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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ÄrzteG 1984 §25 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der Ö Gesellschaft in S, vertreten durch Dr. Joachim Hörlsberger, Rechtsanwalt in Salzburg, Imbergstraße 22, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 7. April 1998, Zl. 9/01-44.012/65-1998, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ersuchte mit einer an die Österreichische Ärztekammer gerichteten Eingabe vom 29. April 1996 um die Genehmigung von Ausbildungsrichtlinien für Elektroakupunktur nach Voll und die Einrichtung eines ÖÄK-Diplomes. Daraufhin erging an die Beschwerdeführerin mit Datum 3. Juli 1997 ein vom Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer verfasstes und gefertigtes, nicht als Bescheid bezeichnetes Schreiben mit folgendem Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Doktor!
Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 29.4.1996 erlauben wir uns mitzuteilen, dass anlässlich der letzten Sitzung des Vorstandes der Österreichischen Ärztekammer am 28.6.1997 die im Betreff genannten Ausbildungsrichtlinien Behandlung fanden und Folgendes festgehalten wurde:
Entsprechend dem Empfehlungsbeschluss des Referates für komplementäre Medizin und des Bildungsausschusses der Österreichischen Ärztekammer hat der Vorstand der Österreichischen Ärztekammer das Ansuchen der Medizinischen Gesellschaft für Elektroakupunktur nach Voll in Österreich und der Ö Gesellschaft abgelehnt, da bereits nach Absolvierung der entsprechenden Fortbildungsrichtlinie ein ÖÄK-Diplom - Akupunktur vergeben wird und es sich bei der Elektroakupunktur um keine eigenständige Methode, sondern um eine besondere Technik der Akupunktur handelt.
Mit vorzüglicher Hochachtung"
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Erledigung Berufung an die belangte Behörde. Diese wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung mangels Bescheidqualität der bekämpften Erledigung zurück.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; sie beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde verneint die Bescheidqualität der Erledigung vom 3. Juli 1997, weil diese nicht als Bescheid bezeichnet sei und es sich auch aus Inhalt und Wortlaut nicht zweifelsfrei ergebe, dass damit ein normativer Abspruch in der Verwaltungssache erfolgt sei. Dazu komme, dass es sich hier um keine von der Österreichischen Ärztekammer hoheitlich zu erledigende Angelegenheit handle.
Die belangte Behörde ist damit im Recht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) ist für das Vorliegen eines Bescheides das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung einer behördlichen Erledigung als Bescheid nur dann nicht wesentlich, wenn ihr Inhalt keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt der Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter aufkommen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell.
Festzuhalten ist, dass es bei der Erledigung vom 3. Juli 1997 um ein Intimierungsschreiben des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer betreffend die Erledigung der Eingabe der Beschwerdeführerin durch den gemäß § 88 Abs. 3 Ärztegesetz 1984 dafür zuständigen Vorstand der Österreichischen Ärztekammer handelt. Daher kommt dem Ausdruck "mitteilen" in dieser Erledigung nicht die ihm von der belangten Behörde beigemessene Bedeutung zu.
Die sprachliche Gestaltung der mitgeteilten Erledigung des
Vorstandes ("... hat der Vorstand ... das Ansuchen
... abgelehnt ...") scheint für das Vorliegen eines Bescheides z
u
sprechen. Aus dem Inhalt der Erledigung ergeben sich allerdings
unter Bedachtnahme auf die gegebene Rechtslage Zweifel, dass
ungeachtet des Fehlens der Bezeichnung als Bescheid ein normativer
Abspruch beabsichtigt war, weshalb eine Qualifizierung der
Erledigung als Bescheid nicht in Betracht kommt.
