TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/13 W125 2105172-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W125 2105171-3/16E

W125 2105172-3/15E

W125 2105173-3/11E

W125 2105174-3/11E

W125 2114868-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerden von

1. XXXX , geboren am XXXX ,

2. XXXX , geboren am XXXX ,

3. XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Kindesmutter XXXX

4. XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Kindesmutter XXXX

5. XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die Kindesmutter XXXX

alle StA Russische Föderation, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.9.2018, Zl 14-1043632010-180669983, Zl 14-1043632108-180715365, 14-1043632108-180715365, 14-1043632402-180715357 und Zl 15-1080727810-180715381, zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 58 Abs 10 AsylG stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, die Zweitbeschwerdeführerin ist Angehörige der tatarischen Volksgruppe.

1. Erste Anträge auf internationalen Schutz:

Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten am 23.10.2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag Anträge auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich der Fluchtgründe gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin an, dass der Vater des Erstbeschwerdeführers im Jahr 2002 von Soldaten verschleppt und sehr wahrscheinlich umgebracht worden sei. Man habe es jedoch so dargestellt, dass sich der Vater den Kämpfern in den Bergen angeschlossen habe. Nunmehr werde dem Erstbeschwerdeführer unterstellt, Gehilfe der Rebellen zu sein. Er werde von tschetschenischen Sondereinheiten XXXX verfolgt, da er sich an das Militär gewandt habe, um den Aufenthalt seines Vaters zu ermitteln. Er sei zwei Mal verschleppt und geschlagen worden. Am 19. oder 20.8.2013 seien einige Leute mit Militäruniformen zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn mitgenommen und geschlagen. Er habe das Bewusstsein verloren und sei, als er wieder aufgewacht sei, in einem Keller gewesen. Er sei oft nach seinem Vater gefragt worden, habe aber nichts gewusst. Nach sechs bis sieben Tagen hätten ihn seine Tante und seine Mutter für US-$ 6.000 freigekauft. Danach sei er am 13. oder 14.1.2014 festgenommen worden und wieder acht bis zehn Tage in einer Zelle festgehalten worden. Man habe ihn wieder nach seinem Vater gefragt und geschlagen. Wiederum sei er von seiner Mutter und seiner Tante gegen Bezahlung von US-$ 5.000 freigekauft worden. Am 5.10.2014 sei in Grosny ein Selbstmordanschlag verübt worden und danach habe ihn das Militär wieder gesucht, da er als Angehöriger einer Person, der Rebellentätigkeit unterstellt werde, auf der schwarzen Liste stehe. Sie hätten Angst gehabt und deshalb Tschetschenien verlassen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab ergänzend an, dass sie im Zuge der zweiten Mitnahme des Erstbeschwerdeführers vergewaltigt worden sei, wohl, weil sie Tatarin sei.

Am 15.7.2015 wurde der minderjährige Fünftbeschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellte am 31.7.2015, durch seinen Vater als gesetzlichen Vertreter, einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.2.2015 (Erst- bis Viertbeschwerdeführer) beziehungsweise vom 10.9.2015 (Fünftbeschwerdeführer) wurden diese Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkte I.), den Beschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkte II.) und ihnen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtkraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkte III.).

Begründend wird darin ausgeführt, dass den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer wegen widersprüchlicher, unplausibler und vager Ausführungen die Glaubwürdigkeit zu versagen gewesen sei.

Die gegen diese Bescheide fristgerecht erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.7.2016 als unbegründet abgewiesen.

2. Zweite Anträge auf internationalen Schutz:

2.1. Am 28.12.2016 stellten die Beschwerdeführer weitere Anträge auf internationalen Schutz. Hiezu wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 28.12.2016 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 17.2.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

2.2. Der Erstbeschwerdeführer gab zu den Gründen für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen Folgendes an:

Die Familie habe das österreichische Bundesgebiet seit Abschluss ihrer ersten Asylverfahren nicht verlassen. Seine Mutter habe ihn vor drei Wochen informiert, dass Personen in Zivilkleidung an seine ehemalige Adresse gekommen seien und nach ihm gefragt hätten. Diese Leute seien angeblich vom Innenministerium und würden wissen wollen, wo er sei und wie sie ihn kontaktieren könnten. Seine Mutter habe auch beobachtet, dass die Wohnung beschattet werde. All das hänge immer noch mit den Fluchtgründen aus seinem ersten Verfahren zusammen. Diese habe er schon bei seinem ersten Asylantrag geschildert. Durch seine Ausreise habe er sich noch mehr Probleme eingefangen, da man ihn jetzt als Spitzel ansehen könne. Er könne nicht zurück, da er sich dort nicht sicher fühle. Bei einer Rückkehr in die Russische Föderation habe er Angst um sein Leben sowie Angst, nach Syrien in den Krieg geschickt zu werden.

In Österreich habe er zwei Cousins, zu diesen habe er aber meist nur sporadischen telefonischen Kontakt. In Tschetschenien leben noch seine Mutter, acht Tanten, drei Onkel sowie Cousins und Cousinen.

Er und seine Kinder seien gesund. Er spreche bereits Deutsch und habe auch ein Prüfungszeugnis, Niveau A1. Die Familie lebe von der Grundversorgung und er gehe keiner Arbeit nach.

2.3. Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Gründen für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen Folgendes an:

Sie könne nur sagen, was sie von ihrem Mann wisse. Ihr Mann habe mit seiner Mutter telefoniert und sei sehr aufgeregt gewesen. Sie selbst verstehe kein Tschetschenisch, weswegen ihr Mann ihr dann erzählt habe, dass unbekannte Leute in ihre ehemalige Wohnung gekommen seien und nach ihm gesucht hätten. Sie hätten wissen wollen, wo er sei und hätten ihre Schwiegermutter angeschrien. Ihr Mann mache sich große Sorgen um seine Mutter und habe Angst, in die Heimat zurückzugehen. Er meine, dass nach ihm gesucht werde. Sie glaube aber, dass ihr Mann ihr nicht alles erzähle. Alle anderen Gründe seien bereits im ersten Verfahren genannt worden.

