TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/23 W186 2205792-4

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W186 2205792-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: 1131179608/180742235, über die weitere Anhaltung von XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch RA Dr. Wolfgang BLASCHITZ, in Schubhaft (seit 07.08.2018) zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 76 Abs. 3

FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. Danach war er für die Behörden nicht mehr greifbar.

Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 von Beamten der belgischen Justizpolizei in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt.

2. Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 29.11.2016, Zl. 1131179608/161474868, mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 3 und § 8 AsylG, eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren (zu 38 Hv 62/18d) geführt. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft.

3. Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2018, Zl. 1131179608/180742235, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Schubhaft wurde zum Anordnungszeitpunkt im Anhaltezentrum Vordernberg vollzogen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 21.09.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzung vorlägen.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass gegen den BF eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko bestehe. Es bestehe beim BF in Anbetracht des völligen Fehlens von Barmitteln, die ihm einen Unterhalt im Bundesgebiet sichern würden, des völligen Fehlens einer Unterkunft sowie sozialer Anknüpfungspunkte, die ihm eine Unterkunft im Bundesgebiet sicherstellen könnten, und wegen des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens und wegen seiner bereits unter Beweis gestellten Tendenz, sich bei Gelegenheit nach Belgien oder in die Niederlande zu seinen Verwandten zu begeben, Fluchtgefahr und eine vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die selbst einer gelinderen Maßnahme, wie etwa der Unterbringung in der Bundesanstalt für Rückkehrberatung in Fieberbrunn, entgegenstünden. Darüber hinaus stehe die Abschiebung des BF nach Marokko in zeitlicher Nähe. Es bestünden daher keine Bedenken, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.08.2018 die Schubhaft über den BF angeordnet habe.

5. Am 05.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG, wonach Gründe zur Annahme bestünden, dass die Antragstellung offenbar nur deshalb erfolgt sei, um die Vollstreckung einer Abschiebung in den Herkunftsstaat durch Entlassung aus der Schubhaft und der Entziehung aus dem behördlichen Zugriff zu verhindern, zumal im Vorfeld trotz Befragung ausdrücklich kein solcher Antrag gestellt worden sei und aufgrund der Aktenlage ein Untertauchen sehr wahrscheinlich sei. Marokko gelte als ein sicherer Herkunftsstaat. Aus diesem Grund werde ein beschleunigtes Verfahren geführt werden und sei weiterhin eine zeitnahe Abschiebungsmöglichkeit in den Herkunftsstaat möglich. Nur im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht sei ein geänderter Sachverhalt gegeben und sei die weitere Anhaltung in Schubhaft zumindest bis zum Abschluss des Verfahrens nicht mehr zulässig. Die weitere Anhaltung in Schubhaft trotz Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz als einzige Möglichkeit zur Sicherung des Verfahrenszweckes sei aufgrund der Tatsachenumstände notwendig. Für die Höchstdauer gelte § 80 Abs. 5 FPG.

6. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt.

Am 16.11.2018 wurde seitens des Psychiaters des Anhaltezentrums Vordernberg beim BF Suizidalität festgestellt und die Einlieferung des BF in das LKH Graz Süd verfügt. Dort wurde der BF jedoch nicht stationär aufgenommen. Es wurde eine durchgehende Videoobservanz und medikamentöse Behandlung beauftragt.

Am 19.10.2018 und 16.11.2018 wurden Verhältnismäßigkeitsprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG seitens der belangten Behörde durchgeführt und dokumentiert.

Am 20.11.2018 wurde der BF vom Anhaltezentrum Vordernberg in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, verlegt, wo die Schubhaft bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt vollzogen wird.

