TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/8 W141 2171805-1

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Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W141 2171805-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter

Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX,

geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 29.08.2017, OB: XXXX, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gemäß § 41, § 43 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hat am 05.04.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage von diversen Unterlagen einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt.

2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 14.06.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 50 vH bewertet wurde.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gemäß § 41, § 43 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass weiterhin ein Grad der Behinderung von 50 vH vorliegen würde.

In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.

3. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage weiterer medizinischer Beweismitteln wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einverstanden erkläre, da er an einer Bindegewebsschwäche, die zur Luxation der Gelenke führe, leide. Seine linke Schulter sei operiert worden, jedoch nehme er aufgrund vormaliger Schwierigkeiten bei der Narkose Abstand von weiteren Eingriffen. Zudem leide er an psychischen Problemen. Er merkt an, dass die Luxation seines linken Ellenbogens nicht berücksichtigt worden sei. Weiters führt der Beschwerdeführer aus, dass es dahingehend zu körperlichen Verschlechterungen gekommen sei, dass er an langandauernden starken Schmerzen, ausgehend von der Halswirbelsäule, leide. Schmerzlindernde Injektionen sollen nur etwa eine halbe Stunde geholfen haben.

3.1. Mit Beschwerdevorlage vom 27.09.2017 wurde das Beschwerdevorbringen samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

4. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes ein Sachverständigengutachten von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13.02.2018, ein weiteres Sachverständigengutachten von einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.04.2018, sowie ein zusammenfassendes allgemeinärztliches Sachverständigengutachten basierend auf der Aktenlage vom 17.09.2018, eingeholt und ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 vH festgestellt.

4.2. Mit Schreiben vom 24.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG unter Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gem. § 46 BBG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu einlangend binnen zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens zu äußern.

Von Seiten der belangten Behörde wurden keine Einwendungen vorgebracht. Mit Schreiben vom 27.09.2018 wurde vom Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vorgebracht, dass es für ihn unverständlich sei, warum er nicht gleich hoch wie im seinerzeitigen Sachverständigengutachten eingestuft wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut

Ernährungszustand gut.

Größe 168 cm, Gewicht 72 kg, RR 150/90, 48a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax:

symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder, der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schulter rechts: Narbe ventral, kein Druckschmerz, keine

Instabilität, Beweglichkeit frei. Ellbogen bds.: äußerlich unauffällige Silhouette, keine Krepitation, geringgradige Überstreckbarkeit links.

Handgelenke, Langfingergrundgelenke: geringgradige Überstreckbarkeit links mehr als rechts.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke links 10/0/140, rechts 0/0/140, Unterarmdrehung. Handgelenke: Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 5 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild hinkfrei und unauffällig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbstständig im Sitzen durchgeführt.

Neurostatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen.

Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen,

Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben. Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig. Das An und Ausziehen ist völlig selbständig möglich.

Psychiatrischer Status:

Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert, keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht, subjektiv kognitiven Defizite, Affekt labil, Stimmungslage depressiv mit Somatisierung, Ein- und Durchschlafstörung in letzter Zeit etwas gebessert, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

1

Persönlichkeitsstörung mit depressiver Symptomatik Oberer Rahmensatz, da chronifizierter Verlauf, trotz Medikation instabil bei mäßiger sozialer Beeinträchtigung, posttraumatische Belastungsstörung

03.06.01

40 vH

2

Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates Unterer Rahmensatz, da polytope Beschwerden bei Hypermobilität vor allem im Bereich der Schulter-, Ellbogen- und Kiefergelenke und der Wirbelsäule mit geringgradigen funktionellen Einschränkungen

02.02.02

30 vH

3

Bluthochdruckleiden Wahl dieser Position, da Einstellung mittels medikamentöser Kombinationstherapie bei Fehlen von Sekundärschäden

05.01.02

20 vH

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

 

 

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH. Das Leiden 2 wirkt mit dem führenden Leiden 1 wechselseitig negativ zusammen und erhöht um eine Stufe. Leiden 3 wirkt mit dem führenden Leiden 1 nicht auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammen und erhöht nicht weiter.

1.3. Der gegenständliche Antrag ist am 05.04.2017 bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in Auftrag gegebene Gutachten von einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie, eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13.02.2018 und 04.04.2018, sowie ein Gesamtgutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, auch in Zusammenschau mit dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie auch die an ärztliche Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. In den eingeholten Gutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Die durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befunden und der Aktenlage entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die Sachverständige Fachärztin für Unfallchirurgie führt nachvollziehbar aus, dass die Beurteilung des führenden Leidens 1, Persönlichkeitsstörung mit depressiver Symptomatik, unter der Richtsatzposition 03.06.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH erfolgt. Da ein chronifizierter Verlauf beschrieben ist und trotz Medikation Instabilität bei mäßiger sozialer Beeinträchtigung sowie eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegen, fällt die Wahl auf den oberen Rahmensatz.

Dies steht im Einklang mit der Einschätzung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, der dazu anmerkt, dass keine Veränderung zur Untersuchung vom 27.04.2015 zu objektivieren ist, da aus nervenärztlicher Sicht keine zusätzlichen Funktionsstörungen festzustellen sind und die antidepressiven Medikamente reduziert wurden.

Die Sachverständige Fachärztin für Unfallchirurgie erläutert zudem, dass die rezidivierenden Beschwerden im Bereich der Schulter-, Ellbogen- und Kiefergelenke und der Wirbelsäule entsprechend den geringgradigen funktionellen Einschränkungen, unter Berücksichtigung der Vorgeschichte mit rezidivierenden Luxationen und den polytopen Beschwerden, in korrekter Höhe eingestuft sind. Zwar ist eine geringgradige Überstreckbarkeit ersichtlich, jedoch konnten keine relevanten Abnützungserscheinungen oder entzündliche Aktivitäten festgestellt werden.

Weiters hält der Sachverständige für Allgemeinmedizin im zusammenfassenden Gutachten nachvollziehbar fest, dass der Gesamtgrad der Behinderung mit 50 vH zu bewerten ist und führt diesbezüglich weiter aus, dass das führende Leiden 1, Persönlichkeitsstörung mit depressiver Symptomatik, durch das Leiden 2, Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates, wechselseitig negativ zusammenwirkt und Leiden 1 somit um eine Stufe erhöht. Das Leiden 3, Bluthochdruck, wirkt mit dem führenden Leiden nicht auf maßgebliche Weise funktionell negativ zusammen und erhöht dadurch nicht weiter.

Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden somit in den eingeholten Sachverständigengutachten dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Auch ist der Beschwerdeführer den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Die Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag des Beschwerdeführers weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 05.04.2017 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung am 05.04.2017 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1. hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auftretende Änderungen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da ein Grad der Behinderung von weiterhin 50 vH festgestellt wurde und keine Änderungen zu dem bisherigen Grad der Behinderung festgestellt werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein ärztliches Sachverständigengutachten sowie von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die erhobenen Einwendungen waren nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen hervorzurufen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W141.2171805.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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