Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §373a Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der E GmbH in K, vertreten durch die Rihs Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 3. Oktober 2016, Zlen. VGW-123/046/2021/2016, VGW- 123/046/2019/2016, VGW-123/046/1920/2016, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Parteien:
1. W GmbH, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Fleischmarkt 1;
2. L GmbH in W, vertreten durch die Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 1. Die Erstmitbeteiligte (Auftraggeberin) führte ein Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb im Oberschwellenbereich betreffend einen "Rahmenauftrag über feuerfeste Mauerungsarbeiten" in sieben Losen. Die Zweitmitbeteiligte beteiligte sich an diesem Verfahren ebenso wie die (nunmehrige) Revisionswerberin als Bieterin für die Lose 1-3.
2 Am 9. Februar 2016 erfolgte die Bekanntgabe der verfahrensgegenständlichen Zuschlagsentscheidung betreffend diese drei Lose zugunsten der Revisionswerberin.
3 2. Mit der hier angefochtenen Entscheidung gab das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) dem von der Zweitmitbeteiligten am 19. Februar 2016 eingebrachten Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung Folge und verpflichtete die Erstmitbeteiligte zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren an die Zweitmitbeteiligte.
4 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf Punkt D.3 der Bewerbungsunterlagen fest, laut bestandfester Ausschreibung sei der Bieter verpflichtet nachzuweisen, dass er als Gesamtunternehmer zur Erbringung der Gesamtleistung befugt sei. Für die Durchführung des Gesamtauftrages seien die entsprechenden Gewerbeberechtigungen bzw. -befugnisse für Feuerfestarbeiten (Baumeister) nachzuweisen. Soweit der Bieter Subunternehmer heranziehe, sei die Befugnis für die Teile der Leistung, die er selbst erbringe, von ihm nachzuweisen. Für jene Teile, die der Dritte erbringen solle, sei die entsprechende Befugnis des Dritten erforderlich. Gemäß Punkt D.2 der Bewerbungsunterlagen würden für grenzüberschreitende Bau- und Dienstleistungen die Regelungen der WSTW 6310 gelten, wonach Bieter aus EU-Mitgliedstaaten bis zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung nachzuweisen hätten, dass eine Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 lit.a GewO 1994 vorliege, oder dass sie vor Ablauf der Angebotsfrist eine Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 erstattet hätten.
5 Die präsumtive Zuschlagsempfängerin - hier die Revisionswerberin - habe ihren Sitz in Deutschland. Es liege ein rechtskräftiger Bescheid des (österreichischen) Bundesministers für Wirtschaft, Jugend und Familie vom 9. Jänner 2013 vor, mit welchem gemäß § 373a Abs. 1 GewO 1994 der Revisionswerberin die Ausübung der den Gegenstand der Dienstleistung bildenden Tätigkeit - "(Feuerfestarbeiten) Baumeister" -
6 verboten wurde. Nach der Erlassung dieses Bescheides habe die Revisionswerberin keine neuerliche Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 erstattet. Es liege auch keine Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 lit. a GewO 1994 vor.
7 Im Vergabeverfahren habe die Revisionswerberin ein Tochterunternehmen mit Sitz in Wien als Subunternehmen bekannt gegeben, welches die Befugnisse und die technische Leistungsfähigkeit zur Verfügung stelle. Dieses Unternehmen verfüge jedoch über keine eigenen Mitarbeiter. Der operative Betrieb solle erst in Zukunft eingerichtet werden.
8 Frau B. sei handelsrechtliche Geschäftsführerin des Tochterunternehmens und Betriebsleiterin im Unternehmen der Revisionswerberin. Mit gewerbebehördlichem Bescheid vom 30. Juni 2015 seien die von Frau B. in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten als ausreichender Nachweis der Befähigung für das Gewerbe "Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten" anerkannt worden.
