TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 G314 2213108-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2019
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Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs5

Spruch

G314 2213108-1/5E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. Satz 2 des angefochtenen Bescheids) beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt III. Satz 2 des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 07.12.2018 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem dem Beschwerdeführer (BF) kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) sowie die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien festgestellt wurde (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde ein achtjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass die sofortige Ausreise des BF nach seiner Enthaftung im Hinblick auf seine strafgerichtliche Verurteilung wegen Suchtgiftdelikten kurz nach seiner Einreise sowie auf seine Vorstrafe in Serbien im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Mangels einer realen menschenrechtsrelevanten Gefahr sei es ihm zumutbar, den Verfahrensausgang in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Sein Interesse an einem Verbleib in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an der raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

Der BF erhob eine Beschwerde gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheids, mit der er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Aufhebung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots beantragt. Hilfsweise strebt er die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots und dessen räumliche Beschränkung auf Österreich sowie die Zulassung der Revision an; außerdem wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.

Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass sein Parteiengehör durch die Unterlassung seiner Einvernahme verletzt worden sei. Bei einer solchen Einvernahme hätte sich ergeben, dass sein Onkel mit Familie in Österreich aufhältig sei und dass der BF aufgrund seiner Arbeit als Techniker für Schulungen in den Schengenraum einreisen müsse. Das BFA habe keine Feststellungen zu den Haftbedingungen in Serbien getroffen, obwohl es möglich sei, dass der BF die restliche Haftstrafe dort verbüßen müsse. Sein Privat- und Familienleben in Österreich und in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gelte, sei nicht geprüft worden. Es sei auch keine individualisierte Gefährlichkeitsprognose erstellt worden. Das BFA hätte die Milderungsgründe, die teilbedingte Strafnachsicht und den Umstand, dass der Strafrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft worden sei, berücksichtigen müssen. Eine nachvollziehbare Begründung für die Dauer des Einreiseverbots und für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung fehle. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen, um dem BF das Recht auf eine wirksame Beschwerde vor einem gesetzlichen Richter zu ermöglichen.

Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens langten am 16.01.2018 beim BVwG ein.

Feststellungen:

Der BF, der über einen am XXXX.2011 ausgestellten und bis XXXX.2021 gültigen serbischen Reisepass verfügt, wurde am XXXX.2018 in XXXX verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wegen Suchtgiftdelikten zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Ein Teil von zwölf Monaten wurde für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er im Zeitraum Mitte Juni 2018 bis 25.07.2018 Heroin in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (insgesamt 345 g mit durchschnittlichem Reinheitsgehalt) an diverse Abnehmer gewinnbringend verkaufte (Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG), am 25.07.2017 Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besaß, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er es in Säckchen portioniert bei sich trug (Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG) und von Mitte Juni 2018 bis 25.07.2018 in mehreren Angriffen insgesamt 15 g Cannabiskraut zum persönlichen Gebrauch erwarb und besaß (Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG). Bei der Strafzumessung wurden das teils überschießende Geständnis und die Sicherstellung von Suchtgift als mildernd berücksichtigt, die Vorstrafe in Serbien und das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen dagegen als erschwerend.

Der BF verbüßt den unbedingten Strafteil derzeit in der Justizanstalt XXXX; das urteilsmäßige Strafende ist am XXXX.2019. Ihm wurde in Österreich nie ein Aufenthaltstitel erteilt; er wies hier - abgesehen von Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten - keine Wohnsitzmeldungen auf und war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig. Abgesehen vom Beschwerdevorbringen, wonach sich sein Onkel mit Familie in Österreich aufhält und der BF berufsbedingt an Schulungen im Schengenraum teilnehmen muss, gibt es keine Anhaltspunkte für familiäre oder private Anknüpfungen in Österreich oder in einem anderen Staat, für den die Rückführungsrichtlinie gilt. Es können auch keine Integrationsbemühungen des BF festgestellt werden. Er spricht Serbisch; ob er auch der deutschen Sprache mächtig ist, ist nicht bekannt.

Nach der Erlassung des angefochtenen Bescheids wurde der BF mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018, XXXX, wegen des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG rechtskräftig zu einer sechsmonatigen Zusatzstrafe verurteilt.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie auf dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Fremdenregister. Da das Strafurteil vom XXXX.2018 noch nicht vorliegt, kann nicht festgestellt werden, welches Verhalten des BF dieser Verurteilung zugrunde lag und welche Strafzumessungsgründe dafür maßgeblich waren.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG nunmehr auch ausdrücklich angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen (vgl VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, 19.06.2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und 27.07.2017, Fr 2017/18/0022).

Zu Spruchteil B):

Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und dem Beschwerdevorbringen, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig sei, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen den zweiten Satz von Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist hier aufgrund der schwerwiegenden Suchtgiftdelinquenz des BF und der vorangegangenen Verurteilung in seinem Herkunftsstaat erfüllt, zumal er mit einer großen Menge eines äußerst gefährlichen Suchtgifts handelte.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Zwar darf die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu beurteilende Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern es ist auch die Situation in den Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen (VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007). Angesichts der massiven Suchtgiftdelinquenz des BF, die nach der Rechtsprechung des VwGH ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (siehe z.B. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), liegt auch bei Berücksichtigung der behaupteten privaten Bindungen (Verwandte in Österreich; Aufenthalte im Schengenraum zur beruflichen Weiterbildung) kein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Privat- und Familienleben vor, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der gravierenden Straftaten ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und die Kontakte zwischen dem BF und seinen Bezugspersonen derzeit ohnedies haftbedingt eingeschränkt sind. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des BF (Serbien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich gemäß § 1 Z 6 HStV um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und nicht konkret zu befürchten ist, dass der BF dort eine Haftstrafe verbüßen muss.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist zwar sehr knapp und besteht zum Großteil aus Textbausteinen, ist aber im Hinblick auf die schwerwiegende Suchtgiftdelinquenz des BF als gerade noch ausreichend anzusehen.

Im Ergebnis ist die sofortige Ausreise des BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich; die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Es ist dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang nach einer allfälligen Entlassung aus der Strafhaft in seinem Herkunftsstaat abzuwarten.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

Herkunftsstaat, Interessenabwägung, Privat- und Familienleben,
Strafhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2213108.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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