TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/19 W154 2211089-1

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Entscheidungsdatum

19.12.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W154 2211089-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Kosovo, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2018, Zl. 640705502 - 181148698/BMI-BFA_SZB_RD, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 03.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.12.2018 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 03.12.2018 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Gemäß § 35 VwGVG iVm Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Nachdem der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) am 02.08.2013 von Ungarn aus illegal ins Bundesgebiet eingereist war, brachte er am 10.08.2013 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz ein.

Mit Bescheid vom 14.08.2013, Zl.: 13 11.568-BAT, wies das (zum damaligen Zeitpunkt zuständige) Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchteil I.) und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchteil II.) ab und sprach die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus (Spruchteil III.). Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung anerkannt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an den Asylgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 02.10.2013, Zl. B4-437.488-1/2013/10E, behob der Asylgerichtshof den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm. § 23 Abs. 1 AsylGHG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Mit Bescheid vom 27.03.2014, Zl.: 640.705.502 - 1702555 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) den vom BF gestellten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz vom 10.08.2013 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Das BFA sprach weiter aus, dass dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.03.2015 erteilt werde.

2. Mit Eingabe vom 10.02.2015 stellte der BF den Antrag, die bis 27.03.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern.

In Erledigung dieses Antrages sprach das BFA mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 20.03.2015, Zl.: 640.705.502 - 1702555, aus, dass dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.03.2017 befristet erteilt werde.

3. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 18.09.2015, Zl.:

144 Hv 107/15 h, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den BF wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 und 84 Abs. 2 Z 2 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wurden bei ihm die Unbescholtenheit und das teilweise Geständnis mildernd und erschwerend den Umstand gewertet, dass zwei Opfer verletzt wurden.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 06.07.2016, Zl.: 114 Hv 40/16 m, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, wovon ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das Geständnis mildernd und erschwerend das Faktum einer einschlägigen Vorstrafe, weiter die Straftatsetzung innerhalb offener Probezeit und die Verwendung eines Messers als Drohmittel.

4. Am 02.02.2017 stellte der BF einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte.

Mit Schreiben vom 23.02.2017 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass derzeit geprüft werde, ob der ihm mit Bescheid vom 27.03.2014 zuerkannte subsidiäre Schutz in Ansehung zweier strafgerichtlicher Verurteilungen des BF abzuerkennen sei.

Mit seiner an die belangte Behörde gerichteten Stellungnahme vom 23.03.2017 begehrte er die Einstellung des Verfahrens und bekräftigte seinen auf die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gerichteten Antrag.

Mit Bescheid vom 20.06.2017, Zl.: 640705502 - 170241331, sprach das BFA aus, dass der dem BF mit Bescheid vom 27.03.2014 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und ihm die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen werde und sprach aus, dass er zur Rückstellung der Aufenthaltsberechtigungskarte verpflichtet sei (Spruchpunkt I.) und dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.). Darüber hinaus erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Kosovo gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gleichzeitig wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 05.07.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen Spruchpunkte I.), II.), III.), IV.) und VI.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017, GZ: G305 2164513-1/16E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

5. Am 11.07.2018 stellte der BF in Luxemburg einen Antrag auf internationalen Schutz.

6. Aufgrund einer Dublinanfrage Luxemburgs stimmte Österreich am 24.07.2018 einer Rücküberstellung des BF nach Österreich zu. Die Rücküberstellung des BF nach Österreich erfolgte am 24.09.2018.

7. Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des BFA wurde über den BF gemäß "§ 76 Absatz 2 Ziffer 2 FPG" iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

8. Gegen den Mandatsbescheid vom 03.12.2018 und die fortdauernde Anhaltung des BF seit 03.12.2018 wurde am 12.12.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorlägen, sowie der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF gemäß VwG- Aufwandersatzverordnung und der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen habe, auferlegen.

