TE Vwgh Beschluss 2019/1/30 Ra 2018/06/0251

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Veröffentlicht am 30.01.2019
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs2 lita;
BauRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/06/0252

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision 1. des Mag. W D in W und

2. der Dr. I D in F, beide vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Dr. Rainer Toperczer und Mag. Diether Pfannhauser, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Beatrixgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 17. September 2018, KLVwG- 2311-2312/10/2017, betreffend Parteistellung im Bauverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerber gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde F. vom 25. Oktober 2017, mit welchem ihr Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren betreffend die Errichtung einer Diskonttankstelle und einer Stiege auf näher bezeichneten Grundstücken der KG F. abgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5 Die Revisionswerber führen in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision aus, der Verwaltungsgerichtshof habe, soweit ersichtlich, "über die Interpretation des § 23 Abs. 2 lit. a Kärntner Bauordnung 1996, insbesondere zur Definition des Anrainers", nur einmal erkannt (Hinweis auf VwGH 10.4.2012, 2011/06/0005), sodass eine ständige Rechtsprechung nicht vorliege. Das Verwaltungsgericht weiche von diesem Judikat ab und es sei eine Auseinandersetzung mit den darin angestellten Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes geboten. Der Verwaltungsgerichtshof gehe im zitierten Erkenntnis davon aus, dass Anrainer auch jene Nachbarn seien, die vom Bauvorhaben potenziell betroffen sein könnten, woraus folge, dass die ganz konkrete Betroffenheit zunächst keine Rolle spiele. Es erscheine daher verfehlt, diese potenzielle Betroffenheit "mit der vollen Wucht von möglicherweise komplexen Amtsgutachten" zu prüfen. Das im genannten Erkenntnis aufgestellte Erfordernis, wonach ein schlüssiges Gutachten eines Amtssachverständigen nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und erschüttert werden könne, kranke daran, dass dieser andere Sachverständige mangels Parteistellung seines Auftraggebers keinerlei Anspruch auf Einsicht in den Bauakt und die darin enthaltenen Informationen habe. Ob der im Gutachten des Amtssachverständigen enthaltene Befund - sofern dieser als solcher überhaupt ausgewiesen sei - ausreichend sei oder nicht, sei für einen Anrainer vollkommen unkontrollierbar, weil er den zugrunde liegenden Akt nicht kenne.

6 Weiters bringen die Revisionswerber unter Hinweis auf näher bezeichnete Passagen im angefochtenen Erkenntnis vor, das Verwaltungsgericht habe ohne ihre volle Mitwirkung und Verfahrensbeteiligung als Partei über ihre konkrete Betroffenheit entschieden. Die Einholung von Gutachten sei kein Beitrag zur Feststellung der potenziellen Betroffenheit, sondern (schon) der konkreten Betroffenheit des um seine Parteistellung kämpfenden Anrainers und damit zu dessen Nachteil überschießend.

7 Zudem erscheine das vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte und vom Verwaltungsgericht übernommene Erfordernis, dass bei Dazwischenliegen eines anderen Grundstückes die Parteistellung jedenfalls verneint werden könne, wenn nicht besondere Umstände vorlägen, problematisch.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zur Kärntner Bauordnung 1996 ergangenen Erkenntnis VwGH 27.4.1999, 98/05/0239, mwN, bereits ausgesprochen hat, bedarf es gerade bei einer nicht unbeträchtlichen Entfernung eines "nichtanrainenden" Nachbargrundstückes einer nachvollziehbaren Darlegung jener Umstände, welche die Möglichkeit einer Rechtsverletzung und damit die Parteistellung der Nachbarn begründeten, wobei jedenfalls dann, wenn die Erfahrungen des täglichen Lebens zur Beurteilung dieser Frage nicht ausreichen und von den Parteien des Verfahrens unterschiedliche Standpunkte eingenommen werden, die Einholung eines Sachverständigengutachtens unerlässlich ist. Da diese Frage in dem der vorliegenden Revision zugrunde liegenden Verfahren nicht mit den Erfahrungen des täglichen Lebens geklärt werden kann, was auch die Revisionswerber nicht behaupten, wurde im Einklang mit der zuvor angeführten hg. Judikatur das Gutachten eines Sachverständigen dazu eingeholt. Die Revisionswerber haben zudem als Parteien im Verfahren betreffend ihren Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im betreffenden Baubewilligungsverfahren ein Recht auf Einsicht in alle zur Beurteilung ihres Begehrens erforderlichen Aktenbestandteile. Dass den Revisionswerbern die Einsicht in die für die Beurteilung der potenziellen Betroffenheit ihrer Grundstücke maßgeblichen Unterlagen verweigert worden wäre, behaupten sie in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht.

9 Wie sich aus dem Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses klar ergibt, hat das Verwaltungsgericht - trotz der von den Revisionswerbern aufgezeigten missglückten Formulierungen - die Frage geprüft, ob die Grundstücke der Revisionswerber im Einflussbereich des Bauvorhabens liegen (vgl. insbesondere S. 29 des Erkenntnisses). Mit der "konkreten Betroffenheit", ob also tatsächlich eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Revisionswerber vorliegt, hat sich das Verwaltungsgericht hingegen

- zu Recht - nicht auseinandergesetzt.

10 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die potenzielle Betroffenheit der rund 71 m bzw. rund 85 m von der beantragten Diskonttankstelle entfernten Grundstücke der Revisionswerber nicht schon deshalb verneint, weil ein anderes Grundstück zwischen diesen Grundstücken und dem Baugrundstück liegt, sodass den dazu erstatteten Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung keine Relevanz zukommt. Bemerkt wird, dass sich die von den Revisionswerbern angeführte Behauptung, dass bei Dazwischenliegen eines anderen Grundstückes die Parteistellung jedenfalls verneint werden könne, wenn nicht besondere Umstände vorlägen, dem hg. Erkenntnis VwGH 10.4.2012, 2011/06/0005, nicht entnehmen lässt.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 30. Jänner 2019

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietBauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Begründung hinsichtlich einander widersprechender Beweisergebnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060251.L00

Im RIS seit

05.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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