7. Am 22.11.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Anlässlich der Aktenvorlage gab das Bundesamt eine Stellungnahme ab, in der es nach Darlegung des Sachverhaltes ausführte, dass sich die weitere Anhaltung des BF im Stande der Schubhaft - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien im vorliegenden Einzelfall - zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima-ratio-Situation darstelle, da die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorlägen. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes werde bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert. Der BF könne gegenwärtig noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG vorlägen (die Identität des BF habe bislang noch nicht endgültig geklärt werden können, weshalb die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich gewesen sei). In Beantwortung einer Anfrage seitens des erkennenden Gerichts an die zuständige Abteilung im BFA betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF wurde seitens der angefragten Abteilung am 30.11.2018 mitgeteilt, dass der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates (HRZ) für den BF am 01.06.2018 an die Botschaft des Königreichs Marokko übermittelt worden sei. Der Fall sei seitens der zuständige Abteilung im BFA sowohl am 30.07., 12.09.,11.10. und 13.11.2018 bei der Botschaft urgiert worden. Sobald ein Ergebnis der Überprüfung der Identität des BF von Seiten der marokkanischen Behörden bei der Botschaft eingehe, werde dieses in Form einer Verbalnote übermittelt. Nach einer solchen offiziellen Zustimmung könne sofort ein Flug für die Rückführung gebucht werden. Die Flugdaten müssen der Botschaft lediglich drei Wochen im Voraus mitgeteilt werden. Die Ausstellung des HRZ erfolge dann grundsätzlich erst einige Tage vor Abflug. Abschließend wurde noch angemerkt, dass die Marokkanische Botschaft ausdrücklich darauf hinweise, dass HRZ von Seiten der Botschaft nicht automatisch ausgestellt werden könnten, da vor allem Personen ohne offizielle Dokumente, welche ihre nationale Identität untermauern würden, nicht rasch identifiziert werden können. Personen mit vermuteter marokkanischer Staatsangehörigkeit müssten daher verpflichtend einem Identifizierungsprozess unterzogen werden. Da es sich dabei um einen sehr komplexen Prozess handele, der im Bestreben nach maximaler Fehlervermeidung bei der Identifizierung auch beträchtlichen administrativen Aufwand verursache, sei eine entsprechend lange Bearbeitungsdauer leider unvermeidlich. Seitens der angefragten Abteilung wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass bei konstruktiver Mitwirkung des BF bei der Personenfeststellung (Vorlage von Dokumenten) die Identifizierung grundsätzlich sehr rasch erfolgen könne. In Anbetracht der Tatsache, dass eine intensive Zusammenarbeit mit der marokkanischen Botschaft gepflegt werde und regelmäßig Identifizierungsergebnisse (zuletzt am 9.11.2018) übermittelt und Heimreisezertifikate ausgestellt würden, gehe das BFA davon aus, dass auch im verfahrensgegenständlichen Fall eine Beantwortung erfolgen werde.

8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.12.2018 sprach die zuständige Einzelrichterin die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG aus.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet worden sei und mit einer Abschiebung des BF insofern zu rechnen sei, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits im Juni 2018 nach Erlassung der Rückkehrentscheidung eingeleitet worden sei und von der marokkanischen Vertretungsbehörde bisher nicht mitgeteilt worden sei, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates sei durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des BF selbst resultieren, da er bisher keine Dokumente vorgelegt habe, die seine Identität bescheinigen. Mit der Abschiebung des BF sei zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen, weshalb die Anordnung von Schubhaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Fall des BF grundsätzlich möglich sei. Im Fall des BF liege auch weiterhin Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG vor. Der BF habe keine familiären und keine sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit gehe der BF in Österreich nicht nach und wirke er am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates insofern nicht mit, als er keine Dokumente zur Belegung seiner Identität vorgelegt habe. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung falle daher nicht zu seinen Gunsten aus. Ebenso sei die Dauer der Schubhaft nicht als unverhältnismäßig lange anzusehen, zumal die Verzögerung der Ausstellung eines HRZ dem BF zuzurechnen sei, der bisher keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage gebracht habe. Das Bundesamt komme seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten insofern nach, als regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den in Frage kommenden Vertretungsbehörden urgiert werde. Mit der Anwendung gelinderer Mittel habe aufgrund fehlender finanzieller Mittel und aufgrund des aufgezeigten Vorverhaltens des BF nicht das Auslangen gefunden werden können.