Die Beschwerde wurde zusammengefasst unter anderem damit begründet, dass die belangte Behörde den Schubhaftbescheid, die Anordnung der Schubhaft und die Anhaltung des BF auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt habe. Der BF sei nach Abschluss seines Verfahrens in Österreich aus Österreich ausgereist und habe unter anderem in Luxemburg einen neuerlichen Asylantrag gestellt, der in Luxemburg nicht zugelassen worden sei. Der BF sei im Rahmen der Dublin- III-VO am 24.09.2018 nach Österreich rücküberstellt worden. Da der in Luxemburg gestellte Antrag bei der Rücküberstellung nach Österreich somit auch als in Österreich gestellt gelte, handle es sich bei dem BF um einen Drittstaatsangehörigen, welcher einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, über den noch nicht endgültig entschieden worden sei und welchem damit auch ab dem Zeitpunkt der Wiedereinreise nach Österreich faktischer Abschiebeschutz zukomme. Zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz könne allerdings lediglich gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG Schubhaft verhängt werden und dies nur wenn der Aufenthalt des Fremden eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäß § 67 FPG darstelle. Die belangte Behörde stütze die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Fall allerdings fälschlicherweise auf § 76 Abs 2 Z 2 FPG. Der Schubhaftbescheid sei somit auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt worden und sei somit rechtswidrig. Auch liege keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit vor. Allein aufgrund der Delikte wie Körperverletzung oder gefährliche Drohung könne keine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit angenommen werden, wie sie vom neu geschaffenen § 76 Abs 2 Z 1 FPG in Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 lit e Aufnahme-RL verlangt werde. Es lasse sich daher bei Betrachtung des Gesamtverhaltens auch keine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr erkennen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Mangels Vorliegens einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im erforderlich schwerwiegenden Ausmaß könne daher auch nicht gemäß § 76 Abs 2 Z 1 FPG Schubhaft über den BF angeordnet werden. Darüber hinaus machte die Beschwerde mangelhafte Begründung der Fluchtgefahr und der Verhältnismäßigkeit geltend.

9. Das Bundesamt legte am 13.12.2018 den Verfahrensakt vor und gab eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen der bisherige Verfahrensverlauf ergibt. Auf den Umstand, dass der BF in Luxemburg einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, führte das Bundesamt in seiner Stellungnahme lediglich wie folgt aus: "Aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthaltes und des Asylantrages in Luxemburg wurde der BF von der Polizei gemäß § 40 BFA-VG in das PAZ Salzburg eingeliefert. Der BF weigerte sich jedoch sich einer Asylfolgeantragbefragung in Österreich zu unterziehen und gab dezidiert an, dass er in Österreich keinen Asylantrag mehr stellen wolle."

Das Bundesamt beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen, festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und den BF zum Aufwandersatz zu verpflichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist kosovarischer Staatsangehöriger, er besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Der BF konnte kein gültiges Reisedokument in Vorlage bringen.

Der BF ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Mit Bescheid vom 14.08.2013, Zl.: 13 11.568-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab und sprach dessen Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde behob der Asylgerichtshof den Bescheid des BAA mit Erkenntnis vom 02.10.2013, Zl.: B4-437.488-1/2013 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 27.03.2014, Zl.:

640.705.502 - 1702555 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 10.08.2013 gemäß § 3 AsylG ab, erkannte ihm jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und sprach gemäß § 8 Abs. 4 AsylG aus, dass ihm die bis 27.03.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt werde.

Über Antrag des BF vom 10.02.2015 verlängerte das BFA mit rechtskräftigem Bescheid vom 20.03.2015, Zl.: 640.705.502 - 1702555, die Aufenthaltsberechtigung befristet bis 27.03.2017.

