TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/29 W173 2204593-1

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Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2204593-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid vom 16.8.2018 des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, betreffend Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Auf Grund des Antrages von Frau XXXX , geb. am XXXX , (in weiterer Folge: BF) vom 10.12.2013 auf Ausstellung eines Behindertenpasses wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , FÄ für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, eingeholt. Unter dem Punkt "Ergebnis der durchgeführten Begutachtung" wurde im eingeholten Gutachten ein Gesamtgrad der Behinderung mit 30 v.H. festgestellt. Dieser beruhte auf dem Leiden "Sjögren Syndrom" (Pos.Nr. 020202 - GdB 30%). Mit Bescheid vom 23.5.2014 wurde der Antrag der BF vom 10.12.2013 abgewiesen.

2. Mit Antrag vom 18.4.2018 beantragte die BF neuerlich die Ausstellung eines Behindertenpasses. Dazu legte die BF medizinische Unterlagen vor. Die belangte Behörde holte ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Das im Zuge dieser Untersuchung erstellte - in weiterer Folge zusammengefasste - Gutachten vom 27.6.2018 von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF enthält auszugsweise

Folgendes: "......................

Anamnese: Es gibt ein Vorgutachten von 04/2014 mit 30 % (Sjogren Syndrom 30)

Derzeitige Beschwerden:

Mir geht es sehr schlecht, ich habe sehr häufig Kopfschmerzen, ich habe aber auch Schmerzen in der Hals - und der Lendenwirbelsäule, leide an häufigen Schwindelanfällen. Morgendliche Schwellungen der Hände. Trockene Augen, ich muss in der Nacht oft Augentropfen verwenden. Schluckbeschwerden wegen Trockenheit, muss viel trinken. Schwindelgefühle, Schwäche, Tagsmüdigkeit.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

NorgesicT 1x1 bei Bed. Augen gtt, Sialin Sigma, Lsg.Oleovit D3 gtt 30gtt Mo. und Do. Zomig bei Bed. Duloxetin, Saroten, Mg.

Sozialanamnese:

Lebt von Notstandshilfe, geschieden und hat zwei versorgungspflichtige Kinder (12,16J)

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befund Rheumaambulanz 14.3.2018: Prim. Sjogrensyndrom, St.p.Tu-Extirpatio Parotis li.2000 Adenolymphom Penicillinallergie, Nephrolithiasis sin., CVS chron.Gonarthralgie dext. Lumbalgie

Migraine Psychiatr.neurolog. Befund 21.07.2017: Migräne, Panikstörung, Sjogrensyndrom, Chronic Fatigue-Syndrom, Chronischer Spannungskopfschmerz, Rezidiv.depr.Störung , Chron. Schmerzkrankheit

WS MRT 2017: Inzipiente Discopathie L4/L5. Kein Nachweis einer Discushemiation, einer Affektion nervaler Strukturen, einer Neuroforamenstenose oder einer Spinalkanalstenose.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: gut

Größe: 168,00 cm, Gewicht: 73,00 kg, Blutdruck: 130/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung

Sensorium: Umgangssprache wird anstandslos verstanden

Haut und Schleimhäute: unauffällig

Hals: frei beweglich

Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch,

Lunge: sonorer Klopfschall, VA, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer

Herz: reine Herzgeräusche

Abdomen: unauffällig, im Thoraxniveau, rektal nicht untersucht

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig. Sensibilitätsstörungen werden keine angegeben.

WIRBELSÄULE:

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein wesentlicher Hartspann der Rückenmuskulatur.

HWS: altersentsprechend frei beweglich, Drehung und Seitneigung beidseits frei. KJA: 1 cm

BWS: Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich

LWS: Endlagige Bewegungseinschränkungen, Finger-Bodenabstand im

Stehen: unterhalb der Knie

Obere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.

Schultergelenk rechts Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne:

160°

Schultergelenk links Seitliches Anheben: 140° Anheben nach vorne:

160°

Nackengriff: bds möglich, Schürzengriff: bds möglich

Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen, Feinmotorik und Fingerfertigkeit altersentsprechend

Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Der Faustschluss ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Untere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert.

Hüftgelenk rechts: Beugung: 120°, Rotation: 40-0-40°

Hüftgelenk links: Beugung: 120°, Rotation: 40-0-40°

Kniegelenk rechts: 0-0-140°

Kniegelenk links: 0-0-140°

Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken bds durchführbar, alle Funktionen ungestört.

Zehenstand und Fersenstand beidseitig möglich, Einbeinstand bds möglich, Fußpulse bds palpabel. Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Ungestört, kommt in normalen Straßenschuhen, ohne Gehhilfen und ist in den Bewegungsabläufen nicht maßgeblich behindert.

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, freundlich, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB%

1

Sjögrensyndrom Unterer Rahmensatz dieser Pos., da therapeutisch stabilisierter Verlauf.

02.02.02

30

2

Abnützungen der Wirbelsäule Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen jedoch nur geringfügige Funktionseinschränkungen.