Sie nehme Beruhigungstabletten, die ihr ein Psychiater verschrieben habe, da sie schlecht schlafe, sich viele Sorgen mache und nervös und aggressiv werde. Sie habe bereits in Tschetschenien Antidepressiva genommen. Diagnose habe sie keine genaue und sie könne auch keine Befunde vorlegen. Sie spreche kein Deutsch und habe aufgrund der Schwangerschaft keinen Deutschkurs absolvieren können. Sie gehe auch keiner Arbeit nach und lebe von der Grundversorgung.

Auf der Krim leben ihre Eltern und zwei Schwestern, ihr Bruder lebe in China und studiere dort.

2.4. Laut Aktenvermerk vom 7.3.2017 ergab ein Anruf bei der von der Zweitbeschwerdeführerin angegebenen Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, dass die Zweitbeschwerdeführerin lediglich einmal im Herbst 2016 bei dieser Ärztin vorstellig gewesen sei und ihr diese ein Medikament gegen Depressionen verschrieben habe. Einen schriftlichen Befund gebe es nicht, da ein solcher nur nach Zuweisung des behandelnden Hausarztes angefertigt werde.

2.5. Mit Bescheiden vom 9.3.2017 wurden die zweiten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I.) und den Beschwerdeführern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG 2005 erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkte II.).

Begründend wird darin ausgeführt, dass das neu erstattete Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, auf das sich sämtliche Beschwerdeführer berufen würden, mit dem schon im ersten Asylverfahren ins Treffen geführten Fluchtgrund in Zusammenhang stehe und der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht haben. Zudem könne dem neuen Vorbringen auch kein glaubhafter Kern beigemessen werden. Auch das Vorliegen einer geänderten Sachlage in der Russischen Föderation habe im gegenständlichen Verfahren nicht festgestellt werden können. Es könne daher weiterhin davon ausgegangen werden, dass gegen den Erstbeschwerdeführer - und damit gegen die gesamte Familie - keine gezielt gerichtete Verfolgung in Russland bestehe. Daher handle es sich letztlich um eine bereits entschiedene Sache, sodass die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen seien. Eine der Rückkehr entgegenstehende Integration der Beschwerdeführer könne ebenso wenig erkannt werden, wie der Rückkehr entgegenstehende Erkrankungen.

2.6. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 22.3.2017 fristgerecht Beschwerde, in welcher die Bescheide zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurden. Ferner wurde beantragt, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit der Beschwerde legten die Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

? Unterstützungsschreiben der ehemaligen Klassenlehrerin der Viertbeschwerdeführerin, die gleichzeitig die Vermieterin der Wohnung der Beschwerdeführer ist, in welchem hervorgekehrt wird, dass die Familie sehr höflich, gastfreundlich und zuvorkommend sei. Der Erstbeschwerdeführer spreche schon gut Deutsch, ebenso die Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien zudem sehr hilfsbereit.

? Deutschzertifikat, Niveau A1, für den Erstbeschwerdeführer.

2.7. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.4.2017 wurden die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Im Übrigen wurden die Beschwerden gemäß § 57 und § 55, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sowie § 52 Abs 9 iVm § 46 FPG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer entgegen der in den Beschwerden vertretenen Auffassung keinen neuen Sachverhalt im Sinne der Judikatur geltend machten, sondern lediglich denselben Fluchtgrund unter Bekräftigung des im ersten Verfahren eingeführten Sachverhalt vorbrachten. Damit hätten die Beschwerdeführer bloß ein "Fortbestehen und Weiterwirken" des schon im ersten Asylverfahren erstatteten Vorbringens behauptet und würden sie im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung ihrer mit Erkenntnis vom 25.7.2016 bereits rechtskräftig entschiedenen Anträge auf internationalen Schutz beabsichtigen.

Auch im Hinblick auf Art 3 EMRK sei nicht erkennbar, dass die Rückführung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation respektive Tschetschenien zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und sie bei ihrer Rückkehr in eine Situation geraten würden, die eine Verletzung von Art 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Es seien keine Krankheiten vorgebracht worden, die in der Russischen Föderation nicht behandelbar wären. Auch betreffend die Zweitbeschwerdeführerin sei nicht davon auszugehen, dass diese in Österreich einer akuten Behandlungsbedürftigkeit unterliege oder eine schwere, lebensbedrohende Erkrankung gegeben sei. Es sei insbesondere nicht anzunehmen, dass sich diese in dauernder stationärer Behandlung befindet oder auf Dauer nicht reisefähig wäre.

Was das Privat- und Familienleben betreffe, seien die Beschwerdeführer als Kernfamilie in demselben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen. Zu den in Österreich lebenden Cousins des Erstbeschwerdeführers bestehe kein Familienleben im Sinne der Judikatur des VwGH. Weder würden diese in einem gemeinsamen Haushalt leben, noch bestehe ein sonstiges, über einen sporadischen telefonischen Kontakt hinausgehendes, Abhängigkeitsverhältnis. Die Beschwerdeführer hielten sich seit ihrer ersten Antragstellung am 23.10.2014, sohin seit insgesamt etwa zweieinhalb Jahren im Bundesgebiet auf, der minderjährige Fünftbeschwerdeführer sei in Österreich geboren worden. Die Beschwerdeführer hätten zu keinem Zeitpunkt über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden in ihren Asylverfahren verfügt. Die Beschwerdeführer seien der aus den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.7.2016 folgenden Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen, hätten hier Folgeanträge gestellt und hätten ihren Aufenthalt in Österreich nur dadurch weiter verlängern können. Die Beschwerdeführer würden weiterhin über starke Bindungen zum Herkunftsstaat verfügen, so würden die Mutter, acht Tanten, drei Onkeln sowie Cousins und Cousinen des Erstbeschwerdeführers nach wie vor in Tschetschenien leben. Zu diesen bestünde regelmäßiger Kontakt. Dem Erstbeschwerdeführer sei zwar zugute zu halten, dass er Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 erworben habe, darüber hinausgehende Integrationsschritte des Erstbeschwerdeführers oder der Zweitbeschwerdeführerin hätten sich jedoch nicht ergeben. Die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen befänden sich mit acht und zehn Jahren in einem anpassungsfähigen Alter, der minderjährige Fünftbeschwerdeführer sei erst ein Jahr alt, sodass seine Sozialisation noch nicht einmal begonnen habe. Das Bundesverwaltungsgericht vermöge somit keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat erkennen.