9. Mit Eingabe vom 19.12.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

In einer Stellungnahme erstattete das Bundesamt nachstehendes Vorbringen:

"Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Salzburg, vom 07.08.2018, Zl

1131179608/180742235, wurde über XXXX gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Die vom oben genannten Fremden dagegen eingebrachte Schubhaftbeschwerde wurde mit

Erkenntnis des BVwG, GZ: G305 2205792-1/5Z, vom 21.09.2018 nach mündlicher Verhandlung

als unbegründet abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

XXXX wird unverändert im Stande der Schubhaft angehalten, seit 20.11.2018 im PAZ Wien Hernalser Gürtel.

Seit der letzten Aktenvorlage des BFA EAST West am 22.11.2018 an den BVwG zur Entscheidung am 06.12.2018 (1. Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 22a Abs 4 BFA-VG) wurden folgende relevanten Schriftstücke dem Verfahrensakt-Sicherungsmaßnahmen hinzugefügt, folgende Verfahrensschritte gesetzt bzw. folgende Ermittlungsergebnisse erzielt:

06.12.2018 Erkenntnis des BVwG, GZ: W154 2205792-2/3E: Es wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFAVG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

07.12.2018 Die von XXXX am 06.12.2018 unterzeichnete Übernahmebestätigung des BVwG-Erkenntnisses langte hierorts ein.

08.12.2018 Der Bescheid mit der Zahl 1131179608/181054205 des BFA, EAST West, erwuchs in Rechtskraft. XXXX Antrag auf internationalen Schutz wurde gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

13.12.2018 Rechtsberatung durch VMÖ

17.12.2018 Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Die weitere Anhaltung des betroffenen Fremden im Stande der Schubhaft stellt sich - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien in diesem Einzelfall - nach Ansicht des BFA EAST West zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima - ratio - Situation dar, nachdem die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorliegen. Die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für XXXX wird bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert

XXXX kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Ziffer 1 FPG (Identität ist bislang noch nicht letztgültig geklärt, demzufolge die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich) vorliegen."

10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.12.2018 sprach der zuständige Einzelrichter die Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG aus.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass sich keine die Annahme der Fluchtgefahr relativierenden Änderungen auf Sachverhaltsebene ergeben hätten. Das Gesamtverhalten des BF zeige unzweifelhaft, dass der Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 - "Umgehung oder Behinderung der Rückkehr oder Abschiebung" erfüllt sei, weil sich der BF, im Falle der Haftentlassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu seinen zahlreichen Verwandten in Europa begeben werde, anstatt hier in Österreich auf seine geordnete Rückführung nach Marokko zu warten. In diesem Sinne sei auch die Anwendung eines gelinderen Mittels ausgeschieden. Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweise sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Anzumerken sei, dass schon die bisherige Dauer der Schubhaft zum Teil vom BF zu verantworten sei- Stichwort: neuerliche Asylantragstellung unmittelbar vor der Inschubhaftnahme, weshalb die Fortsetzung der Inschubhaftnahme auszusprechen gewesen sei.

11. Mit Eingabe vom 11.01.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Anlässlich der Aktenvorlage gab das Bundesamt nachstehende Stellungnahme ab:

"Mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Salzburg, vom 07.08.2018, Zl 1131179608/180742235, wurde über XXXX gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 1 FPG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Die vom oben genannten Fremden dagegen eingebrachte Schubhaftbeschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG, GZ: G305 2205792-1/5Z, vom 21.09.2018 nach mündlicher Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Es wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen.

XXXXwird unverändert im Stande der Schubhaft angehalten, seit 20.11.2018 im PAZ Wien Hernalser Gürtel.