02.01.01

10

3

Migräne Unterer Rahmensatz, da medikamentös ausreichend behandelbar.

04.11.01

10

4

Depressives Zustandsbild Heranziehung dieser Position mit dem unterer Rahmensatz, da intermittierende Behandlung

03.06.01

10

Gesamtgrad der Behinderung

30v.H.

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden Position 1 wird von den anderen Leiden nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: xxx

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Neue Antragsleiden ins aktuelle Gutachten aufgenommen (aktuelle Pos. 2,3,4).

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine Veränderungen des gesamt GdB gegenüber dem Vorgutachten.

X Dauerzustand,

.................................."

4. Das eingeholte Gutachten von Dr. XXXX wurde unter Einräumung einer dreiwöchigen Stellungnahmefrist dem Parteiengehör unterzogen. Die BF sah von einer Stellungnahme ab. Mit Bescheid vom 16.8.2018 wurde der Antrag der BF vom 18.4.2018 abgewiesen. Mit einem Gesamtgrad der Behinderung 30% erfülle sie die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen stützte sich die belangte Behörde in der Begründung auf das eingeholte ärztliche Gutachten, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% ergeben habe und einen Bestandteil der Bescheidbegründung bilde. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses würden daher nicht vorliegen.

5. Mit E-Mail-Mitteilung vom 26.8.2018 erhob die BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.8.2018. Die BF brachte darin Nachfolgendes vor:

"Gegen Ihren Bescheid vom 16.8.2018 lege ich fristgerecht Wiederspruch ein.

Ich bin festgestellt 30 Grad der Behinderung meine Person betreffend nicht einverstanden.

Das Ausmaß meiner Behinderung in der Gesamtheit wurde bei Ihrer Entscheidung nicht ausreichend gewürdigt.

Aktenzeichen: OB 57244173300014

Ihre Einschätzung meiner gesundheitlichen Situation wird den tatsächlichen Gegebenheiten insgesamt nicht gerecht.

So führt das Sjögren-Syndrom einerseits zu körperlichen Einschränkungen. Diese äußern sich insbesondere wie folgt:

Chronische Fatigue-Syndrom, Myalgie, Fibromyalie, Lumbagie, Probleme beim Gehen viel Stehen, ständige Verspannungen. Permanente Augen- und Kopfschmerzen. Migräne. Schwindel, PMDS, entzündete Speicheldrüsen, Xerostomie, Keratiokonjunktivis sicca, Fatigue-Syndrom, Morgensteifheit, Chronische Schmerzkrankheit.

Hinzu kommen erhebliche psychische Belastungen:

Panikstörung, Chronic Fatigue-Syndrom, Rezidivierende endogene Depression-Rezidiv.dep.Störung. Schwindelanfälle, posttraumatische Belastungsstörung, tägliche Angstzustände.

Insofern beantrag ich eine Prüfung des Vorgangs und eine erneute Entscheidung über die Höhe des Gesamt-GdB. Für eine Untersuchung und Begutachtung stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen ................................"

6. Die belangte Behörde legt den Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht am 30.8.2018 zur Entscheidung vor. Die BF wurde vom Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage von aktuellen Befunden zum Beweis ihres Vorbringens aufgefordert. Am 20.9.2018 übermittelte die BF bereits der belangten Behörde vorgelegte Befunde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1.Am 18.4.2018 stellte die BF einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Es wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Gutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, eingeholt. Im Zuge der persönlichen Untersuchung wurde das oben wiedergegebene Gutachten vom 27.6.2018 erstellt. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 30.v.H festgestellt. Dieser beruhte auf folgenden Leiden: 1. Sjögrensyndrom (Pos.Nr. 02.02.02 - 30% GdB), 2. Abnützungen der Wirbelsäule (Pos.Nr. 02.01.01 - 10% GdB), 3. Migräne (Pos.Nr. 04.11.01 - 10% GdB) und Depressives Zustandsbild (Pos.Nr. 03.06.01. - 10% GdB). Das führende Leiden (1) wurde durch die übrigen Leiden (2-4) wegen fehlendem maßgeblichem ungünstigem Zusammenwirken nicht erhöht. Es war von einem Dauerzustand auszugehen.

1.2.Nachdem das Gutachten dem Parteiengehör unterzogen wurde und die BF keine Einwendungen vorbrachte, wurde auf Grund dieses Gutachtens mit dem ermittelten Gesamtgrad der Behinderung von 30% mit Bescheid vom 16.8.2018 der Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Gegen den abweisenden Bescheid erhob die BF Beschwerde, ohne ihr Vorbringen durch weitere, aktuelle Befunde zu belegen. Dies erfolgt auch nicht nach Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts.

1.3. Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt 30%. Die BF erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht.

2. Beweiswürdigung

Es wird auf das oben auszugsweise wiedergegebene, von der belangten Behörde eingeholte schlüssige Sachverständigengutachten vom 27.6.2018 (Dr. XXXX ) verwiesen. Basis für die Einschätzung der Leiden der BF war die Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010.

