TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 W169 2173091-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2019
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Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §16
BFA-VG §17
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

W169 2173091-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018, Zl. 1164800103-180908368, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Antrag Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 53 und 55 FPG, § 15b Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 21.08.2017 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.08.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass er aus dem Bundesstaat Haryana stamme, der Volksgruppe der Punjabi und der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. In Indien habe er zehn Jahre die Hauptschule sowie weitere zwei Jahre das College besucht. Er sei bis zum 01.01.2014 Student gewesen. In seinem Herkunftsland in würden seine Eltern und sein Bruder wohnen. Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer Folgendes an: "Ich bin Volksgruppe Punjabi und ich habe mit meiner Familie in Haryana gelebt und dort bin ich aufs College gegangen. In unserem College wurden wir als Punjabi unter Druck gesetzt und sind öfters bedroht worden. Ich habe früher einen Turban getragen, weil es ein religiöses Symbol ist. Die Einheimischen von Haryana und dem College sind diskriminiert worden, und deswegen konnte ich keinen Turban mehr tragen. Eines Tages entstand eine Schlägerei, wo ein Freund, der auch Punjabi war, getötet wurde. Ich bin verletzt worden. Ich habe mich dann versteckt. Danach hat mich mein Vaters ins Ausland geschickt". Von der Regierung werde er nicht verfolgt, jedoch würde ihn die Volksgruppe töten.

3. Bei der schriftlichen Einvernahme am 06.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an, dass er den anwesenden Dolmetscher sehr gut verstehe, nicht krank sei und sich körperlich und geistig in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen. Sein Pass sei vor eineinhalb bis zwei Jahren in Ambala ausgestellt worden und er habe niemals um ein Visum angesucht. Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos. Er habe die zehnte Schulstufe abgeschlossen und danach mit dem College begonnen, wo er mehrere Hindu-Leute getroffen habe. Er sei vorher Sikh gewesen. Er habe nur studiert und sein Vater habe mit der Landwirtschaft alles finanziert. Er halte sich seit 18 oder 19 Tagen in Österreich auf. In seinem Heimatland würden seine Eltern und der Bruder und dessen Frau leben. Er habe in Österreich keine Familienmitglieder und ansonsten auch keinen Bezug zu Österreich. Aufgefordert seinen Fluchtgrund zu schildern, gab der Beschwerdeführer an: "Bei uns zu Hause wurde ich bedroht, es wurde randaliert und es wurde gesagt, dass, egal, wo ich sei, mich mein Gegner finden würde und mich umbringen würden". Auf die Frage, ob es andere Fluchtgründe gebe, gab der Beschwerdeführer an: "Nein, einzig

XXXX hat mich bedroht, weil ich Sikh das College besuchte und sie sagten, das darf ich nicht, wir sind Hindu-Zugehörigkeit. Da gab es vorher auch noch einen Vorfall, mein Freund wurde umgebracht, vor zwei, drei Monaten." Er habe Narben am Hinterkopf und am rechten Unterschenkel. Das Datum des Vorfalles könne er nicht nennen. Er habe alle Fluchtgründe angegeben. Die Frage, ob er jemals Probleme mit der Polizei oder den Behörden, Institutionen, Organisationen, Privatpersonen seines Heimatlandes gehabt habe, verneinte dieser. Er habe Angst vor den Leuten, sie hätten seinen Freund umgebracht und ihn geschlagen und hätten ihn auch umbringen wollen.

4. Bei der Einvernahme am 13.09.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an, dass er körperlich und geistig in der Lage sei, der Einvernahme zu folgen. Er habe bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht. Diese seien ihm auch immer rückübersetzt und korrekt protokolliert worden. Alles sei wahr und er habe nichts zu ergänzen. Der Name sei aber zu korrigieren, da fehle ein Buchstabe und laute XXXX und den Bezirk schreibe man XXXX .

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.08.2017 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend die konkreten Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes unter anderem aus, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei.

