TE OGH 2019/1/4 1R171/18a

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Veröffentlicht am 04.01.2019
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie den Richter und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Thunhart und Mag. Waldstätten in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GMBH, vertreten durch Gütlbauer Sieghartsleitner Pichlmair, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, vertreten durch Taufner Huber Haberer, Rechtsanwälte in Melk, wegen EUR 157.604,90 sA über den Kostenrekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 21.351,55) gegen den Kostenbestimmungsbeschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 24.10.2018, 4 Cg 235/08x-207, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 91.842,65 bestimmten Verfahrenskosten (darin enthalten EUR 13.075,24 an USt und EUR 13.391,26 an anteiligen Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 607,38 (darin EUR 101,23 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g:

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage vom 19.9.2008 von der Beklagten, die früher unter G**** firmierte, offenen Werklohn.

Ein Teilurteil vom 17.5.2010, gegen das sowohl die Klägerin, als auch die Beklagte und die damalige Nebenintervenientin beklagtenseits Berufungen erhoben, wurde vom Senat zu 1 R 212/10v zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgehoben.

Mit (End-)Urteil vom 11.7.2017 sprach das Erstgericht aus, dass die Klagsforderung mit EUR 157.604,90 und die Gegenforderung mit EUR 20.572,- zu Recht bestehe, verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR 137.032,90 sA und behielt die Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 2 ZPO bis zur Rechtskraft vor.

In seiner Entscheidung vom 26.2.2018 gab der Senat zu 1 R 143/17g Berufungen beider Streitteile nicht Folge und sprach aus, dass die Beklagte der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen habe.

Der Oberste Gerichtshof wies eine außerordentliche Revision der Beklagten zu 3 Ob 80/18p zurück.

Mit dem nunmehr angefochtenen Kostenbestimmungsbeschluss verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von saldierten Prozesskosten von gesamt EUR 74.289,52 (darin EUR 11.298,41 an USt und EUR 6.499,12 an Barauslagen), wofür es aufgrund der mehrfachen Streitwertänderungen insgesamt sieben Verfahrensabschnitte bildete.

Der Kostenrekurs der Klägerin, mit dem sie einen Zuspruch von weiteren EUR 21.351,55 (darin enthalten EUR 6.872,14 an Barauslagen) und sohin einen Kostenersatz von gesamt EUR 95.641,07 begehrt, richtet sich gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes, wonach näher bezeichnete Leistungen nicht oder nur zu einem niedrigeren Tarif als dem verzeichneten ersatzfähig seien.

Die Beklagte beantragt dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1.1 Zur Übersichtlichkeit wird die Gliederung nach Verfahrensabschnitten beibehalten, jedoch ist einleitend voranzustellen:

1.2 § 54 Abs 1a ZPO idgF normiert: „Soweit der durch einen Rechtsanwalt vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.“

Strittig ist seit der Aufhebung des Wortes „ungeprüft“ durch den VfGH (s dazu Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.74), ob und wenn ja welche Unrichtigkeiten bei der Kostenverzeichnung auch ohne Einwendungen der Gegenseite von Amts wegen aufgegriffen werden können oder müssen.

1.3 In jüngerer Zeit vertrat das OLG Wien zu 34 R 23/15z (= RIS-Justiz RW0000817; im Ergebnis ähnlich OLG Linz 4 R 73/15f; dem folgend ua OLG Wien 1 R 26/15y, 1 R 56/15i, 1 R 11/17w [unveröff]) unter eingehender Analyse der Genesis dieser Gesetzesbestimmung, der Entscheidungen des VfGH, verschiedener Lehrmeinungen sowie unterschiedlicher zweitinstanzlicher und höchstgerichtlicher Entscheidungen die Ansicht, dass die Prüfkompetenz in Bezug auf Unbeeinspruchtes eng auszulegen sei und begründete dies wie folgt:

