Entscheidungsdatum
22.11.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W135 2204364-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz TROMPISCH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.08.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 15.12.2017 beim Sozialministeriumservice (in weiterer Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Orthopädie ein, welches am 27.07.2018, nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.05.2018, erstellt wurde. Die Sachverständige hält darin wie folgt fest:
"Anamnese:
KHK, Z.n. Myokardinfarkt und Lyse 2003, Koronarangio 2003:
mLAD-Verschluss und 80%ige Stenose des Ramus intermed., art. Hypertonie, med. Therapie, paroxysmales VH-Flimmern de novo, supraventr und ventr. Extrasystolie
OP 2017 Upside-Down Magen bei kombinierter Hiatushernie (Gleithernie und paraösophageale Hernie Typ Il)
Struma parva multinodosa, med. Therapie
Dickdarm-Divertikulose, keine Beschwerden CHE, AE, TE
PG Stufe 1
Derzeitige Beschwerden:
Beschwerden habe ich vor allem durch die Atemnot bei Belastung und durch die Beschwerden in den Kniegelenken und Sprunggelenken. Die Gehstrecke ist vor allem eingeschränkt durch die Schmerzen in den Beinen. 2003 hatte ich einen Herzinfarkt, seither immer wieder Atemnot, teilweise zittern die Beine, kann nur etwa 20 min langsam gehen, beim Einkaufen muss ich mich einmal niedersetzen.
Außenanamnese durch Gatten "Vergesslich, wartet nicht dort, wo sie beim Auto aussteigt, damit ich sie von dort dann zu den Ärzten begleiten kann."
Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:
Medikamente: Lasix, Simvastatin, Euthyrox, Sedacoron, Lixiana, Concor
Allergie:O
Nikotin:O
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. Messner, 1210, Dr. Kornfeld, FA für Innere Medizin
Sozialanamnese:
verheiratet, eine Tochter, lebt in Wohnung im 2. Stockwerk mit Lift plus Halbstock.
Berufsanamnese: Hausfrau, Pensionistin
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
SVGA PVA zum Antrag auf Zuerkennung des Pflegegeldes 17.10.2017 (paroxysmales VH-Flimmern de novo, supraventr und ventr. Extrasystolie AV 10 im SR Upside-Down Magen bei kombinierter Hiatushernie (Gleithernie und paraösophageale Hernie Typ Il)
Pankreasgangdilatation (IPMN DD postentzündl. Veränderung) KHK Z.n.
Myokardinfarkt und Lyse 2003, Koronarangio 2003: mLAD-Verschluss und 80%ige Stenose des Ramus intermed. art. Hypertonie Hyperlipidämie Struma parva multinodosa Dickdarm-Diverticulose inzidentalom Nebenniere bds Z.n. CHE, AE, IE.
PG stufe 1)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, 87a
Ernährungszustand: BMI 29,2
Größe: 158,00 cm Gewicht: 73,00 kg Blutdruck: 135/85
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Daumensattelgelenk rechts: geringgradig Druckschmerzen und Bewegungsschmerzen, kleines Ganglion, keine Subluxation.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern bds. endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke,
Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zur Hälfte möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenk beidseits: geringgradige Valgusstellung rechts mehr als links, geringgradiges Streckdefizit rechts mehr als links, mäßige Strukturvergröberung, keine Überwärmung, endlagige Beugeschmerzen, Patella verbacken, stabil.
Sprunggelenk beidseits: mäßige Umfangsvermehrung, lateral Schwellung links mehr als rechts, bandstabil, Bewegungsschmerzen.
Senkspreizfuß mit deutlicher Abflachung des Längsgewölbe und Verbreiterung des Fußes beidseits.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie rechts 0/10/120, links 0/5/125, Sprunggelenke endlagig eingeschränkt, Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60 0 bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, geringgradig verstärkte Kyphose der BWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann. Kein wesentlicher Klopfschmerz über der Wirbelsäule, 'SG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 25 cm, in allen Ebenen annähernd frei beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen in Begleitung ohne Gehhilfe, das Gangbild ist leicht vorgeneigt, behäbig, mäßig zügig, Gesamtmobilität beim Ausziehen und Anziehen etwas verlangsamt, selbstständig möglich.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; hierorts kein Hinweis auf relevante psychische Störung. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Pos.Nr.
GdB %
1
Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt 2003, Bluthochdruck Oberer Rahmensatz, da bei abgelaufenem Myocardinfarkt Belastbarkeit geringfügig eingeschränkt. Inkludiert Rhythmusstörungen.
05.05.02
40
2
Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates rades Unterer Rahmensatz, da Abnützungserscheinungen vor allem im Bereich der Knie- und Sprunggelenke mit jeweils gering- bis mittelgradig eingeschränkter Beweglichkeit.
02.02.02
30
3
Zustand nach Hiatushernien-Operation g.Z. Unterer Rahmensatz, da komplikationsloser Verlauf und beschwerdefrei.