6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.10.2017, Zl. W222 2173091-1/4E, wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2017 erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen nur vage und widersprüchlich habe darlegen können, sodass ihm die Glaubwürdigkeit habe abgesprochen werden müssen. Aus der allgemeinen Situation allein würden sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG bedroht wäre. Auch liege die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative vor. Schließlich sei auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen in den Hintergrund treten würden.

7. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2 und 2b FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, sich binnen 4 Wochen an die Botschaft der Republik Indien zur Erlangung eines Reisedokumentes zu wenden.

8. Am 17.04.2018 gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer unter Androhung einer Zwangsstrafe im Ausmaß einer Haftstrafe von zwei Wochen eine einwöchige Nachfrist, um sich an die Botschaft der Republik Indien zur Erlangung eines Reisedokumentes zu wenden.

9. Am 24.09.2018 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen, seinen zweiten und gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. In seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.09.2018 gab er zu Protokoll, dass er der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. Er beherrsche die Sprachen Punjabi und Hindi in Wort und Schrift. Zu den Gründen für die Stellung des Folgeantrages gab er zu Protokoll, dass er bereits bei seinem ersten Asylantrag gesagt habe, dass er Probleme in Indien habe und würden diese auch weiterhin bestehen. Neu sei dazugekommen, dass die Gegner seine Frau unterdrückt hätten und sie sich vom Beschwerdeführer habe scheiden lassen. In der Zeit von Juni bis September 2018 habe er sich in Indien befunden, jedoch seine Familie nicht getroffen, weil sie nicht mehr am Wohnort gewesen sei. Sein Leben sei in Gefahr; als er im Spital gewesen sei, hätten die Ärzte seine Gegner nicht hineingelassen und würden ihn diese nach wie vor umbringen wollen.

10. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b AsylG iVm § 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, ab sofort in einem namentlich genannten Quartier durchgehend Unterkunft zu nehmen.

11. Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom 05.10.2018, Zl. XXXX , wurde über den Beschwerdeführer wegen Missachtung der oben genannten Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine Geldstrafe in der Höhe von 100,- Euro verhängt.

12. Mit weiterer Strafverfügung der LPD XXXX vom 23.10.2018, Zl. XXXX , wurde über den Beschwerdeführer wegen Missachtung der Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, ohne dass ein Fall des § 56 Abs. 3 oder § 120 Abs. 5 Z 4 vorgelegen sei, eine Geldstrafe in der Höhe von 100,- Euro verhängt.

13. Am 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab dabei an, dass er in Haryana geboren worden sei und die Sprachen Punjabi und Hindi spreche. Der Beschwerdeführer sei gesund, geschieden und kinderlos.

Weiters gab der Beschwerdeführer befragt zu Protokoll, dass er von Juni bis Mitte September 2018 in Indien gewesen sei. Er sei ohne Reisedokumente ungefähr zehn bis zwölf Tage unterwegs gewesen, könne jedoch - abgesehen davon, dass er über die Türkei gereist sei - nichts Konkretes zur Reiseroute sagen. Gleiches gelte für die Rückreise nach Österreich. Weiters danach gefragt gab der Beschwerdeführer an, dass ein Freund alles organisiert habe; er habe dem Beschwerdeführer geholfen, in den Herkunftsstaat zu reisen, um seine Probleme in Indien zu lösen. Auf Vorhalt, wonach der Beschwerdeführer die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise gehabt hätte, gab er an, dass er verwirrt gewesen sei und nicht gewusst habe, dass es diese Möglichkeit gegeben hätte. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer in Indien versucht, seine Ehe und den Streit zu lösen, da die Gegner seine Eltern geschlagen und Druck gemacht hätten, damit er nach Indien komme. Der Beschwerdeführer sei in Indien auch krank gewesen und habe auch eine diesbezügliche Bestätigung vom Krankenhaus erhalten.

Zu den Gründen für die neuerliche Antragsstellung gab der Beschwerdeführer Folgendes an (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F:

Leiter der Amtshandlung):

"(...)