„Entsprechend der vom VfGH vorgegebenen Auslegung ist der Entlastungsgedanke nur in bestimmten Grenzen und damit die vom Gesetzgeber parallel angestrebte Dispositionsmaxime nicht schrankenlos in die Ermittlung des Normzwecks einzubeziehen. Unter diesen Umständen ist als in jedem Einzelfall gesondert zu gewichtendes Abgrenzungskriterium die klare Erkennbarkeit einer Unrichtigkeit (arg: „offenbar“) anhand des Akts maßgebend, die kein eingehendes Aktenstudium und nicht die Lösung mehr oder weniger diffiziler Tat-, Rechts- und Wertungsfragen erfordert. Unter solche bereits bei überblicksartiger Aktensichtung ins Auge stechenden Unrichtigkeiten fallen daher jedenfalls gar nicht erbrachte und damit zu Unrecht verzeichnete Leistungen ebenso wie unverbrauchte Kostenvorschüsse und sonstige evidente Gesetzwidrigkeiten. Auch solche Fehler, die durch einfaches Gegenüberstellen und Vergleichen der Kostennoten der Prozessparteien bereits ins Auge springen, sind unter den Begriff der offenbaren Unrichtigkeit zu subsumieren.

Weitergehende Fragen, wie etwa, ob eine Leistung nach dem richtigen Tarifansatz verzeichnet wurde, in welcher Höhe der Einheitssatz zusteht oder ob die verzeichnete Leistung überhaupt für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung zweckentsprechend und notwendig war, fallen damit ohne konkrete Einwendungen der Gegenpartei aus der Prüfkompetenz heraus. […]

Die Anordnung, ein unbeeinspruchtes Kostenverzeichnis „zu Grunde zu legen“, steht im Widerspruch zu § 41 Abs 1 ZPO, wonach das Gericht den Kostenersatzbetrag nach seinem von sorgfältiger Würdigung aller Umstände geleiteten Ermessen zu bestimmen hat. Die – auch dogmatisch kritisierte (M. Bydlinski in Fasching/Konecny3 § 54 ZPO Rz 23) – Neufassung des § 54 ZPO ist nach Ansicht des Rekursgerichts als lex posterior aber derogativ und setzt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis fest, aus dem sich ergibt, dass die Prüfkompetenz in Bezug auf Unbeeinspruchtes eng auszulegen ist. […]

Unter Bedachtnahme auf diese Überlegungen hat das Erstgericht daher zu Unrecht ex offo Kürzungen bei den Vertretungskosten des Klägers vorgenommen. Dem Kläger steht ein Ersatzanspruch für die beiden (tatsächlich erstatteten) Schriftsätze [in der verzeichneten Höhe] zu, weil die Beklagte nicht eingewendet hat, sie wären nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Auch die Frage, ob diese beiden nach dem richtigen Tarifansatz des RATG verzeichnet wurden, ist ohne Einwendungen der Beklagten einer eigenständigen Überprüfung entzogen, weil ihre allfällige Unrichtigkeit nicht „offenbar“ wäre.“

1.4 Obermaier erachtet in seiner Neuauflage (Kostenhandbuch³ [2018] Rz 1.74 ff) ein Prüfungsverbot ua für die Frage für unsachlich, ob eine Honorarposition gesetzwidrig oder entgegen ständiger Rechtsprechung verzeichnet worden sei; die Überprüfung habe in diesem Umfang von Amts wegen zu erfolgen. Ob eine Prozesshandlung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig gewesen sei, betreffe den Anspruchsgrund und könne schon deswegen nicht einwendungspflichtig sein.

1.5 Der OGH griff in seiner jüngeren Rechtsprechung als „offenbare Unrichtigkeit“ etwa auf, dass ein „vorbereitender Schriftsatz“ nach der Frist gemäß § 257 Abs 3 ZPO erstattet worden und damit unzulässig war und eine Tagsatzung nach einem überhöhten Kostenansatz verzeichnet wurde (2 Ob 67/14p), sowie, dass eine Urkundenvorlage zu Unrecht nach TP 3A anstatt TP 1 und eine Tagsatzung nach TP 3C anstatt TP 3A verzeichnet worden war (18 OCg 1/15v).

1.6 Angesichts des klaren Rationalisierungs- und Dispositionsgedankens des Gesetzgebers ist aber weiterhin der Entscheidung 34 R 23/15z beizupflichten, laut der die Fragen, nach welchem Tarifansatz eine Leistung zu verzeichnen ist, und/oder ob diese für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung zweckentsprechend und notwendig war, nur über entsprechende Einwendungen der Gegenseite aufzugreifen sind. Darunter fällt auch die Beurteilung, ob ein nach Ablauf der Frist des § 257 Abs 3 ZPO eingebrachter Schriftsatz überhaupt, und wenn ja, nach welchem Tarifposten ersatzfähig ist.

