Entscheidungsdatum
18.12.2018Norm
BBG §40Spruch
W266 2203615-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf HALBAUER, Bakk. Phil. als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen,
Landesstelle Wien, vom 20.7.2018, OB: XXXX , betreffend den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses in nicht öffentlicher
Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 8.11.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei und nach diesem Gutachten ein Grad der Behinderung von 40% vorliege.
Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung würden als schlüssig anerkannt und in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
Da die ärztliche Begutachtung einen Grad der Behinderung in Höhe von 40% festgestellt habe, lägen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vor, da gemäß § 40 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz der Grad der Behinderung mindestens 50% zu betragen habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen, fristgerechten Beschwerde führt der Beschwerdeführer - ohne Vorlage weiterer Befunde - im Wesentlichen aus, dass es ihm egal wäre, wie hoch die belangte Behörde nach ihren Kriterien seine Behinderung einschätze. Er wolle lediglich sein Recht auf Zuerkennung, da er z.B. an Luftmangel leide und nur wenige Meter gehen könne ohne zu rasten, er müsse seit 2002 für sein Leben lang eine C-pap Maske benützen. Die Wege zum und vom Bus/Bahn usw. fielen ihm extrem schwer und sei die Rückenoperation vom Dezember 2007, welche postoperativ Probleme mache, noch dazugekommen.
Die gegenständliche Beschwerde langte am 16.8.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 7.11.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 28.10.2018 übermittelt, mit welchem dieser weitere Befunde und Röntgenbilder nachreichte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Nach Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere in das XXXX Gutachten, welches auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 15.2.2018 basiert, in die vorgelegten Befunde sowie Einholung eines aktuellen Auszuges aus dem zentralen Melderegister steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist XXXX Staatsbürger, am XXXX geboren und wohnhaft in XXXX Wien, XXXX .
Aufgrund seines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses erfolgte am 15.2.2018 eine ärztliche Begutachtung des Beschwerdeführers. Das darauf beruhende XXXX Gutachten wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit dem angefochtenen Bescheid gesendet.
Die gegenständliche Beschwerde langte am 16.8.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 7.11.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 28.10.2018 übermittelt, mit welchem dieser weitere Befunde und Röntgenbilder nachreichte.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes wird folgendes festgestellt:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 172,00 cm Gewicht: 111,00 kg Blutdruck: 130/85
Klinischer Status - Fachstatus:
Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 98%, Puls: 68/min, keine Ruhedyspnoe
Kopf: Zähne: saniert, Gleitsichtbrille, Sensorium frei, Nervenaustrittspunkte unauff.,
Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,
Thorax: symmetrisch, Gynäkomastie, blande Narbe nach medianer Thorakotomie,
Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,
Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,
Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte
linkskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Gegenschwung in der Lendenwirbelsäule,
Fingerbodenabstand 20cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/14cm, Hartspann der
Lendenwirbelsäule, blande Narbe nach Laminektomie im Lendenwirbelsäulensegment,
Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz
tastbar, blande Narbe nach Appendektomie,
Nierenlager: beidseits frei,
obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten,
Nacken- und Kreuzgriff möglich,
untere Extremität: frei beweglich endlagige schmerzbedingte Flexionsstörung beider
Hüftgelenke, keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang
des rechten Unterschenkels: 38cm (links: 36,5cm), keine Ödeme, keine trophischen
Hautstörungen, Reflex lebhaft auslösbar, Babinski negativ, Zehenballen- und Fersengang
möglich,
Gesamtmobilität - Gangbild:
leicht hinkendes Gangbild, keine Gehhilfe, keine objektivierbare Sturzneigung
Status Psychicus:
zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich
Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers entsprechen der folgenden Leidensposition
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Myocardinfarkt, St. p. aortocoronarer Bypassoperation 2005 mit vorbestehender arterieller Hypertonie, Hyperlipidämie und metabolischem Syndrom bei erhaltener Linksventrikelfunktion oberer Rahmensatz, da Zustand nach Myocardinfarkt bei erhaltener Linksventrikelfunktion ohne koronarangiographisch nachgewiesene Re-Stenose
05.05.02
40
2
obstruktives Schlafapnoesyndrom unterer Rahmensatz, damit nächtliche Druckbeatmung ausreichend behandelbar
06.11.02
20
3
degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschädigung im Lendenwirbelsäulensegment oberer Rahmensatz, da nachvollziehbare Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkung
02.01.01
20
4
Coxarthrose beidseits unterer Rahmensatz, da nur geringe Funktionsstörung
02.05.08
20
und beträgt der Grad der Behinderung 40%.
Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigungen unter lf. Nr. 2) bis 4) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers am Antragsformular, sowie auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt sowie auf dem eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Grades der Behinderung beruhen die Feststellungen auf dem bereits von der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Gutachten, welches auf einer persönlichen Untersuchung am 15.02.2018 basiert. Dieses ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Es wird darin vollständig und in nachvollziehbarer Art und Weise auf alle, vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde eingegangen.
Die festgestellten Leiden des Beschwerdeführers werden vom Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar begründet den folgenden Positionen der Einschätzungsverordnung zugeordnet.
Leiden 1 (koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Myocardinfarkt, St. p. aortocoronarer Bypassoperation 2005 mit vorbestehender arterieller Hypertonie, Hyperlipidämie und metabolischem Syndrom bei erhaltener Linksventrikelfunktion) wird dem oberen Rahmensatz der Position 05.05.02 der EVO mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40% zugeordnet. Dies entspricht der EVO, die einen GdB in Höhe von 40% bei erhaltener Linksventrikelfunktion (maximal NYHA II) bei abgelaufenem Myocardinfark und geringfügig eingeschränkter Belastbarkeit vorsieht, und ein Zustand nach Myocardinfarkt bei erhaltener Linksventrikelfunktion ohne koronarangiographisch nachgewiesene Re-Stenose vorliegt.
Leiden 2 (obstruktives Schlafapnoesyndrom) wird dem unteren Rahmensatz der Position 06.11.02 der EVO mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20% zugeordnet. Dies entspricht der EVO, die für mittelschwere Formen des obstruktiven Schlafapnoesyndroms mit Indikation zu nächtlicher Beatmungstherapie oder bereits erfolgreich eingeleiteter nächtlicher Beatmung mit oder ohne nächtliche Sauerstoffzufuhr wegen zusätzlicher Entsättigung einen Grad der Behinderung von 20 bis 40% vorsieht, und das obstruktive Schlafapnoesyndrom des Beschwerdeführers mit nächtlicher Druckbeatmung ausreichend behandelbar ist.
Leiden 3 (degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschädigung im Lendenwirbelsäulensegment) wird dem oberen Rahmensatz der Position 02.01.01 der EVO mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20% zugeordnet. Dies entspricht der EVO die, bei Funktionseinschränkungen geringen Grades mit akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage), mäßigen radiologischen Veränderungen, im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben und ohne erforderliche Dauertherapie vorsieht einen Grad der Behinderung in Höhe von 10 bis 20% vorsieht, und beim Beschwerdeführer eine nachvollziehbare Symptomatik ohne Erfordernis einer analgetischen Dauertherapie und geringe Funktionseinschränkungen vorliegen.
Leiden 4 (Coxarthrose beidseits) wird dem unteren Rahmensatz der Position 02.05.08 der EVO mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20% zugeordnet. Dies entspricht der EVO, die für Funktionseinschränkungen geringen Grades beidseitig (Streckung/Beugung bis zu 0-10-90°) mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 bis 40% vorsieht, und beim Beschwerdeführer nur geringe Funktionseinschränkungen festgestellt werden konnten.
Ebenso schlüssig und nachvollziehbar erläutert der Sachverständige, dass das führende Leiden 1 durch die Gesundheitsschädigungen der Leiden 2 bis 4 nicht erhöht wird, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.