F: Sie haben am 21.08.2017 einen Asylantrag gestellt, der am 20.10.2017 rechtskräftig abgewiesen wurde.

F: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag?

A: Weil meine Ehe geschieden ist und ich dort niemanden mehr habe. Auch keine Unterkunft, meine Gegner schlagen mich.

F: Schildern Sie was genau Sie in Indien gemacht haben:

A: Ich versuchte den Streit mit meiner Frau aufzulösen. Ich habe auch versucht meine Eltern zu treffen, auch das war erfolglos. Ich wurde dann krank und war 3-4 Tage im Krankenhaus. Dort gingen meine Gegner ins Krankenhaus. Die Ärzte haben verhindert, dass Sie reinkommen.

F: Fahren Sie fort:

A: Mein Freund sah die Lage und sagte, dass es in Indien für mich gefährlich ist und er sagte ich solle wieder ausreisen, daher habe ich das gemacht.

F: Können Sie das detaillierter angeben?

A: Ich habe in Indien niemanden, ich bin von meiner Frau geschieden, meine Feinde suchen mich, ich kann meine Eltern nicht finden. Deshalb bin ich ausgereist.

F: Warum waren Sie im Krankenhaus?

A: Ich habe Durchfall und Magenprobleme gehabt, deshalb war ich im Krankenhaus.

F: Worum ging es bei dem Streit mit Ihrer Frau?

A: Eigentlich war zwischen uns kein Streit. Meine Feinde setzten meine Frau und meine Schwiegereltern unter Druck, deshalb ließ sie sich scheiden.

F: Handelt es sich bei dem Problem mit Ihren Feinden um jenes Problem, dass Sie bereits im ersten Verfahren angegeben haben?

A: Ja.

F: Ist zu diesem Problem etwas hinzugekommen?

A: Nein es hat sich an diesem Problem nichts geändert.

F: Schildern Sie mir das Problem:

A: Es ist ein religiöses Problem, ich bin (Anm.: die sind) Hindu und ich bin Sikh. Sie haben mir immer Druck gemacht, ich habe meine Religion ausgeübt. Ich habe Turban und Bart. Mir wurde gesagt, ich solle zum Hinduismus konvertieren.

F: Sie sind hier in Österreich in einem freien Land, warum tragen Sie hier den Turban nicht?

A: Ich hatte Probleme während der Reise und habe deshalb die Haare schneiden lassen und den Turban weggegeben.

F: Was hindert Sie daran, dass Sie nun erneut einen Turban tragen?

A: Ich trage den Turban nur, wenn ich in den Tempel gehe.

F: Haben Sie in Indien den Turban auch nur beim Tempelbesuch getragen?

A: Nein, dort hatte ich den langen Bart und den Turban immer.

F: Aus welchem Grund machen Sie es hier in Österreich anders als in Indien?

A: In Indien zwang man mich zum Hinduismus zu gehen.

F: Das erklärt nicht, warum Sie den Glauben in Indien strikter praktizierten als hier in Österreich.

A: Ich habe auch hier Angst, dass mir wieder so etwas passiert.

F: Gibt es noch weitere Gründe?

A: Nein.

(...)".

Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten im Bundesgebiet Er habe eine Freundin in Österreich, wohne bei ihr, sie bezahle Miete und Verpflegung und er erhalte gelegentlich von ihr Kleidung. Er habe sie vor sieben oder acht Monaten in Linz kennengelernt; zuerst hätten sie übers Internet Kontakt gehabt und sich am 27. oder 28.10 persönlich getroffen. Seitdem sie gemeinsam wohnen würden (02.11.2018), würden sie auch eine Beziehung führen. Der Beschwerdeführer habe weder Kurse gemacht oder gearbeitet, noch sei er Mitglied in einem Verein. Er würde gerne Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, hätte jedoch nicht gewusst, dass er darauf verzichtet habe, als er sich für einen Privatwohnsitz entschieden habe.

