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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des EM in F, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Nibelungengasse 1-3/3/46, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 4. Juni 1996, Zl. Senat-MD-95-576, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 29. März 1994 um 00.30 Uhr an einem näher bestimmten Ort als Lenker eines näher bestimmten Fahrzeuges die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert zu haben, obwohl der Beschwerdeführer das Fahrzeug am 29. März 1994 um 0.05 gelenkt habe und vermutet habe werden können, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO von S 11.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe:
240 Stunden) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde
an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das
Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 95/02/0567) ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle), dass eine Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bereits dann besteht, wenn eine Person bloß "verdächtig" ist, u.a. ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.
Voraussetzung für ein Verlangen um Ablegung der Atemluftprobe ist nach § 5 Abs. 2 StVO unter anderem die bloße Vermutung des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers. Dies ist z. B. schon dann der Fall, wenn der Betroffene gerötete Augen hat oder wenn seine Atemluft nach Alkohol riecht. Auf welche Ursachen die Symptome, die einen durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vermuten lassen, zurückzuführen sind, ist nach § 5 Abs. 2 StVO ohne Belang (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1991, Zl. 90/03/0269, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, entsprechend dem Tatvorwurf den in Rede stehenden Pkw gelenkt zu haben. Dass er dies allerdings in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand getan hat, konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum aufgrund der Angaben der einschreitenden Gendarmeriebeamten in der Anzeige vom 24. April 1994 annehmen, wonach diese beim Beschwerdeführer anlässlich der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe verschiedene Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch der Atemluft, leichte Rötung der Augenbindehäute, unsicherer bzw. schwankender Gang) festgestellt haben. Diese Umstände reichten schon für die bloße Vermutung des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung aus.
Aber auch die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Verweigerung der Atemluftprobe konnte die belangte Behörde zu Recht bejahen. Für die gegenständliche Entscheidung ist ohne Belang, ob der Beschwerdeführer am 28. März 1994 als Opfer eines behaupteten Überfalles zunächst unter Schockeinwirkung stand, weil er sich entsprechend dem Vorbringen in seiner Berufung vor Antritt der Fahrt zum C. Club so weit von seinem "Schrecken" erholt gehabt habe, dass er sein Kraftfahrzeug in "verkehrszuverlässigem" Zustand dorthin gelenkt haben will. Der Beschwerdeführer führte in diesem Zusammenhang weiters aus, es sei ihm auch nicht mehr erinnerlich, ob ihn die Beamten zum Alkotest aufgefordert bzw. die Fahrzeugpapiere verlangt hätten. Da er erst an der Hotelbar mehrere alkoholische Getränke konsumiert habe, habe er die Aufforderung zum Alkotest "wahrscheinlich für unbegründet" gehalten.
In seiner Einvernahme vor der belangten Behörde änderte der Beschwerdeführer schließlich seine Verantwortung und gab hiezu an, er habe auf Grund der unfallbedingten Verletzungen und seiner Verwirrtheit die Aufforderung zur Alkotestvornahme, soferne eine solche überhaupt ausgesprochen worden sein sollte, nicht wahrgenommen und aus dem Gespräch mit den Beamten eine solche auch nicht entnommen. Aus den Angaben des die Amtshandlung durchführenden Gendarmeriebeamten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den Beamten zunächst von der Bar des C. Clubs widerstandslos bis zur Rezeption folgte und dort zum Sachverhalt befragt wurde. Es findet sich jedoch kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer nach Belehrung über die Rechtsfolgen die Aufforderung zur Durchführung eines Alkotests nicht verstanden hätte, sodass die belangte Behörde davon ausgehen konnte, dass den Angaben des Beschwerdeführers in seiner Berufung schon wegen der zeitlichen Nähe zur Tat Glauben zu schenken und seine Zurechnungsfähigkeit festzustellen sei. Die zu diesen Feststellungen führende Beweiswürdigung der belangten Behörde hält einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) stand.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass es im Rahmen der materiellen Wahrheitserforschung erforderlich gewesen sei, auch Zeugen des C. Clubs ausfindig zu machen, in welchem Gemütszustand er sich befunden habe und ferner ein medizinisches Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben, um zu erforschen, ob er zum Tatzeitpunkt in der Lage gewesen sei, allfälligen Anordnungen der Gendarmerie Folge zu leisten. Dem ist zu entgegnen, dass es bei der Ausforschung unbekannter Gäste des C. Clubs zur Einvernahme als Zeugen um die Durchführung eines (unzulässigen) Erkundungsbeweises gegangen wäre und dass es nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. April 1994, Zl. 94/02/0108) schon auf Grund des situationsbezogenen Verhaltens des Beschwerdeführers entbehrlich war, ein ärztliches Sachverständigengutachten über seine Zurechnungsfähigkeit einzuholen. Im Hinblick auf die unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde gehen sämtliche Ausführungen des Beschwerdeführers in Hinsicht auf die Frage seiner Zurechnungsfähigkeit und die damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrügen ins Leere.
Der Beschwerdeführer wendet ferner Verfolgungsverjährung ein, weil zwischen dem Zeitpunkt der Setzung der ihm vorgeworfenen Tat, dem 29. März 1994, und der am 5. April 1995 erfolgten Zustellung des Straferkenntnisses keine konkreten Verfolgungshandlung gegen ihn gesetzt worden sei.
Dieses Vorbringen erweist sich als nahezu mutwillig, weil im Beschwerdefall eine fristgerechte Verfolgungshandlung schon darin gelegen war, dass dem Beschwerdeführer mit Ladungsbescheid vom 8. Juni 1994 alle erforderlichen Sachverhaltselemente zur Kenntnis gebracht wurden. Im Hinblick auf die vorherige Unterbrechung der Verjährungsfrist war es ohne Bedeutung, dass das Straferkenntnis erst mehr als sechs Monate nach der Tat ergangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zlen. 92/02/0006, 0007)
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Mai 1999
Schlagworte
Ablehnung eines Beweismittels Alkoholbeeinträchtigung Bewußtseinsstörung Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Sachverständiger Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung ZeugenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996020388.X00Im RIS seit
12.06.2001