Das gegenständliche Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist,.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 1. Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) ist unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Die relevanten Positionen der Anlage zur Einschätzungsverordnung lauten:
05.05 Koronare Herzkrankheit
05.05.02
Keine bis geringe Einschränkung der Herzleistung Signifikanter Herzkranzgefässverengung (Intervention) Abgelaufener Myocardinfarkt
30 - 40 %
30 %: Linksventrikelfunktion gut erhalten (maximal NYHA II) Erfolgreiche Gefäßaufdehnung / Stent-Implantation oder Bypass-Operation 40 %: Erhaltener Linksventrikelfunktion (maximal NYHA II) bei abgelaufenem Myocardinfark Belastbarkeit geringfügig eingeschränkt
06.11 Obstruktives Schlafaponoe-Syndrom (Osas)
06.11.02
Mittelschwere Form
20 - 40 %
Mit Indikation zu nächtlicher Beatmungstherapie oder bereits erfolgreich eingeleiteter nächtlicher Beatmung mit / ohne nächtliche Sauerstoffzufuhr wegen zusätzlicher Entsättigung
02.01 Wirbelsäule
02.01.01
Funktionseinschränkungen geringen Grades
10 - 20 %
Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage) Mäßige radiologische Veränderungen Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben Keine Dauertherapie erforderlich
02.05 Untere Extremitäten
Hüftgelenke
02.05.08
Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig
20 - 40 %
Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit
Gemäß § 3 Abs. 1 Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 Einschätzungsverordnung ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 Einschätzungsverordnung liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 Einschätzungsverordnung ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs. 1 Einschätzungsverordnung bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Daraus folgt:
Das gegenständliche allgemeinmedizinische Gutachten entspricht den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Einschätzungsverordnung und wird, aus den in der Beweiswürdigung näher ausgeführten Gründen, der Entscheidung zugrunde gelegt.
Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass die Entscheidung der belangten Behörde auf nicht aktuelle Befunde gestützt worden sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese vom Beschwerdeführer selbst vorgelegt wurden und dass der Beschwerdeführer auch mit der Beschwerde keine weiteren Befunde vorlegte.
In diesem Zusammenhang und auch zu den mit Schreiben der belangten Behörde vom 7.11.2018 nachgereichten Befunden ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 46 BBG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.
Für die Ausstellung eines Behindertenpasses ist gemäß § 40 Abs. 1 BBG neben den formalen Erfordernissen ein Grad der Behinderung in Höhe von zumindest 50% Voraussetzung.
Die Funktionsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers betragen jedoch, wie festgestellt, 40% da diese, wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, vom Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar den oben genannten Positionen der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet wurden.
Da beim Beschwerdeführer keine weiteren Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden konnten, und der Grad der Behinderung sohin entsprechend § 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung iVm mit den Positionen 05.05.02, 06.11.02, 02.01.01und 02.05.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung 40% beträgt, liegen nicht alle Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vor.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Wurde - wie im vorliegenden Fall - kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße und zu begründende Ermessen des Verwaltungsgerichtes gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 VwGVG normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH).
Unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung im Erkenntnis vom 16.12.2013, 2011/11/0180 (mit Hinweis auf EGMR 13.10.2011, Fexler gg. Schweden, Beschw. Nr. 36.801/06) aus, dass eine solche unterbleiben kann, wenn der Ausgang des Verfahrens vor allem vom Ergebnis der Gutachten medizinischer Sachverständiger abhängt und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass er den von der Behörde eingeholten Gutachten entgegentritt. Dies gilt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes umso mehr für den Fall einer von den Parteien nicht beantragten mündlichen Verhandlung.
In diesem Zusammenhang wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) verwiesen, die im Bereich von Entscheidungen, die eher technischer Natur ("rather technical in nature") sind und deren Ausgang von schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachten abhängt ("the outcome depended on the written medical opinions") unter Rücksichtnahme u.a. auf die genannten Umstände von der Zulässigkeit des Absehens einer mündlichen Verhandlung ausgeht, dies nicht nur im Verfahren vor dem jeweils zuständigen Höchstgericht, sondern auch in Verfahren vor dem als erste gerichtliche Tatsacheninstanz zuständigen (Verwaltungs)Gericht, dem die nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen zukommt (vgl. etwa EGMR [Unzulässigkeitsentscheidung] 22.05.2012, Osorio gg. Schweden, Beschw. Nr. 21.660/09, sowie VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221, mit Hinweis auf EGMR 18.07.2013, Beschw. Nr. 56.422/09, Schädler-Eberle gg. Liechtenstein; EGMR 10.05.2007, Beschw. Nr. 7401/04, Hofbauer gg. Österreich Nr. 2; EGMR 03.05.2007, Beschw. Nr. 17.912/05, Bösch gg. Österreich).
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten eines medizinischen Sachverständigen, dem der Beschwerdeführer weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten ist. Die strittigen Tatsachenfragen gehören ausschließlich dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
ZU B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung im Gegenstand von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W266.2203615.1.00Zuletzt aktualisiert am
01.03.2019