Seit der letzten Aktenvorlage des BFA EAST West am 19.12.2018 an den BVwG zur Entscheidung am 27.12.2018 (2. Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. § 22a Abs 4 BFA-VG) wurden folgende relevanten Schriftstücke dem Verfahrensakt-Sicherungsmaßnahmen hinzugefügt, folgende Verfahrensschritte gesetzt bzw. folgende Ermittlungsergebnisse erzielt:

21.12.2018 XXXX wurde vom PAZ Hernalser Gürtel ins XXXX ausgeführt. Er wurde im XXXX stationär aufgenommen. Vom BFA wurde eine Bewachung angeordnet.

21.12.2018 Schubhaftbetreuung von 13:36 Uhr bis 14:15.

27.12.2018 Erkenntnis des BVwG, GZ: W117 2205792-3/2E: Es wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFAVG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft

maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

27.12.2018 XXXX wurde vom XXXX ins PAZ Hernalser Gürtel retour

überstellt. Der Patientenbrief des XXXX empfahl, XXXX in einem

besonders geschützten Bereich des Anhaltezentrums unterzubringen.

02.01.2019 Die von XXXX am 27.12.2018 unterzeichnete Übernahmebestätigung des BVwG-Erkenntnisses langte hierorts ein.

07.01.2019 Schubhaftbetreuung von 14:05 bis 15:00 Uhr.

10.01.2019 Erneute Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Die weitere Anhaltung des betroffenen Fremden im Stande der Schubhaft stellt sich - in Anbetracht der Gesamtheit der individuellen Kriterien in diesem Einzelfall - nach Ansicht des BFA EAST West zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverändert als verhältnismäßig und als ultima - ratio - Situation dar, nachdem die bereits bei der Anordnung der Schubhaft festgestellten Fakten betreffend akuter Fluchtgefahr auch weiterhin vorliegen.

Die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für XXXX wird bei der marokkanischen Botschaft nachhaltig und prioritär urgiert.

XXXX kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt deshalb noch nicht abgeschoben werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des § 80 Abs. 4 Ziffer 1 FPG (Identität ist bislang noch nicht letztgültig geklärt, demzufolge die Erlangung eines Ersatzreisedokumentes noch nicht möglich) vorliegen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität belegen. Er gibt an, marokkanischer Staatsangehöriger zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Seine Identität steht nicht fest. Es bestehen keine Zweifel darüber, dass der BF volljährig ist. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der BF reiste erstmals am 10.12.2015 illegal in das Bundesgebiet ein und hielt sich für wenige Tage an einem Migrantenstützpunkt in Salzburg auf. In der Folge war er für die Behörden nicht mehr greifbar.

Am 19.10.2016 brachte der BF in Österreich einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieses Verfahren wurde mit Bescheid des BFA vom 29.11.2016 mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des BFA war eine Abweisung des Asylantrages, eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

Der BF reiste gleich zwei Tage, nachdem er seinen ersten Asylantrag stellte, über Deutschland nach Belgien, wo drei Geschwister von ihm aufhältig sind.

Gegen den BF wurde am 12.02.2016 ein EU- Haftbefehl wegen des Verdachtes des Verstoßes gemäß § 278b StGB erlassen. Der BF wurde in Folge am 07.07.2016 in Brüssel festgenommen und nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens in Vollstreckung des EU-Haftbefehls am 24.08.2016 nach Österreich überstellt. In Folge wurde über den BF in Österreich wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB vor dem LG Salzburg ein strafgerichtliches Verfahren geführt, der BF befand sich während des Verfahrens von 25.08.2016 bis 01.06.2018 und von 18.07.2018 bis 06.08.2018 in Untersuchungshaft, zwischen 01.06.2018 und 18.07.2018 erfolgte eine Unterbringung des BF in einem Polizeianhaltezentrum. Mit Urteil des LG Salzburg vom 06.08.2018, zu 38 Hv 62/18d, wurde der BF von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mangels Beweisen im Zweifel freigesprochen. Das Urteil erwuchs am 04.10.2018 in Rechtskraft.