Selbst wenn sich für das Erstgericht bei Abfassung der Kostenentscheidung ergeben sollte, dass Eingaben zu Unrecht und/oder unrichtig verzeichnet worden wären, handelt es sich dabei (sofern diese nicht formell zurückgewiesen oder überhaupt nie Aktenbestandteil wurden) nicht um „offenbare Unrichtigkeiten“, sondern um Wertungsfragen, wie sich auch hier zeigt. Es mag zwar vielleicht für den Prozessrichter subjektiv offenkundig sein, dass ein Schriftsatz weder § 257 Abs 3 ZPO entspricht, noch aufgetragen wurde oder etwa als gesonderter bestimmender Schriftsatz oder Beweisantrag zulässig war, entgegen § 22 RATG nicht verbunden wurde, alleine durch Umstände aus der Sphäre einer Partei verursacht wurde udgl, und welcher Tarifansatz dafür gerechtfertigt ist. Eine amtswegige Korrektur führt aber dazu, dass diese Fragen vom Rekursgericht im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens – mit den dort geltenden Beschränkungen – durch umfassendes Aktenstudium geklärt werden müssen, obwohl es keine dahingehenden Einwendungen gibt und die Gegenseite daher selbst bei Zuerkennung dieser Kosten mangels Beschwer kein Rechtsmittel erheben hätte können (vgl OLG Wien RIS-Justiz RW0000466). Der Gesetzeszweck, das Kostenbestimmungsverfahren auf die strittigen Punkte zu konzentrieren, wird dadurch geradezu ins Gegenteil verkehrt.

Ist ein Erstrichter der Ansicht, dass etwa ein Schriftsatz unzulässig ist, steht es ihm frei diesen zurückzuweisen und die Partei zu einem entsprechenden mündlichen Vorbringen anzuleiten, wodurch schon während des laufenden Prozesses Klarheit über die prozessuale Vorgehensweise und die strittigen Kostenpositionen geschaffen werden kann.

1.7 Im Ergebnis ist somit an der Rechtsprechung festzuhalten, nach der sich die Prüfkompetenz in Bezug auf den anzuwendenden Tarifposten und die Frage, ob eine Leistung notwendig und zweckmäßig war, an den Einwendungen zu orientieren hat.

Dem Gericht unbenommen bleibt hingegen, eine als nicht zustehend bestrittene Leistung nach einem geringeren Tarifansatz zu honorieren, etwa einen nach TP 3A verzeichneten Schriftsatz als sonstigen Schriftsatz nach dem Auffangtatbestand des TP 2 I Z 1 lit e.

2.1 Im zweiten Abschnitt betrug der Streitwert EUR 264.332,57. Die Klägerin hat insoweit gemäß § 43 Abs 1 ZPO einen Anspruch auf Ersatz von 53,18 % ihrer Prozesskosten und 76,59 % ihrer Barauslagen, der Beklagten stehen in diesem Abschnitt unstrittig EUR 468,20 an anteiligen Barauslagen zu.

2.2 Die Klägerin moniert in ihrem Rekurs, dass das Erstgericht – ohne entsprechende Einwendungen – ihre nach TP 3A verzeichneten Schriftsätze vom 23.2.2009 (ON 9), vom 11.3.2009 (ON 11) und vom 27.7.2009 (ON 18) nicht honoriert habe sowie jenen vom 23.10.2009 (ON 25) nur nach TP 1 und begehrt für jenen vom 11.3.2009 einen Ersatz nach TP 3A, für die anderen drei nach TP 2. Diese Schriftsätze seien durch das Vorbringen der Gegenseite verursacht worden, das Gericht habe diese auch nicht zurückgewiesen, sondern verlesen und dem weiteren Verfahren zugrundegelegt.

