Entscheidungsdatum
18.02.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG §13 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Schopf über die Beschwerden der Frau A. B.-C. und D. E.-C. gegen Punkt III. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 04.12.2018, Zl. ..., betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides, womit die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen wurde, als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der angefochtene Bescheid hat folgenden Spruch:
„I. Gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Z. 3 und 4 und § 17 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG 1954, BGBl. Nr. 71/1954 i.d.g.F., wird zu Gunsten der W. GmbH & Co KG die Enteignung für das im Miteigentum von Frau D. E.-C. und Frau A. B.-C. stehende Grundstück Nr. ..., inneliegend in EZ ... der Kat.Gem. F., in folgendem Ausmaß verfügt:
A. Auf der Grundlage des Dienstbarkeitsbestellungsplans (Plannummer: ... vom Juni 2017) jeweils zu Gunsten des in der Kat.Gem. G. gelegenen, herrschenden Gst. Nr. ... inneliegend der im grundbücherlichen Eigentum der W. GmbH & Co KG in Wien, ... stehenden EZ ...
Hinsichtlich des Bereiches, welcher im Lage- und Querschnittsplan hell-braun-lasiert dargestellt ist, auf Dauer die Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung, des Bestandes und des Betriebes einer Verkehrstunnelanlage samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen, im flächenmäßigen Gesamtausmaß von ca. 13 m2.
B. Auf der Grundlage des Plans über die baubegleitenden Maßnahmen für temporäre Zwecke (Plannummer: ...vom Juni 2017) zu Gunsten der W. GmbH & Co KG bzw. durch von ihr ermächtigte dritte Personen.
Auf Dauer der Tunnelvortriebsarbeiten unter dem antragsgegenständlichen Grundstück (sogenannte Unterfahrung) von 1 Tag pro 1,8 Laufmeter im Tunnel-/Stations-NÖT-Vortriebsbereich die Durchführung allenfalls bautechnisch punktuell erforderlicher Hilfsmaßnahmen (z.B. Vereisung, Spieße, Dielen, Rohrschirme, DSV, Kalottenfüße) im Umkreis von bis zu ca. 4 m von der Außenkante der Außenschale des Bauwerks (Dienstbarkeitsbereich), innerhalb der Bereiche, welche im Lage- und Querschnittsplan graugepunktet dargestellt sind.
C. Auf der Grundlage des Plans über Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen für temporäre Zwecke (Plannummer: ... Index A vom Juni 2017) zu Gunsten der W. GmbH & Co KG bzw. durch von ihr ermächtigte dritte Personen
1. a) Nutzung zur Herstellung einer Fundamentverbreiterung (violettschraffiert dargestellt), samt aller damit im Zusammenhang stehenden Einrichtungen und Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Hausstatik für einen Zeitraum von 2 Monaten,
innerhalb des Arbeitsbereichs, welcher im Lage- und Querschnittsplan violett-gewellt dargestellt ist und ein flächenmäßiges Gesamtausmaß von ca. 77 m2 ausweist
sowie
b) Mitbenützung als Zugangs-/Zufahrtsbereich zum unter Punkt C.1.a) dieses Antrages beschriebenen Bereich und für den dort genannten Zeitraum,
innerhalb des Bereichs, welcher im Lage- und Querschnittsplan grünschraffiert dargestellt ist.
Folgende drei Pläne sowie nachstehende Unterlagen über die Hausertüchtigungsmaßnahmen bilden einen Bestandteil dieses Bescheides:
Dienstbarkeitsbestellungsplan vom Juni 2017, Plannummer ... (Beilage 1);
Plan über Massnahmen für temporäre Zwecke vom Juni 2017, Plannummer ... (Beilage 2);
Plan über Verbesserungs- und Sicherungsmaßnahmen für temporäre Zwecke vom Juni 2017, Plannummer ..., Index A, mit Änderung vom 28.06.2018 (Beilage 3);
Unterlagen Hausertüchtigungsmaßnahmen, GZ. ..., vom Jänner 2018 bestehend aus Blatt 3.1., 3.2., 3.3., 3.3.1., 3.4. 3.5, 3.6., 3.7. und 3.8 (Beilage 4).