9 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, die angefochtene Zuschlagsentscheidung wäre nur dann rechtmäßig, wenn die Revisionswerberin die Befugnis zur Durchführung der Arbeiten nachweisen könnte. Soweit die Revisionswerberin als präsumtive Zuschlagsempfängerin zum Nachweis der Befugnis auf das von ihr genannte Subunternehmen verweise, scheitere der geforderte Nachweis daran, dass dieses Subunternehmen nicht über die Mittel zur Ausführung der Arbeiten verfüge, weil die Infrastruktur für einen operativen Betrieb nicht vorhanden sei.
Wirtschaftsteilnehmer dürften aber gemäß der maßgeblichen Bestimmung der Sektorenrichtlinie andere Unternehmen nur dann in Anspruch nehmen, wenn diese selbst die Arbeiten ausführen, um sicher zu stellen, dass Subunternehmen nicht zu dem ausschließlichen Zweck der Zurverfügungstellung von Befugnissen herangezogen würden.
10 Die Revisionswerberin selbst wäre aufgrund ihrer Ausübungsbefugnis in Deutschland betreffend Baumeisterarbeiten nach § 373a Abs. 1 GewO 1994 grundsätzlich befugt, dieses Gewerbe auch in Österreich vorübergehend und gelegentlich auszuüben. Voraussetzung dafür sei jedoch die Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994, die seitens der Revisionswerberin nicht erfolgt sei. Hinzu komme, dass der Revisionswerberin mit Bescheid gemäß § 373a Abs. 1 GewO 1994 die Ausübung von "(Feuerfestarbeiten) Baumeister" verboten worden sei.
11 Die fehlende Befugnis der Revisionswerberin könne durch die Anerkennung der Tätigkeiten von Frau B. als ausreichender Nachweis der Befähigung für das Gewerbe "Baugewerbetreibender eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten" gemäß § 373c GewO 1994 nicht substituiert werden, da sich der entsprechende Bescheid an Frau B. selbst richte und nichts an der Rechtsstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ändere. Dazu hätte es einer neuerlichen Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 bedurft, die von der Revisionswerberin nicht erstattet worden sei. Zudem würden die Ausschreibungsbedingungen explizit vorsehen, dass Bieter aus EU-Mitgliedstaaten bis zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung nachzuweisen hätten, dass eine Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 vorliege, oder dass sie vor Ablauf der Angebotsfrist eine Anzeige gemäß § 373 Abs. 4 GewO 1994 erstattet hätten. Keinen dieser Nachweise habe die Revisionswerberin erbracht.
12 Aus diesen Gründen sei die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.
13 Das Verwaltungsgericht erachtete die Revision für zulässig, weil Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob bzw. inwieweit ein an die Betriebsleiterin gerichteter Bescheid gemäß § 373c GewO 1994 Auswirkungen auf einen zuvor erlassenen, an das bietende Unternehmen gerichteten Untersagungsbescheid gemäß § 373a Abs. 1 GewO 1994 habe.
14 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben.
15 Die Zweitmitbeteiligte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.
16 Die Erstmitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung. 17 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
20 4.1. Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, nach der "Rechtsprechung" des Bundesvergabeamtes könne der Nachweis der Befugnis durch einen Subunternehmer erbracht werden. In diesem Fall komme es auf ein früheres Verbot betreffend die mangelnde Berufsqualifikation nicht an.
21 Überdies schließe die aktenkundige Anerkennung der Berufsqualifikation des Betriebsleiters eines deutschen Unternehmens, das ein in Österreich reglementiertes Gewerbe im Rahmen des § 373a GewO 1994 vorübergehend ausüben wolle, eine Beurteilung durch das zuständige "österreichische Bundesministerium" aus, wonach aufgrund mangelnder Berufsqualifikation des Dienstleisters eine schwerwiegende Beeinträchtigung im Sinn des § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 zu befürchten sei. Aus diesem Grund komme der Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 nur deklarative Bedeutung zu. Dies habe das Bundesvergabeamt in einem vergleichbaren Fall bezogen auf das Gewerbe der Elektrotechnik ausgesprochen.