07.03.05
10
4
Knotenstruma Unterer Rahmensatz, da durch medikamentöse Behandlung gut einstellbar.
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da eine maßgebliche Zusatzrelevanz vorliegt. Leiden 3 und 4 erhöhen nicht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit führendem Leiden 1 besteht.
...
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine, es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Einsteigen und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich und dauerhaft einschränkten. Ausreichende Gangsicherheit konnte, ohne Verwendung einer Gehhilfe, festgestellt werden. Die belastungsabhängigen Beschwerden im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten führen zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen, ku rze Wegstrecken von etwa 300-400 m können alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zurückgelegt werden. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie-und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein-und Aussteigen nicht erheblich erschwert ist. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt, Kraft und Koordination sind gut. Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist nicht eingeschränkt. Es liegen keine Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor. Darüberhinaus ist auch eine höhergradige Herzkreislaufschwäche oder Lungenfunktionseinschränkung, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren müssten, nicht objektivierbar. Auch konnte anlässlich der hierorts durchgeführten Begutachtung keine merkbare Einschränkung der Orientierungsfähigkeit objektiviert werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein"
Mit Schreiben vom 07.08.2018 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt worden sei. Der unbefristet auszustellende Behindertenpass werde in den nächsten Tagen übermittelt.
Mit angefochtenem Bescheid vom 07.08.2018 wies die belangte Behörde den darüber hinaus gehenden Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das im vorangegangenen Ermittlungsverfahren eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, nach welchem die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit den E-Mails vom 03.08.2018 und vom 22.08.2018 Beschwerde. Sie bringt darin im Wesentlichen vor, dass ihr Gatte vor kurzen verstorben sei und sich dadurch ihr Gesamtzustand sehr verschlechtert habe. Sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und an Demenz. Ihre Herz- und dadurch ausgelösten Atembeschwerden sowie das Gehvermögen hätten sich sehr verschlechtert. Es sei ihr nicht möglich eine Gehstrecke von 200 Meter ohne die Zuhilfenahme einer Gehhilfe zurückzulegen. Ein Tremor und Meniskusbeschwerden würden ihr das Gehen zusätzlich erschweren. Zudem könne sie nicht in öffentliche Verkehrsmittel einsteigen. Sie sei nunmehr als alleinstehende Witwe auf die Hilfe anderer angewiesen und benötige permanente Pflege. Sie bitte um den Zusatzeintrag im Behindertenpass.
Die Beschwerdeführerin legte ihrer Beschwerde keine weiteren Befunde bei. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt.
Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.08.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Am 10.10.2018 reichte die Beschwerdeführerin einen Bescheid der PVA vom 25.09.2018, wonach ihr ab 01.09.2018 die Pflegestufe 2 gewährt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist seit August 2018 Inhaberin eines gültigen Behindertenpasses, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v. H. ausgewiesen ist.
Bei der Beschwerdeführerin liegen folgende dauernde Funktionseinschränkungen vor:
1. Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Myocardinfarkt 2003, Bluthochdruck
2. Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates
3. Zustand nach Hiathushernien-Operation
4. Knotenstruma
Die Beschwerdeführerin weist ein normales Gangbild auf. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist der Beschwerdeführerin trotz ihrer Funktionseinschränkungen selbständig, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, möglich. Die Gesamtmobilität ist nicht wesentlich eingeschränkt. Niveauunterschiede können überwunden werden. Es liegt keine erhebliche Einschränkung der Orientierungsfähigkeit vor. Eine höhergradige Herzkreislaufschwäche oder Lungenfunktionseinschränkung ist nicht gegeben.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere dem darin befindlichen Schreiben vom 07.08.2018, mit welchem die Beschwerdeführerin über das Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens, wonach ein Grad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt, informiert wurde.
Die Feststellungen zu den bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 27.07.2018, welches oben im Detail wiedergegeben wurde.
Die Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Orthopädie sind vor dem Hintergrund des umfassenden Untersuchungsbefundes nachvollziehbar, schlüssig und widerspruchsfrei.
Mit dem Antrag legte die Beschwerdeführerin einzig einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt über die Gewährung von Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 vor und floss bei Beurteilung durch die Sachverständige das diesem zu Grunde liegende ärztliche Gutachten vom 17.10.2017 ein.
In Zusammenschau mit dem bei der Untersuchung am 17.05.2018 erstellten Untersuchungsbefund ergibt sich schlüssig die von der Gutachterin vorgenommene Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin ein leicht vorgeneigtes, mäßig zügiges Gangbild vorliegt. Es besteht eine freie Beweglichkeit in beiden Hüftgelenken. Die Kniegelenke sind mit den bei der Untersuchung festgestellten Flexionswerten von 120° rechts und 125° links endlagig eingeschränkt. Eine erhebliche Einschränkung der unteren Extremitäten liegt dadurch nicht vor. Die Sachverständige führte in ihrem Gutachten unter dem Punkt "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" aus, dass die belastungsabhängigen Beschwerden im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, führten, das objektivierbare Ausmaß des Defizits jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen kann. Demnach können kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter alleine, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe zurückgelegt werden. Die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ist ausreichend gegeben, sodass das sichere Ein- und Aussteigen nicht erheblich erschwert ist.
