Entscheidungsdatum
28.11.2018Norm
BBG §40Spruch
W133 2170878-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.07.2017, betreffend die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2016 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass und legte medizinische Unterlagen vor.
Zuvor war der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 02.07.2013 zuletzt mit 60 v.H. festgesetzt worden. Der damaligen Einschätzung nach der Richtsatzverordnung waren die Funktionseinschränkungen: 1.) chronische Lumboischilagie mit diskret neurologischen Ausfällen - Pos.Nr. 191 - 50 %, 2.) degenerative Veränderungen beider Kniegelenke - Pos.Nr. 418 - 40 %, 3.) Dupuytrensche Kontraktur, Beugesehnenkontraktur bds., links mit Nervenrekonstruktion - Pos. Nr. g.Z.702 Tab2/Z2 - 30 %, und 4.) Achillodynie, Sprunggelenksarthrose - Pos.Nr. 136 - 20 % zugrunde gelegt worden.
Die belangte Behörde holte in der Folge zunächst ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In diesem Gutachten vom 17.01.2017 wurden nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
mittelgradige Funktionseinschränkung der Wirbelsäule oberer Rahmensatz bei Zustand nach kurzstreckiger Versteifung im Lumbosakralbereich mit bestehenden Bewegungseinschränkungen ohne wesentliche neurologische Defizite
02.01.02
40
2
Funktionseinschränkung Kniegelenk beidseits Wahl dieser Richtsatzposition mit dem oberen Rahmensatz entsprechend der Beweglichkeit der Kniegelenke ohne chronische Reizzeichen, jedoch Schmerzen und Zustand nach multiplen Operationen
02.05.19
30
3
Funktionseinschränkung Sprunggelenk links eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, berücksichtigt den Zustand nach Achillessehnenruptur mit Schmerzen und Schwäche bei gut erhaltener Beweglichkeit im Sprunggelenk
02.05.32
20
4
affektive Störung eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, berücksichtigt die Verschlechterung nach Absetzen der Medikation
03.06.01
20
5
Zustand nach Operation einer Dupuytrensche Kontraktur, g. Z. unterer Rahmensatz bei Sensibilitätsstörung nach Nervenrekonstruktion, jedoch ohne wesentliche Einschränkung der Fein- oder Grobmotorik
02.06.26
10
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) medizinisch eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da eine wechselseitige negative Leidensbeeinflussung bestehe. Die Leiden 3, 4, und 5 würden zu keiner wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussung beitragen.
Mit Schreiben vom 17.01.2017 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein Parteiengehör zum Gutachten ein.
Mit Schreiben vom 23.01.2017 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Gutachten zusammengefasst im Hinblick auf seine Funktionseinschränkungen betreffend den Stütz- und Bewegungsapparat und eine Depression, legte weitere Befunde vor und ersuchte um Begutachtung durch eine Sachverständige des Fachgebietes Orthopädie oder Neurologie.