Mit Bescheid vom 20.06.2017, Zl.: 640705502 - 170241331, sprach das BFA aus, dass der dem BF mit Bescheid vom 27.03.2014 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und ihm die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen werde und sprach aus, dass er zur Rückstellung der Aufenthaltsberechtigungskarte verpflichtet sei (Spruchpunkt I.) und dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.). Darüber hinaus erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Kosovo gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gleichzeitig wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 05.07.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen Spruchpunkte I.), II.), III.), IV.) und VI.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017, GZ: G305 2164513-1/16E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

Am 11.07.2018 stellte der BF in Luxemburg einen Antrag auf internationalen Schutz, über den bislang noch nicht entschieden wurde.

Aufgrund einer Dublinanfrage Luxemburgs stimmte Österreich am 24.07.2018 einer Rücküberstellung des BF nach Österreich zu. Die Rücküberstellung des BF nach Österreich erfolgte am 24.09.2018.

Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des BFA wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtliche

Verurteilungen auf:

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 18.09.2015, Zl.: 144 Hv 107/15 h, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den BF wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 und 84 Abs. 2 Z 2 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wurden bei ihm die Unbescholtenheit und das teilweise Geständnis mildernd und erschwerend den Umstand gewertet, dass zwei Opfer verletzt wurden.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 06.07.2016, Zl.: 114 Hv 40/16 m, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den BF wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, wovon ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das Geständnis mildernd und erschwerend das Faktum einer einschlägigen Vorstrafe, weiter die Straftatsetzung innerhalb offener Probezeit und die Verwendung eines Messers als Drohmittel.

Anhaltspunkte dafür, dass durch den Aufenthalt des BF eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit besteht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, liegen nicht vor.

Der BF wird seit 03.12.2018 in Schubhaft angehalten.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes, in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in das Strafregister.

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Dass der BF über keine Dokumente verfügt, die seine Identität bescheinigen, und er insbesondere kein Reisedokument besitzt, ergibt sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes, in dem sich kein Hinweis darauf findet, dass der BF im Besitz von Identitäts- oder Reisedokumenten ist. Dass er weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist, ergibt sich aus dem Verfahrensakt des Bundesamtes sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die oben angeführten Entscheidungen.

Die Feststellung der Asylantragstellung in Luxemburg ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des BFA. Dass bisher über den vom BF am 11.07.2018 in Luxemburg gestellten Antrag auf internationalen Schutz nicht entschieden worden ist, ergibt sich aus dem Inhalt des Verfahrensaktes des BFA, dem sich kein Anhaltspunkt für eine derartige Entscheidung entnehmen lässt. Wenn die belangte Behörde vermeint, der BF hätte in Österreich ausdrücklich angegeben, keinen Asylantrag stellen zu wollen, so ist darauf hinzuweisen, dass der Niederschrift vom 16.11.2018 lediglich zu entnehmen ist, dass der BF explizit aussagte, in Österreich keine Asylantragstellung zu beabsichtigen, woraus sich jedoch nicht ergibt, dass der BF den in Luxemburg gestellten Antrag nicht hätte aufrechterhalten wollen. Dass der faktische Abschiebeschutz bescheidmäßig aufgehoben worden wäre, lässt sich dem Verfahrensakt des Bundesamtes ebenfalls nicht entnehmen.

Die Feststellungen hinsichtlich der angeführten strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister und die im Akt des Bundesverwaltungsgerichtes einliegenden Urteilsausfertigungen.

In Hinblick auf die Tatsache, dass über den BF mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.09.2015, Zl.: 144 Hv 107/15 h, eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt wurde, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde, und über den BF in weiterer Folge mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.07.2016, Zl.:

114 Hv 40/16 m, eine unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Monat verhängt wurde (ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen), die letzte Verurteilung des BF sohin fast zweieinhalb Jahre zurückliegt und sich der BF seit damals bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, kann davon ausgegangen werden, dass durch den Aufenthalt des BF keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, besteht, zumal sich dem Verwaltungsakt auch sonst nichts Dementsprechendes entnehmen lässt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" überschriebene § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der VERORDNUNG (EU) Nr. 604/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) - Dublin-III-VO lauten:

"Artikel 2

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

[...]

c) "Antragsteller" einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde

[...]

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

[...]

