TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/7 W103 2209606-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.01.2019
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Entscheidungsdatum

07.01.2019

Norm

AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs1 Z4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z4
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W103 2209606-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2018, Zl. 50728904-180728980, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 7 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 iVm 6 Abs. 1 Z 4, 8 Abs. 1 Z 2, 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1 bis 3 und 53 Abs. 3 Z 1 u 4 FPG, jeweils idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste als Minderjähriger gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern ins Bundesgebiet ein und stellte durch seine gesetzliche Vertreterin am 16.05.2003 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Für den Beschwerdeführer wurde im damaligen Verfahren im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Probleme seines Vaters bzw. der Mutter als Minderjähriger aus Tschetschenien ausgereist zu sein und selbst keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein.

2. Mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 31.03.2004, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß §7 iVm § 12 Asylgesetz 1997 (Asylerstreckungsantrag) abgeleitet von seiner Mutter stattgegeben, dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge mehrfach straffällig (im Detail vgl. die unter Punkt 1.1.1. festgestellten Verurteilungen).

Am 21.08.2018 wurde der BF im BFA im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Tschetschenisch zum gegenständlichen Aberkennungsverfahren einvernommen und gab im Wesentlichen an:

..(..)..

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Alles ok, danke. Ich nehme auch keine Medikamente.

LA: Verstehen Sie die Dolmetscherin?

A: Ja. Kann aber sehr gut deutsch sprechen.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja alles ok.

LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, das alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Wenn Sie während der Befragung etwas trinken möchten, sagen Sie das bitte.

VP: Danke alles ok.

LA: Werden Sie in gegenständlichem Verfahren vertreten? Liegt diesbezüglich eine Vollmacht vor? In welchem Umfang?

VP: Nein.

Der VP wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und der Grund der Einvernahme (Prüfung eines Aberkennungsverfahrens) mitgeteilt.

VP: Ok.

LA: Haben Sie in Ihrem Asylverfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und sind alle Ihre gemachten Angaben noch gleich aufrecht?

VP: Ja immer die Wahrheit gesagt.

LA: Wo halten sich Ihre Angehörigen derzeit auf?

VP: In Wien. Eltern, Bruder und Schwester. Eltern sind geschieden, Vater wohnt im 20. Bezirk, meine Mutter wohnt bei uns.

LA: Womit bestreiten Ihre Angehörigen dort den Lebensunterhalt und wie würden Sie die wirtschaftliche Lage der Angehörigen bezeichnen?

VP: Die Mutter ist bei XXXX bei einem Eisgeschäft beim Abwasch. Da Vater ist invalid, er hat nur ein Bein, kann nicht arbeiten. Mein Bruder ist derweil arbeitslos, er hat aber gearbeitet, die Schwester ist XXXX .

LA: Haben Sie sonst zu jemand in Ihrem Heimatland Kontakt, z.B. zu Freunden oder Bekannten?

VP: Ehrlich gesagt nicht. Ich war fünf Jahre alt, als ich Tschetschenien verlassen habe, ich erinnere mich an nichts.

LA: In welchem Bezug stehen Sie zu Ihren Eltern?

VP: Mein Vater bekommt Mindestsicherung und meine Mutter arbeitet.

LA: Wo kommen Sie und die Familie ursprünglich her aus Tschetschenien?

VP: Als XXXX .

LA: Sind sie in Österreich verheiratet oder haben sie in Österreich lebende Kinder?

VP: Nein und nein.

LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in Österreich in einer Lebensgemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft? Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft!

VP: Ich lebe nur mit meiner Schwester dort. Die Mutter ist bei uns gemeldet. Ich wohne bei meiner Schwester bis ich eine Gemeindewohnung bekomme.

LA: Haben sie in Österreich nahe Verwandte oder entfernte Verwandte? Wenn ja, besteht zu einer von Ihnen genannten Person ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis?

VP: Ich habe die Lehrlingsentschädigung von 700 € weil ich ein Werkzeugbautechniker in der Lehre bin. Bin bei XXXX , die Lehre habe ich in der Haft begonnen.

LA: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation in Österreich?

VP: Nicht das ich wüßte. Ich bin bei der Gewerkschaft, sonst nichts. Ich habe mich nirgend wo eingeschrieben.

LA: Sie sind seit dem Jahr 2004 asylberechtigt, wie bestreiten Sie seitdem in Österreich den Lebensunterhalt?