II. Gemäß § 17 Abs. 2 EisbEG wird die Höhe der Entschädigung für die zwangsweise Einräumung der unter Spruchpunkt I. genannten Servitute zum Stichtag 25.07.2018 mit EUR 9.088,00 festgesetzt. Hiervon entfallen auf die beiden Enteignungsgegnerinnen Frau D. E.-C. und Frau A. B.-C. hälfteanteilig jeweils EUR 4.544,00.
Die W. GmbH & Co KG ist gemäß § 33 EisbEG verpflichtet, diesen Betrag binnen 14 Tagen an die Enteignungsgegnerinnen zu bezahlen oder bei Gericht zu hinterlegen. Die Frist beginnt mit dem ungenützten Ablauf der dreimonatigen Frist zur Anrufung des Gerichtes (§ 18 Abs. 1), mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigung oder - sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben - mit dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Kommt das Eisenbahnunternehmen seiner Verpflichtung nicht innerhalb der Leistungsfrist nach, so hat es die gesetzlichen Verzugszinsen vom Beginn der Leistungsfrist an zu vergüten.
Das Gutachten von Frau H. I., MMAS, MRICS, CIS ImmoZert vom 01.07.2018 samt Ergänzungs-Gutachten vom 06.08.2018 (Bewertungsstichtag 25.07.2018) bildet einen Bestandteil dieses Bescheides (Beilage 5).
III. Gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F., wird die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen.
IV. Gemäß § 77 Abs. 1 i.V.m. § 76 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F. werden der W. GmbH & Co KG für die Ortsaugenscheinsverhandlung am 10.07.2018 in Wien, J.-straße/K.-gasse bzw. L.-gasse an Kommissionsgebühren EUR 76,30 vorgeschrieben.
V. Gemäß § 78 AVG i.V.m. Tarifpost 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 - BVwAbgV, BGBl. Nr. 24/1983 i.d.g.F., wird der W. GmbH & Co KG für die Verfügung der Enteignung eine Verwaltungsabgabe von EUR 6,50 vorgeschrieben.
Die Beträge zu IV. und V. sind binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides mittels des beiliegenden Zahlscheines an die Stadt Wien einzuzahlen.“
Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in Punkt III. ist im Wesentlichen damit begründet, dass das öffentliche Interesse durch die Erteilung der Konzession und den Beschluss des Wiener Gemeinderates über das Fachkonzept Mobilität im besonderen Maße belegt sei. Es sei zu erwarten, dass die Realisierung der vierten Ausbaustufe unter anderem eine positive Veränderung des Bruttosozialprodukts durch Erreichbarkeitsverbesserungen, eine positive Veränderung an Emissionen und Luftschadstoffen und eine positive Veränderung der Unfallkosten bewirken werde. Dieses öffentliche Interesse sei auch gefährdet, wenn die U-Bahn wegen dem verzögerten Beginn des U-Bahnbauvorhabens letztendlich verspätet ausgeführt werden könne. „Gefahr im Verzug“ bedeute, dass bei Aufschub der Vollstreckung die Möglichkeit eines gravierenden Nachteils für das öffentliche Wohl gegeben wäre. Dies sei hier der Fall, zumal die Verzögerung der Ausführung des im öffentlichen Interesse gelegenen Bauvorhabens, insbesondere massive finanzielle sowie budgetäre Nachteile für die Enteignungswerberin und somit letztendlich für die öffentliche Hand bedeuten würde. Gemeint seien hier nicht nur klassische Mehrkostenforderungen von Auftragnehmern. Neben unmittelbaren Kosten im Umweltbereich seien auch mit einer Aufschiebung des Projektes verbundene Kosten, die mittelbar – etwa im Gesundheitssektor – mit einem höheren CO²-Aussstoß verbunden seien, zu berücksichtigen. Dem stehe kein unbilliger Nachteil der Enteignungsgegnerinnen gegenüber. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass selbst im Falle des Erfolges einer Bescheidbeschwerde alle Ansprüche auf Geldersatz und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes offenstünden, die die Rechtsordnung dafür einräume. Das öffentliche Interesse am raschen Bau und Inbetriebnahme der Verlängerung der U... liege in der Verbesserung des Netzes durch ein hochrangiges öffentliches Verkehrsmittel und damit in einer Entlastung des Straßenverkehrs. Das öffentliche Interesse an der möglichst zügigen Umsetzung der Verlängerung der U... sei somit evident. Darüber hinaus sei das öffentliche Interesse an der Verlängerung der U-Bahnlinie U... bereits im eisenbahnrechtlichen Konzessionsverfahren und dem auf diesem beruhenden eisenbahnrechtlichen Bauverfahren den verfahrensgegenständlichen Bauabschnitt betreffend nachgewiesen. Weiter seien komplexe volkswirtschaftliche und budgetäre Faktoren abgewogen und berücksichtigt worden. Die von den Enteignungsgegnerinnen eingewendeten Antragsmodifizierungen der Enteignungswerberin stellten keine im § 13 Abs. 2 VwGVG normierten Gründe dar, die gegen einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung sprächen, insbesondere sei der Antrag im Spruchpunkt I.C. zu Gunsten der Enteignungsgegnerinnen eingeschränkt bzw. in geringerer zeitlicher Dauer gegenüber den dem Verfahren vorangehenden Verhandlungen gestellt worden. Da die Voraussetzungen gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG somit vorliegen, sei dem Antrag spruchgemäß stattzugeben gewesen.