Zutreffend ist, dass die Beklagte weder im ersten Rechtsgang (vgl ON 40 S 50, ON 42), noch nach dem nunmehrigen Schluss der Verhandlung Einwendungen iSd § 54 Abs 1a ZPO dahingehend erhoben hat, dass der Schriftsatz vom 27.7.2009 gar nicht zu honorieren sei; vielmehr brachte sie vor, dass dafür nur eine Entlohnung nach TP 2 gebühre (vgl ON 193). Sie führte in ihren Einwendungen vom 16.3.2018 aber sehr wohl aus, dass der Schriftsatz vom 23.2.2009 nur eine Wiedervorlage und Replik darstelle und bereits am 11.3.2009 ein weiterer Schriftsatz eingebracht worden sei, sodass dieser nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient habe; ebensowenig sei die Mitteilung vom 23.10.2009 notwendig und zweckmäßig gewesen.

Das Erstgericht begründete seine Kostenentscheidung insoweit damit, dass die Mitteilung vom 23.10.2009 deswegen ersatzfähig sei, weil sie auf ein Ersuchen des Gerichtes zurückgehe, nach ihrem Inhalt jedoch nur nach TP 1 Z 1 lit a zu verzeichnen gewesen wäre. Von Amts wegen aufzugreifen sei, dass die Klägerin bereits einen vorbereitenden Schriftsatz erstattet habe und die Schriftsätze vom 26.2.2009 und 11.3.2009 daher schon deswegen nicht zu entlohnen seien, weil § 257 Abs 3 ZPO nur einen derartigen Schriftsatz kenne. Jener vom 26.2.2009 sei zudem eine nicht ersatzfähige Verbesserung. Der nach der vorbereitenden Tagsatzung erstattete Schriftsatz vom 27.7.2009 sei weder gesetzlich vorgesehen, noch vom Gericht freigestellt worden, und das darin enthaltene Vorbringen hätte ohne weiteres zu einem anderen Zeitpunkt erstattet werden können.

2.3 Im Sinne der vorangestellten Erwägungen zur eingeschränkten Prüfkompetenz steht der Klägerin für den Schriftsatz vom 27.7.2009 (ON 18) ein Honorar nach TP 2 zu, wie von der Beklagten eingewendet und im Rekurs begehrt. Das sind konkret EUR 723,90 zzgl USt, im Rekurs wurden allerdings nur pauschal EUR 677,75 zzgl USt geltend gemacht.

Die beiden Schriftsätze vom 23.2.2009 (ON 9) und vom 11.3.2009 (ON 11) langten beide früher als eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht ein und somit innerhalb der Frist des § 257 Abs 3 ZPO. Nicht zu folgen ist dem Erstgericht, dass immer nur ein vorbereitender Schriftsatz ersatzfähig wäre, vielmehr ist zu fragen, ob die Einbringung von mehreren Schriftsätzen notwendig und zweckmäßig war (vgl Obermair aaO Rz 3.59, 3.61), was etwa dann nicht ausgeschlossen sein wird, wenn auf einen neuen Einwand repliziert und dem Gericht und der Gegenseite derart die Vorbereitung auf die Tagsatzung erleichtert wird. Allerdings ist den Einwendungen der Beklagten beizupflichten, dass die Wiedervorlage der nach § 297 ZPO zur Verbesserung zurückgestellten Urkunden nicht ersatzfähig und auch nicht ersichtlich ist, warum zusätzlich zum vorbereitenden Schriftsatz vom 29.1.2009 (ON 6) zwei Repliken nach TP 3A notwendig und zweckmäßig wären, sodass für den Schriftsazu vom 23.2.2009 keine Entlohnung gebührt. Da die Beklagte aber die nach TP 3A verzeichnete Replik vom 11.3.2009 nicht beanstandet hat, ist diese antragsgemäß zuzusprechen.

Der Schriftsatz vom 23.10.2009 (ON 25) wurde von der Beklagten insofern beeinsprucht, als sie einen gänzlichen Entfall der Honorierung begehrt. Das Erstgericht hat zutreffend aufgezeigt, dass es sich dabei um eine grundsätzlich ersatzfähige, jedoch nur nach TP 1 I a zu entlohnende Beantwortung einer Anfrage des Gerichtes zur weiteren Verfahrensstrukturierung handelt (ON 23), und schon nach dem Verständnis der Klägerin um eine bloße Mitteilung. Der Klägerin steht daher insoweit kein höheres Honorar zu.