Aufgrund der erhobenen Einwendungen veranlasste die belangte Behörde die neuerliche Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Orthopädie. In diesem Gutachten vom 19.05.2017 wurden nach einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen Oberer Rahmensatz, da kurzstreckige Versteifung an der Lendenwirbelsäule und Bandscheibeninterponat
02.01.02
40
2
Funktionseinschränkung Kniegelenk beidseits Wahl dieser Richtsatzposition mit dem oberen Rahmensatz entsprechend der Beweglichkeit der Kniegelenke ohne chronische Reizzeichen, jedoch Schmerzen und Zustand nach multiplen Operationen
02.05.19
30
3
Funktionseinschränkung Sprunggelenk links eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, berücksichtigt den Zustand nach Achillessehnenruptur mit Schmerzen und Schwäche bei gut erhaltener Beweglichkeit im Sprunggelenk
02.05.32
20
4
affektive Störung eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, berücksichtigt die Verschlechterung nach Absetzen der Medikation
03.06.01
20
5
Tennisellbogen rechts
02.06.11
20
6
Zustand nach Operation einer Dupuytrensche Kontraktur, g. Z. unterer Rahmensatz bei Sensibilitätsstörung nach Nervenrekonstruktion, jedoch ohne wesentliche Einschränkung der Fein- oder Grobmotorik
02.06.26
10
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung neuerlich ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) medizinisch eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da wechselseitige negative Leidensbeeinflussungen bestehen. Die Leiden 3, 4, 5 und 6 würden zu keiner wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussung beitragen. Der Zustand wurde als Dauerzustand beurteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.07.2017 setzte die belangte Behörde den Grad der Behinderung gemäß §§ 41, 43 und 45 BBG mit 50% neu fest, da die Begutachtung einen aktuellen Grad der Behinderung von 50% ergeben habe. Die Voraussetzung für die Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese" wurde ebenfalls als gegeben erachtet. Die belangte Behörde stützte den Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Als Beilage wurde dem Beschwerdeführer das orthopädische Sachverständigengutachten vom 19.05.2017 übermittelt.
Mit E-Mailschreiben vom 05.09.2017 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die nunmehr zu beurteilende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin bringt er zusammengefasst vor, seine psychische Erkrankung sei nicht entsprechend im Zusammenhang mit seinen physischen Beschwerden gewürdigt worden. Der Beschwerde legte er ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 16.06.2017 und ein orthopädisches Gutachten vom 28.07.2017 vor, welche aus Anlass der Beurteilung der Dienstfähigkeit seitens des XXXX eingeholt worden waren.
Am 18.09.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers war mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 02.07.2013 zuletzt mit 60 v.H. festgesetzt worden. Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2016 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass.
Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 19.05.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit kurzstreckiger Versteifung an der Lendenwirbelsäule und Bandscheibeninterponat;
2. Funktionseinschränkung der Kniegelenke beidseits, mit geringer Einschränkung der Beweglichkeit der Kniegelenke ohne chronische Reizzeichen, jedoch Schmerzen und Zustand nach multiplen Operationen;
3. Funktionseinschränkung Sprunggelenk links, berücksichtigt den Zustand nach Achillessehnenruptur mit Schmerzen und Schwäche bei gut erhaltener Beweglichkeit im Sprunggelenk;
4. affektive Störung, berücksichtigt die Verschlechterung nach Absetzen der Medikation;
5. Tennisellbogen rechts;
6. Zustand nach Operation einer Dupuytrensche Kontraktur, bei Sensibilitätsstörung nach Nervenrekonstruktion, jedoch ohne wesentliche Einschränkung der Fein- oder Grobmotorik.
Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da wechselseitige negative Leidensbeeinflussungen bestehen. Die Leiden 3, 4, 5 und 6 führen zu keiner wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussung.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung des Gesamtgrades seiner Behinderung, da er vermeint, seine psychischen Beschwerden würden unmittelbar mit seinen physischen Beschwerden zusammenhängen, was von der belangten Behörde nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.
Die Einwendungen des Beschwerdeführers vermögen seiner Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Unter Zugrundelegung der vorliegenden medizinischen Befunde und des Untersuchungsergebnisses bei der Begutachtung erweisen sich die Beurteilungen im Sachverständigengutachten vom 19.05.2017 als nachvollziehbar und richtig; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen. Auch unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer nachgereichten neurologisch -psychiatrisches Gutachten vom 16.06.2017 ist eine höhere Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt nicht möglich; diesbezüglich wird ebenfalls auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen über den vormals festgestellten Grad der Behinderung und über das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und deren medizinischer Beurteilung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 19.05.2017. In der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung stimmt dieses Gutachten, welches aufgrund der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen eingeholt worden war, mit dem Vorgutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 17.01.2017 überein. Beide Gutachter hatten somit eine übereinstimmende Wahrnehmung und Beurteilung der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers in ihrem gesamten Zusammenwirken.