In der Beschwerde die sich gegen den angefochtenen Bescheid richtet, ist zu Punkt III des angefochtenen Bescheides unter Punkt V „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung“ ausgeführt, die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung werde mit der Dringlichkeit des Projektes begründet. Andererseits sei durch die Vornahme der Enteignung eine unwiederbringliche Maßnahme gesetzt worden. Eine geringfügige Verschiebung, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, könne nicht mehr stattfinden, auch wenn sich herausstellen solle, dass ein öffentliches Interesse nicht vorliege. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung sei somit zu Unrecht erfolgt.
Beim Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13
Abs. 2 VwGVG in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid handelt es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen von der Hauptsache trennbaren, selbstständigen Nebenanspruch (Hengstschläger/Leeb, AVG [2007], zu § 64 Rz 36).
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid von der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.
Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anbelangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Zl. 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.
Dementsprechend genügt es für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung (Beschwerde) nicht, dass ein Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles an der vorzeitigen Vollstreckung des Bescheides besteht, sondern es muss darüber hinaus noch die Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sein (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen der Beschwerdeführerin gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.
"Gefahr im Verzug" bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als der Beschwerdeführerin) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr in Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mH auf die Erkenntnisse des VwGH vom 24.05.2002, Zl. 2002/18/0001, und vom 22.03.1988, Zl. 87/07/0108). Die Gefahr muss konkret bestehen (Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).
Schließlich hat auch der Verwaltungsgerichtshof bereits im Beschluss vom 01.09.2014, Zl. Ra 2014/03/0028, im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG klargestellt, dass die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung ist.
Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung (Ausschluss) der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung vom VwG auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0038 mit Hinweis auf Ra 2014/03/0028, 1.9.2014, Ra 2015/08/0049, 9.6.2015).
Das VwG hat seine Entscheidung an Hand der im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu treffen. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Vorliegen von Gefahr in Verzug nicht an Hand hypothetischer, in der Vergangenheit vorgelegener Umstände sondern nur unter Berücksichtigung der aktuell gegebenen Verhältnisse beurteilt werden kann. (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0039 mit Hinweis auf Ra 2014/03/0028, 1.9.2014).
In seinem Beschluss vom 18.03.2013, Zl AW 2013/03/000 hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Abweisung eines Antrages, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, der erheblichen verkehrspolitischen Bedeutung des der gegenständlichen Enteignung zugrunde liegenden, Eisenbahnbauvorhabens als einen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingendes öffentliches Interesse entgegenstehenden Faktor angeführt und darauf hingewiesen, dass (auch) der bloße Verlust des Eigentumsrechts auf dem Boden eines Enteigungsverfahrens keinen unverhältnismäßigen Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG zu indizieren vermag. Auch eine Entziehung der Nutzung von enteigneten Grundstücksteilen während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof allein könne einen unverhältnismäßigen Nachteil schon deshalb nicht begründen, weil im Falle des Erfolgs der Beschwerde alle Ansprüche auf Geldersatz offen stünden, die die Rechtsordnung dafür einräume.