Artikel 18

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen.

[...]

Artikel 29

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist. [...]"

3.1.2. Gemäß Art. 2 lit. c Dublin-III-VO gilt als Antragsteller im Sinne dieser Verordnung ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht entschieden wurde. Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, wobei dieser Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird.

Der BF stellte am 11.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in Luxemburg. Über diesen Antrag wurde bisher nicht entschieden. Der BF ist daher Antragsteller im Sinne der Dublin-III-VO. Österreich stimmte am 24.07.2018 einer Rücküberstellung des BF von Luxemburg nach Österreich zu. Die Rücküberstellung des BF nach Österreich erfolgte am 24.09.2018.

Damit wurde Österreich aber auch für die Prüfung des vom BF in Luxemburg gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig (vgl. VwGH vom 19.03.2013, 2011/21/0128).

Da über den vom BF am 11.07.2018 in Luxemburg gestellten Antrag auf internationalen Schutz bisher nicht entschieden wurde, kommt dem BF in Österreich faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12 Abs. 1 Asylgesetz 2005 zu (vgl. VwGH vom 03.07.2018, Ra 2018/21/0025). Dieser wurde bisher nicht durch Bescheid des Bundesamtes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Da es sich beim BF jedoch um einen Asylwerber handelt, käme allenfalls die Anordnung der Schubhaft unter den Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen wurden im angefochtenen Bescheid jedoch nicht geprüft, weshalb der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG stattzugeben war.

Auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde war nicht mehr einzugehen.

3.1.3. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des BF in Schubhaft seit 03.12.2018 ist daher rechtswidrig.

3.2. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt II. - Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

3.2.2. Der bereits der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides zur Grunde liegende Sachverhalt hat insofern keine Änderung erfahren, als bisher weder der faktische Abschiebeschutz bescheidmäßig aufgehoben wurde noch eine abschließende Entscheidung über den vom BF in Luxemburg gestellten Antrag auf internationalen Schutz ergangen ist. Es handelt sich bei dem BF nach wie vor um einen Fremden bzw. Asylwerber mit faktischem Abschiebeschutz. Eine Anordnung von Schubhaft käme daher gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG dann in Betracht, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 FPG gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0039, Punkt 3. der Entscheidungsgründe; siehe beispielsweise auch das hg. Erkenntnis vom 12. September 2013, Zl. 2013/21/0101, jeweils mwN).

In Hinblick auf die Tatsache, dass über den BF mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18.09.2015, Zl.: 144 Hv 107/15 h, eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt wurde, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde, und über den BF in weiterer Folge mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 06.07.2016, Zl.:

114 Hv 40/16 m, eine unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von einem Monat verhängt wurde (ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen), die letzte Verurteilung des BF sohin fast zweieinhalb Jahre zurückliegt und sich der BF seit damals bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, kann - wie oben bereits dargelegt - davon ausgegangen werden, dass durch den Aufenthalt des BF keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, besteht, zumal sich dem Verwaltungsakt auch sonst nichts Dementsprechendes entnehmen lässt.

Eine derartige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist im Fall des BF im Verfahren sohin nicht hervorgekommen, weshalb die Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG über ihn nicht in Betracht kommt.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Verfassungsgerichtshof hat (in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.4. Zu Spruchteil A. - Spruchpunkt III. und IV. - Kostenersatz

3.4.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

3.4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Schubhaftbescheid als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben. Der BF beantragte auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen. Das BFA beantragte den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Sowohl der BF als auch das BFA haben einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG gestellt. Da der Beschwerde stattgegeben wurde, der angefochtene Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt wurden und festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft nicht vorliegen, ist der BF die obsiegende Partei. Ihm gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 737,60. Dem Bundesamt gebührt kein Kostenersatz.

3.5. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Dublin III-VO, faktischer Abschiebeschutz, Kostenersatz,
Rechtsgrundlage, Rechtswidrigkeit, Schubhaft, strafrechtliche
Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2211089.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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