TE Lvwg Beschluss 2019/1/21 LVwG-AV-62/001-2019

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Veröffentlicht am 21.01.2019
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Entscheidungsdatum

21.01.2019

Norm

GewO 1994 §360 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte OG, ***, ***, gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 29. Oktober 2018, ***, den

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

Entsprechend des seitens der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (in der Folge: belangte Behörde) vorgelegten Aktes (***) betreibt die A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) im Standort ***, ***, KG ***, Grst. Nr. ***, eine Betriebsanlage zur Ausübung des Handelsgewerbes.

Anlässlich einer Überprüfung der Betriebsanlage am 25.10.2018 wurde seitens der belangten Behörde festgestellt, dass diese Betriebsanlage in geänderter Form ohne die dafür erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung betrieben wird.

Auf Grund des Überprüfungsergebnisses hat die belangte Behörde die nunmehr angefochtene Verfahrensanordnung vom 29. Oktober 2018, ***, gemäß § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) erlassen. Konkret lautet diese wie folgt:

Verfahrensanordnung

Die Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf ordnet der A GmbH an, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand in der Betriebsanlage im Standort ***, KG ***, Grst.Nr. ***, durch nachstehende Maßnahmen herzustellen:

1.   Die im Standort ***, KG ***, Grst.Nr. ***, bestehende Halle mit der internen Bezeichnung „Karottenhalle“ ist unverzüglich, jedoch spätestens bis 30.11.2018 von sämtlichen Lagerungen zu räumen.

2.   In der im Standort ***, KG ***, Grst.Nr. ***, bestehenden Halle mit der internen Bezeichnung „ehemalige Kartoffelhalle“ sind unverzüglich, jedoch spätestens bis 31.01.2019 die konsenslos errichteten Einbauten in Form von Abtrennungen und Zwischenwänden abzubauen.

3.   Die Zwiebelabpacklinien in der im Standort ***, KG ***, Grst.Nr. ***, bestehenden Halle mit der internen Bezeichnung „Zwiebelhalle“ sind unverzüglich, jedoch spätestens bis 30.11.2018 außer Betrieb zu nehmen.

Rechtsgrundlage:

§ 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994“

Ergänzend wird festgehalten, dass diese Verfahrensanordnung auch noch Hinweise und Begründungteile enthält.

Gegen diese Verfahrensanordnung richtet sich die gegenständliche Beschwerde der Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin, vom 27. November 2018. In dieser führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass es sich im gegenständlichen Fall zweifelsfrei um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handle. Die belangte Behörde habe jedenfalls einen normativen Akt gesetzt, sie zeige eindeutig den Willen hoheitliche Gewalt zu üben, weil sie eine Vorschreibung mit einzuhaltender Frist mache. In der Lehre und herrschenden Judikatur werde weiter vertreten, dass es sich dann jedenfalls um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handle, wenn noch vor der Erlassung des verfahrensbeendenden Bescheids ein Rechtsschutzbedürfnis vorliege. Dies sei im vorliegenden Fall ebenso gegeben, weil die Beschwerdeführerin aufgrund des Bescheides der Behörde dazu angewiesen werde, wesentliche Änderungen an insgesamt drei Gebäuden vorzunehmen. Diese baulichen Änderungen wären für die Beschwerdeführerin sehr zeit- und arbeitsaufwändig. Es würde für den Bau der Hallen erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet und zudem hängen davon eine Vielzahl von Arbeitsplätzen ab. Die Außerbetriebnahme der Zwiebelhalle würde für die Beschwerdeführerin starke Umsatzeinbußen bedeuten. Ein Rechtsschutzbedürfnis derselben sei daher jedenfalls gegeben. Dieser Bescheid werde sohin in seinem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung der Verfahrensvorschriften angefochten. Als Rechtsgrundlage für die Anordnung der Maßnahmen werde § 360 Abs. 1 iVm § 366 Abs. 1 Ziff. 3 der GewO genannt. In § 360 Abs. 1 sei die Rede von einer angemessen von der Behörde zu bestimmenden Frist. Im Bescheid werde der Beschwerdeführerin angeordnet, die Karottenhalle bis spätestens 30.11.2018 von sämtlichen Lagerungen zu räumen, ebenfalls bis 30.11.2018 solle die Zwiebelhalle gänzlich außer Betrieb genommen werden und schlussendlich solle die Beschwerdeführerin bis 31.01.2019 sämtliche Einbauten in Form von Abtrennungen und Zwischenräumen abbauen. Diese Maßnahmen wären für die Beschwerdeführerin zudem existenzbedrohend und würden die gesamte Produktion bedrohen.