Aus dem Untersuchungsbefund ergibt sich, dass das Abheben der unteren Extremität bei einem Kraftgrad von fünf bis 60° möglich ist. Die Kraftverhältnisse sind insgesamt ausreichend gut vorhanden und ist damit der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke selbständig möglich, weshalb auch die entsprechende Feststellung getroffen wurde.
Auch die oberen Extremitäten sind frei beweglich. Demnach konnte die Feststellung getroffen werden, dass bei der Beschwerdeführerin keine erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten vorliegen.
Dieses Ergebnis steht mit dem vorliegenden Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt zur Beurteilung des Pflegegeldes vom 17.10.2017 im Einklang, in dessen Anamneseerhebung die Beschwerdeführerin angab, sich auf der Straße, eingehängt bei ihrem Mann, fortbewegen zu können. In ihrer Beschwerdeergänzung vom 22.08.2018 führte sie aus, nunmehr eine Gehhilfe zu benötigen, da ihr Gatte verstorben sei. Dazu wird angemerkt, dass die dem gegenständlichen Verfahren beigezogene Sachverständige von einer allfälligen Verwendung einer einfachen Gehhilfe bereits ausgegangen ist. Der Beschwerdeführerin ist dies zumutbar und auch möglich. Eine maximal mögliche Gehstrecke von 200 Meter, wie in ihrem Beschwerdeschreiben angeführt, ist damit nicht objektivierbar. Die Beschwerdeführerin legte mit der Beschwerde auch keine neuen, aktuellen Befunde vor, welcher der Bewertung durch die orthopädische Sachverständige substantiiert entgegengetreten wäre.
Zu den in ihrer Beschwerde neu hinzugekommenen Leiden der posttraumatischen Belastungsstörung und der Demenz ist ebenfalls auszuführen, dass mangels vorgelegter aktueller Befunddokumentation keine dahingehenden Feststellungen getroffen werden können.
Hinsichtlich der Orientierungsfähigkeit führte die beigezogene Sachverständige in ihrem Gutachten vom 27.07.2018 aus, dass anlässlich der hierorts durchgeführten Begutachtung keine merkbare Einschränkung objektiviert habe werden können, weshalb die dahingehende Feststellung zu treffen war. Mangels gegenteiliger Befunde ist von den Schlussfolgerungen der Sachverständigen, welche ihr Gutachten basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellte, auszugehen.
Trotz eines Zustandes nach erlittenen Myocardinfarkt 2003 ist eine höhergradige Herzkreislaufschwäche oder Lungenfunktionseinschränkung nicht objektivierbar. Die Belastbarkeit ist geringfügig eingeschränkt und wurden dabei auch die bestehenden Rhythmusstörungen von der Sachverständigen berücksichtigt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass die grundsätzlich als Orthopädin beigezogene Sachverständige auch im Bereich der Allgemeinmedizin tätig ist, weshalb ihre Beurteilungen, die nicht den orthopädischen Bereich betreffen nicht allein aus diesem Grund bereits anzuzweifeln sind.
Damit war die entsprechende Feststellung, dass eine höhergradige Herzkreislaufschwäche oder Lungenfunktionseinschränkung nicht gegeben ist, basierend auf dem Sachverständigengutachten vom 27.07.2018 zu treffen.
Das Sachverständigengutachten vom 27.07.2018 erfüllt nach Würdigung des erkennenden Gerichtes die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen und ist als vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei anzusehen. Die beigezogene Sachverständige hat in nachvollziehbarer Weise dargestellt, dass die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen keinen Grad erreichen, der die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel rechtfertigen würde.
Das Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Orthopädie vom 27.07.2018 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A)
Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.
Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.
Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.
Der für die hier begehrte Zusatzeintragung relevante § 1 Abs. 4 Z 3 der zitierten Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls
einzutragen: 1. ... 2. ...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen."
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
"§ 1 Abs. 2 Z 3:
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
...
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
-
laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
-
Kleinwuchs,
-
gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
-
bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde im oben in den wesentlichen Teilen wiedergegebenen, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin basierenden und einen ausführlichen Untersuchungsbefund beinhaltenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 27.07.2018 nachvollziehbar verneint, dass im Fall der Beschwerdeführerin - trotz der bei ihr unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Bei der Beschwerdeführerin sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit - diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen -, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien. Vielmehr hat sie im gesamten Verfahren keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt.
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Betreffend die Frage, ab wann die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gerechtfertigt ist, konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ohnehin klare Rechtslage des BBG bzw. der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen. Dass bei der Beurteilung dieser Frage ein medizinischer Sachverständiger beizuziehen ist, gründet auf der - an entsprechender Stelle angeführten - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W135.2204364.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.03.2019