Der genannte medizinische Sachverständige hat die BF persönlich untersucht und ist auf die Art der Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzte sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den Leiden der BF und den vor ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen auseinander. Die festgestellten Funktionseinschränkungen stimmen mit den Untersuchungsergebnissen überein und sind den einzelnen Positionen der Einschätzungsverordnung nachvollziehbar zugeordnet.

Für das führende Leiden (Sjögren-Syndrom) wurde der untere Rahmensatz der Position O2.02.02. der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30% herangezogen, da ein therapeutisch stabilisierter Verlauf vorlag. Dies ergibt sich auch aus dem von der BF vorgelegten Befund vom 14.2.2018 der rheumatologischen Ambulanz, in dem darauf hingewiesen wurde, dass im Vergleich zur Voruntersuchung vom 6.9.2016 sich keine relevante Befunddynamik zeigte. Auch die Medikation zu ihrer Erkrankung wurde nach den Vorgaben in der rheumatologischen Ambulanz - wie sich aus den diesbezüglich vorgelegten Befunden vom 11.12.2017 und vom 14.3.2018 ergibt - beibehalten (Cymbalta 60mg 1x1, Norgesic T 1x1 bei Bed., Augen gtt, Sialin Sigma Lsg., Oleovit D3 gtt 30gtt Mo und Do, Zomig bei Bed.). Für die genannte Einstufung des führenden Leidens der BF sprechen auch die Ergebnisse der persönlichen Untersuchung durch den medizinischen Sachverständigen Dr. XXXX zu den Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates der BF, die nicht erheblich sind. Dies gilt sowohl für die oberen als auch unteren Extremitäten der BF als auch die Wirbelsäule. Die BF klage auch nicht über Sensibilitätsstörungen. Auch das Leiden 2 wurde auf Grund der mäßigen radiologischen Veränderungen verbunden mit geringfügigen Funktionseinschränkungen nachvollziehbar eingestuft. Diese stehen auch im Einklang mit den Untersuchungsergebnissen des Sachverständigen Dr. XXXX . Ebenso sind die Einstufungen des Migräneleidens und des depressiven Zustandsbildes der BF korrekt vorgenommen worden. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die BF der Empfehlung der Neurologen - wie sich aus dem vorgelegten Befund vom 4.5.2016 ergibt - zu einer Psychotherapie bisher noch nicht nachgekommen ist.

Diese Einschätzungen des genannten Gutachters sind schlüssig begründet und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen der BF. Es steht auch der BF, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten, durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093). Die BF hat aber gegen das schlüssige Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 27.6.2018, das von der belangten Behörde eingeholt und dem Parteiengehör unterzogen wurde, sowie auch im Rahmen ihrer Beschwerde keinen aktuellen, aussagekräftigen medizinischen Befund oder ein medizinisches Gutachten mehr vorgelegt. Das von Dr. XXXX erstellte Gutachten vom 27.6.2018 steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Das Beschwerdevorbringen der BF konnte nicht überzeugen. Es bezog sich im Übrigen auf allgemeine Darstellungen zum Sjögren-Sydrom. Die vom Gutachter herangezogene Einstufung dieser Erkrankung der BF ist - wie oben dargestellt - nachvollziehbar und zutreffend.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).

3.1.Zu Spruchpunkt A)

3.1.1.Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz, BGBl Nr. 283/1990, idgF (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 2 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

3.1.2. Schlussfolgerungen

Der beigezogene medizinische Sachverständige hat die Einschätzung des Grades der Behinderung auf Basis der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010, vorgenommen. Dieser Maßstab ist für die Einschätzung des Grades der Behinderung heranzuziehen und in den gesetzlichen Bestimmungen (§ 41 Abs. 1BBG) verankert.

Der von der belangten Behörde beigezogene ärztliche Sachverständige Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, hat sich eingehend aus medizinischer Sicht mit den Leiden der BF auseinander. Die BF ist diesen schlüssigen Ausführungen des genannten Sachverständigen im Gutachten vom 27.6.2018 nicht mit neuen aussagekräftigen Befunden oder einem Sachverständigengutachten im Rahmen ihrer Beschwerde auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (vgl VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0033).

Das eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , auf das sich das Bundesverwaltungsgericht stützt, steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF ein Ausmaß von 30% erreichen und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen (vgl VwGH 27.5.2014, Ro 2014/11/0041; 21.9.2010, 2007/11/0228), war spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.3.Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall ist für die Entscheidung maßgebend, welches Ausmaß die dauernden Gesundheitsschädigungen der BF erreichen und ob dieses für die Ausstellung eines Behindertenpasses hinreichend ist. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, wurde dieses als nachvollziehbar und schlüssig erachtet. Der Sachverhalt ist darüber hinaus geklärt und daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

3.2.Zu Spruchpunkt B) (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W173.2204593.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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