2.8. Am 29.5.2018 ergingen seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Mandatsbescheide, welche von den Beschwerdeführern persönlich am 30.5.2018 übernommen wurden. In diesen wurde die Verpflichtung ausgesprochen, sich binnen dreier Tage in der Betreuungseinrichtung XXXX , einzufinden und dort bis zur Ausreise durchgängig Unterkunft zu nehmen.

Dieser bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung kamen die Beschwerdeführer nicht nach.

2.9. Am 27.6.2018 wurden ein Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde Hohenberg, XXXX , vom 18.6.2018 betreffend die Beschwerdeführer sowie ein diesbezügliches Antwortschreiben des Bundesministeriums für Inneres an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt.

Mit Eingabe des MigrantInnenverein St Marx vom 2.7.2018 wurden ein Schreiben der Obfrau des Elternvereins der Volksschule und neuen NÖ Mittelschule XXXX vom 15.6.2018, ein Schreiben der Direktorin der Volksschule XXXX sowie jeweils ein Bericht über die schulische Situation der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt.

3. Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art 8

EMRK:

3.1. Am 17.7.2018 stellten die Beschwerdeführer die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" gemäß § 55 AsylG.

Im Zuge der Antragstellung wurden seitens der Beschwerdeführer ein Mietvertrag, Jahres- und Abschlusszeugnisse betreffend die Dritt- und die Viertbeschwerdeführerinnen, ein Schreiben der Direktorin der Volksschule XXXX , ein Brief der Klassenlehrerin der Viertbeschwerdeführerin an diese, eine Bestätigung des BG und BRG XXXX , wonach die Drittbeschwerdeführerin am 27.6.2018 die Aufnahmeprüfung aus dem Pflichtgegenstand Mathematik nicht bestanden habe und diese die Voraussetzungen für die Aufnahme daher nicht erfülle, jeweils ein Schreiben der Klassenlehrerinnen der Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen, ein Unterstützungsschreiben, auf dem zehn verschiedene Personen aus XXXX unterschrieben haben, ein Schreiben der Vermieterin, XXXX , ein Empfehlungsschreiben eines der Vorstandsmitglieder des Verein XXXX betreffend den Erstbeschwerdeführer, ein Empfehlungsschreiben einer Lehrerin der Volksschule XXXX , die sich ehrenamtlich im XXXX und im XXXX " engagiere, ein Schreiben eines Bewohners von XXXX das eine Beurteilung des Erstbeschwerdeführers enthält, ein Zertifikat, wonach der Erstbeschwerdeführer am 20.9.2016 die Deutschprüfung auf dem Niveau A1 mit gut bestanden habe, sowie Unterlagen, die bereits mit Eingabe vom 2.7.2018 vorgelegt wurden, übermittelt.

3.2. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.9.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 17.7.2018 gemäß § 58 Abs 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs 3 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.) und gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 52 Abs 9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Begründend wurde zusammengefasst insbesondere festgehalten, dass die Beschwerdeführer willentlich und obwohl diese mehrfach rechtskräftig zur Ausreise verpflichtet worden seien, im Bundesgebiet verharrt seien. Verwiesen wurde insbesondere auf die abweisenden Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.4.2017, in denen eine Verletzung von Art 8 EMRK verneint worden sei. Die Beschwerdeführer hätten mehrfach, fortgesetzt und willentlich gegen asyl-, fremden- und niederlassungsrechtliche Vorschriften verstoßen und mehrfach behördliche und gerichtliche Entscheidungen ignoriert, so neben den beiden rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen auch die Wohnsitzauflage. Abgesehen von weitschichtigen Verwandten würden alle nächsten Angehörigen der Beschwerdeführer im Herkunftsland leben und seien diese im Bundesgebiet daher nicht maßgeblich familiär verankert. Was die Deutschkenntnisse betreffe, ergebe sich keine maßgebliche Änderung im Verhältnis zu den verfahrensabschließenden Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.4.2017, auch wenn davon auszugehen sei, dass sich das Sprachniveau der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen im Verlauf des letzten Schuljahres verbessert habe. Die Beschwerdeführer würden nach wie vor Grundversorgungsleistungen beziehen und seien nach der Aktenlage in Österreich nicht verfahrensentscheidend integriert. Den vagen Einstellungszusagen, die sich lediglich den Interventionsschreiben des Bürgermeisters der Gemeinde XXXX entnehmen ließen, komme nur ein untergeordneter Wert zu. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 lägen im Falle der Beschwerdeführer nicht vor und seien die Anträge nach § 55 AsylG gemäß § 58 Abs 10 AsylG als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da aus dem Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art 8 EMRK erforderlich mache, nicht hervorgehe. Hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde festgehalten, dass im Falle der Beschwerdeführer die Ziffer 1 des § 18 Abs 2 BFA-VG erfüllt sei, da sie mit ihrem Verhalten dem großen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung entgegengewirkt hätten.

3.3. Am 25.9.2018 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Schreiben der Vizebürgermeisterin der XXXX ein, in dem ersucht wurde, die Rückkehrentscheidung der Beschwerdeführer aus humanitären Gründen nochmals zu überdenken.

In den dagegen erhobenen Beschwerden des Migrantinnenverein St Marx vom 26.9.2018 wurden die Bescheide vom 13.9.2018 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Familie eine bedeutende integrative Leistung erbracht habe. Die Eltern würden Sprachkurse absolvieren und die Kinder die Schule beziehungsweise den Kindergarten besuchen. Nicht nur die Nachbarn, sondern auch der Bürgermeister hätten Unterstützungserklärungen abgegeben. Verabsäumt worden sei, eine Prüfung des Sachverhaltes im Sinne des Art 7 der Grundrechtecharte analog zu Art 47 Grundrechtecharta vorzunehmen.

3.4. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3.10.2018 wurde den Beschwerden gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt, da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlichen Verfahren betreffend die Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG keine Einvernahmen der Beschwerdeführer durchführte, der Sachverhalt daher nicht hinreichend geklärt war und das Bundesverwaltungsgericht insbesondere um beurteilen zu können, ob eine neuerliche Interessenabwägung nach Art 8 EMRK vorzunehmen ist, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen hatte.