2.4 Weiters greift die Klägerin in ihrem Kostenrekurs auf, dass das Erstgericht die Teilnahme an der Befundaufnahme vom 26.5.2009 durch den Sachverständigen nicht nach TP 3A, sondern im Sinne der Einwendungen der Beklagten nur nach TP 7, TP 9 zusprach.

Das Erstgericht begründete dies damit, dass Beteiligungen an Befundaufnahmen nur dann nach TP 3A zu honorieren seien, wenn diese auf einem entsprechenden gerichtlichen Auftrag beruhen würden.

Dies ist grundsätzlich die herrschende Ansicht, wobei im Detail strittig ist, was bereits als entsprechender Auftrag angesehen werden kann (vgl Obermaier aaO Rz 3.81 ff).

Im Sachverständigenbestellungsbeschluss (ON 14) wird hinsichtlich „Ladungen/allfällige Ergänzungsfragen vor Ort“ auf das Protokoll der vorbereitenden Tagsatzung verwiesen, laut dem beide Parteienvertreter und Geschäftsführer um eine Ladung zur Befundaufnahme ersuchten, sowie um die Erlaubnis, dort Ergänzungsfragen zu stellen (ON 13 S 3).

Dies ist aber als entsprechender Auftrag an den Sachverständigen zu werten, der wiederum zu einer Entlohnung nach TP 3A führt (vgl OLG Wien 133 R 122/17i = RIS-Justiz RW0000884; auch 1 R 40/17k [unveröff]), und zwar samt einem doppelten Einheitssatz (OLG Wien 16 R 36/14b = RIS-Justiz RW0000765; ebenso 1 R 40/17k [unveröff]).

2.5 In Abänderung der Aufstellung des Erstgerichts und unter Berücksichtigung der Ansätze im Rekurs sind somit im zweiten Abschnitt folgende Leistungen dem Grunde nach ersatzfähig (Änderungen fett):

29.01.2009 Vorbereitender Schriftsatz TP 3A  EUR 953,80

                  50 % Einheitssatz    EUR 476,90

11.3.2009 Vorbereitender Schriftsatz TP 3A  EUR 953,80

                  50 % Einheitssatz                    EUR 476,90

19.03.2009  Streitverhandlung TP 3A, 2 h   EUR 1.430,70

                  100 % Einheitssatz    EUR 1.430,70

24.04.2009  Streitverkündigung TP 2   EUR 482,60

                  50 % Einheitssatz    EUR 241,30

                  ERV-Kosten      EUR 1,80

26.05.2009  Befundaufnahme TP 3A, 4 h           EUR 2.384,50

                  100 % Einheitssatz                    EUR 2.384,50

27.7.2009 Äußerung TP 2 + 50 % Einheitssatz EUR 677,75

23.10.2009  Mitteilung TP 1     EUR 104,60

                  50 % Einheitssatz    EUR 52,30

                  ERV-Kosten      EUR 1,80

18.12.2009  Streitverhandlung TP 3A, 4 h   EUR 2.384,50

                  100 % Einheitssatz    EUR 2.384,50 

Zwischensumme:      EUR 16.822,95 

20 % USt:       EUR 3.364,59

Endsumme:                                                       EUR 20.187,54

53,18 % davon sind EUR 10.735,73 (darin EUR 1.789,29 an USt). Weiters stehen der Klägerin nach den insoweit unbekämpften Ausführungen des Erstgerichts im zweiten Verfahrensabschnitt EUR 2.105,53 an anteiligen und saldierten Barauslagen zu.

3.1 Der dritte Abschnitt hatte einen Streitwert von EUR 366.892,10, die Klägerin hat insoweit nach § 43 Abs 1 ZPO Anspruch auf 66,26 % ihrer Prozesskosten und 83,13 % ihrer Barauslagen.

3.2 Die Klägerin begehrt in ihrem Rekurs ihren Schriftsatz vom 15.4.2010 (ON 39), den sie ursprünglich nach TP 3A verzeichnet hatte, nach TP 2 zu honorieren, zumal die Beklagte dessen Entlohnung nicht beanstandet habe und daher die Kürzung auf Null durch das Erstgericht unzulässig sei.

