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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in T, vertreten durch Dr. Rudolf Schaller, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, Hauptstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 14. Jänner 1999, Zl. K 03/03/98.129/6, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/11/0047, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war ein Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 18. Dezember 1997 betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 wegen des Mangels der gesundheitlichen Eignung (der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit und eines ausreichenden Sehvermögens) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden.
Mit Ersatzbescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 5. Oktober 1998 wurde die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 auf Dauer entzogen. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Bescheid vom 5. Oktober 1998 (mit einer geringfügigen Änderung der im Spruch zitierten Bestimmungen der KDV 1967) bestätigt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat ein neuerliches ärztliches Gutachten zur Frage der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der in Rede stehenden Gruppen eingeholt. In diesem mit 7. Dezember 1998 datierten Gutachten werden sämtliche medizinischen und verkehrspsychologischen Gutachten und Befunde verwertet, die im gegenständlichen Verwaltungsverfahren eingeholt worden sind. Es handelt sich dabei sowohl um die im ersten Rechtsgang eingeholten als auch um neue, bisher nur nicht verwertete: Dabei sind in erster Linie in verkehrspsychologischer Hinsicht "ergänzende Gutachten" des Kuratoriums für Verkehrssicherheit Wien vom 16. Juli 1998 und des Kuratoriums für Verkehrssicherheit Eisenstadt vom 20. November 1998 zu nennen, die sich jeweils auf Befunde beziehen, die vom 27. Oktober 1997 bzw. vom 14. Mai 1997 stammen. In diesen "ergänzenden Gutachten" wird zwar der im Vorerkenntnis vom 19. Mai 1998 gerügte Verfahrensmangel behoben, wonach mangels Angabe der nach dem Erkenntnisstand der Verkehrspsychologie maßgebenden Grenzwerte nicht nachvollziehbar war, wie der Befundersteller von den im Befundblatt über kraftfahrspezifische Leistungsfunktionen aufscheinenden Testwerten zu den wiedergegebenen negativen Werten gelangt ist, und mangels näherer Ausführungen nicht hervorgehe, welcher Aussagewert den angegebenen Testwerten einzeln oder in Verbindung mit anderen jeweils zukommt. Dafür ist der belangten Behörde ein anderer Verfahrensfehler in Gestalt eines Verstoßes gegen § 67 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 unterlaufen, wonach ein ärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung einer Person zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein darf. Diese Jahresfrist bezieht sich auch auf entscheidende Unterlagen, auf die sich das Gutachten stützt (vgl. das Erkenntnis vom 5. August 1997, Zl. 95/11/0388). Das ist vorliegend der Fall, weil die Befundaufnahmen erheblich länger als ein Jahr vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgt sind. Dieser Umstand allein hat zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu führen.
Zum Beschwerdevorbringen sei bemerkt, dass als Folge des Umstandes, dass bei einem Amtsarzt die notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet der Verkehrspsychologie nicht vorausgesetzt werden können, das Gesetz die Verwertung von verkehrspsychologischen Befunden im amtsärztlichen Gutachten vorsieht. Ferner sei bemerkt, dass eine unterschiedliche Beurteilung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verschiedener Gruppen in einem Fall wie dem vorliegenden nicht in Betracht zu ziehen ist; die belangte Behörde führt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht aus, dass die beim Beschwerdeführer insbesondere festgestellten Leistungsdefizite in der Überblicksgewinnung auch in Ansehung von Fahrzeugen der Gruppen F und G zum Tragen kommen können, etwa dann, wenn der Beschwerdeführer das betreffende Fahrzeug von seinem Anwesen auf eine Straße mit öffentlichem Verkehr lenkt, um zu seinen landwirtschaftlichen Grundstücken zu gelangen.
Wegen des geschilderten Verstosses gegen § 67 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG für Beschwerden
einschließlich der Beilagen zu entrichten ist, sodass der Ersatz weiterer Bundesstempelmarken nicht in Betracht kommt.
Wien, am 27. Mai 1999
Schlagworte
Gutachten Auswertung fremder BefundeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999110077.X00Im RIS seit
19.03.2001