3.5. Mit Schreiben des MigrantInnenverein St Marx vom 23.10.2018 wurde die Vollmacht der Beschwerdeführer widerrufen.

3.6. Mit Eingabe vom 25.10.2018 wurden von der nunmehrigen Vertretung der Beschwerdeführer, der Diakonie-Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, neuerlich Unterstützungs- und Empfehlungsschreiben übermittelt, wobei diese abgesehen von einem Schreiben der Vizebürgermeisterin der XXXX vom 19.9.2018 und einem Unterstützungsschreiben eines Bewohners der Gemeinde XXXX und dessen Freunden vom 1.10.2018 allesamt bereits zuvor vorgelegt wurden.

3.7. Am 29.11.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der erkennende Einzelrichter, die Beschwerdeführer, deren Vertreterin sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Russisch teilnahmen.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung gestalteten sich wie folgt:

"(...)

Der RI befragt die BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstehen; dies wird bejaht.

Der RI befragt die anwesenden Parteien, ob diese psychisch und physisch in der Lage sind, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

BF1: Ich bin fit.

BF2: Ich bin gesund.

(...)

Besonders hingewiesen wird auf das nach mündlicher VH erlassene Erkenntnis der GA W189 zu allen BF vom 25.7.2016, wonach die ersten Anträge auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen wurden; demzufolge wurde das Fluchtvorbringen "als vollkommen unglaubwürdig" erachtet; ferner das Erkenntnis der Abt. W236 vom 5.4.2017 über die vollinhaltliche Abweisung von Folgeanträgen (mit neuerlicher RKE).

Vorbringen hinsichtlich internationalen Schutz ist daher verfahrensgegenständlich nicht relevant; die diesbezügliche Rechtslage und höchstgerichtliche Rechtsprechung wird kurz erörtert.

Den verfahrensgegenständlichen Beschwerden wurde mit hg Entscheidung vom 3.10.2018 die aufschiebende Wirkung wegen Verfahrensfehlern der Erstbehörde zuerkannt und einer potentiellen Gefährdung von Art 8 EMRK zuerkannt.

RI: Wollen Sie eingangs Anträge stellen oder Ausführungen treffen? Bitte legen Sie alle maßgeblichen Beweismittel vor!

BFV legt ein Konvolut zum Beweis der Integration der BF vor, bestehend aus einem Unterstützungsschreiben vom 01.10.2018, einer Unterschriftenliste, ein Empfehlungsschreiben vom 20.11.2018, fünf Unterschriftslisten von MitschülerInnen der Kinder, eine Anmeldebestätigung für den BF1 für die Integrationsprüfung A2 (Prüfung könne nicht abgelegt werden, da kein gültiger Ausweis vorhanden) und eine Bestätigung über eine Teilnahme am Deutschkurs für den BF1 am Niveau A2 vom 26.11.2018; wird als Beilage ./A zur Verhandlungsschrift zum Akt genommen; ferner legt sie vor ein Schreiben der Vizebürgermeisterin der XXXX vom 19.09.2018 an das BFA, XXXX betreffend Ersuchen, die Rückkehrentscheidung der BF "nochmals zu überdenken"; wird als Beilage ./B zur Verhandlungsschrift zum Akt genommen.

Eröffnung des Beweisverfahrens gemäß § 25 Abs 6 VwGVG

Beschwerdeführer 1

RI erörtert die Sach- und Rechtslage: Was hat sich seit der relevanten Bezugsentscheidung hinsichtlich der Rückkehrentscheidung seit April 2017 entscheidend verändert?

BF1: Seit wir in XXXX sind, fällt uns die Integration leichter. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, weil die Leute uns noch nicht gut kannten, sind wir jetzt gut integriert. Wir haben Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Tatsächlich haben sich herzliche Beziehungen entwickelt. Seit 15. November 2016 sind wir in XXXX .

Aktuell ist hervorzuheben, dass wir zum Beispiel zu den Nachbarn, weil wir so hilfsbereit sind, beste Beziehungen haben. Auch nehmen wir am sozialen und gesellschaftlichen Leben der Gemeinde aktiv teil.

Was mich selber betrifft: Für mich ist es immer wichtig, beschäftigt zu sein. Viele der Nachbarn sind ältere Leute, so zum Beispiel helfe ich besonders einer Nachbarin, die im selben Alter wie meine Mutter ist, aber auch anderen, die einfach meine Hilfe brauchen. Zum Beispiel trage ich schwere Einkaufstaschen, zum Beispiel mache ich Gartenarbeiten oder erledige sonst anfallende Arbeiten innerhalb der Wohnräume. Meine Hilfsbereitschaft hat sich schon herumgesprochen. Da ich seit sechs Monaten keine staatliche Unterstützung mehr bekomme, erhalte ich umgekehrt viel Zuwendungen der Einheimischen, zum Beispiel, wenn es um Schulsachen für die Kinder geht.

XXXX ist eine kleine Gemeinde, aber es war zum Beispiel so, dass ich, als Möbel aus dem Gemeindehaus abtransportiert werden mussten, ich sofort geholfen habe. Gut bekannt bin ich auch in der Kirche von

XXXX . Auf Frage, welche Kirche, die große, da ist alles zusammen, auch das Gymnasium. Dort bin ich immer wieder und helfe handwerklich aus. Ich bin dort bekannt. Der Verwalter ist ein Ungar. Auf Nachfrage: Ich gehöre dem Islam an. Der Kontakt ist so entstanden, dass, als wir in XXXX waren, eine Krankenschwester namens XXXX immer wieder nach Freiwilligen für Arbeit gesucht hat und ich habe mich dann gemeldet und so ist das entstanden. Auch beim Roten Kreuz wollte ich mich als Freiwilliger melden.

Auf Nachfrage nach etwaigen beruflichen Qualifikationen oder besonderen Fertigkeiten: Ich habe eine Ausbildung als Kraftfahrer.

RI: Haben Sie einen in Österreich gültigen Führerschein?

BF1: Ich habe eh schon einen Antrag auf Umschreibung bei der BH XXXX gestellt. Das Verfahren wurde aber nicht fortgesetzt, weil ich zur Zeit keinen gültigen Aufenthaltstitel habe.

RI: Haben Sie noch Familienangehörige in der Russischen Föderation, zu denen Sie heute Kontakt haben?

BF1: Meine Mutter, die Schwester meines Vaters, also meine Tante und ein Cousin. Die sind in XXXX . Meine Mutter und meine Tante leben dort gemeinsam in einer Wohnung. Der Cousin lebt in einem Haus.