Zu den von der Österreichischen Ärztekammer zu behandelnden Angelegenheiten gehört im gegebenen Zusammenhang zum einen die Durchführung von Veranstaltungen zur fachlichen Fortbildung der Ärzte (§ 83 Abs. 2 Z. 4 Ärztegesetz 1984) sowie die Beschlussfassung über die im § 83 Abs. 2 Z. 14 Ärztegesetz 1984 aufgezählten Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ausbildung der Ärzte und die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen (§ 25 Abs. 4 Ärztegesetz 1984). Zum anderen gehören gemäß § 83 Abs. 3 Ärztegesetz 1984 zu den von der Österreichischen Ärztekammer zu behandelnden Angelegenheiten u.a. die Ausstellung von Bescheinigungen, Diplomen und Bestätigungen über von Ärzten absolvierte Ausbildungen und die Durchführung aller Maßnahmen, die die in dieser Bestimmung aufgezählten Aufgaben und die damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten betreffen. Bei Besorgung dieser im Abs. 3 genannten Angelegenheiten hat die Österreichische Ärztekammer das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 anzuwenden (§ 83 Abs. 3 Z. 1, 2, 4 und 7 Ärztegesetz 1984). Daraus ergibt sich, dass die im § 83 Abs. 3 Ärztegesetz 1984 aufgezählten Angelegenheiten betreffend die Ausstellung von Bescheinigungen, Diplomen und Bestätigungen der Österreichischen Ärztekammer zum hoheitlichen Vollzug zugewiesen sind.
Um eine solche Angelegenheit geht es im Beschwerdefall aber nicht. Gegenstand ist nicht etwa die Ausstellung oder Versagung eines Diploms über die erfolgreiche Absolvierung einer praktischen Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt (§ 83 Abs. 3 Z. 2 in Verbindung mit § 11 Ärztegesetz 1984), sondern die Genehmigung von Ausbildungsrichtlinien der Beschwerdeführerin und im Zusammenhang damit die Schaffung eines ÖÄK-Diploms. Das Ärztegesetz 1984 enthält keine Ermächtigung der Österreichischen Ärztekammer zur Genehmigung oder Versagung von Fortbildungsveranstaltungen und der ihnen zugrunde liegenden Richtlinien. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, aus den §§ 25, 83 Ärztegesetz 1984 ergebe sich die Berechtigung der Österreichischen Ärztekammer, einem Arzt "ärztliche Informationen" zu gestatten und "diese im Hinblick auf die Schilderordnung in Form von Diplomen" auszustellen, die Österreichische Ärztekammer trete somit in diesem Zusammenhang als Behörde auf und könne endgültig entscheiden, welche Ausbildungsrichtlinien oder Kurse Voraussetzung für den Erwerb solcher "zusätzlicher und gesetzlich zulässiger ärztlicher Informationen" seien, ist verfehlt. § 25 Abs. 4 Ärztegesetz 1984, wonach die Österreichische Ärztekammer nähere Vorschriften über die Art und Form der Informationen eines Arztes im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes erlassen kann, ermächtigt die Österreichische Ärztekammer nur zur Erlassung einer Durchführungsverordnung. Diese Bestimmung ermächtigt sie aber nicht zur bescheidförmigen Erledigung von Anbringen nach Art des von der Beschwerdeführerin gestellten. Die im § 83 Abs. 2 Z. 4 Ärztegesetz 1984 vorgesehene Durchführung von Veranstaltungen zur fachlichen Fortbildung der Ärzte zählt nicht zu den Angelegenheiten, in deren Wahrnehmung die Österreichische Ärztekammer das AVG anzuwenden und damit Bescheide zu erlassen hat. (§ 83 Abs. 3 Z. 7 Ärztegesetz 1984 erfasst nur die in diesem Absatz, nicht jedoch die im Abs. 2 genannten Angelegenheiten.) Gleiches gilt für die über Fortbildungsveranstaltungen iSd § 83 Abs. 2 Z. 4 Ärztegesetz 1984 ausgestellten ÖÄK-Diplome. Da es sich beim Anbringen der Beschwerdeführerin nicht um eine der Österreichischen Ärztekammer zum hoheitlichen Vollzug zugewiesene Angelegenheit handelt, kam eine bescheidförmige Erledigung des Anbringens nicht in Betracht. Dies schließt es aus, die nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung der Österreichischen Ärztekammer vom 3. Juli 1997 als Bescheid zu qualifizieren.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998110125.X00Im RIS seit
21.02.2002