Gegenstand des Enteignungsverfahrens ist nicht mehr, ob die Enteignung im öffentliche Interesse stattgefunden hat, dies wird schon mit der rechtskräftigen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung ausgesprochen (vgl. dazu unter anderem VwGH vom 27.1.2010, 2010/03/0005).
Vorliegendenfalls ist durch die Erteilung der rechtskräftigen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung somit das öffentliche Interesse an dem Bauvorhaben unwiderruflich festgestellt. Der mit dem Aufschub der Bauarbeiten verbundene materielle und immaterielle Schaden (einerseits Kosten für die Antragswerberin sowie für die Stadt Wien auch durch unmittelbare Kosten aufgrund von Rückforderungen von Auftragsnehmern sowie mittelbare Kosten im Bereich des Gesundheitswesens einerseits und Gesundheitsschädigungen durch erhöhten CO²-Ausstoß andererseits) wurde von der Behörde ausführlich und schlüssig dargelegt und von den Beschwerdeführerinnen in keiner Weise widerlegt. Als Interessen der Antragsgegnerinnen und Beschwerdeführerinnen wurde in der Beschwerde lediglich geltend gemacht, dass eine geforderte geringfügige Verschiebung nicht mehr stattfinden könne. Dazu ist auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf den Beschluss vom 18.3.2013 hinzuweisen, wonach auch der bloße Verlust des Eigentumsrechts auf dem Boden eines Enteignungsverfahrens keinen unverhältnismäßigen Nachteil bei einem Eisenbahnbauvorhaben von erheblicher verkehrspolitischer Bedeutung zu indizieren vermag, zumal auch im Falle des Erfolgs der Beschwerde alle Ansprüche auf Geldersatz offenstehen, die von der Rechtsordnung eingeräumt werden. Dass eine Verzögerung der durch Enteignung sichergestellten Arbeiten zu einer erheblichen Verlängerung des Projektes und der Fertigstellung führen, ist unbestreitbar. Daraus resultieren nicht nur volkswirtschaftliche und budgetär unerwünschte Folgen, die verspätete Umsetzung hätte auch auf den öffentlichen und den Individualverkehr sowie auf die Umweltbelastung erhebliche negative Auswirkungen. Angesichts solcher drohender Folgen für öffentliche Interessen, denen allein wirtschaftliche Interessen gegenüberstehen, für deren Wahrung im Gesetz und im Bescheid ausreichend Vorsorge getroffen wird, hat die belangte Behörde zu Recht nicht nur den öffentlichen Interessen Vorrang eingeräumt sondern auch das Vorliegen von Gefahren in Verzug bejaht.
Das Verwaltungsgericht Wien war nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden, was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0049).
Gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG ergab sich keine andere Beurteilung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht Wien und die Beschwerdeführerinnen haben auch in der Beschwerde nicht konkret und substantiiert dargelegt, dass sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung maßgeblich waren, wesentlich geändert hätten.
Die Beschwerden waren somit als unbegründet abzuweisen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Belehrung
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung der Entscheidung durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin bzw. einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und ist die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen. Für die Beschwerde bzw. die Revision ist eine Eingabengebühr von je EUR 240,-- beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, Verfahrenshilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bzw. Verfassungsgerichtshof zu beantragen.
Verfahrenshilfe ist einer Partei so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof unmittelbar beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für ein außerordentliches Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dies in beiden Fällen jeweils innerhalb der oben genannten sechswöchigen Beschwerde- bzw. Revisionsfrist.
Ferner besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Der Verzicht hat ausdrücklich zu erfolgen und ist bei einem Verzicht auf die Revision dem Verwaltungsgericht, bei einem Verzicht auf die Beschwerde bis zur Zustellung der Entscheidung dem Verwaltungsgericht, nach Zustellung der Entscheidung dem Verfassungsgerichtshof schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Der Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision bzw. Beschwerde nicht mehr zulässig ist. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.
Verwaltungsgericht Wien
Dr. Schopf
Schlagworte
Aufschiebende Wirkung, Ausschluss der; Nebenanspruch; Provisorialverfahren; Gefahr im Verzug; Interessenabwägung; öffentliche Interessen; Eigentum; Eigentumsrecht, Verlust des; Enteignung; eisenbahnrechtliche Baugenehmigung; verkehrspolitische BedeutungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.101.V.020.1504.2019Zuletzt aktualisiert am
01.03.2019