RI: Wie finanzieren Ihre Familienangehörigen im Heimatland ihren Lebensunterhalt?

BF1: Mutter und Tante haben eine Pension, der Cousin ist auch Kraftfahrer und arbeitet auf einer Baustelle.

Auf Nachfrage zu dem Kontakt: Hauptsächlich per Telefon mit der Mutter. Auf Nachfrage zur Familie meiner Frau: Die leben auf der Krim. Sie kommen ursprünglich aus Usbekistan, waren dann in Kasachstan und weiß ich nicht, seit wann sie auf der Krim sind. Ich habe da nicht so viel Kontakt.

Auf Nachfrage nach Verwandten in Österreich von mir: Eine Schwester meiner Mutter lebt in Österreich und eine Cousine sowie zwei Cousins. Die sind schon glaublich 15 Jahre hier und haben meines Wissens die Staatsbürgerschaft. Ein Cousin studiert. Er lebt in Wien und studiert an der XXXX Wien und unterrichtet dort auch. Der andere Cousin lebt in Innsbruck und hat meines Wissens einen Vertrag mit der XXXX und er hat ein Fahrzeug, mit dem er Dinge zustellt. Meine Frau hat in Österreich dagegen keine enge Verwandten. Auf Nachfrage nach Verwandten in anderen europäischen Ländern von mir: Ich habe noch einen Onkel in Norwegen.

RI: Welche Sprachen sprechen Sie?

BF1: Tschetschenisch, Russisch und etwas Deutsch.

Zu den Deutschkenntnissen: Einfach Konversationen verstehe ich sehr gut; dem Sinn nach habe ich auch hier alles im Wesentlichen verstanden. Auf Nachfrage: In XXXX spreche ich mit den Nachbarn immer Deutsch. Auf Nachfrage zu der Kommunikation innerhalb meiner

Familie: Das läuft gemischt ab. Auch ich spreche fallweise mit den Kindern Deutsch, zum Beispiel, wenn andere Kinder zu Besuch sind und auch für uns, damit wir etwas lernen. Die Kinder sprechen zum Beispiel auch im Dialekt von der Region XXXX untereinander, wenn sie etwas vor uns verbergeben wollen.

RI: Was wäre Ihre berufliche Perspektive, für den Fall, dass Sie in Österreich bleiben könnten?

BF1: Zwei Zusagen hätte ich schon, einerseits als Fahrer beim XXXX in XXXX und andererseits habe ich ein Angebot in XXXX ; dort arbeitet ein Freund von mir auch als Fahrer für die XXXX .

RI: Wie kommen Sie zum Beispiel von XXXX ?

BF1: Mit dem Bus oder mit dem Fahrrad. Nach XXXX dann mit dem Zug oder Bus.

RI: Waren Sie jemals im Rückkehrberatungszentrum in XXXX aufhältig? (Mandatsbescheid vom 29.05.2018)

BF1: In XXXX hätte ich auch wieder von Null anfangen müssen. Wie schon zuvor ausgeführt, war es in XXXX auch schwer gewesen und dann konnte ich mich in XXXX gut integrieren und daher wollte ich nicht mehr weg. Das BFA hat mir schon mitgeteilt, dass dort wieder Unterstützungsleistungen erfolgen würden, aber das war es mir in dieser Situation nicht wert.

RI problematisiert die Nichtbeachtung der österreichischen Gerichtsentscheidungen hinsichtlich der Ausreiseverpflichtung in die Russische Föderation, die gegen die Integrationsschritte eingewendet werden könnten!?

BF1: Dessen bin ich mir schon bewusst, dass wir nicht zurückgekehrt sind, aber wir können einfach nicht zurück.

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Nehmen Sie Medikamente ein oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?

BF1: Ich habe einen Bandscheibenvorfall. Ich habe auch zwei Injektionen bekommen. Die helfen aber auch nach ärztlicher Auskunft wenig. Ich brauche dennoch eine Operation. Ich bin im Krankenhaus in XXXX in Behandlung. Momentan liegt das Problem darin, dass ich keine notwendige Krankenversicherung habe.

RI: Wie geht es Ihren Kindern und Ihrer Frau gesundheitlich, sofern Ihnen bekannt?

BF1: Nur Kleinigkeiten. Im Kindergarten wurde aber vermutet, dass mein Sohn XXXX autistisches Verhalten zeigt und deshalb hätte er vom Kindergarten aus eine Untersuchung in XXXX gehabt, zu der es aber wiederum wegen der fehlenden Krankenversicherung nicht gekommen ist.

RI: Wie groß ist die Gemeinde XXXX , sofern Sie das wissen?

BF1: Etwas über 1000 Einwohner. Auf Nachfrage: Da gibt es vielleicht noch fünf andere Familien von Asylwerbern, Syrer, Iraker.

BF1 wird ersucht alle Dokumente, die er mithat und die er für potentiell relevant erachtet, vorzulegen.

Einsicht wird genommen in ein Schreiben der BH XXXX zur Geschäftszahl XXXX zum Ansuchen auf Lenkberechtigung, wonach der Originalführerschein vorgelegt worden ist und zur Echtheitsüberprüfung an das LKA XXXX geschickt worden sei.

BF1 gibt informativ an, dass sich der Originalführerschein seines Wissens weiterhin im Verfügungsbereich der BH XXXX befindet und er kein weiteres Schreiben der BH XXXX erhalten hat.

Auf Nachfrage: Weitere Dokumente aus der Russischen Föderation sind bei der Einreise in Österreich bei den Leuten, die die Einreise organisiert haben, geblieben. Den Führerschein hatte ich noch, weil ich ihn zufällig in der Jackentasche eingesteckt hatte.

Der BF1 wird gebeten, während der Befragung der BF2 den Saal zu verlassen. Die BF2 wird um 14:35 Uhr in den Verhandlungssaal gebeten.

Beschwerdeführerin2

RI erörtert die Sach- und Rechtslage: Was hat sich seit der relevanten Bezugsentscheidung hinsichtlich der Rückkehrentscheidung seit April 2017 entscheidend verändert?

