TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/27 98/11/0148

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Veröffentlicht am 27.05.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
43/01 Wehrrecht allgemein;
43/02 Leistungsrecht;

Norm

ABGB §1092;
ABGB §883;
HGG 1992 §33 Abs1 idF 1996/201;
HGG 1992 §33 Abs1 Z2;
HGG 1992 §33 Abs1;
HGG 1992 §33;
VwRallg;
WehrG 1990 §35 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K in P, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Dr. Helmuth Hackl und Mag. Johannes Mühllechner, Rechtsanwälte in Linz, Hauptplatz 23/II, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. April 1998, Zl. 793.190/1-2.5/98, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Februar 1998 auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe für eine von ihm gemietete, näher bezeichnete Wohnung abgewiesen. Laut Begründung hat der Beschwerdeführer am 30. März 1998 den Grundwehrdienst angetreten. Der Einberufungsbefehl sei ihm am 13. Jänner 1998 rechtswirksam zugestellt worden. Aus dem vorgelegten Mietvertrag vom 30. Dezember 1997, dem Finanzamt am 27. Jänner 1998 zur Vergebührung angezeigt, sei ersichtlich, dass das Mietverhältnis beginnend mit 1. Jänner 1998 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sei und die Miete inklusive Betriebskosten monatlich S 5.100,-- betrage. Nach seinem Vorbringen sei der Beschwerdeführer Hauptmieter der von seiner Mutter gemieteten Wohnung; laut Meldezettel vom 13. Jänner 1998 handle es sich dabei um den Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, unter abzugeltenden Kosten seien Zahlungsverpflichtungen aufgrund eines Rechtsverhältnisses (Mietverhältnisses) zu verstehen. Die Zahlungsbestätigungen der Mutter des Beschwerdeführers betreffend die Miete für Jänner und Februar 1998 und die eidesstattliche Erklärung des Steuerberaters, wonach dieser lediglich infolge Unkenntnis der Bedeutung der rechtzeitigen Anzeige des Mietvertrages an das Finanzamt für den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nach dem HGG 1992 die Anzeige nicht unverzüglich nach Erhalt des Mietvertrages Anfangs Jänner 1998 vorgenommen habe, stellten Privaturkunden im Sinne der Zivilprozessordnung dar und unterlägen daher der freien Beweiswürdigung. Privaturkunden lieferten lediglich den Beweis, dass sie vom Aussteller stammten; über den Inhalt hingegen lieferten sie keinen vollen Beweis. Der erst nach Zustellung des Einberufungsbefehls zur Vergebührung angezeigte Mietvertrag möge unbestrittenerweise zwischen den Vertragspartnern gelten; im Verfahren nach dem Heeresgebührengesetz könnten Rechtsverhältnisse - selbst wenn sie den Gültigkeitserfordernissen des Zivilrechtes entsprechen - nur Anerkennung finden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (Zustellung des Einberufungsbefehles) nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen seien und einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten. Ein nicht vergebührter - bzw. aus welchen Gründen auch immer erst nach Zustellung des Einberufungsbefehles zur Vergebührung angezeigter - Mietvertrag könne i.V.m. der Barzahlung der Miete an die Mutter des Beschwerdeführers unter Heranziehung des oben angeführten strengen Prüfungsmaßstabes nicht als ausreichender Nachweis für ein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen der Beschwerdeführer zur Leistung der Wohnkosten für die gegenständliche Wohnung verpflichtet sei, dienen. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes seien die im § 33 HGG 1992 festgelegten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfen nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 HGG 1992 sind mit der Wohnkostenbeihilfe dem Wehrpflichtigen jene Kosten abzugelten, die ihm nachweislich während des Präsenzdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung, in der er nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet ist, entstehen. Dabei gilt Folgendes:

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Wehrpflichtige bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles oder der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung gewohnt hat.

2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z. 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.

Hat der Wehrpflichtige nach dem Zeitpunkt nach Z. 1, jedoch vor dem Einberufungstermin eine andere Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z. 2 anzuwenden ist, anstelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Wehrpflichtige zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides war für die Versagung einer Wohnkostenbeihilfe die Auffassung der belangten Behörde maßgebend, ein nicht vergebührter bzw. erst nach Erlassung des Einberufungsbefehles zur Vergebührung angezeigter Mietvertrag sei in Verbindung mit der Barzahlung der Miete an die Mutter des Beschwerdeführers kein ausreichender Nachweis für das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, aufgrund dessen der Beschwerdeführer zur Leistung von Aufwendungen für die gegenständliche Wohnung verpflichtet sei.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Die belangte Behörde verkennt damit die Rechtslage in mehrfacher Hinsicht. Sie übersieht, dass es für den Nachweis eines Bestandsverhältnisses auf die Vorlage eines vergebührten Mietvertrages nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. August 1998, Zl. 98/11/0075), zumal ein nach dem HGG 1992 relevanter Mietvertrag auch mündlich geschlossen werden kann (vgl. das einen Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen betreffende hg. Erkenntnis vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0185, m.w.N.); der Vertrag muss auch nicht "nach außen" (also über die Vertragsparteien hinaus) in Erscheinung getreten sein (siehe das zuletzt genannte Erkenntnis). Verfehlt ist auch die der Begründung offenbar zugrunde liegende Ansicht, ein zivilrechtlich gültiger Mietvertrag könne gleichzeitig nach dem HGG 1992 nicht verbindlich sein. Dieses Gesetz knüpft hinsichtlich der Gültigkeit einer zivilrechtlichen Vereinbarung an das Zivilrecht an und normiert keine darüber hinausgehenden Gültigkeitserfordernisse.

Zu der erst in der Gegenschrift geäußerten Auffassung der belangten Behörde, entscheidend sei im Beschwerdefall, ob der Beschwerdeführer bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehles tatsächlich in der gegenständlichen Wohnung gewohnt hat, dafür habe er aber keinen Nachweis erbracht, die Anmeldung nach dem MeldeG sei erst am 13. Jänner 1998, dem Tag der Zustellung des Einberufungsbefehles, erfolgt, ist festzuhalten, dass gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 erster Satz HGG 1992 - bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzung - ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe auch für eine Wohnung besteht, die erst nach Zustellung des Einberufungsbefehles bezogen wird.

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Mai 1999

Schlagworte

Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1 Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110148.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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