VP: Ich bin in der Lehre seit 2016. Vorher hatte ich eine Lehre als Maschinenbautechniker in Kärnten, hab ich angebrochen weil ich umgesiedelt bin.

LA: Können Sie Unterlagen (Bestätigungen, Schulabschluß, Sprachkurse, Beschäftigungsbestätigungen...) vorlegen, die Ihre Integration in Österreich dokumentiert?

Die VP legt folgende Bestätigungen vor:

* Ich lege vor: Beurteilung der Partei vom XXXX , datiert mit 03.02.2017, Beurteilung von XXXX Zeitraum 01.03.2017-01.09.2017; Beurteilung der Partei vom XXXX , datiert mit XXXX ; Schulnachricht von Berufsschule für XXXX , datiert mit XXXX ; Jahreszeugnis von Berufsschule XXXX datiert mit XXXX ; Schulnachricht von Berufsschule für XXXX datiert mit XXXX ; Jahreszeugnis ausgestellt von Berufsschule für XXXX , datiert mit XXXX .

LA: Welche Ziele haben Sie sich für Österreich gesetzt? Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?

VP: Lehre fertigmachen, vielleicht selbständig werden.

Anm.: Die Einvernahme wird auf deutsch geführt.

LA: Liegt eine anderweitige Integrationsverfestigung Ihrer Person vor, bzw. inwieweit würde ihr Privat- und Familienleben durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme beeinträchtigt werden?

VP: Ich bin fast 18 Jahre in Österreich, ich habe nur eine Tat begangen, jeder macht Fehler. Ich bin hier her geflüchtet, als ich fünf Jahre alt. Mein Vater hatte im Heimatland Probleme, ich kenne mich im Heimatland nicht aus, weil ich nicht dort war. Verstehen Sie? Es ist kein Grund, dass man mir meine Aufenthaltsberechtigung entzieht. Ich besuche eine Therapie. Ich bin spielsüchtig, ich habe den Raub begangen weil ich spielsüchtig bin.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die allgemeinen aktuellen Länderfeststellungen des BFA zu Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden der VP vorgelegt und die Übersetzung angeboten.

VP: Nein, danke ich verzichte.

LA: Sie wurden RK mit 01.04.2014 vom XXXX wegen

§§ 127 (=Diebstahl), 128 (1) Z 4 (=Schwerer Diebstahl) , 129 Z 1

StGB (=Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen) zu einer

Freiheitsstrafe von 6 Monate bedingt, Probezeit 3 Jahre nachgesehen, verurteilt. Ihre Probezeit wurde verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG F.STRAFS. XXXX vom 30.09.2015

Sie wurden RK mit 28.10.2015 vom LG F.STRAFS. XXXX wegen

§ 15 StGB (=Strafbarkeit des Versuchs), §§ 142 (1) (=Raub), 143 2. Fall StGB (schwerer Raub), zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahre als Junge(r) Erwachsene(r) verurteilt. Sie wurden aus der Freiheitsstrafe entlassen am 14.07.2017, bedingt, bekamen eine Probezeit von 3 Jahren sowie Anordnung der Bewährungshilfe. Ihre Probezeit wurde verlängert auf insgesamt 5 Jahre Zahl: BG XXXX vom 28.06.2018.

Sie wurden RK mit 03.07.2018 vom BG XXXX wegen

§ 50 (1) Z 3 WaffG (=Besitz einer Waffe trotz Verbotes) zu einer Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

LA: Aufgrund Ihrer häufigen Straffälligkeit kann von keiner ernsthaften Integration nicht die Rede sein. Was sagen Sie dazu?

VP: Jeder macht Fehler. Es war wegen meiner Spielsucht.

LA: Wieso besitzen Sie ein Kampf/Wurfmesser mit einer Klingenlänge von 6 cm?

VP: Das war von einem Freund, der hat mir das geschenkt. Er hat es mir gegeben, ich wollte es nach Hause bringen, ich kam nicht einmal nach Hause, die Polizei hat eine Personenkontrolle gemacht, dann hat man das Messer gefunden.

LA: Wollen Sie noch etwas ausführen? Haben Sie alles vorgebracht?

VP: Nein ich habe gesagt, alles was ich sagen wollte, wie gesagt, es ist was passiert, Fehler macht man.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Nein habe alles gesagt.