BF2: Der Grund, warum wir nach Österreich kommen wollten, war, um den Kindern hier ein sicheres Leben bieten können. Anfänglich fühlte ich mich schuldig, dass ich die Kinder quasi in ein fremdes Land bringe, doch was sich seit April 2017 geändert hat, sie fühlen sich jetzt integriert und wollen selbst nicht mehr zurückgehen. Vor kurzem, beim Elternsprechtag, haben mir die Lehrer gesagt, dass sie uns die Daumen halten, dass wir hier bleiben können. Ich will auch keinesfalls von der Sozialhilfe leben, sondern würde mich darum bemühen, wenn ich hier bleiben kann, zu arbeiten, konkret bei XXXX als Altenpflegerin. Da habe ich viel Erfahrungen, weil ich mich etwa lange um meine gelähmte Großmutter gekümmert hatte. Auch habe ich ein Bedürfnis, mich um die älteren Menschen zu kümmern, weil diese wegen ihrer Einsamkeit oft Zuwendung brauchen.

RI: Wo haben Sie vor Ihrer Ausreise in der Russischen Föderation überall gelebt?

BF2: Ich bin in Usbekistan geboren und aufgewachsen. Meine Familie sind Krim-Tataren, die unter Stalin aus der Krim deportiert wurden. Wir waren dann ein Jahr in Kasachstan, weil mein Vater dort gearbeitet hat und glaublich 1990 sind wir nach XXXX auf der Krim gezogen. Dort stammt meine Familie her. 2003 habe ich dann meinen Mann kennengelernt. Er hat dort gearbeitet und habe ich ihn dann über Freunde kennengelernt. Ich bin dann mit ihm nach Tschetschenien.

RI: Damals herrschte doch in Tschetschenien eine besonders schlechte Situation!?

BF2: Wir waren damals verliebt und gab es keine direkte Bedrohung. Natürlich hatte ich auch eine Meldebestätigung.

RI: Verfügen Sie noch über irgendwelche russischen Identitätsdokumente?

BF2: Alle Urkunden sind weg.

RI: Welche Familienangehörigen halten sich noch im Heimatland auf?

BF2: Meine Familie hält sich noch in XXXX auf, das sind meine Eltern und zwei Schwestern. Sie leben in einer Wohnung. Nachgefragt zur wirtschaftlichen Situation: Diese ist jetzt schlechter geworden, seit Russland die Krim okkupiert hat. Meine Mutter ist zuhause, weil sie herzkrank ist. Mein Vater ist Techniker bei XXXX . Eine Schwester ist schwanger, die andere ist in Karenz. Auf Nachfrage, ob ich mir nicht über meine Verwandten in der Krim Dokumente nachschicken lassen kann: Ich habe 2003, als die Krim noch bei der Ukraine war, die Staatsbürgerschaft gewechselt und da ist es jetzt schwierig. Meine Urkunden habe ich damals alle nach Tschetschenien mitgenommen.

RI: Verstehen sich Ihre beiden Familien gut?

BF2: Nicht so gut. Mein Vater war von Anfang an dagegen, dass ich in eine tschetschenische Familie hereinheirate. Er wirft mir das noch immer vor. Die Familie meines Mannes hat mich sehr gut aufgenommen.

RI: Haben Sie Kontakt zu den Verwandten Ihres Mannes, die noch immer in Tschetschenien sind?

BF2: Ja, mit seiner Mutter.

RI: Haben Sie in der Ukraine oder in der Russischen Föderation gearbeitet?

BF2: Nein. Mein Mann hat gut verdient. Hier ist es aber anders, hier will ich arbeiten, wie gesagt, entweder in der Altenpflege oder vielleicht auch in der Gastronomie, da ich sehr gut koche. Unsere österreichischen Freunde sind sich sicher, dass ich in der Gastronomie arbeiten könnte. Damit hat mein Mann auch gar kein Problem. Obwohl wir Moslem sind, kleiden wir uns im Übrigen auch modern.

RI: Wie sieht Ihr Tagesablauf derzeit in Österreich aus?

BF2: Ich mache Frühstück. Wenn die Kinder im Kindergarten bzw. in der Schule sind, mache ich Haushaltsarbeiten. Ich lerne Deutsch. Es kommen österreichische Freunde zu mir. Auf Nachfrage: Ich kümmere mich auch zum Beispiel um die 70-jährige Nachbarin XXXX und sie gibt mir Honig, Äpfel und solche Sachen. Es stimmt auch, dass mein Mann aushilft, wenn es notwendig ist. Kochen tue ich, wenn Besuch kommt.

RI: Wie verbringen Sie momentan Ihre Freizeit? Haben Sie Hobbies oder Lieblingsbeschäftigungen?

BF2: Wir sind viel im Freien, wir gehen spazieren. Wir waren zum Beispiel auch mit einer Nachbarin wandern - mit der Seilbahn bei

XXXX .

RI: Haben Sie abgesehen von Ihrem Mann und Ihren Kindern Familienangehörige in Europa oder Österreich, außerhalb der Krim?

BF2: Nein.

RI: Waren Sie, seitdem Sie nach Österreich gelangt sind, jemals außerhalb Österreichs, zum Beispiel in der Ukraine?

BF2: Nein, ich war immer in Österreich.

Zu meinen Sprachkenntnissen: Den Sinn verstehe ich. In XXXX kann ich ohnehin nur Deutsch sprechen. Mit meinem Mann spreche ich Russisch. Ich kann nicht Tschetschenisch. Mit den Kindern spreche ich auch meistens Russisch, aber die Kinder sprechen mich auf Deutsch an und bessern mich aus, wenn ich etwas Falsches sage.

RI: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Nehmen Sie Medikamente ein oder sind Sie in ärztlicher Behandlung?

BF2: Grundsätzlich gut. Aber jetzt ist eine Stresssituation wegen der Ungewissheit, ob wir hier bleiben können und habe ich deshalb stark abgenommen.

Aber wir können einfach nicht zurückgehen.

Auf Nachfrage: Die Krim ist jetzt auch russisch besetzt. Dazu kommt, dass mein Vater noch immer gegen meine Ehe ist und wenn er mich aufnehmen sollte, würde er verlangen, dass ich mich scheiden lasse.

RI: Ihr Sohn sollte wegen Autismus untersucht werden. Was gibt es da noch zu wissen?

BF2: Im Kindergarten hat man uns gesagt, dass der BF5 vielleicht an Autismus leidet und wir ihn in XXXX untersuchen lassen sollen; das war aber dann nicht möglich. Er ist seit September im Kindergarten und war das daher, glaube ich, Ende Oktober. Es wurde gesagt, er sei nicht so kontaktfreudig. Es wurde uns gesagt, dass es gut wäre, eine Erzieherin würde sich individuell mit ihm beschäftigen.