Am 01.06.2018 wurde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (Marokko) für den BF eingeleitet.

Mit Bescheid des BFA vom 07.08.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 05.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG.

Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Das BFA steht mit den Vertretungsbehörden von Marokko in Kontakt und hat am 30.07., 12.09., 11.10.2018, 13.11.2018, 17.12.2018 und 10.01.2019 die Veranlassung einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats urgiert.

Der BF hat bisher keinen Reisepass vorgelegt und behindert und verzögert das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Der BF weist keine strafgerichtlichen Verurteilungen in Österreich auf.

Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

In Österreich leben keine Familienangehörigen und keine engen Freunde des BF. Der BF hat noch weitere neun Geschwister, die in Holland leben und er verfügt außerdem über familiären Anschluss in Spanien.

Nach Erlangung eines Heimreisezertifikates scheint eine zeitnahe Außerlandesbringung des BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung möglich.

Die Schubhaft wurde vom Bundesverwaltungsgericht sowohl am 06.12.2018 als auch am 27.12.2018 überprüft und die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft festgestellt.

Der BF ist haftfähig. Er wurde am 21.12.2018 imXXXX stationär aufgenommen und am 27.12.2018 wieder entlassen. Laut Entlassungsbrief war der BF in einem besonders beschützten Bereich des Anhaltezentrums unterzubringen und einer engmaschigen Kontrolle zu unterziehen. Dem wurde entsprochen, da der BF in eine Sicherheitszelle verlegt worden war.

Es besteht weiterhin erhebliche Fluchtgefahr.

Am 10.01.2019 erfolgte die letzte Urgenz des BFA an die Botschaft des Königreichs Marokko, in dem die besondere Dringlichkeit des Falles noch einmal dargelegt wurde und um die ehestmögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments gebeten wurde.

Seit der letzten, die Schubhaft fortsetzenden Entscheidung hat sich (auch sonst) keine für die Freilassung des BF sprechende Änderung ergeben.

Der BF wird seit 07.08.2018 in Schubhaft angehalten, die im PAZ Hernalser Gürtel vollzogen wird.

2. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1131179608/180742235, sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zlen. G305 2205792-1, W154 2205792-2 und W117 2205792-3.

Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der BF keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018, Zahl: 1131179608 - 181054205/BMI-EAST_WEST, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt.

Dass der BF unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren, wonach er ohne Reisedokument in Österreich eingereist ist.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF beruhen auf der im Akt des Bundesamtes einliegenden Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Salzburg vom 06.08.2018 sowie auf der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellung zum aktuellen Vollzug der schubhaft ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus einem aktuellen Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des BMI.

Die Feststellungen zur rechtskräftigen Abweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 und der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung, sowie zur rechtskräftigen Zurückweisung des zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

Die Angaben über den Aufenthalt des BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben im Zentralen Melderegister sowie dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zur familiären, sozialen und beruflichen Verankerung des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF in den im Verwaltungsakt einliegenden Einvernahmeprotokollen und auf das Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.09.2018 im Verfahren zu G306 2189985-1/9E. Darin gibt er jeweils übereinstimmend an, dass er in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt, er keinen Beruf ausübt und über kein Geld verfügt. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines nennenswerten sozialen Netzes finden sich im Akt nicht und wurden auch vom BF keinerlei Angaben gemacht, die auf eine soziale Verankerung schließen lassen.

Dass der BF über Verwandte in Belgien und Holland verfügt, resultiert aus seinen Angaben in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21.09.2018.

Das Vorliegen erheblicher Fluchtgefahr ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer über Verwandte in Holland und Belgien verfügt, zu Letzteren bereits nach Stellung seines ersten Asylantrages gereist war, sowie aufgrund der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung des Beschwerdeführers bei Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung.