Anmerkung: Die Einvernahme wurde primär in deutsch geführt, zwei Fragen wurden Mithilfe der Dolmetscherin übersetzt.

Die Partei liest sich die Niederschrift selbst durch.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen oder Ergänzungen vorzubringen bzw. wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Das schon. Ich will nur anmerken, dass ich keine Waffe dabei gehabt habe, ich habe das Reisebüro aufgebrochen mit einem Werkzeug, einen Schraubenzieher.

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

A: Ja bitte."

..(..)..

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 31.032004, Zl. 247.503/0-XIV/39/04, gemäß § 7 iVm § 12 Asylgesetz 1997 der zuerkannte Status eines Asylberechtigten aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 unter einem festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte Identität und Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers fest (AS 210) und legte dem Bescheid umfassende Länderberichte zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation zugrunde.

5. Der Entscheidung wurden darüber hinaus die folgenden Feststellungen zugrunde gelegt:

" (...) Zu Ihrer Person:

Sie heißen XXXX sind am XXXX in XXXX , Tschetschenien geboren und sind Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Ihre Identität steht fest.

Ihnen wurde im Zuge eines Familienverfahrens (Asylerstreckungsantrag), abgeleitet von Ihrer Mutter XXXX geborene XXXX (IFA Zahl: 731401108) mit Erkenntnis des unabhängigen Bundesasylsenat der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die russische Föderation haben Sie im fünften Lebensjahr verlassen. Sie haben Familienangehörige im Heimatland.

Sie haben in Ihrer Haft eine Lehre als Werkzeugbauchtechniker begonnen und haben diese noch nicht abgeschlossen.

Sie sind jung, gesund und arbeitsfähig.

Sie haben sehr gute Deutschkenntnisse, jedoch wurde bei Ihrer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Dolmetscherin benötigt.

Sie wurden mehrfach strafrechtlich verurteilt.

? Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Eine durchgeführte Anfrage im Strafregister hat folgende Verurteilungen ergeben:

01) LG XXXX vom 01.04.2014 RK 01.04.2014

§§ 127, 128 (1) Z 4, 129 Z 1 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.01.2014

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG XXXX RK 01.04.2014

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 30.09.2015

02) LG F.STRAFS. XXXX vom 30.09.2015 RK 28.10.2015

§ 15 StGB §§ 142 (1), 143 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 09.07.2015

Freiheitsstrafe 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 28.10.2015

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 14.07.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG F.STRAFS. XXXX vom 05.07.2017

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 28.10.2015

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 28.06.2018

03) BG XXXX vom 28.06.2018 RK 03.07.2018

§ 50 (1) Z 3 WaffG

Datum der (letzten) Tat 09.05.2018

Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Festgestellt wird, dass Sie wegen eines besonders schweren Verbrechens mehrmals rechtskräftig verurteilt wurden und daher ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG vorliegt.

? Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Feststellungen zum Fall Ihrer Rückkehr in die Russische Föderation ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation.

Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Heimatstaat einer unmenschlichen Behandlung oder einen diesem gleichkommenden Zustand ausgesetzt wären.

Sie waren und sind in der Russischen Föderation keiner Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt und wurde Ihnen aufgrund eines Familienverfahrens, abgeleitet von Ihrer Mutter, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Es konnte keine für Sie bestehende Bedrohung oder gegen Sie gerichtete Gewalt in Ihrem Herkunftsstaat der Russischen Föderation festgestellt werden.

Sie wären bei Ihrer Rückkehr in keiner aussichtslosen Lage.

Sie verfügen in Tschetschenien über dort lebende Familienangehörige.

Ihre Ausweisung aus Österreich in die Russische Föderation ist somit zulässig.

? Zu Ihrem Privat- und Familienleben und Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Sie befinden sich seit 2003 im Bundesgebiet.

In Österreich sind Ihre Eltern XXXX und XXXX (geschieden) und Ihre Geschwister XXXX und XXXX .

Sie sind derzeit noch bei Ihrer Mutter und bei Ihren Geschwistern aufrecht gemeldet, beabsichtigen aber, alleine in eine Gemeindewohnung zu ziehen. Zwischen Ihnen und Ihrer Kernfamilie besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis.

In Österreich haben Sie noch immer nicht Ihre Lehre abgeschlossen.

Sie sind im Bundesgebiet sozial auch nicht verankert und wurden mehrmals straffällig.