RI: Ihre Vertreterin hat Unterschriften von Volksschul- und Hauptschulkindern inkl. Unterschriften der Lehrer vorgelegt, die gegen die befürchtete Abschiebung protestieren. Wissen Sie, wie das zustande gekommen ist?

BF2: Ja, meine Tochter hat erzählt, dass eine Abschiebung drohen könnte und haben sich dann die Kinder dagegen ausgesprochen. Da gab es auch sonst viel Unterstützung. Die Schulfreunde erkundigen sich auch bei den Kindern und wollen wissen, was herauskommt.

RI: Hatten Sie auch oder Ihr Mann persönlich Kontakt zur Führung der Gemeinde XXXX ?

BF2: Ja, mit dem Bürgermeister haben wir gesprochen. Den kennen wir persönlich, auch die Vizebürgermeisterin ist informiert. Der Bürgermeister versteht die Entscheidung des BFA nicht, weil es ja im Gegensatz zu uns problematische Familien gibt, die dann hierbleiben dürfen.

Die Verhandlung wird um 15:30 Uhr zwecks Erholungspause unterbrochen.

Fortsetzung um 15:55 Uhr in Anwesenheit von BF1 und BF2 sowie aller Kinder.

Im allgemeinen Einverständnis wird die BF3 in Gegenwart der BF2 als ihrer gesetzlichen Vertreterin trotz ihrer Unmündigkeit etwas zu Protokoll geben.

BF3: Ich möchte sagen, dass ich unbedingt da bleiben will. Ich habe coole Lehrer und viele Freunde. Ich gehe jetzt noch ein Jahr in die Mittelschule in XXXX und dann will ich ins Gymnasium gehen, und zwar in XXXX . Nach dem Gymnasium will ich studieren. Ich will Medizin studieren und Arzt werden, weil das den Menschen hilft. Meine Freunde sind in der Schule herumgerannt, damit alle unterschreiben, dass wir da bleiben können.

Festgehalten wird, dass die BF3 sehr gut und sehr flüssig Deutsch spricht. Sie setzt fort: Ich kann auch sehr gut Russisch, weil ich in einer russischen Schule war, ich kann auch Tschetschenisch. Englisch lerne ich jetzt auch und habe bei der ersten Schularbeit ein Sehr gut bekommen. Auf weitere Nachfrage, in meinem Zeugnis vom letzten Schuljahr in Österreich habe ich in Deutsch die Note Befriedigend erhalten.

Auf Nachfrage: Ich spreche tatsächlich besser Deutsch als meine Mutter.

RI: Haben Ihre ältesten zwei Töchter in der Russischen Föderation Kindergärten und/oder Schulen besucht, wenn ja, wie lange?

BF2: XXXX war ein Jahr in der Grundschule in Tschetschenien, zuvor war sie auch im Kindergarten. XXXX war nie im Kindergarten. XXXX kann auch nicht Russisch.

XXXX geht in die vierte Klasse Volksschule. Sie hatte im letzten Zeugnis in Deutsch die Note Befriedigend.

RI ersucht BF1 und BF2 zwecks unmittelbarer Wahrnehmung ihrer Deutschkenntnisse auf Deutsch zu erzählen, was sie gestern gemacht haben. Dies erfolgt.

Festgehalten wird dazu, dass die BF2 gebrochen Deutsch spricht, wobei sie wesentliche Sachverhalte zum Ausdruck bringt, eine Kommunikation nur sehr eingeschränkt möglich erscheint, der BF1 spricht annähernd fließend Deutsch und ist eine Kommunikation, jedenfalls einfache Sachverhalte betreffend, möglich.

RI an BFV: Aus dem Akt und dem Ergebnis der heutigen Verhandlung ist relativ unklar, wovon die BF in Österreich tatsächlich leben, wer ihre Wohnung und die Lebensmittel bezahlt. Können Sie eine Auskunft geben?

BFV: Ich gehe davon aus, es handelt sich um private Unterstützungsleistungen. So habe ich es jedenfalls verstanden. Die Diakonie leistet keine finanzielle Unterstützung.

BF1 dazu: Private helfen uns. Auch meine Verwandten in Österreich geben uns fallweise Geld. Von staatlichen Institutionen, auch von der Gemeinde, erhalten wir nichts.

BF2 verweist darauf, dass sie ihren Schmuck verkauft hat und schon darauf verwiesen zu haben, dass die wirtschaftliche Situation ihrer Familie zuhause nicht schlecht war.

RI: Die Lage im Zielland der Russischen Föderation ist im gegenständlichen Zusammenhang nur in allgemeiner Hinsicht relevant. Trotzdem wird insbesondere im Lichte der Judikatur des VwGH allgemeines Material zur Situation in der Russischen Föderation dem Verfahren zugrunde gelegt. Festgehalten wird, dass, sofern man die Krim nun in der Russischen Föderation zuordnen könnte, auch dort die Lage nicht so ist, dass sie Art 3 EMRK im Allgemeinen widerspricht.

Folgende Berichte werden - über die in der Entscheidung der Verwaltungsbehörde zugrunde gelegten hinaus - in das Verfahren eingeführt und erörtert. Diese führen zu den unten gemachten Schlussfolgerungen. Jedenfalls geht daraus nicht hervor, dass sich die Lage in Tschetschenien im Speziellen/der Russischen Föderation im Allgemeinen seit der Bezugs-Entscheidung des BVwG vom 5.4.2017 verschlechtert hätte.