Betreffen der Haftfähigkeit wird darauf verwiesen, dass das Bundesamt dem Entlassungsbrief des BF betreffend seine Entlassung aus dem XXXX am 27.12.2018 berücksichtigte, und den BF in seiner Sicherheitszelle unterbrachte (siehe Auszug aus der Anhaltedatei). Es konnten somit keine Umstände erkannt werden konnten, aus denen sich Zweifel an der Haftfähigkeit des BF ergeben.

Die Verwaltungsbehörde hat auch mit ihrer letzten Urgenz eines Heimreisezertifikates (siehe Bericht des Bundesamtes im Zuge der Vorlage des Verwaltungsaktes vom 11.01.2018) im Zusammenhalt mit ihren bisherigen Bemühungen um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates gezeigt, dass sie "nachhaltig und prioritär" die Rückführung des BF nach Marokko betreibt und erscheint daher zum Entscheidungszeitpunkt die Erlangung eines Heimreisezertifikates sowie die zeitnahe Außerlandesbringung des BF möglich und realistisch.

Zu keinem Zeitpunkt wurde auch nur ansatzweise die (faktische) Unmöglichkeit der Abschiebung nach Marokko vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem BF gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A.I.)

3.2. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint, kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

"§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen."

3.3. Zur Judikatur:

3.3.1. Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, 2013/21/0024; 18.12.2008, 2008/21/0582).

3.3.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

3.3.3. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

3.3.4. Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3.4. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist.

Der erste Asylantrag des BF im Bundesgebiet wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.11.2016 mangels eingebrachten Rechtsmittels rechtskräftig abgeschlossen. Mit der Entscheidung des Bundesamtes war eine Abweisung des Asylantrages gemäß § 3 und § 8 AsylG, sowie eine Rückkehrentscheidung nach Marokko, sowie der Ausspruch, dass die Abschiebung des BF nach Marokko zulässig sei, verbunden.

Über den BF wurde mit Bescheid vom 07.08.2018 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF stellte am 05.11.2018 aus dem Stande der Schubhaft seinen zweiten Asylantrag. Die Behörde verfasste am selben Tag einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG. Mit Bescheid des BFA vom 21.11.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 05.11.2018 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem BF zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 23.11.2018 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. Zum gegenständlichen Zeitpunkt der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft lag daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF vor.

3.5. Mit einer Abschiebung des BF ist insofern zu rechnen, als das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bereits im Juni 2018 nach Erlassung der Rückkehrentscheidung eingeleitet wurde und von der marokkanischen Vertretungsbehörde bisher nicht mitgeteilt wurde, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Die Dauer des Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist durch Umstände begründet, die aus dem Verhalten des BF selbst resultieren, da er bisher keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Mit der Abschiebung des BF ist zeitnahe nach Vorliegen des Heimreisezertifikates zu rechnen, weshalb die Anordnung von Schubhaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen im Fall des BF grundsätzlich auch weiterhin möglich ist.

3.6. Es liegt auch weiterhin Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor:

Der BF wirkte am Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht mir und behindert eine zeitnahe Abschiebung durch die Nichtvorlage identitätsbezogener Dokumente (Z 1). Wie bereits oben festgestellt, liegt eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gegen den BF vor (Z 3) und verfügt der BF im Bundesgebiet weder über sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte, noch über einen gesicherten Wohnsitz. Auch übt er keine legale Erwerbstätigkeit aus (Z 9).

3.7. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf. Es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Beweismittel, die seine Identität bescheinigen und die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes erleichtern, hat der BF bisher weiterhin nicht vorgelegt. Der BF ist in Österreich auch weiterhin weder sozial noch beruflich verankert.

Es ist daher auch weiterhin von einem Sicherungsbedarf auszugehen, da das Verfahren nicht ergeben hat, dass der BF nach seiner Freilassung nicht untertauchen werde, um

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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