22 4.1.1. Insofern die Revision mit diesem Vorbringen darauf abzielt, die Zulässigkeit auf ein Abweichen von der Rechtsprechung zu stützen, ist ihr zu entgegnen, dass das Vorbringen des Abweichens von der Rechtsprechung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG die Darstellung verlangt, inwiefern das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht. Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht entferne sich mit seiner Entscheidung von einer Rechtsprechung des Bundesvergabeamts kann somit die Zulässigkeit der Revision nicht begründet werden.
23 4.1.2. Ferner ist dem Vorbringen der Revision zur Zulässigkeit zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht explizit festgestellt hat, dass die bestandfesten Ausschreibungsbedingungen vorgesehen hätten, dass Bieter aus EU-Mitgliedstaaten bis zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nachzuweisen hätten, dass eine Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 vorliege, oder dass sie vor Ablauf der Angebotsfrist eine Anzeige gemäß § 373 Abs. 4 GewO 1994 erstattet hätten. Beides treffe im Falle der Revisionswerberin nicht zu. Damit hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung unter anderem darauf gestützt, dass wegen des Nichtvorliegens des Nachweises laut Ausschreibungsbedingungen bereits ein Widerspruch ihres Angebots zu den Ausschreibungsbedingungen in Hinblick auf die dort normierten Voraussetzungen zum Nachweis der Befugnis bestehe. Auf diese tragende Begründung hat die Beantwortung der Frage, ob die Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 durch einen Bieter auch dann erforderlich ist, wenn die Berufsqualifikation der Betriebsleiterin gemäß § 373c GewO 1994 bereits anerkannt wurde, ebenso keinen Einfluss wie die Auslegung eines Untersagungsbescheids gemäß § 373a Abs. 1 GewO 1994, sodass der Ausgang des Revisionsverfahrens von der Beantwortung dieser Rechtsfragen nicht abhängt (vgl. zur Voraussetzung der Präjudizialität der ins Treffen geführten Rechtsfrage die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2016/04/0142, und VwGH 28.2.2018, Ra 2017/04/0041).
24 Mangels Erstattung der in den Ausschreibungsbedingungen geforderten Anzeige gemäß § 373a Abs. 4 GewO 1994 bzw. Beibringung einer Mitteilung gemäß § 373a Abs. 5 GewO 1994 durch die Revisionswerberin ist es für den Ausgang des Verfahrens auch irrelevant, ob die Revisionswerberin die notwendigen Nachweise betreffend die Gewerbeausübungsbefugnis beibringen könnte, weshalb sich ein Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen erübrigt.
25 4.1.3. Die Revision verweist selbst darauf, dass das Subunternehmen nur für die Zurverfügungstellung der Befugnis namhaft gemacht worden sei. Den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen ist jedoch zu entnehmen, dass die bestandfesten Ausschreibungsbedingungen vorgesehen haben, dass der Bewerber die Befugnis für jene Teile der Leistung zu erbringen habe, die von ihm selbst erbracht würden. Für jene Teile, die ein Dritter als Subunternehmer erbringen solle, sei die Befugnis des Dritten erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat die Möglichkeit der Heranziehung eines Subunternehmens in seiner rechtlichen Beurteilung auch nicht generell verneint, sondern vielmehr die Rechtsansicht vertreten, dass das Subunternehmen im Rahmen dieses Vergabeverfahrens nicht alleine für die Zurverfügungstellung der Gewerbeausübungsbefugnis namhaft gemacht werden könne. Inwiefern diese Ansicht eine über die im Einzelfall vorzunehmende Auslegung von Ausschreibungsbedingungen hinausgehende grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage aufwerfen könnte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
26 4.2. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
27 4.3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz zugunsten der Zweitmitbeteiligten beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der durch die Verordnung pauschaliert festgesetzte Schriftsatzaufwand deckt auch die anfallende Umsatzsteuer ab (vgl. VwGH 29.6.2016, Ro 2014/15/0026).
28 Die Erstmitbeteiligte hat keinen Aufwandersatz beansprucht.
Wien, am 30. Jänner 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017040003.J00Im RIS seit
05.03.2019Zuletzt aktualisiert am
19.04.2019