Quellen

Amnesty International: Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Russian Federation, 22.2.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425086.html, AI

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, 21.5.2018, AA

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH:

Russland, Geschichte und Staat (September 2018), https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, GIZ

European Asylum Support Office: Country of Origin Information Report Russian Federation. State Actors of Protection, März 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, EASO 2017

European Asylum Support Office: Country of Origin Information Report Russian Federation. The situation for Chechens in Russia, August 2018,

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/Chechens_in_RF.pdf, EASO 2018

Freedom House: Freedom in the World 2017 - Russia, Jänner 2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, FH 1

Freedom House: Nations in Transit 2018 - Russia, April 2018, https://www.ecoi.net/en/document/1429203.html, FH 2

ÖB Moskau: Asylländerbericht Russische Föderation, Dezember 2017, ÖB

Stiftung Wissenschaft und Politik. Deutsches Institut für

Internationale Politik und Sicherheit: Tschetscheniens Stellung in der Russischen Föderation. Ramsan Kadyrows Privatstaat und Wladimir Putins föderale Machtvertikale, März 2018, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S01_hlb.pdf,

SWP

United States Commission on International Religious Freedom: Annual Report 2018. Russia, 2018,

https://www.uscirf.gov/sites/default/files/Tier1_RUSSIA.pdf, USCIRF

United States Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2017 - Russia, 20.4.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430116.html, USDOS HR

United States Department of State: Country Report on Terrorism 2017 - Chapter 1 - Russia, 19.9.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1444879.html, USDOS T

United States Department of State: International Religious Freedom Report 2017 - Russia, 29.5.2018 https://www.state.gov/documents/organization/281196.pdf, USDOS RF

Aktuelle (notorische) Medienberichterstattung bzw öffentlich zugängliche statistische Informationen von EASO sowie von IOM, insbesondere:

https://www.nzz.ch/international/offensive-gegen-menschenrechtler-in-tschetschenien-ld.1349616

https://www.theguardian.com/cities/2018/jun/02/the-darker-side-of-groznys-push-to-be-the-dubai-of-the-north-caucasus

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/russland-wladimir-putins-wirtschaftsbilanz-nach-18-jahren-a-1198313.html

https://www.easo.europa.eu/overview-situation-asylum-eu-2017

http://www.iomvienna.at/sites/default/files/AVRRNLSommer2016.pdf

(...)

Keine Stellungnahmen oder Anträge der BFV:

BFV bringt ergänzend vor, dass sich XXXX nunmehr nicht mehr im sogenannten anpassungsfähigen Alter befindet, wie noch in der Vorentscheidung des BVwG aus 2017 angenommen.

RI fragt die BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstanden haben; dies wird bejaht.

(...)"

3.8. Laut Aktenvermerk vom 7.2.2019 ergab eine telefonische Nachfrage bei der BH XXXX , dass die Echtheit des russischen Führerscheins des Beschwerdeführers geprüft und dieser als authentisch eingestuft worden sei. Aufgrund des Fehlen eines Ausweises könne aber weder ein ärztliches Gutachten erstellt werden, noch könne der Beschwerdeführer zur Fahrprüfung antreten. Insofern sei das Verfahren bei der BH XXXX noch offen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahrensgang, zur Person der Beschwerdeführer und deren Gesundheitszustand sowie deren Privat- und Familienleben:

Die Beschwerdeführer reisten im Oktober 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten damals erste Anträge auf internationalen Schutz, wobei diese, ebenso wie die in der Folge dagegen erhobenen Beschwerden, als unbegründet abgewiesen wurden.

Zuletzt wurden die gegen die zurückweisenden Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 68 Abs 1 AVG erhobenen Beschwerden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5.4.2017 als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer kamen der Verpflichtung zur Ausreise, ebenso wie schon nach Abschluss der Verfahren über die ersten Anträge auf internationalen Schutz, nicht nach.

Am 29.5.2018 ergingen seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Mandatsbescheide, in denen die Verpflichtung ausgesprochen wurde, sich binnen dreier Tage in der Betreuungseinrichtung XXXX , einzufinden und dort bis zur Ausreise durchgängig Unterkunft zu nehmen.

Dieser bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung kamen die Beschwerdeführer nicht nach. Sie bezogen bis Juli 2018 (bis diese aufgrund des Nichteintreffens in der Rückkehrberatungseinrichtung in XXXX als keinen Wohnsitz habend angesehen wurden) Leistungen aus der Grundversorgung.

Am 17.7.2018 stellten die Beschwerdeführer die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" gemäß § 55 AsylG.

Die Beschwerdeführer sind weitgehend gesund und leiden an keinen schweren physischen oder psychischen akut lebensbedrohlichen und im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstbeschwerdeführer nimmt seit September 2018 laufend sechs Stunden pro Woche an einem Deutschunterricht auf dem Niveau A2 teil. Ein Prüfungszertifikat wurde noch nicht vorgelegt. Eine Kommunikation ist, einfache Sachverhalte betreffend, möglich.

Die Zweitbeschwerdeführerin besucht derzeit keinen Deutschkurs. Sie spricht gebrochen Deutsch, eine Kommunikation ist nur sehr eingeschränkt möglich.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin helfen jeweils Nachbarn beziehungsweise Bekannten in der Gemeinde XXXX , etwa bei Gartenarbeiten, handwerklichen Arbeiten und beim Tragen von Einkaufstaschen. Der Erstbeschwerdeführer verrichtet zeitweise auch handwerkliche Arbeiten in der Kirche in XXXX . Einer Erwerbstätigkeit gehen sie derzeit nicht nach.

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin besucht seit September 2018 die XXXX .

Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin ist derzeit Schülerin in der 4. Klasse der Volksschule XXXX .

Der minderjährige Fünftbeschwerdeführer besucht seit Herbst diesen Jahres den Kindergarten in XXXX .

Festgestellt wird, dass die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen sehr gut und flüssig Deutsch sprechen.

In Österreich halten sich eine Tante sowie eine Cousine und zwei Cousins des Erstbeschwerdeführers auf. Zu diesen besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine Verwandten in Österreich.

Der überwiegende Teil der Familienangehörigen des Erstbeschwerdeführers hält sich nach wie vor im Heimatland auf. So leben die Mutter, eine Tante und ein Cousin in XXXX . Die Mutter und die Tante des Erstbeschwerdeführers beziehen eine Pension, der Cousin arbeitet als Kraftfahrer auf einer Baustelle. Der Erstbeschwerdeführer steht in regelmäßigem Kontakt zu diesen.

Die Eltern und zwei Schwestern der Zweitbeschwerdeführerin halten sich auf der Krim auf. Die Zweitbeschwerdeführerin hat ein gutes Verhältnis zu den Familienangehörigen ihres Ehemannes und steht mit dessen Mutter in regelmäßigem Kontakt.

Der Erstbeschwerdeführer arbeitete im Heimatland als Kraftfahrer und war die wirtschaftliche Situation der Familie gut.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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