Sie wurden am 01.04.2014 vom Landesgericht XXXX wegen schweren Diebstahls durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt verurteilt.

Am 30.09.2015 wurden Sie durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX erneut wegen versuchten schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Am 28.06.2018 wurden Sie durch das Bezirksgericht XXXX , weil Sie eine Waffe besessen haben obwohl Ihnen dies gemäß § 12 WaffG verboten war, verurteilt.

Sie wurden am 11.08.2018 beim Lenken eines Motorrades obwohl Sie nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung waren, betreten.

Beweiswürdigend wurde insbesondere Folgendes erwogen:

? Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Die Feststellungen zu Ihrer Person ergeben sich aus dem Akteninhalt IFA 50728904 sowie aufgrund der am 21.08.2018 im BFA zu Ihrer Person und zum Zweck des Parteiengehörs durchgeführten niederschriftlichen Befragung.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Die Feststellungen bzgl. der Gründe für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten ergeben sich aus der durchgeführten EKIS - Strafregisteranfrage und die vorliegenden Gerichtsurteile.

Am 01.04.2014 wurden Sie vom Landesgericht XXXX wegen schweren Diebstahls durch Einbruch zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt verurteilt. Erschwerend wurden vom Gericht Ihre mehrfache Qualifikation sowie das Zusammenwirken mit Komplizen gewertet. Als mildernd wurden Ihre damalige Unbescholtenheit, die Zustande Bringung des Diebsgutes sowie Ihr reumütiges Geständnis gewertet.

Am 30.09.2015 wurden Sie durch das Landesgericht für Strafsachen XXXX erneut wegen versuchten schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Erschwerend wurden vom Landesgericht Ihre einschlägige Vorstrafe, die Verletzungen des Opfers sowie die äußerst brutale Vorgehensweise gewertet. Als mildernd wurden Ihr Geständnis, die Tatbegehung im Alter unter 21 Jahren sowie die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist gewertet.

Wobei angemerkt wird, dass es nur aufgrund der heftigen Gegenwehr des Opfers beim Versuch geblieben ist.

Am 28.06.2018 wurden Sie durch das Bezirksgericht XXXX weil Sie eine Waffe besessen haben, obwohl Ihnen dies gemäß § 12 WaffG verboten war, verurteilt. Als mildernd wertete das Gericht Ihr Geständnis, als erschwerend wurden Ihre einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung während Ihrer offener Probezeit gewertet.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Sie erfüllen die Voraussetzung, da Sie aufgrund Verübung des versuchten schweren Raubes unter Verwendung einer Waffe rechtskräftig verurteilt wurden.

Hinsichtlich Ihrer Zukunft kann keine positive Prognose erstellt werden. Sie sind einschlägig vorbestraft, wurden immer wieder straffällig und zeigen somit wiederholt keinen Willen sich der herrschenden Rechtsordnung zu unterwerfen.

Sie negieren die österreichischen Gesetze und haben sich von einer ernstzunehmenden Integration seit Begehen Ihrer Straftat abgewandt.

Sie weisen auch keine abgeschlossene Ausbildung vor. Sie haben lediglich in der Haft eine Lehre begonnen, zuvor hatten Sie Ihren Lebensunterhalt mit staatlicher Unterstützung finanziert.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Im Falle Ihrer Rückkehr in die Russische Föderation, müssen Sie nicht um Ihr Leben fürchten, da in Ihrem speziellen Fall weder Gründe noch Anhaltspunkte einer asylrelevanten Verfolgung vorliegen. Sie haben asylrelevante Gründe auch nicht behauptet oder vorgebracht.

Ihren Status des Asylberechtigten leiten Sie auch bloß aufgrund eines Familienverfahrens bezogen auf Ihre Mutter XXXX (IFA Zahl: 731401108) ab.

Sie haben zwar in Ihrer Haft eine Lehre angefangen, können diese aber in Russland fertig machen. Weil Sie auch die deutsche Sprache sehr gut beherrschen, ist dies ein Vorteil bei Ihren beruflichen Aussichten bei Ihrer Rückkehr. Sie könnten Ihre Lehre in jedem deutschsprachigen Betrieb in Russland fortsetzen und könnten Ihre Deutschkenntnisse so zu Ihrem Vorteil nutzen.