Am Ende der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer über die Möglichkeit informiert, dass er Einsicht in die Berichte zur Lage im Herkunftsstaat nehmen könne. Der Beschwerdeführer verzichtete sowohl auf die Einsichtnahme, als auch auf die Übernahme der Länderberichte.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 15b AsylG iVm § 7 Abs. 1 VwGVG vom selben Tag wurde die Anordnung der Unterkunftnahme nach § 15b AsylG vom 25.09.2018 aufgeboben, da die Gründe weggefallen seien.

14. Am 19.11.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab er dabei an, dass er Unterlagen aus dem Krankenhaus in Indien mithabe. Befragt gab er zu Protokoll, dass er den Namen des Krankenhauses nicht kenne, da er krank gewesen sei. Sein Freund habe ihm nun aus Indien die Unterlagen in Kopie (per Whatsapp) zukommen lassen. Da dieser Freund ihn damals ins Krankenhaus gebracht habe, habe dieser auch gewusst, um welches Krankenhaus es sich gehandelt habe.

Weiters gab der Beschwerdeführer zur beabsichtigen Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz zu Protokoll (A:

nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass weiterhin beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Weiters ist beabsichtigt ein Einreiseverbot in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung zu erlassen.

F: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich sagte bereits, dass ich in INDIEN war und dort bedroht wurde. Ich kann daher zurzeit nicht nach Indien.

F: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie in INDIEN waren. Sie können weder eine konkrete Reiseroute nach Indien und wieder nach Europa vorbringen noch konnten Sie glaubhafte Beweise vorlegen. Die Unterlagen die Sie in Kopie vorgelegt haben könnte jeder mit einem Kugelschreiber ausgefüllt haben.

A: Ich war in Indien im Krankenhaus ich habe das ja vorgelegt.

F: Wie heißt das Krankenhaus?

A: Mir ging es nicht gut ich wurde von einem Freund dorthin gebracht.

F: Spätestens bei der Entlassung hätten Sie mitbekommen müssen, wo Sie waren.

A: Bei der Entlassung wurde ich mit der Rettung nachhause gebracht?

F: Warum ist das erfolgt?

A: Ich war schwach und nicht geh fähig.

F: Wie lange waren Sie nach der Entlassung aus dem Krankenhaus noch in Indien?

A: ca. 25 Tage später bin ich nach Europa zurückgekehrt.

F: Ist in dieser Zeit noch etwas vorgefallen?

A: Ja, ich wurde bedroht, von meinen Gegnern.

F: Wie wurden Sie bedroht?

A: Man sagte mir, wenn man mich findet werde ich umgebracht.

F: Wie ist diese Drohung erfolgt?

A: Bei mir zuhause. Ich versuchte dann Kontakt mit der Frau aufzunehmen. Sie sagte mir, dass ich immer noch gesucht werde. Eine weitere Beziehung sei daher nicht möglich.

F: Das war alles nach dem Krankenhausaufenthalt?

A: Nein vorher und nachher.

F: Wussten Ihre Gegner, dass Sie im Krankenhaus sind?

A: Ja.

F: Warum haben Sie Ihre Gegner dann nicht aufgesucht?

A: Ich war in XXXX , das ist ein von der Regierung gesicherter Platz für Leute die keine Unterkunft mehr haben.

F: Sie wären also dort sicher?

A: Dort kann man nur für kurze Zeit leben.

F: Könnten Sie sich vorstellen in einen anderen Landesteil zu gehen?

A: Ich versuchte das, aber man wird mich sicher finden.

(...)".

Vorgelegt wurden Unterlagen hinsichtlich des vom Beschwerdeführers behaupteten Krankenhausaufenthaltes in Indien (Kopie), sowie der Meldezettel des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin.

15. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Ziffer 3 und 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Unter Spruchpunkt VII. wurde von der Erteilung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG abgesehen. Schließlich wurde unter Spruchpunkt VIII. dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen von 25.09.2018 bis 08.11.2018 in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Begründend wurde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. ausgeführt, dass seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten sei. Ein neuer Sachverhalt, welcher im gegenständlichen Fall eine anderslautende Entscheidung in der Sache rechtfertigen würde, liege somit nicht vor. Da weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amtswegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, sei der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis V. wurde festgehalten, dass eine der Rückkehr entgegenstehende Integration des Beschwerdeführers ebenso wenig erkannt werden könne, wie eine der Rückkehr entgegenstehende Situation nach Indien. Schließlich wurde die Verhängung des Einreiseverbotes damit begründet, dass der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden sei und den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Zum Herkunftsstaat stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Folgendes fest:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.4.2017: Acht Tote und über 200 Verletzten bei Demonstrationen bei Wahl in Srinagar, Kaschmir (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 3.1)

Im Zuge einer Nachwahl zur Besetzung eines freien Sitzes im indischen Unterhaus, kam es am Sonntag, dem 9.4.2017, in Srinagar, Kaschmir, zu Zusammenstößen zwischen separatistischen, die Wahl boykottierenden Demonstranten und den indischen Sicherheitskräften. Während des Konflikts wurden acht Demonstranten getötet und über 200 Personen, Demonstranten und Sicherheitsbeamte, verletzt (Reuters 10.4.2017).

Am Montag den 10.4.2017 verhängte die indische Polizei eine Ausgangssperre für die Bevölkerung mehrerer Gebiete Kaschmirs, errichtete Straßensperren und schränkte den Verkehr ein (Reuters 10.4.2017).

Die Wahlbeteiligung lag bei nur 7% (Times of India 11.4.2017). Eine zweite Nachwahl, ursprünglich geplant für den 12.4.2017 in Anantnag, wurde in Anbetracht der aktuellen Lage auf den 25.5.2017 verschoben (Reuters 10.4.2017).

Indien beschuldigt Pakistan die Separatisten zu unterstützen, was in Islamabad bestritten wird (Reuters 10.4.2017).

Bei einem weiteren Vorfall am Montag sind vier mutmaßliche Kämpfer erschossen worden, als sie versuchten die umstrittene Grenze von Pakistan kommend, in der Nähe des Keran-Sektors zu infiltrieren (Reuters 10.4.2017).

Da sich seit der Tötung des einflussreichen Separatistenkämpfers Burhan Wani im Juli 2016, die Spannungen in der Region erhöht haben (BBC 10.4.2017), und es seither in Kaschmir wiederholt zu gewalttätigen Protesten kam, in deren Verlauf bisher 84 Zivilisten getötet und über 12.000 Zivilisten und Sicherheitskräfte verletzt wurden (Reuters 10.4.2017), sind vorsorglich etwa 20.000 zusätzliche indische Truppen in die Region entsandt worden (BBC 10.4.2017).

Quellen:

-

BBC (10.4.2017): Kashmir violence: Eight killed in clashes during by-election, http://bbc.in/2oo04gV, Zugriff 11.4.2017

-

Reuters (10.4.2017): India clamps down on Kashmir transport after poll violence kills 8,

http://in.reuters.com/article/india-kashmir-idINKBN17B06F, Zugriff 11.4.2017

-

Times of India (11.4.2017): Lack of pre-emptive policing led to low voter turnout in Kashmir

http://timesofindia.indiatimes.com/india/lack-of-pre-emptive-policing-led-to-low-voter-turnout-in-kashmir/articleshow/58118340.cms, Zugriff 11.4.2017

(...)

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

(...)

Relevante Bevölkerungsgruppen

Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf Basis von Rasse, Geschlecht, Invalidität, Sprache, Geburtsort, Kaste oder sozialen Status. Die Regierung arbeitet mit unterschiedlichem Erfolg an der Durchsetzung dieser Bestimmungen (USDOS 13.4.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 23.12.2016

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 7.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

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UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

(...)

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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