Der Beschwerdeführer erhebt in seiner Beschwerde keine Einwendungen der Beurteilung seiner Funktionseinschränkungen betreffend die Leiden 1, 2, 3, 5 und 6, sondern wendet sich gegen die Beurteilung des psychischen Leidens Nr. 4. Er führt dazu aus, dieses Leiden sei nicht entsprechend im Zusammenhang mit seinen physischen Leiden berücksichtigt worden.
Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu. Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht des XXXX vom 18.04.2017 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an einer rezidivierenden depressiven Störung leidet, jedoch nur eine leichte Episode diagnostiziert werden konnte. Es wurde weiters diagnostiziert, dass er unter den psychischen und Verhaltensstörungen durch den schädlichen Gebrauch von Alkohol leidet. Aus der Anamneseerhebung dieses Befundes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer 2 bis 3mal pro Monat Alkohol bis zum "Blackout" konsumiert, er aber bisher keine suchtspezifische Behandlung in Anspruch genommen hat.
Unter Berücksichtigung dieser Diagnosen und Feststellungen in dem vorgelegten Fachbefund erweist sich auch die Beurteilung in dem vom Beschwerdeführer nachgereichten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 16.06.2017, dass der Beschwerdeführer für seinen konkreten Dienst an seinem Arbeitsplatz als Mitarbeiter im Bürgerbüro einer Bezirkshauptmannschaft nicht dienstfähig ist, jedoch grundsätzlich schon Arbeitsfähigkeit, wenn auch mit eingeschränkter Belastbarkeit gegeben ist, als nachvollziehbar. Diese Beurteilung widerspricht jedoch nicht der nunmehr getroffenen Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung von 50%, zumal auch eine um eine Stufe höhere Einstufung des Einzelgrades der Behinderung von Leiden Nr. 4 durch Zuordnung zum mittleren Rahmensatz der Positionsnummer 03.06.01 der Einschätzungsverordnung zwar unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde zwar möglich wäre, dies aber nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führt, zumal die als leicht diagnostizierte depressive Störung nicht entscheidungsmaßgeblich mit den übrigen Leiden, welche überwiegend den Stütz- und Bewegungsapparat betreffen, zusammenwirkt. Auch eine Einstufung des Einzelgrades der Behinderung des Leidens Nr. 4 mit 30% würde daher zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, welcher mit 50% ohnehin schon erheblich ist.
Zu berücksichtigen ist im Beschwerdefall auch, dass die vormalige Einschätzung mit 60% unter Anwendung der Richtsatzverordnung getroffen worden war, die in vielen Positionen andere (oft höhere) Einschätzungen enthielt als die nunmehr aufgrund des Neufestsetzungsantrages anzuwendende Einschätzungsverordnung.
Zu den Abweichungen im Vergleich zum Vorgutachten nahm die Sachverständige vollständig und anhand der Untersuchungsergebnisse auch nachvollziehbar Stellung.
Eine höhere Einstufung ist somit auf Grundlage der vorliegenden Untersuchungsergebnisse und medizinischen Befunde nicht möglich.
Im vorliegenden Gutachten vom 19.05.2017 wird somit auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf den im Rahmen persönlicher Untersuchungen erhobenen Befunden und entsprechen auch der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung und dessen Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen in dem Gutachten verwiesen).
Die Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Funktionseinschränkungen berücksichtigt. Dass die Gutachterin die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt habe, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende medizinische Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 19.05.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) BGBl. Nr. 283/1990, idF des BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 19.05.2017 zu Grunde gelegt, wonach zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Gesamtgrad der Behinderung von 50% vorliegt. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden von dem Beschwerdeführer keine Beweismittel vorgelegt, die geeignet wären, das Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften.
Da somit festzustellen war, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50% beträgt, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren objektivierten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2170878.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.03.2019