Ihre Mutter gab bei Ihrer Einvernahme vorm damaligen Bundesasylamt an, dass ihre Schwester in Tschetschenien lebt. In Ihrem Fall konnte eine Entwurzelung nicht festgestellt werden, da Sie ohnehin immer im Beisein von anderen Tschetschenen gelebt haben. Unabhängig davon sind Sie jung, gesund und alleinstehend. Sie können überall in der Russischen Föderation Fußfassen.

Da Sie sonst keine asylrelevanten Gründe bzw. Bedrohungen gegen Ihre Person geltend machten, die gegen eine Rückkehr in die Russische Föderation sprechen würden, Ihnen im Herkunftsstaat wie oben angeführt keine Verfolgung droht, Sie über Anknüpfungspunkte verfügen, auch weder eine akut lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf Ihre Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behaupteten oder bescheinigten, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Sie sind der Landessprache Ihres Herkunftsstaates mächtig. Wie in der Länderinformation der Staatendokumentation ersichtlich, besteht für Sie die Möglichkeit in der Russischen Föderation eine Existenz aufzubauen. Soziale Dienste und NGOs können Sie dabei unterstützen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben und zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Die Feststellungen zu Ihrem Privat - und Familienleben, sowie Ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet ergeben sich aus der Aktenlage, der aktuellen EKIS Auskunft, den rechtskräftigen Verurteilungen und allen im Akt IFA 50728904 befindlichen Unterlagen.

Ihre positive Darstellung Ihres Lebens mit Bemühungen für die Zukunftsgestaltung im Erwerbsleben wird zwar nicht verkannt und von der Behörde in die Entscheidungsfindung miteinbezogen, dem gegenüber steht jedoch, dass Sie immer wieder in regelmäßigen Abständen straffällig geworden sind und lässt dies keinesfalls eine positive Zukunftsprognose zu.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots:

Ein Einreiseverbot gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Ziffer 1 und Ziffer 4 FPG ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

* ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist und wenn ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

* ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist

Sie wurden vom Landesgericht für Strafsachen XXXX und vom Landesgericht XXXX aufgrund Verübung des schweren Diebstahls durch Einbruch sowie wegen versuchten schweren Raubes insgesamt zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Sie wurden wegen Verübung einschlägiger Delikte verurteilt und sind deshalb ein Wiederholungstäter.

In Ihrem Fall trifft § 53 Abs. 3 Ziffer 1 und Ziffer 4 FPG zu.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Diese ist gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz, BFA-G 2014 zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen. Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

Unter Spruchpunkt VII. (Einreiseverbot) wurde zusammengefasst ausgeführt:

Aufgrund des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und den daraus resultierenden strafgerichtlichen Verurteilungen würden die Voraussetzungen für die Verhängung eines Einreiseverbots in seinem Fall vorliegen. Dieser habe durch die von ihm gesetzten Straftaten seine negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung hinreichend dokumentiert, es liege im öffentlichen Interesse, derartige Straftaten zu verhindern. Demgegenüber weise dieser keine wesentlichen Integrationsmerkmale auf. Daher scheine es dringend geboten, zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und nicht zuletzt zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, ein Einreiseverbot zu erlassen. Die angegebene Dauer von 10 Jahren sei gerechtfertigt und notwendig um die vom BF ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

6. Gegen den oben angeführten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 07.11.2018 unter gleichzeitiger Bekanntgabe des im Spruch ersichtlichen Vollmachtsverhältnisses fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen geltend gemacht, der Beschwerdeführer lebe seit 2003 in Österreich, im Jahr 2004 sei ihm gemeinsam mit seiner Familie der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.

Der Beschwerdeführer spreche gut Deutsch.

Die den Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten werden eingestanden, dieser bereue die den Verurteilungen zu Grunde liegenden Taten zu tiefst.

Seine gesamte Familie lebe in Österreich, er habe Tschetschenien schon vor dem 6. Geburtstag verlassen und könne daher nur die Tschetschenische Sprache, jedoch nicht die russische Sprache.

Er habe in der Haft eine Lehre begonnen und befinde sich jetzt im dritten Lehrjahr.

Er habe in Österreich seine Familie, Bekannte und Arbeitskollegen und lebe mit seiner Schwester und Mutter in einer gemeinsamen Wohnung.