Zutreffend ist, dass das Erstgericht die Kostennote insoweit zu Unrecht amtswegig korrigiert hat, sodass der Klägerin, wie bereits dargelegt, die von ihr im Rekurs begehrten Kosten zuzusprechen sind (die mit pauschal EUR 744,71 netto wiederum unter den tarifmäßigen liegen).

3.3 Damit sind folgende Leistungen ersatzfähig:

09.02.2010  Klagsausdehnung TP 2    EUR 533,00

         50 % Einheitssatz    EUR 266,50

         ERV-Kosten      EUR 1,80

02.03.2010 Schriftsatz TP 3A     EUR 1.054,60

         50 % Einheitssatz    EUR 527,30

         ERV-Kosten      EUR 1,80

15.04.2010 Replik TP 2 + Einheitssatz          EUR 744,71

06.05.2010  Streitverhandlung TP 3A, 7 h   EUR 4.218,30

         100 % Einheitssatz    EUR 4.218,30

         10 % Streitgenossenzuschlag   EUR 843,66

Zwischensumme:      EUR 12.409,97 

20 % USt:       EUR 2.481,99

Endsumme:                                                       EUR 14.891,96

66,26 % davon sind EUR 9.867,42 (darin EUR 1.644,57 an USt). 83,13 % der von der Klägerin für die Ausdehnung nachträglich entrichteten Pauschalgebühren sind EUR 1.153,68.

4.1 Die Bemessungsgrundlage im vierten Abschnitt war EUR 360.572,18. Die Klägerin obsiegte darin mit 84,59 %, sodass sie nach § 43 Abs 1 ZPO Barauslagen in dieser Höhe erhält und 69,18 % ihrer Prozesskosten. Der Beklagten erkannte das Erstgericht anteilige Pauschalgebühren für die Berufung von EUR 1.426,97 zu.

4.2 Die Klägerin beanstandet dazu zunächst, dass das Erstgericht wiederum amtswegig ihre nach TP 3A verzeichneten Schriftsätze vom 31.3.2011 (ON 53) und vom 15.9.2011 (ON 63) nicht honoriert habe und beantragt einen Zuspruch jeweils nach TP 2 (erneut pauschal unter dem Tarif).

Dies entspricht den von der Beklagten erhobenen Einwendungen, sodass der Klägerin für diese Schriftsätze Kosten wie im Rekurs begehrt zuzuerkennen sind.

4.3 Die Klägerin rügt weiters in ihrem Rekurs, dass ihr das Erstgericht keinen (anteiligen) Kosten- und Barauslagenersatz für ihre Berufung vom 15.6.2010 (ON 44) gegen das Teilurteil im ersten Rechtsgang (Berufungsinteresse: EUR 243.132,48) sowie ihre Berufungsbeantwortung vom 12.7.2010 betreffend die Beklagte (ON 47) und vom 20.7.2010 betreffend die Nebenintervenientin beklagtenseits (ON 48) (Berufungsinteresse jeweils EUR 360.572,18) zuerkannt hat. Das Berufungsgericht habe in seinem Aufhebungsbeschluss (ON 50) ausgesprochen, dass es sich bei den Kosten des Rechtsmittelverfahrens um weitere Verfahrenskosten handle, sodass diese Schriftsätze nach Maßgabe des Obsiegens zu entlohnen seien, und entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht auf den Rechtsmittelerfolg im ersten Rechtsgang abzustellen sei. Die Beklagte habe auch lediglich Einwendungen dahin erhoben, dass sie ihre Berufungsbeantwortungen hätte verbinden müssen, was aber angesichts der unterschiedlichen Frist nicht der Fall gewesen sei.

Zutreffend ist, dass das Berufungsgericht nicht endgültig über die jeweiligen Rechtsmittelkosten entschieden, sondern diese angesichts der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen eines Verfahrensmangels zu weiteren Prozesskosten erklärt hat, sodass über diese erfolgsabhängig abzusprechen ist (vgl Obermaier aaO Rz 1.460). Daher ist nicht deren konkreter Erfolg ex post, sondern die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit abstrakt und ex ante zu prüfen, die hier grundsätzlich gegeben ist. Der Klägerin steht somit ein Kostenersatz für die von ihr erstattete Berufung nach der Differenzmethode zu samt der dafür entrichteten Pauschalgebühr in Höhe der schlussendlich ermittelten Obsiegensquote (auf Basis ihres Berufungsinteresses von EUR 243.132,48).

