Entscheidungsdatum
03.12.2018Norm
BBG §40Spruch
W216 2207962-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Hintermeier Pfleger Brandstätter Rechtsanwälte GesbR, Andreas-Hofer-Straße 8, 3100 St. Pölten, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 28.09.2018, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 02.08.2017 die Ausstellung eines Behindertenpasses und legte zur Begründung dessen, medizinische Unterlagen unter anderem der Fachrichtung Orthopädie vor.
2. Im von der belangten Behörde zur Überprüfung des Antrages eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 30.07.2018, im Ergebnis Folgendes ausgeführt:
"Lfd Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Funktionseinschränkungen des rechten Hüftgelenks mittleren Grades fixer Rahmensatz bei guter Beweglichkeit des linken Hüftgelenks
02.05.09
30
Hypertonie fixer Rahmensatz berücksichtigt auch das Übergewicht
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
30 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da keine wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht."
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.03.2018 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.
4. Mit Schreiben vom 23.03.2018 erstattete die Beschwerdeführerin - unter Beilage medizinischer Beweismittel aus dem Fachbereich Orthopädie und Radiologie - eine Stellungnahme, in der sie sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einverstanden zeigte.
5. In der zur Überprüfung des Vorbringens eingeholten medizinischen Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.06.2018 wird im Ergebnis festgehalten, dass aus allgemeinmedizinischer Sicht keine Änderung der getroffenen Einschätzung vorgeschlagen werde. Neu aufzunehmen sei ein Kniegelenksleiden (Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenks, Positionsnummer: 02.05.18, GdB: 10 %).
6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis der erneuten Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.
7. Mit Schriftsatz vom 28.06.2018 erstattete die Beschwerdeführerin - unter Vollmachtsbekanntgabe - eine Stellungnahme durch ihre bevollmächtigte Vertretung, in der sie sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme neuerlich nicht einverstanden zeigte und auf ihre massiven Bewegungs- und Mobilitätseinschränkungen hinwies.
8. In der zur Überprüfung des neuerlichen Vorbringens eingeholten weiteren medizinischen Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.09.2018 wird im Ergebnis festgehalten, dass aus allgemeinmedizinischer Sicht keine Änderung der getroffenen Gesamteinschätzung vorgeschlagen werde.
9. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG aufgrund des in Höhe von 30 vH festgestellten Grades der Behinderung abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte ärztliche Gutachten verwiesen.
10. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin durch ihre bevollmächtigte Vertretung - fristgerecht - Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin unter massiven Bewegungs- und Mobilitätseinschränkungen leide.
11. Die Beschwerde wurde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht am 19.10.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe
schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Die Beschwerdeführerin hat bereits mit ihrem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses fachärztliche Befunde betreffend ihre orthopädischen Leiden in Vorlage gebracht.
Die belangte Behörde hat zur Überprüfung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen jedoch lediglich ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Zwar besteht kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes, jedoch ist im vorliegenden Fall das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten zur Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden orthopädischen Beschwerdebildes (dokumentiert in den vorliegenden medizinischen Unterlagen) nicht geeignet.
Aufgrund der vorgelegten medizinischen Beweismittel liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Orthopädie erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung des Gesamtleidenszustandes der Beschwerdeführerin zu gewährleisten. Wie die Sachverständige in ihren beiden medizinischen Stellungnahmen selbst festhält, läge "aus allgemeinmedizinischer Sicht" keine Änderung der getroffenen Einschätzung vor. Die Heranziehung eines Sachverständigen allein der Fachrichtung Allgemeinmedizin durch die belangte Behörde ist somit offensichtlich nicht ausreichend.
Das von der belangten Behörde seiner Beurteilung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten ist überdies nicht ausreichend begründet. Es fehlt eine Darstellung, worin sich nach Ansicht der Gutachterin der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin von demjenigen einer Person unterscheidet, der bereits eine Funktionseinschränkung mittleren oder schweren Grades erreicht. Eine derart vergleichende Begründung ist dem Sachverständigengutachten nicht zu entnehmen. Das Sachverständigengutachten hätte daher von der belangten Behörde nicht ohne Ergänzung seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen. (VwGH vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036)
Die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ist nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde darauf verzichtet hat, das Ermittlungsverfahren dahingehend zu erweitern ein ärztliches Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie einzuholen, da - wie bereits oben ausgeführt - zur schlüssigen und umfassenden Einschätzung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen und in weiterer Folge zur umfassenden Beurteilung des Gesamtleidenszustandes jedenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens dieser Fachrichtung erforderlich gewesen wäre.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde sohin unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens sowie der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen ein Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, sowie - gegebenenfalls - ein ergänzendes zusammenfassendes allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten einzuholen und die Ergebnisse unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens und der dazu vorgelegten Unterlagen bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) ausgeführt, warum die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen geboten war.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W216.2207962.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.03.2019