Aufgrund der Integration seiner tief empfundenen Reue hinsichtlich der strafbaren Handlung erscheine der angefochtene Bescheid zu Unrecht ergangen.

Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.

7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 16.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts Folgendes festgestellt:

1.1. Der Beschwerdeführer führt die im Spruch genannten Personalien, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe.

Der Beschwerdeführer reiste als fast sechsjähriger gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.03.2003 durch seinen gesetzlichen Vertreter einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylsenates vom 31.03.2004, Zl. 247.503/0-XIV/39/04, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 iVm § 12 Asylgesetz 1997 stattgegeben, dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.1.1. Der Beschwerdeführer weist die folgenden strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 01.04.2014 RK 01.04.2014

§§ 127, 128 (1) Z 4, 129 Z 1 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.01.2014

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG XXXX RK 01.04.2014

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 30.09.2015

02) LG F.STRAFS. XXXX vom 30.09.2015 RK 28.10.2015

§ 15 StGB §§ 142 (1), 143 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 09.07.2015

Freiheitsstrafe 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 28.10.2015

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 14.07.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG F.STRAFS. XXXX vom 05.07.2017

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 28.10.2015

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 28.06.2018

03) BG XXXX vom 28.06.2018 RK 03.07.2018

§ 50 (1) Z 3 WaffG

Datum der (letzten) Tat 09.05.2018

Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Festgestellt wird, dass Sie wegen eines schweren Verbrechens mehrmals rechtskräftig verurteilt wurden und daher ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG vorliegt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre. In diesem Zusammenhang wird insbesondere hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer unter keinen schwerwiegenden Krankheiten leidet und einer Teilnahme am Erwerbsleben fähig ist.

In Österreich leben die Eltern, sowie Geschwister des Beschwerdeführers als anerkannte Flüchtlinge. Zu diesen besteht kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Der Beschwerdeführer hat in Haft eine Lehre begonnen und befindet sich im dritten Lehrjahr.

Der Beschwerdeführer eignete sich Deutschkenntnisse an und legte den Pflichtschulabschluss ab, innerhalb der letzten Jahre ging er keiner Erwerbstätigkeit nach und war nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF legte auch keine Unterlagen bezüglich in Österreich absolvierter Ausbildungen vor. Darüber hinaus kann keine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erkannt werden. Der Beschwerdeführer ist ledig, hat keine Kinder, engagierte sich nicht ehrenamtlich und gehört keinem Verein an. Seinen Aufenthalt in Österreich nutzte er zur kontinuierlichen Begehung von (qualifizierten) Vermögensdelikten und einer Übertretung nach dem Waffengesetz.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine Gefährdung in Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit zu prognostizieren ist.

1.2. Zum Herkunftsland des Beschwerdeführers (Russische Föderation respektive Tschetschenien) wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018

-

OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018

-

Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018

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Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018

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Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018

Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2018 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 25.1.2018), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 TschetschenInnen außerhalb der Region leben, die eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handle es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens, die bereits vor über einem Jahrhundert entstanden seien, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum (ÖB Moskau 12.2017). In Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl ist Tschetschenien somit mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik.

Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben [bei der letzten Volkszählung] 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012).

In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2017, vgl. AA 21.5.2018). So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens nach Kritik von Kadyrow zurücktreten, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter grundsätzlich in föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml (ÖB Moskau 12.2017). Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten immer wieder von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 21.5.2018). Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die danach trachteten, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtsaktivisten sowie von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert (ÖB Moskau 12.2017).

Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mit Nachdruck zu bekunden, tschetschenischen Nationalismus mit russischem Patriotismus zu verbinden, Russlands Präsidenten in der tschetschenischen Hauptstadt Grozny als Staatsikone auszustellen und sich als "Fußsoldat Putins" zu präsentieren. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien so weit in einen Privatstaat verwandelt, dass in der Umgebung des russischen Präsidenten die Frage gestellt wird, inwieweit sich die von Wladimir Putin ausgebaute föderale Machtvertikale dorthin erstreckt. Zu Kadyrows Eigenmächtigkeit gehört auch eine Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten und die gesamte islamische Welt richtet. Kein anderer regionaler Führer beansprucht eine vergleichbare, über sein eigenes Verwaltungsgebiet und die Grenzen Russlands hinausreichende Rolle. Kadyrow inszeniert Tschetschenien als Anwalt eines russländischen Vielvölker-Zusammenhalts, ist

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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