Auch im Rechtsmittelverfahren besteht allerdings eine Verbindungspflicht iSd §§ 41 ZPO, 22 RATG, sodass nur eine Rechtsmittelbeantwortung zu entlohnen ist, wenn mehrere gemeinsam hätten eingebracht werden können (vgl Obermaier aaO Rz 1.454). Nach der Rechtsprechung des OGH besteht keine Notwendigkeit, zu den Revisionen der Beklagten und ihrer Nebenintervenientin gesonderte Revisionsbeantwortungen zu erstatten, wenn bei Erstattung der ersten Revisionsbeantwortung dem Kläger bereits beide Revisionen zugestellt waren (RIS-Justiz RS0036159). Dem Kläger sind in diesem Fall nur die Kosten einer Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen, wobei der Streitgenossenzuschlag den Mehraufwand infolge der Beantwortung zweier Berufungen abgilt (RIS-Justiz RS0036159 [T2]).

Hier wurde der Klägerin die Berufung der Beklagten am 16.6.2010 und jene der Nebenintervenientin beklagtenseits, die denselben Anfechtungsumfang hat, am 22.6.2010 zugestellt; die Berufungsbeantwortungen wurden am 12. und 20.7.2010 eingebracht. Der Beklagten ist somit beizupflichten, dass die Notwendigkeit der gesonderten Erstattung nicht ersichtlich und daher nur eine Berufungsbeantwortung (auf Basis von EUR 360.572,18 samt Streitgenossenzuschlag) ersatzfähig ist.

4.4 Im vierten Abschnitt fielen damit folgende Leistungen an:

15.06.2010 Berufung TP 3B

                  Stw EUR 243.132,48                   EUR 1.165,80

                  150 % Einheitssatz                   EUR 1.748,70

                  10 % Streitgenossenzuschlag           EUR 291,45

                  ERV-Kosten                                     EUR 3,60

12.07.2010 Berufungsbeantwortung TP 3B

                  Stw EUR 360.572,18                   EUR 1.312,60

                  150 % Einheitssatz                   EUR 1.968,90

                  10 % Streitgenossenzuschlag          EUR 328,15

                  ERV-Kosten                                     EUR 1,80

31.03.2011 Schriftsatz TP 2 + Einheitssatz EUR 739,55

15.09.2011 Schriftsatz TP 2 + Einheitssatz EUR 739,55

21.09.2011 Streitverhandlung TP 3A, 2 h  EUR 1.575,10

         100 % Einheitssatz    EUR 1.575,10

         10 % Streitgenossenzuschlag   EUR 315,02

Zwischensumme:      EUR 11.765,32  

20 % USt:       EUR 2.353,06

Endsumme:                                                       EUR 14.118,38

69,18 % davon sind EUR 9.767,10 (darin EUR 1.627,85 an USt). Weiters erhält die Klägerin 84,59 % ihrer Pauschalgebühr für die Berufung von EUR 8.147,70, dh EUR 6.892,14. Davon sind die anteiligen Barauslagen der Beklagten für deren Berufung von EUR 1.426,97 abzuziehen, sodass ein Barauslagenersatzanspruch von EUR 5.465,17 verbleibt.

5.1 Im fünften Abschnitt betrug der Streitwert EUR 325.572,18. Da die Klägerin insoweit nur geringfügig unterlag, sprach das Erstgericht für diesen Abschnitt nach § 43 Abs 2 ZPO vollen Kostenersatz auf Basis des obsiegten Betrages von EUR 305.000,18 zu.

5.2 Hinsichtlich der Kosten für die Teilnahme an der Befundaufnahme vom 12.3.2013 wird auf die Ausführungen zu Punkt 2.4 verwiesen.