Um überhaupt beurteilen zu können, ob die von der Behörde vorgegebenen Fristen angemessen seien, wäre es notwendig gewesen, genaue SachverhaItsfeststellungen zum Ausmaß und den Konsequenzen der von der Behörde vorgeschriebenen Maßnahmen, insbesondere ob diese in der vorgegebenen Frist überhaupt möglich seien und welche Folgen diese hätten, zu treffen. Tatsächlich sei es technisch gar nicht möglich, bis zum 31.1.2019 sämtliche Einbauten in Form von Abtrennungen und Zwischenräume abzubauen. Die Hallen weisen eine Größe von 741 m² und 617 m² auf. Sie seien Teil einer großen Produktionsanlage. Die Maßnahmen, die die Behörde anordne, habe auch Einfluss auf den Produktionsbetrieb in den restlichen Hallen und müssten bei Durchführung dieser Maßnahmen entsprechende Schutzmaßnahmen und logistische Abstimmungen getroffen werden. AII dies sei in der von der Behörde vorgegebenen Frist nicht zu bewerkstelligen und nicht möglich. Weiters würden die von der Behörde derartig kurzfristig angeordneten Maßnahmen den Verlust einer Vielzahl an Arbeitsplätzen und erhebliche finanzielle Aufwendungen für die Beschwerdeführerin bedeuten, welche diese in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährden würde. Auch seien diese Umstände bei der Angemessenheit zu berücksichtigen.

Die Beschwerdeführerin beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Zahl *** vom 29.10.2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, in eventu, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der für die Durchführung der Maßnahmen eine Frist bis spätestens Ende August 2019 gewährt wird.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Grund für die Unzulässigkeit einer Beschwerde und damit Anlass für das Verwaltungsgericht, einen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen, kann insbesondere sein, wenn es sich bei der angefochtenen Erledigung um keinen Bescheid handelt.

Gegenständlich hat die belangte Behörde eine Verfahrensanordnung – gestützt auf § 360 Abs. 1 GewO – gesetzt.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO lautet:

„Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.“

Bei einer Aufforderung nach § 360 Abs. 1 erster Satz GewO handelt es sich um eine – nicht gesondert anfechtbare – Verfahrensanordnung, die nur den Gang des Verfahrens regelt und von der Rechtskraft des die Sache erledigenden Bescheides erfasst wird (Hinweis zu Verfahrensanordnungen etwa VwGH 23.4.1991, Zl 90/04/0286).

Aus der Bezugnahme der Aufträge auf § 360 Abs. 1 GewO und der Bezeichnung als Verfahrensanordnung folgt unmissverständlich, dass die Beschwerdeführerin zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne der Bestimmungen aufgefordert wurde. Im Falle der Nichtbefolgung dieser Aufforderung hat die Gewerbebehörde im Sinne des § 360 Abs. 1 zweiter Satz GewO die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen mit Bescheid zu verfügen. Schon aus diesem Grund ist ein Eingriff in die subjektiven Rechte der Beschwerdeführerin durch die in Rede stehenden Anordnungen ausgeschlossen (vgl. VwGH 8.10.1996, Zl 96/04/0168, 15.9.1999, Zl 99/04/0114).

Zumal die einzige Rechtsfolge des Nichtentsprechens in der bescheidmäßigen Vorschreibung des gesollten Verhaltens besteht, wird durch die Verfahrensanordnung noch nicht in Rechte des Adressaten eingegriffen (die Regelung ist daher auch nicht unsachlich (vgl. VwGH 21.9.1993, 93/04/0140; 16.7.1996, 96/04/0062). Dogmatisch handelt es sich demnach auch um keinen Bescheid. Sie ist daher weder einer Vollstreckung (VwGH 27.7.1993, 93/04/0034, 93/04/0036) noch einer gesonderten Anfechtung (VwGH 27.7.1993, AW 93/04/0034; 21.9.1993, 93/04/0140; 24.5.2006, 2006/04/0033) zugänglich. Vielmehr können ihr anhaftende Mängel erst im weiteren Verfahren releviert werden (VwGH 8.10.1996, 96/04/0168).

Es war daher die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Verfahrensanordnung; Anfechtbarkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.62.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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