztliche Unterlagen nimmt bzw. Informationen aus diesen an ärztliche Gutachter weitergibt, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass der Erstbeschwerdeführer seine gesundheitlichen Beschwerden lediglich behauptet, um einer Überstellung nach Frankreich zu entgehen. Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, über keine medizinische Unterlagen zu verfügen. Sie leide an keinen Krankheiten, habe aber in der letzten Zeit der Schwangerschaft (zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Bundesamt war der Drittbeschwerdeführer bereits geboren, nämlich ca. sechs Wochen alt) unter Atemnot gelitten. Sohin ist auch betreffend die Zweitbeschwerdeführerin keine medizinische Behandlungsbedürftigkeit ersichtlich. Betreffend den Drittbeschwerdeführer gab der Erstbeschwerdeführer an, dass die Ärzte gemeint hätten, "alles" sei "normal" und die Zweitbeschwerdeführerin brachte vor, dass der Drittbeschwerdeführer gesund sei.

Ferner ergibt sich die Feststellung zum Nichtvorhandensein besonders ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich aus den Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im Verfahren. Gegenteiliges ist auch den sonstigen Akteninhalten nicht zu entnehmen. Zum Vorbringen betreffend die Cousine des Erstbeschwerdeführers ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer weder wissen, wo die Cousine aufhältig ist (vgl. hierzu "irgendwo in Europa oder eventuell in Österreich" auf AS 225 im Akt des Erstbeschwerdeführers) noch kennt der Erstbeschwerdeführer den Familiennamen seiner Cousine (vgl. AS 35 im Akt des Erstbeschwerdeführers). Von einer engen Bindung ist sohin - wie auch das Bundesamt zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls nicht auszugehen. Die Feststellung zu den wiederholten Verstößen gegen die Hausordnungen der Betreuungsstelle aufgrund aggressiven und unkooperativen Verhaltens des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus den in den Akten befindlichen Vorfallsmeldungen vom 08.02.2018, vom 15.02.2018 und vom 22.02.2018, jene zur Anzeigenerhebung der Staatsanwaltschaft XXXX gegen den Erstbeschwerdeführer aus der diesbezüglichen Verständigung (vgl. AS 153 im Akt des Erstbeschwerdeführers). Dass die Beschwerdeführer seit dem 22.04.2018 über keine aufrechte Meldung in Österreich mehr verfügen, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 11.01.2019.

2.2. Die Feststellungen zum französischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den in den angefochtenen Bescheiden angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Frankreich ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden hinreichend aktuell sind. Sollte in den Feststellungen auf Quellen älteren Datums verwiesen werden, ist auszuführen, dass diese mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Frankreich ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. Weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin haben in ihren Einvernahmen vor dem Bundesamt Stellungnahmen zu den ihnen vorab ausgefolgten Länderberichten abgegeben. Der Erstbeschwerdeführer brachte hierzu lediglich vor, dass er diese nicht gelesen habe, da sie nicht auf Russisch gewesen seien, wobei in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen ist, dass sich der Niederschrift der Einvernahme auch nicht entnehmen lässt, dass die anwesende Dolmetscherin vom Erstbeschwerdeführer oder von der Rechtsberaterin um Übersetzung ersucht wurde. Die Zweitbeschwerdeführerin gab lediglich an, dass es sein könne, dass sie die Länderberichte bekommen habe. Auch ihrem Vorbringen ist kein Ersuchen um Übersetzung zu entnehmen. Ebenso wenig wurde in den schriftlichen Beschwerdeausführungen diesen Länderfeststellungen substanziiert entgegengetreten und insbesondere wurden keine alternativen Berichte bzw. Quellen in das Verfahren eingeführt. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden zu entkräften.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationale

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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