Hier handelte es sich um eine ergänzende Befundaufnahme nach einem Wechsel des Sachverständigen, die vom Gericht „nach Bedarf“ angeordnet wurde, wobei der neue Sachverständige auf dem Bisherigen aufzubauen hatte (ON 79, 86). Damit hatte der Sachverständige im Sinne des ursprünglichen Bestellungsbeschlusses aber auch die Parteienvertreter zu einer allfälligen Befundaufnahme beizuziehen, was er entsprechend umsetzte (vgl ON 89 S 5). So waren bei der Befundaufnahme nicht nur die Parteien, sondern auch beide Parteienvertreter anwesend (diese wurde im Übrigen auch von der Beklagtenvertretung nach TP 3A verzeichnet).

Die Klägerin kann daher zu Recht auch für die Befundaufnahme vom 12.3.2013 Kostenersatz nach TP 3A verlangen.

5.3 Im fünften Abschnitt hat die Klägerin daher (auf Basis von EUR 305.000,18) einen Ersatzanspruch für folgende Leistungen:

23.01.2012  Klagseinschränkung TP 2   EUR 502,90

         50 % Einheitssatz    EUR 251,45

         10 % Streitgenossenzuschlag   EUR 75,44

         ERV-Kosten      EUR 1,80

23.03.2012 Streitverhandlung TP 3A, 2 h   EUR 1.491,80

         100 % Einheitssatz    EUR 1.491,80

12.09.2012  Streitverhandlung TP3 A, 3 h   EUR 1.989,00

         100 % Einheitssatz    EUR 1.989,00

12.03.2013  Befundaufnahme TP 3A, 2 h          EUR 1.491,80

         100 % Einheitssatz                    EUR 1.491,80

Zwischensumme:      EUR 10.776,79

20 % USt:       EUR 2.155,36

Endsumme:                                                       EUR 12.932,15

Diese stehen der Klägerin gemäß § 43 Abs 2 ZPO zu 100 % zu; Barauslagen fielen in diesem Abschnitt nicht an.

6. Diese Beträge sind um die unbekämpften Zusprüche des Erstgerichts für die weiteren Abschnitte zu ergänzen.       Für den ersten Abschnitt sprach es der Klägerin EUR 1.027,07 (darin EUR 171,18 an USt) an Verdienst und EUR 3.436,06 an anteiligen Barauslagen zu.

Im sechsten Abschnitt stehen der Klägerin EUR 19.186,61 (darin EUR 3.197,77 an USt) an Kosten und EUR 2.248,72 an anteiligen und saldierten Barauslagen zu.

Im siebenten Abschnitt waren es EUR 14.935,31 (darin EUR 2.489,22 an USt); insofern hat die Beklagte einen anteiligen Barauslagenersatzanspruch von EUR 1.017,90.

Summiert man dies mit den zuvor ermittelten Beträgen (zweiter Abschnitt: EUR 10.735,73 [darin EUR 1.789,29 an USt], EUR 2.105,53 an Barauslagen; dritter Abschnitt: EUR 9.867,42 [darin EUR 1.644,57 an USt], EUR 1.153,68 an Barauslagen; vierter Abschnitt: EUR 9.767,10 [darin EUR 1.627,85 an USt], EUR 5.465,17 an Barauslagen; fünfter Abschnitt: EUR 12.932,15 [darin EUR 2.155,36 an USt]), ergibt sich ein Kostenersatz von EUR 78.451,39 (darin EUR 13.075,24 an USt) zzgl EUR 13.391,26 an Barauslagen, gesamt sohin EUR 91.842,65.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO iVm § 11 RATG.

Bei teilweisem Obsiegen mit einem zweiseitigen Kostenrekurs sind die Kosten nach den Grundsätzen des § 43 Abs 1 ZPO verhältnismäßig zuzusprechen (RIS-Justiz

RS0126888, RW0000364). Bemessungsgrundlage für die Honorierung ist das Rekursinteresse (Obermaier aaO Rz 1.100).

Die Klägerin ist bei einem Kostenrekursinteresse von EUR 21.351,55 mit EUR 17.553,13 oder 82,21 % durchgedrungen und hat damit Anspruch auf 64,42 % ihrer Rekurskosten nach TP 3A I Z 5 lit b, sohin EUR 607,38 (darin EUR 101,23 an USt).

8. Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Textnummer

EW0000956

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2019:00100R00171.18A.0104.000

Im RIS seit

05.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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